Räumt ein Steuerpflichtiger seinem nicht einzahlenden Ehegatten die gemeinschaftliche Verfügungsmöglichkeit über ein Bankkonto ein, liegt hierin eine Bereicherung des nicht einzahlenden Ehegatten. Dies hat zur Folge, dass eine freigebige Zuwendung nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG gegeben ist, welche der Schenkungsteuer unterliegt. Denn gem. der Auslegungsregel des § 430 BGB ist das Gemeinschaftskonto den beiden Ehegatten hälftig zuzurechnen.[1]

Etwas anderes gilt nur, wenn die Ehegatten eine abweichende Vereinbarung und eine tatsächliche Gestaltung nachweisen können.[2]

 
Praxis-Tipp

Schriftliche Vereinbarung

Sollen Einzahlungen auf ein Oder-Konto erfolgen, ist es sinnvoll, dass von den Ehegatten im Vorhinein eine schriftliche Vereinbarung getroffen wird, wonach die Beträge (abweichend von § 430 BGB) nur dem einzahlenden Ehegatten zuzurechnen sind.[3]

 
Hinweis

Verjährung von nicht erklärten oder nicht entdeckten Schenkungen

Nicht unbesehen bleiben darf bei nicht erklärten bzw. nicht entdeckten Schenkungen die Festsetzungsverjährung gem. § 170 Abs. 5 AO. Demnach beginnt die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf des Jahres, in dem der Schenker stirbt bzw. bis zur Kenntnis des Finanzamts. Hiermit will der Gesetzgeber verhindern, dass die Festsetzungsfrist abläuft, bevor die Schenkung dem Finanzamt bekannt wird.

 
Praxis-Beispiel

Umwandlung eines Einzelkontos in ein Oder-Konto

Der vermögende Ehemann EM wandelt ein bestehendes Einzelkonto, auf welchem sich ein Guthaben i. H. von 1.800.000 EUR in ein Gemeinschaftskonto (Oder-Konto) um. Infolgedessen kann nun auch die Ehefrau EF über das Konto verfügen.

Nach Auffassung der Finanzverwaltung ist mit der Umwandlung des Einzelkontos in ein Oder-Konto das Guthaben zur Hälfte der Ehefrau EF zuzurechnen. Es liegt somit eine steuerpflichtige Schenkung von Ehemann EM an dessen Ehefrau EF vor.

Es ergibt sich folgende Steuerberechnung:

 
Schenkung (1/2 von 1.800.000 EUR) 900.000 EUR
Abzüglich persönlicher Freibetrag (§ 16 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG) ./. 500.000 EUR
Steuerpflichtiger Erwerb (Abrundung entfällt) 400.000 EUR
Erbschaftsteuer (Steuersatz 15 %, § 19 Abs. 1 ErbStG) 60.000 EUR
 
Hinweis

Feststellungslast

Mit Urteil v. 23.11.2011[4] hat der BFH folgendes entschieden: Wird die Zahlung eines Ehegatten auf ein Gemeinschaftskonto (sogenanntes Oder-Konto) der Eheleute als freigebige Zuwendung an den anderen Ehegatten der Schenkungsteuer unterworfen, so trägt das Finanzamt die Feststellungslast für die Tatsachen, die zur Annahme einer freigebigen Zuwendung i. S. d. § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG erforderlich sind. D. h. also auch dafür, dass der nicht einzahlende Ehegatte im Verhältnis zum einzahlenden Ehegatten tatsächlich und rechtlich frei zur Hälfte über das eingezahlte Guthaben verfügen kann.[5]

Die obigen Grundsätze gelten auch für Gemeinschaftskonten bei unverheirateten Paaren. In diesem Fall ist jedoch neben einem geringen persönlichen Freibetrag (20.000 EUR; § 16 Abs. 1 Nr. 7 ErbStG) auch ein höherer Steuersatz anzuwenden.

 
Praxis-Beispiel

Umwandlung eines Einzelkontos in ein Oder-Konto bei unverheirateten Paaren

Der vermögende Lebensgefährte L wandelt ein bestehendes Einzelkonto, auf welchem sich ein Guthaben i. H. v. 800.000 EUR befindet, in ein Gemeinschaftskonto (Oder-Konto) um. Infolgedessen kann nun auch Lebensgefährtin LG über das Konto verfügen.

Mit der Umwandlung des Einzelkontos in ein Oder-Konto ist das Guthaben zur Hälfte der Lebensgefährtin LG zuzurechnen. Es liegt somit eine steuerpflichtige Schenkung des Lebensgefährten L an dessen Lebensgefährtin LG vor.

Es ergibt sich folgende Steuerberechnung:

 
Schenkung (1/2 von 800.000 EUR) 400.000 EUR
Abzüglich persönlicher Freibetrag (§ 16 Abs. 1 Nr. 7 ErbStG) ./. 20.000 EUR
Steuerpflichtiger Erwerb (Abrundung entfällt) 380.000 EUR
Erbschaftsteuer (Steuersatz 30 %, § 19 Abs. 1 ErbStG) 114.000 EUR
[5] Die Finanzverwaltung wendet das BFH-Urteil an, s. H E 7.1 EStH 2019 – Stichwort: Zahlungen eines Ehegatten auf ein gemeinsames Oder-Konto als Zuwendung an den anderen Ehegatten.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Finance Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge