Rz. 13

Welche Vermögensgegenstände dem Grunde nach bei der Bewertung des Vermögensanfalls zu berücksichtigen sind, beurteilt sich nach gefestigter Rspr. nach zivilrechtlichen und nicht nach steuerrechtlichen Grundsätzen.[1] Eine Zurechnung von Vermögensgegenständen unter dem Gesichtspunkt eines bloß wirtschaftlichem Eigentums ist damit grundsätzlich ausgeschlossen[2]; § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO ist demnach für die Erbschaftsteuer nicht anwendbar.[3]

 

Rz. 13a

Diese nahezu unbestrittene Auffassung in Rspr. und Schrifttum begegnet jedoch Bedenken. Zwar nehmen insbesondere §§ 3, 7 ErbStG zivilrechtlich geprägte Begriffe in Bezug, die in diesem Zusammenhang auch nur zivilrechtlich verstanden und ausgelegt werden können. § 10 ErbStG überführt jedoch den steuerpflichtigen Vorgang in eine Bemessungsgrundlage. Die Bereicherung als Anknüpfungspunkt der steuerlichen Belastungsentscheidung ist dabei eine genuin wirtschaftliche Größe. Es ist zu unterscheiden zwischen der Vermögensposition, die nach zivilrechtlichen Regeln übergeht, und der steuerlichen Abbildung dieses Vorgangs.[4] Zudem sah sich auch die Rspr. veranlasst, die zivilrechtliche Betrachtungsweise in verschiedenen Konstellationen zugunsten einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise aufzugeben.[5]

 

Rz. 13b

Die Frage nach der Auslegung stellt sich seit dem 3. Erbschaftsteuerurteil mit zusätzlicher Schärfe. Das BVerfG führt dort unter Rückgriff auf frühere Entscheidungen[6] aus, dass die Finanzgerichte bei der Auslegung und Anwendung des § 42 AO nach Möglichkeit gehalten sind, "mithilfe dieser Bestimmung über den Missbrauch rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten im Steuerrecht solchen Gestaltungspraktiken entgegenzuwirken, die sonst zur Verfassungswidrigkeit einer Norm führen".[7] Es bleibt abzuwarten, welche Rezeption diese Aussagen in der finanzgerichtlichen Rspr. finden werden.[8]

 

Rz. 14

Bei schwebenden Rechtsgeschäften ist bei der Ermittlung des Gesamtwerts des Nachlasses ggf. eine zeitanteilige Abgrenzung der übergegangenen Vermögensrechte und Verbindlichkeiten erforderlich. So ist z. B. der Gesamtwert des Nachlasses bezüglich eines Mietverhältnisses um den Wert solcher Mietzinsen für ein zum Nachlass gehörendes Grundstück zu kürzen, die vor dem Tod des Erblassers fällig geworden sind, jedoch auf einen Zeitraum nach dessen Tod entfallen.[9] Die zeitanteilige Zerlegung der Mietzinsen hat nach Maßgabe des § 101 Nr. 2 2. Halbs. BGB zu erfolgen. Damit gehören beim Erbfall vorhandene rückständige Mietforderungen und vom Erblasser geleistete Zahlungen für Zeiträume nach dem Todeszeitpunkt zum Vermögensanfall. Ebenfalls müsste für vom Erblasser geleistete Mietvorauszahlungen ein Nutzungsrecht gem. § 16 BewG berücksichtigt werden. Zur Behandlung von Sachleistungsansprüchen und -verpflichtungen aus schwebenden Geschäften im Zusammenhang mit dem Anspruch auf Übereignung eines Grundstücks vgl. § 12 ErbStG Rz. 122.

 

Rz. 14a

Restitutionsansprüche nach dem VermG sind dem Grunde nach im Nachlass zu erfassen, wenn der Berechtigte einen Antrag nach § 30 VermG gestellt hat.[10] Wird der Antrag erst später von einem Rechtsnachfolger eines verstorbenen Berechtigten gestellt, ist der Anspruch bereits im Nachlass des ursprünglich Berechtigten zu erfassen; bereits durchgeführte Erbschaftsteuerveranlagungen sind ggf. zu ändern. Die Besteuerung ist auf der Grundlage der Sach- und Rechtslage vorzunehmen, wie sie sich nach der endgültigen Entscheidung gem. §§ 32, 33 VermG darstellt. Diese wirkt auf den Stichtag der Steuerentstehung zurück. Spiegelbildlich erfolgt auf der Seite des Rückübertragungsverpflichteten die Zurechnung des Vermögens, ggf. belastet mit einer Rückübertragungsverpflichtung.

 

Rz. 15

Bei Bankguthaben fällt dem Erben das beim Erbfall vorhandene Guthaben zu, soweit nicht der Erblasser die Einlageforderung dem Nachlass durch einen mit der Bank geschlossenen Vertrag zugunsten Dritter entzogen hatte. Liegt ein vom Erblasser mit der Bank geschlossener Vertrag zugunsten Dritter auf den Todesfall vor, so bedarf es ggf. näherer Ermittlung darüber, ob hierdurch ein Erwerb i. S. d. § 3 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG bewirkt und die gesetzliche Erbfolge beseitigt werden sollte. Denkbar ist auch, dass der mit der Bank geschlossene Vertrag lediglich die todesfallbedingten Rechtsbeziehungen zum Kreditinstitut regeln sollte.[11]

 

Rz. 16

Hat der Erblasser ein Konto errichtet und auf dieses Beträge eingezahlt, so ist er nicht zwingend selbst Gläubiger der Forderung. Das Deckungsverhältnis ist zwar maßgebend für die Bezugsberechtigung des begünstigten Dritten gegenüber dem Versprechenden (der Bank). Geht es aber darum, ob und wie viel dem Dritten i. S. v. § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG freigebig zugewendet worden ist, ist auf das Valutaverhältnis zwischen dem Versprechensempfänger (dem Schenker) und dem Dritten abzustellen. Allein nach diesem Verhältnis bestimmt sich, ob und in welchem Umfang der Dritte das vom Versprechenden Bezogene behalten darf.[12]

 

Rz. 17

Bei Gemeinschaftskonten[13] mit alleiniger Verfügungsberechtig...

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