Wie die Nachversteuerung durchzuführen ist, kann den Erbschaftsteuerrichtlinien R E 13a.19 ErbStR 2019 entnommen werden.

Beim Erwerb von mehreren wirtschaftlichen Einheiten sind hierzu auch die Gleich lautenden Ländererlasse vom 22.12.2023 zu beachten.[1]

Ist eine Nachversteuerung durchzuführen, ist der Nachversteuerung der erbschaftsteuerrechtliche Wert im Zeitpunkt der Steuerentstehung anzusetzen.

Wird das gesamte begünstigte Vermögen veräußert (davon ausgehend, dass keine Reinvestition nach § 13a Abs. 6 Satz 3 ErbStG erfolgt ist), ergeben sich für die Verschonungsmaßnahmen die folgenden Auswirkungen:[2]

  1. Der gleitende Abzugsbetrag nach § 13a Abs. 2 ErbStG: entfällt insgesamt.
  2. Der Verschonungsabschlag (85 % bei der Regelverschonung und 100 % bei der Optionsverschonung): entfällt anteilig. Für die Jahre, in denen keine schädliche Verfügung erfolgt ist, bleibt er erhalten.

Wird nur über einen Teil des begünstigten Vermögens schädlich verfügt, ergeben sich für die Verschonungsmaßnahmen die folgenden Auswirkungen:[3]

  1. Der Verschonungsabschlag (85 % bei der Regelverschonung und 100 % bei der Optionsverschonung): wird für den weiterhin begünstigten Teil des Vermögens gewährt.
  2. Der gleitende Abzugsbetrag nach § 13a Abs. 2 ErbStG: wird gegebenenfalls für den weiterhin begünstigten Teil des Vermögens gewährt.

Im Folgenden soll auf einige Besonderheiten eingegangen werden.

Verstirbt der Erwerber, so endet die Behaltensfrist, ohne dass sich durch den Tod eine Auswirkung auf die Verschonungsvoraussetzungen ergibt.[4]

 
Praxis-Beispiel

Erwerber verstirbt kurze Zeit nach dem Erbfall

Erwerber E hat von seinem Vater V begünstigtes Vermögen i. S. d. § 13b Abs. 2 ErbStG durch Erbfall erhalten. Der Wert übersteigt nicht die Schwelle von 26.000.000 EUR. E hat keinen Antrag auf die Optionsverschonung gestellt. Daher wurde von Amtswegen der 85 %ige Verschonungsabschlag und der Abzugsbetrag berücksichtigt. Der Erbfall tritt am 19.1.2024 ein. Kurze Zeit danach verstirbt auch Erwerber E.

Lösung

Der gewährte 85 %ige Verschonungsabschlag und der Abzugsbetrag fallen für den Erwerber E nicht weg. Darüber hinaus kann nun auch dessen Erwerber die Verschonungsmaßnahmen des § 13a ErbStG beanspruchen.

Geht begünstigtes Vermögen innerhalb der Behaltensfrist im Wege der Schenkung über, so wird hierdurch nicht gegen die Behaltensregelung (für den vorhergehenden Erwerber) verstoßen.[5] Darüber hinaus kann nun auch der Beschenkte die Verschonungsmaßnahmen des § 13a ErbStG beanspruchen.

Der Beschenkte darf aber nun nicht seinerseits gegen die Behaltensregelung verstoßen, da ansonsten auch der vorangegangene Erwerber die Verschonung verliert, sofern bei ihm die Behaltensfrist noch nicht abgelaufen ist.

 
Praxis-Beispiel

Beispiel 1: Verstoß gegen Behaltensregelung

Erwerber E hat von seinem Vater V schenkweise begünstigtes Vermögen i. S. d. § 13b Abs. 2 ErbStG erhalten. Die Schenkung erfolgte am 1.2.2021. Der Wert übersteigt nicht die Schwelle von 26.000.000 EUR. E hat keinen Antrag auf die Optionsverschonung gestellt. Daher wurde von Amtswegen der 85 %ige Verschonungsabschlag und der Abzugsbetrag berücksichtigt. E schenkt nach einem halben Jahr der Tochter T das begünstigte Vermögen. Zwei Jahre danach verkauft T das begünstigte Vermögen.

Lösung

Der Verkauf des begünstigten Vermögens hat folgende Auswirkungen:

  1. für den Erwerber E

    Da bei ihm die Behaltensfrist noch nicht abgelaufen ist, kommt es bei ihm zur Nachversteuerung.

  2. für die Tochter T

    Auch bei ihr kommt es zur Nachversteuerung.

 
Praxis-Beispiel

Beispiel 2: Verstoß gegen Behaltensregelung

Erwerber E hat von seinem Vater V schenkweise begünstigtes Vermögen im Sinne des § 13b Abs. 2 ErbStG erhalten. Die Schenkung erfolgte am 15.9.2019. Der Wert übersteigt nicht die Schwelle von 26.000.000 EUR. E hat keinen Antrag auf die Optionsverschonung gestellt. Daher wurde von Amtswegen der 85 %ige Verschonungsabschlag und der Abzugsbetrag berücksichtigt. E schenkt nach einem vier Jahren der Tochter T das begünstigte Vermögen. Zwei Jahre danach verkauft T das begünstigte Vermögen.

Lösung

Der Verkauf des begünstigten Vermögens hat folgende Auswirkungen:

  1. für den Erwerber E

    Da bei ihm die Behaltensfrist abgelaufen ist, kommt es bei ihm nicht zur Nachversteuerung.

  2. für die Tochter T

    Bei ihr kommt es zur Nachversteuerung.

 
Praxis-Tipp

Sperrfrist für den Abzugsbetrag nach § 13a Abs. 2 ErbStG entfällt rückwirkend

Fällt nachträglich der Abzugsbetrag nach § 13a Abs. 2 ErbStG in voller Höhe weg, so führt das dazu, dass damit der Lauf der Sperrfrist rückwirkend entfällt und der Abzugsbetrag bei einer erneuten Zuwendung begünstigten Vermögens sofort neu in Anspruch genommen werden kann. Dies gilt nicht, wenn der Abzugsbetrag nur teilweise wegfällt.[6]

[1] Gleich lautende Ländererlasse v. 22.12.2023, BStBl. 2024 I S. 69, Rz. 33 ff.
[2] R E 13a.19 Abs. 1 Satz 5 ErbStR 2019.
[3] R E 13a.19 Abs. 1 Satz 6 ErbStR 2019.
[4] S. auch R E 13a.19 Abs. 6 ErbStR 2019.
[5] R E 13a.19 Abs. 5 ErbStR 2019.
[6] R E 13a.19 Abs. 7 ErbStR 2019.

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