Haben die Ehegatten ein Berliner Testament errichtet, in denen sie ihre gemeinschaftlichen Kinder als Schlusserben eingesetzt haben, so ist dies aus steuerlicher Sicht regelmäßig nachteilig. Denn zum einen werden die persönlichen Freibeträge nach § 16 ErbStG der Schlusserben zum erstversterbenden Ehegatten verschenkt, darüber hinaus erhöht sich auch die Steuerprogression (siehe § 19 ErbStG).

Mit Hilfe der Ausschlagung der Erbschaft durch den überlebenden Ehegatten können die vorgenannten Nachteile reduziert werden.

 
Praxis-Beispiel

Berliner Testament

Das Ehepaar EM und EF lebt im Güterstand der Gütertrennung. Sie haben die 2 gemeinsamen Kinder Sohn S und Tochter T. In ihrem Testament haben sich EM und EF gegenseitig zu Alleinerben eingesetzt und bestimmt, dass die gemeinsamen Kinder Schlusserben werden sollen.[1] Dersteuerliche Wert des Vermögens von EM beträgt 1.300.000 EUR. EF besitzt eigenes Vermögen mit einem gemeinen Wert i. H. v. 350.000 EUR. EM verstirbt. Nach § 13a ErbStG und § 13d ErbStG begünstigtes Vermögen soll nicht vorhanden sein.

a) Erbfall von Ehemann EM an die Ehefrau EF

Die Erbschaftsteuer für EF berechnet sich wie folgt:

 
Vermögensanfall 1.300.000 EUR
abzüglich Erbfallkostenpauschale (§ 10 Abs. 5 Nr. 3 ErbStG) ./. 10.300 EUR
abzüglich besonderer Versorgungsfreibetrag (§ 17 Abs. 1 ErbStG) ./. 256.000 EUR
abzüglich persönlicher Freibetrag (§ 16 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG) ./. 500.000 EUR
Steuerpflichtiger Erwerb (§ 10 Abs. 1 ErbStG) 533.700 EUR
Erbschaftsteuer (15 %, § 19 Abs. 1 ErbStG) 80.055 EUR

b) Erbfall von Ehefrau EF an die Kinder S und T

Verstirbt nach 12 Jahren auch die Ehefrau EF, so erhalten die Kinder S und T das Vermögen als Schlusserben.

Der Vermögensanfall für die Kinder S und T i. H. v. 1.569.945 EUR ergibt sich aus dem Vermögensanfall von EM an EF (1.300.000 EUR abzüglich der Erbschaftsteuer 80.055 EUR = 1.219.945 EUR) zuzüglich des Vermögens von EF i. H. v. 350.000 EUR.

Die Erbschaftsteuer für S und T berechnet sich jeweils wie folgt:

 
Vermögensanfall (1/2 von 1.569.945 EUR) 784.972 EUR
abzüglich Erbfallkostenpauschale (§ 10 Abs. 5 Nr. 3 ErbStG) ./. 5.150 EUR
abzüglich persönlicher Freibetrag (§ 16 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG) ./. 400.000 EUR
Steuerpflichtiger Erwerb (nach Abrundung; § 10 Abs. 1 ErbStG) 379.800 EUR
Erbschaftsteuer (15 %, § 19 Abs. 1 ErbStG) 56.970 EUR

Insgesamt ergibt sich auf beide Erbfälle eine Erbschaftsteuer i. H. v. 193.995 EUR (Erbfall EM an EF 80.055 EUR + Erbfall EF an S und T = 2 x 56.970 EUR).

Abwandlung:

Schlägt Ehefrau EF die Erbschaft dagegen zugunsten ihrer Kinder S und T aus, dann ergibt sich die folgende Erbschaftsteuer.

a) Erbfall von Ehemann EM an die Kinder S und T

Die Erbschaftsteuer für S und T berechnet sich jeweils wie folgt:

 
Vermögensanfall (1/2 von 1.300.000 EUR) 650.000 EUR
abzüglich Erbfallkostenpauschale (§ 10 Abs. 5 Nr. 3 ErbStG) ./. 5.150 EUR
abzüglich persönlicher Freibetrag (§ 16 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG) ./. 400.000 EUR
Steuerpflichtiger Erwerb (nach Abrundung; § 10 Abs. 1 ErbStG) 244.800 EUR
Erbschaftsteuer (11 %, § 19 Abs. 1 ErbStG) 26.928 EUR

b) Erbfall von Ehefrau EF an die Kinder S und T

Verstirbt nach 12 Jahren auch die Ehefrau EF, so erhalten die Kinder S und T nur noch das Vermögen der Ehefrau EF.

Die Erbschaftsteuer für S und T berechnet sich jeweils wie folgt:

 
Vermögensanfall (1/2 von 350.000 EUR) 175.000 EUR
abzüglich Erbfallkostenpauschale (§ 10 Abs. 5 Nr. 3 ErbStG) ./. 5.150 EUR
abzüglich persönlicher Freibetrag (§ 16 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG) ./. 400.000 EUR
Steuerpflichtiger Erwerb (§ 10 Abs. 1 ErbStG) 0 EUR
Erbschaftsteuer 0 EUR

Insgesamt ergibt sich auf beide Erbfälle eine Erbschaftsteuer i. H. v. 53.856 EUR (Erbfall EM an S + T 2 x 26.928 EUR + Erbfall EF an S und T jeweils 0 EUR).

Die Steuerersparnis durch die Ausschlagung der Ehefrau beläuft sich demnach auf 140.139 EUR (193.995 EUR ./.53.856 EUR).

 
Hinweis

Mehrfacher Erwerb desselben Vermögens nicht anwendbar

Die Vorschrift des § 27 ErbStG – mehrfacher Erwerb desselben Vermögens – greift hier nur innerhalb eines Zeitraums von 10 Jahren, damit findet sie hier keine Anwendung, da der Nacherwerb erst nach 12 Jahren erfolgt.

 
Praxis-Beispiel

Beispiel 2:

Das Ehepaar EM und EF lebt im Güterstand der Gütertrennung. Sie haben eine gemeinsame Tochter T. In ihrem Testament haben sich EM und EF gegenseitig zu Alleinerben eingesetzt und bestimmt, dass Tochter T die Schlusserbin sein soll.[2] Der steuerliche Wert des Vermögens von EM beträgt 1.000.000 EUR und der gemeine Wert des Vermögens von EF ebenfalls 1.000.000 EUR. Das Ehepaar erleidet einen Verkehrsunfall. Ehemann EM ist sofort tot, die Ehefrau EF verstirbt wenige Tage nach ihm. Nach § 13a ErbStG und § 13d ErbStG begünstigtes Vermögen soll nicht vorhanden sein.

a) Erbfall von Ehemann EM an die Ehefrau EF

Die Erbschaftsteuer für EF berechnet sich wie folgt:

 
Vermögensanfall 1.000.000 EUR
abzüglich Erbfallkostenpauschale (§ 10 Abs. 5 Nr. 3 ErbStG) ./. 10.300 EUR
abzüglich besonderer Versorgungsfreibetrag (§ 17 Abs. 1 ErbStG) ./. 256.000 EUR
abzüglich persönlich...

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