4.3.1 Überblick

Auf elektronischem Weg erbrachte Dienstleistungen folgen den allgemeinen Besteuerungsprinzipien von sonstigen Leistungen. Eine Sonderregelung gilt für Leistungen an in der EU ansässige nichtsteuerpflichtige Abnehmer und für die Leistungen der im Drittlandsgebiet ansässigen Unternehmer, wenn diese an Nichtunternehmer im Gemeinschaftsgebiet erbracht werden.[1]

Aus der Sicht des im Inland ansässigen E-Commerce-Anbieters gilt damit zunächst Folgendes:

  • Abrechnung an Leistungsempfänger im Inland: Leistung unterliegt im Inland mit dem Normalsatz der Umsatzsteuer (derzeit 19 %), Rechtsgrundlage § 3  a Abs. 5 UStG für nichtunternehmerisch tätige bzw. § 3 a Abs. 2 UStG für unternehmerisch tätige Kunden;
  • Abrechnung an unternehmerisch tätige Leistungsempfänger im Ausland: Leistung ist im Inland nicht steuerbar, Rechtsgrundlage § 3 a Abs. 2 UStG; bei im übrigen Gemeinschaftsgebiet ansässigen Leistungsefängern mit Hinweis auf deren Steuerschuld (reverse charge);
  • Abrechnung an nichtunternehmerisch tätige Leistungsempfänger mit Ansässigkeit im übrigen Gemeinschaftsgebiet: Leistung unterliegt im Ansässigkeitsstaat des EU-Kunden der Besteuerung, Rechtsgrundlage: § 3 a Abs. 5 UStG; Ausnahme: Bagatellregelung ab 1.1.2019;
  • Abrechnung an nichtunternehmerisch tätige Leistungsempfänger mit Ansässigkeit im Drittlandsgebiet: Leistung im Inland nicht steuerbar, Rechtsgrundlage § 3 a Abs. 5 UStG.
[1]

S. Abschnitt 6.

4.3.2 B2B-Geschäfte

Für Leistungen im unternehmerischen Bereich (B2B, Business to Business) ist zur Bestimmung des Leistungsorts generell § 3 a Abs. 2 UStG anzuwenden. Somit sind lediglich Leistungen an im Inland ansässige Unternehmen auch im Inland steuerbar und steuerpflichtig. Dagegen können die Leistungen ohne Umsatzsteuerbelastung an im Ausland ansässige Unternehmen berechnet und ohne Umsatzsteuerbelastung von ausländischen Unternehmern eingekauft werden. Die Umsatzsteuer schuldet der Leistungsempfänger in seinem Ansässigkeitsstaat.

Leistungsverkauf:

 
Im Inland ansässiger Unternehmer verkauft an Unternehmer im
Inland übrigen Gemeinschaftsgebiet Drittlandsgebiet
Umsatz ist im Inland steuerbar und steuerpflichtig. Umsatz ist im Ansässigkeitsland des Auftraggebers steuerbar und steuerpflichtig. Umsatz ist im Ansässigkeitsland des Auftraggebers steuerbar und i. d. R. auch steuerpflichtig.
Umsatzsteuer ist mit dem Normalsatz in Rechnung zu stellen und wird vom leistenden Unternehmer geschuldet. Umsatzsteuer ist in der Rechnung nicht auszuweisen – netto abrechnen! Hinweis auf "reverse charge". Umsatzsteuer ist in der Rechnung nicht auszuweisen – netto abrechnen!
  Umsatzsteuer wird vom Auftraggeber selbst berechnet, in dessen Voranmeldung deklariert und mit dem Vorsteueranspruch verrechnet – Reverse-Charge-Regelung. Mittlerweile gibt es in allen Drittstaaten, die ein Mehrwertsteuersystem praktizieren, dem Reverse-Charge-Verfahren vergleichbare ­Regelungen.
 
Praxis-Beispiel

Leistungsverkauf (B2B)

Das in Deutschland ansässige Unternehmen DE entwickelt für den in Spanien ansässigen Anlagenbauer ES ein elektronisches Steuerungsprogramm und verpflichtet sich gegenüber ES auch zur Wartung und Pflege über Datenleitung bei den Kunden.

Unabhängig davon, auf welchem Weg (Datenleitung, CD-ROM oder anderer Datenträger) das entwickelte Steuerungsprogramm zu ES gelangt, ist die Programmentwicklung als sonstige Leistung einzustufen und unterliegt daher gem. § 3 a Abs. 2 UStG der Besteuerung in Spanien. ES muss das Reverse-Charge-Verfahren gem. Art. 196 i. V. m. Art. 56 MwStSystRL anwenden. Die Leistung von DE ist ohne Umsatzsteuer abzurechnen. Die Leistungen des DE an ES zur Pflege und Wartung der Steuerungsprogramme via Datenleitung bei den Kunden unterliegen als auf elektronischem Weg erbrachte Dienstleistungen ebenfalls gem. § 3 a Abs. 2 UStG der Besteuerung in Spanien mit der Folge der Anwendung des Reverse-Charge-Verfahrens durch ES.

Beide Leistungen sind demnach von DE ohne Umsatzsteuer abzurechnen und mit ihrem (Netto-)Entgelt in Zeile 50 (Kennzahl 21) der Umsatzsteuer-Voranmeldung anzugeben. Sie unterliegen als sonstige Leistungen an im übrigen Gemeinschaftsgebiet ansässige Unternehmer der vierteljährlichen Meldepflicht im Rahmen der Zusammenfassenden Meldung.[1]

 
Praxis-Tipp

Hinweis auf Reverse-Charge-Regelung

Wegen der Verpflichtung zur Anwendung der Reverse-Charge-Regelung muss die Rechnung die Angabe "Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers" enthalten.[2] Bei Abrechnungen derartiger Leistungen an ausländische Unternehmen wird auch die Verwendung des englischen Begriffs "reverse charge" von der Finanzverwaltung nicht beanstandet.[3]

Leistungseinkauf:

 
Im Inland ansässiger Unternehmer kauft von Unternehmer aus dem
Inland übrigen Gemeinschaftsgebiet Drittlandsgebiet
Umsatzsteuer (Normalsatz) ist mit der Eingangsrechnung zu bezahlen. Steuerschuldner ist der leistende Unternehmer. Leistung ist im Inland steuerbar, daher ausschließlich Nettorechnung akzeptieren, denn Steuerschuldner ist der inländische Leistungsempfänger gem. § 13 b UStG. Leistung ist im Inland ...

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