3.1 Warenweg und steuerlicher Status des EU-Abnehmers bei Lieferungen

Elektronische Plattformen zur Ermöglichung von Warenbestellungen mit Preisangeboten müssen aus der Sicht des Anbieters unter umsatzsteuerlichen Gesichtspunkten besonders gründlich geprüft werden. Die Angebote gelten weltweit. Aber gerade deshalb kann eine verlässliche Aussage über die umsatzsteuerliche Belastung für den Interessenten nicht getroffen werden. Wird der Gegenstand von Deutschland aus durch den Lieferanten versandt, ist zunächst der Bestimmungsort entscheidend. Liegt der Bestimmungsort im Inland, muss unabhängig von der Ansässigkeit des Kunden deutsche Umsatzsteuer berechnet werden. Liegt der Bestimmungsort im Drittlandsgebiet, kann die Lieferung steuerfrei als Ausfuhrlieferung berechnet werden. Wird die Ware aber in das übrige Gemeinschaftsgebiet versandt, ist zudem noch der steuerliche Status des Abnehmers zu prüfen. Besitzt er eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer, kann der Umsatz steuerfrei als innergemeinschaftliche Lieferung[1] behandelt werden. Ist der Abnehmer nicht im Besitz einer solchen, unterliegt die Lieferung dem deutschen Umsatzsteuerrecht, aber schon bei Überschreiten einer Umsatzschwelle von 10.000 EUR für alle Fernverkäufe und sonstigen Leistungen an nichtsteuerpflichtige Abnehmer im übrigen Gemeinschaftsgebiet dem Umsatzsteuerrecht im Land des Kunden, mit der grundsätzlichen Verpflichtung des Lieferanten zur umsatzsteuerlichen Registrierung. Seit dem 1.7.2021[2] hat der Verkäufer aber auch die Möglichkeit, das besondere Besteuerungsverfahren (OSS-Verfahren) für derartige Umsätze gem. §§ 18j und 18k UStG zu nutzen.[3]

 
Wichtig

Versandhandel – Regelung für Fernverkäufe gem. § 3c UStG

Bei Versandhandelsangeboten auf elektronischen Plattformen ist zu gewährleisten, dass die für den EU-Binnenmarkt geltende Regelung für Fernverkäufe bei Lieferungen an nichtsteuerpflichtige Abnehmer zur Anwendung kommt. Sollen von vornherein Risiken der Verlagerung des Lieferorts in das Bestimmungsland ausgeschlossen werden, können die Preisangebote an Abnehmer aus dem übrigen Gemeinschaftsgebiet ohne Umsatzsteuer-Identifikationsnummer (USt-IdNr.) nur ausschließlich mit dem Hinweis auf Selbstabholung (Beauftragung und Bezahlung des Transports durch den Abnehmer) gemacht werden. Ansonsten bleibt nur der Weg einer umsatzsteuerlichen Registrierung im Land des Kunden oder Nutzung des OSS-Verfahrens über das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt), Abrechnung mit der und Entrichtung der dortigen Umsatzsteuer an die jeweils zuständige(n) Finanzbehörde(n) im übrigen Gemeinschaftsgebiet bzw. – bei Nutzung des OSS-Verfahrens – gegenüber dem BZSt.

3.2 Sonderregelungen für Betreiber elektronischer Schnittstellen

Mit dem Gesetz zur Vermeidung von Umsatzsteuerausfällen beim Handel mit Waren im Internet und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften sind bereits mit Wirkung ab 2019 neue umfassende umsatzsteuerliche Aufzeichnungspflichten sowie eine Umsatzsteuerhaftung für die Betreiber der sog. Online-Marktplätze eingeführt worden. Im Kern geht es um die Sicherstellung der deutschen Umsatzsteuereinnahmen für die auf den Marktplätzen registrierten Versandhändler (Fernverkäufer).

3.2.1 Wer ist betroffen?

Die Regelungen richten sich an die Betreiber elektronischer Schnittstellen, mit denen die Lieferung von Gegenständen unterstützt wird. Eine elektronische Schnittstelle ist gem. § 25e Abs. 5 UStG ein elektronischer Marktplatz, eine elektronische Plattform, ein elektronisches Portal o. ä.. Der Betreiber einer elektronischen Schnittstelle muss die Lieferung unmittelbar oder mittelbar unterstützen, d. h. Bedingungen für die Lieferung festlegen, an der Authorisierung der Zahlungen für den Verkäufer oder an der Bestellung oder Lieferung der Gegenstände beteiligt sein. Die Regelung macht keine Einschränkung auf die im Inland ansässigen Marktbetreiber. Betroffen sind alle Online-Marktplätze, auf denen Dritte in Deutschland steuerbare und steuerpflichtige Umsätze anbieten.

3.2.2 Zusätzliche Aufzeichnungspflichten

Der Betreiber eines Online-Marktplatzes hat gem. § 22f UStG zusätzliche Dokumentationspflichten zu erfüllen, wenn Dritte auf den von ihm bereitgestellten Marktplatz Lieferungen rechtlich begründen, bei denen die Beförderung oder Versendung im Inland beginnt oder endet.

 
Praxis-Beispiel

Privatperson bestellt Waren über Handelsplattform bei chinesischem Lieferanten

Ein deutscher Kunde bestellt auf einem Online-Marktplatz Speicherchips, die ihm von einem in China ansässigen Lieferanten direkt zugesandt werden. Das Rechtsgeschäft wird direkt mit dem chinesischen Lieferanten abgeschlossen. Der Marktplatzbetreiber "ermöglicht" lediglich die Anbahnung, den Abschluss und ggf. die technische Abwicklung der Bezahlung des Kaufgeschäfts. Der Umsatz des chinesichen Lieferanten ist zwar wegen der Versendung von China aus in Deutschland nicht steuerbar. Am Ende der Versendung in Deutschland unterliegt aber die Einfuhr der deutschen Einfuhrumsatzsteuer, deren ordnungsgemäße Erhebung durch die zusätzlichen Dokumentationen...

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