Die Abgrenzung zwischen den bindenden Verfügungssätzen eines Feststellungsbescheids und deren (bloßer) Begründung ist durch Auslegung zu ermitteln. Lässt der Verfügungssatz eines Feststellungsbescheids Raum zu Zweifeln über seinen Inhalt, ist nicht nur auf den Tenor dieses Bescheids abzustellen, sondern auch auf dessen materiellen Regelungsgehalt einschließlich seiner Begründung.[1] Die Folgen – z. B. bei einem erstmaligen Gewinnfeststellungsbescheid – wirken sich finanziell erst im Einkommensteuerbescheid aus. Inhaltsadressaten des Feststellungsbescheids bei einer Personenmehrheit sind die einzelnen Gesellschafter. In der Regel wird diesen die Entscheidung aber nicht persönlich bekannt gegeben, sondern mit Wirkung für und gegen alle Feststellungsbeteiligten einem "zur Vertretung der Gesellschaft Berechtigten" als Empfangsbevollmächtigten.[2]

Grundlagenbescheide i. S. d. § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO sind u. a. Feststellungsbescheide. Folgebescheide (z. B. Einkommensteuerbescheid) sind nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO an die Grundlagenbescheide anzupassen, denn diese sind im Umfang der in ihnen getroffenen Feststellungen für Folgebescheide bindend.[3]

Die Änderung eines Einkommensteuerbescheids nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO ist innerhalb der Festsetzungsfrist auch noch möglich, wenn eine Änderung des Einkommensteuerbescheids zunächst unterbleibt und die Änderung erst nach (erneuter) Änderung des Grundlagenbescheids nachgeholt wird. Die Berichtigungspflicht bleibt solange bestehen, wie der Grundlagenbescheid in dem Folgebescheid noch nicht zutreffend berücksichtigt worden ist, Festsetzungs- oder Feststellungsverjährung noch nicht eingetreten ist und der Steueranspruch noch nicht verwirkt ist.[4]

.Die Bindungswirkung hat zur Folge, dass nicht durch den Folgebescheid geregelt werden darf, was durch Grundlagenbescheid geregelt ist und umkehrt.[5]

Erfolgt eine gesonderte Feststellung gegenüber mehreren Beteiligten einheitlich[6] und ist ein Beteiligter im Feststellungsbescheid unrichtig bezeichnet worden, weil Rechtsnachfolge eingetreten ist, kann dies durch besonderen Bescheid gegenüber dem Rechtsnachfolger berichtigt werden.[7]

Durch § 171 Abs. 10 Satz 1 AO wird die Änderungsbefugnis nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO über die normale Festsetzungsfrist[8] hinaus erweitert. Danach endet die Festsetzungsfrist beim Folgebescheid nicht vor Ablauf von 2 Jahren nach Bekanntgabe des Grundlagenbescheids, soweit dieser für die Festsetzung der Folgesteuer bindend ist.[9]

 
Achtung

Bei Fehlern muss immer der Feststellungsbescheid angefochten werden

Einwendungen gegen Entscheidungen in einem Grundlagenbescheid können nicht durch Anfechtung des Folgebescheides, sondern nur mit einem Einspruch gegen den Grundlagenbescheid – also hier dem Feststellungsbescheid – geltend gemacht werden.[10]

 
Hinweis

Beschränkung der Einspruchs-/Klagebefugnis auf vertretungsberechtigte Geschäftsführer

Gegen einheitliche Feststellungsbescheide können nur die zur Vertretung berufenen Geschäftsführer Einspruch einlegen.[11] Die Frage, wer zur Geschäftsführung und Vertretung berufen ist, richtet sich nach den zivilrechtlichen Vorschriften[12], ggf. i. V.  m. den gesellschaftsvertraglichen Regelungen. Sind mehrere Geschäftsführer vorhanden und nur gemeinschaftlich vertretungsbefugt, müssen alle vertretungsberechtigten Geschäftsführer der Einspruchseinlegung zustimmen. Bei Einzelvertretungsmacht ist jeder vertretungsberechtigte Geschäftsführer zur Einspruchseinlegung befugt.

Besteht Streit über Grund oder Höhe des in einem Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen festgestellten Gesamthandsgewinns einer Personengesellschaft, ist nur die Gesellschaft selbst klagebefugt. Eine Klagebefugnis des Gesellschafters ergibt sich nicht schon daraus, dass ihm der streitige Gewinn alleine zugerechnet wurde.[13]

Das (versehentliche) Übersehen eines Grundlagenbescheids (bzw. der Mitteilung über die getroffenen Feststellungen) stellt eine offenbare Unrichtigkeit dar.[14] Dann ist bei Überprüfung der Verjährung auch die Ablaufhemmung des § 171 Abs. 2 AO zu beachten.

Einem Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung des Grundbesitzwerts bei mehreren Miterben muss klar und eindeutig entnommen werden können, gegen welche Beteiligten der Erbengemeinschaft sich die Feststellungen richten. Ein nichtiger Bescheid wahrt die Festsetzungsfrist nicht. Eine Ablaufhemmung kann sich daher nicht aus der Anfechtung eines solchen Bescheids ergeben.[15]

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