rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Änderung eines Einkommensteuerbescheids infolge eines geänderten Grundlagenbescheids

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Die Änderung eines Einkommensteuerbescheids nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO bleibt innerhalb der Festsetzungsfrist auch dann zulässig, wenn aufgrund von Auswertungsversäumnissen eine Änderung des Einkommensteuerbescheids zunächst unterbleibt und die Änderung erst nach (erneuter) Änderung des Grundlagenbescheids nachgeholt wird.

2) Solange und soweit in offener Feststellungsfrist ein Grundlagenbescheid, der für die Festsetzung der Folgesteuern binden ist, noch zulässig ergehen kann, ist der Ablauf der Festsetzungsfrist für die Folgesteuer im Ausmaß der Bindungswirkung dieses Grundlagenbescheids gehemmt und wird diese Bindung durch § 171 Abs. 10 AO auf die Frist von zwei Jahren nach Bekanntgabe des Grundlagenbescheids ausgedehnt.

 

Normenkette

AO § 171 Abs. 10, § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 1

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Zulässigkeit der Änderung des Einkommensteuerbescheids für 2000 infolge eines geänderten Grundlagenbescheids.

Die Kläger sind Eheleute und wurden im Streitjahr 2000 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger ist seit dem Jahr 1999 als Kommanditist an der A GmbH & Co. KG (im Folgenden: KG) beteiligt. Er erzielte im Streitjahr unter anderem aus dieser Beteiligung gewerbliche Einkünfte. Daneben erzielten der Kläger und die Klägerin jeweils Einkünfte aus Kapitalvermögen und aus privaten Veräußerungsgeschäften.

Der Beklagte setzte die Einkommensteuer 2000 zunächst auf Grundlage der von den Klägern eingereichten Steuererklärung mit einem unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Steuerbescheid vom 2.7.2002 fest. Dieser Bescheid wurde in der Folgezeit durch Bescheide vom 4.10.2002, vom 17.2.2003 und vom 15.10.2003 geändert, wobei der Vorbehalt der Nachprüfung weiterhin bestehen blieb.

Bei der KG wurde für die Jahre 1999 bis 2003 eine Betriebsprüfung durchgeführt. Aufgrund dieser Betriebsprüfung erging mit Datum vom 11.9.2006 unter anderem für das Jahr 2000 ein geänderter Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Besteuerungsgrundlagen für und gegen alle Feststellungsbeteiligten.

Dieser Bescheid für 2000 wurde von der KG wegen … angefochten. Streitig war ein Betrag von rund 300 DM. Das Einspruchsverfahren wurde mit Blick auf ein insoweit beim BFH anhängiges Verfahren auf Antrag der KG zum Ruhen gebracht. Eine Aussetzung der Vollziehung wurde nicht beantragt oder gewährt.

Der Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Besteuerungsgrundlagen für 2000 wurde – ebenso wie der ursprüngliche Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Besteuerungsgrundlagen für 2000 – in der Folgezeit nicht der Einkommensteuerfestsetzung der Kläger für 2000 zugrunde gelegt.

Bei der KG wurde im Jahr 2010 eine Anschlussbetriebsprüfung für die Jahre 2004 bis 2007 mit einer späteren Erweiterung der Prüfung um das Jahr 2008 durchgeführt. Die aufgrund dieser Folgebetriebsprüfung am 5./6.12.2013 ergangenen Bescheide über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Besteuerungsgrundlagen für 2004 bis 2008 wurden bei den Einkommensteuerfestsetzungen der Kläger für die entsprechenden Jahre zeitnah ausgewertet und führten zu einer Steuernachzahlung von insgesamt rund 8.500 Euro.

Aufgrund einer bei der KG in der Folgezeit für die Jahre 2009 bis 2011 durchgeführten weiteren Betriebsprüfung ergingen auch für diese Jahre geänderte Bescheide über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Besteuerungsgrundlagen. Diese Bescheide wurden zeitnah bei den entsprechenden Einkommensteuerfestsetzungen der Kläger ausgewertet.

Nachdem das hinsichtlich der Frage … geführte Revisionsverfahren beim BFH abgeschlossen war, erließ der Beklagte bezüglich der Einkünfte aus der KG mit Datum vom 21.11.2016 einen geänderten Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung für 2000. Dabei änderte er … und minderte das bisher festgestellte Ergebnis um 300 DM.

Aufgrund des Feststellungsbescheids vom 21.11.2016 änderte der Beklagte mit Datum vom 2.12.2016 die Einkommensteuerfestsetzung der Kläger für 2000 nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO. Dies führte wegen der nunmehr erstmaligen Berücksichtigung der festgestellten Beteiligungseinkünfte zu einer Steuernachzahlung von rund 56.000 Euro nebst Zinsen von rund 49.500 Euro.

Die Kläger legten gegen den Einkommensteuerbescheid vom 2.12.2016 Einspruch ein und trugen zur Begründung vor, dass die Auswertung des Feststellungsbescheids im Rahmen der Einkommensteuer wegen Verwirkung nicht mehr hätte erfolgen dürfen. Mit der Auswertung seien erstmals die Mehrergebnisse aus der bereits im Jahr 2006 abgeschlossenen Betriebsprüfung bei der KG erfasst worden. Dies sei unzulässig. Zwischen dem Erlass des ersten Grundlagenbescheids, d.h. des infolge der Betriebsprüfung geänderten Feststellungsbescheids, und dem geänderten Einkommensteuerbescheid für 2000 seien mehr als zehn Jahre vergangen. Es s...

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