Leitsatz

1. Aufwendungen für den typischen Unterhaltsbedarf – insbesondere Ernährung, Kleidung, Wohnung, Hausrat, Versicherungen – einer dem Steuerpflichtigen gegenüber unterhaltsberechtigten Person können nur nach § 33a Abs. 1 EStG abgezogen werden; Unterhaltsleistungen, mit denen ein besonderer und außergewöhnlicher Bedarf abgedeckt wird – z.B. Krankheits- oder Pflegekosten –, dagegen nach § 33 EStG.

2. Die Abgrenzung der typischen von den untypischen Unterhaltsaufwendungen richtet sich nach deren Anlass und Zweckbestimmung, nicht nach deren Zahlungsweise. Die Abfindung der Unterhaltsansprüche des geschiedenen oder getrennt lebenden Ehegatten fällt daher auch dann unter § 33a Abs. 1 EStG, wenn der Steuerpflichtige dazu verpflichtet ist.

 

Normenkette

§ 33, § 33a Abs. 1 EStG

 

Sachverhalt

Der Kläger hatte im Zusammenhang mit der Scheidung an seine Ehefrau fast 1,5 Mio. DM gezahlt. Er berief sich darauf, in dieser Höhe zur Abfindung der Unterhaltszahlungen verpflichtet gewesen zu sein, und machte für das Jahr 1999 den gesamten Betrag – vermindert um die zumutbare Belastung – als außergewöhnliche Belastung nach § 33 EStG geltend.

Das FG berücksichtigte lediglich das Realsplitting i.H.v. 27 000 DM (FG Köln, Urteil vom 10.11.2004, 14 K 3586/02, Haufe-Index 1458348, EFG 2006, 414).

 

Entscheidung

Der BFH wies die Revision zurück. Da die Abfindung für den typischen Unterhaltsbedarf der geschiedenen Ehefrau gezahlt wurde, war eine Berücksichtigung nach § 33 EStG nicht möglich. Im Übrigen war unklar, ob mit der Abfindung auch teilweise Zugewinnausgleichsansprüche ausgeglichen wurden.

 

Hinweis

Unterhaltszahlungen im Zusammenhang mit einer Scheidung können wie folgt berücksichtigt werden:

Beim Realsplitting (§ 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG) können Unterhaltszahlungen mit Zustimmung des Unterhaltsempfängers bis zu 13 805 Euro als Sonderausgaben abgezogen werden. Der Empfänger hat die Zahlungen als sonstige Einkünfte zu versteuern (§ 22 Nr. 1a EStG).

Stattdessen kann typischer Unterhalt (Ernährung, Kleidung, Wohnung, Hausrat, notwendige Versicherungen usw.) bis zu 7 680 Euro im Kalenderjahr nach § 33a Abs. 1 EStG als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden. Die Zustimmung des unterhaltenen Ehegatten ist dazu nicht erforderlich. Voraussetzung ist jedoch, dass er nur über ein geringes Vermögen (15 500 Euro) verfügt. Außerdem mindern seine Einkünfte und Bezüge den abziehbaren Höchstbetrag.

Leistungen, mit denen kein typischer Unterhaltsbedarf abgedeckt wird (z.B. Krankheits- oder Heimpflegekosten), können ohne betragsmäßige Beschränkung nach § 33 EStG abgezogen werden, soweit sie die zumutbare Belastung überschreiten.

Die Entscheidung, ob beschränkt abziehbare typische Unterhaltsleistungen (§ 33a Abs. 1 EStG) oder der der Höhe nach unbeschränkt zu berücksichtigende Zahlungen zur Deckung eines außergewöhnlichen Bedarfs (§ 33 EStG) vorliegen, richtet sich ausschließlich nach der Zweckbestimmung der Leistungen und nicht danach, ob laufend gezahlt wird oder ob die Unterhaltsansprüche des geschiedenen Ehegatten in einer Summe abgefunden werden.

Die Abfindung typischen Unterhalts fällt daher unter § 33a Abs. 1 EStG. Damit folgt der BFH nicht einer im Schrifttum vertretenen Auffassung, nach der bei einer unfreiwilligen Ablösung künftiger Unterhaltsleistungen ausnahmsweise ein höherer Abzug nach § 33 EStG (unter Gegenrechnung der zumutbaren Belastung) möglich sein soll.

Nach dieser – vom BFH abgelehnten – Auffassung sollen z.B. Kapitalabfindungsansprüche nach § 1585 Abs. 2 BGB, die aus "wichtigem Grund" geltend gemacht werden können, in der Weise nach § 33 EStG abziehbar sein, dass die Höchstbeträge des § 33a Abs. 1 EStG der betroffenen Jahre addiert werden (Schmidt/Loschelder, EStG, 27. Aufl., 2008, § 33a Rz. 5). Diese Auffassung führt indes zu einem Wertungswiderspruch. Denn nach dem Realsplitting ist der Einkünftetransfer vom unterhaltsverpflichteten auf den unterhaltsberechtigten geschiedenen oder dauernd getrennt lebenden Ehegatten der Höhe nach nur begrenzt möglich.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 19.06.2008, III R 57/05

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