Leitsatz

Scheidet ein Kommanditist gegen Entgelt aus einer KG aus, ist ein von ihm nicht auszugleichendes negatives Kapitalkonto bei der Berechnung seines Veräußerungsgewinns in vollem Umfang zu berücksichtigen. Es kommt nicht darauf an, aus welchen Gründen das Kapitalkonto negativ geworden ist.

 

Normenkette

§ 15a, § 16 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 EStG 1999, § 169 Abs. 1 Satz 2, § 171 Abs. 1, § 172 Abs. 4 HGB

 

Sachverhalt

Einem Kommanditisten mit einer Einlage von 100.000 DM (zzgl. 5.000 DM Agio) wurden in den Jahren seiner Beteiligung – teils trotz der Erzielung von Verlusten – "Ausschüttungen aus der Liquidität" von ca. 78.000 DM gewährt. Im Zeitpunkt seines Ausscheidens aus der KG betrug der Saldo von Gewinn- und Verlustanteilen ca. ./. 75.000 DM, woraus sich ein negatives Kapitalkonto von ca. 48.000 DM ergab. Dennoch bekam der Gesellschafter ein Abfindungsguthaben von ca. 23.000 DM ausgezahlt.

Das FA ermittelte den Veräußerungsgewinn aus der Summe des Betrags des negativen Kapitalkontos und der Abfindung von ca. 71.000 DM. Der Kommanditist war der Meinung, die Liquiditätsausschüttungen dürften bei der Berechnung des Veräußerungsgewinns nicht einbezogen werden, weil es sich nur um Rückzahlungen der Einlage gehandelt habe, durch die seine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit nicht gesteigert worden sei. Mit dieser Begründung hatte er beim FG auch Erfolg.

 

Entscheidung

Der BFH hob das FG-Urteil (FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 3.4.2012, 6 K 6267/05 B, Haufe-Index 3227811, EFG 2012, 1837) auf und wies die Klage ab. Das negative Kapitalkonto sei auch insoweit bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinns gewinnerhöhend zu berücksichtigen, als es auf Liquiditätsausschüttungen beruhe.

 

Hinweis

1. Das Ausscheiden eines Kommanditisten aus der KG gegen Erhalt eines Abfindungsguthabens erfüllt den Tatbestand der Anteilsveräußerung nach § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG. Der Gewinn ergibt sich aus der Differenz von Abfindung und Kapitalkonto nach dem Stand im Zeitpunkt des Ausscheidens, abzüglich etwaiger durch das Ausscheiden veran­lasster Kosten. Die Berechnung des Gewinns ist danach einfach, weil das Kapitalkonto als Abzugsbetrag berücksichtigt wird.

2.Ist das Kapitalkonto negativ, muss sich nach mathematischen Grundsätzen der Abzug des Negativbetrags gewinnerhöhend auswirken. Diesem rechnerisch einfachen Ergebnis wurde im Urteilsfall entgegengehalten, dass nur ein durch Verlustanteile negativ gewordenes Kapitalkonto gewinnerhöhend wirken dürfe. Soweit der Negativsaldo auf Auszahlungen an den Gesellschafter beruhe, dürfe er nicht berücksichtigt werden. Mit diesem Einwand hatte sich der BFH bereits in einem Urteil aus dem Jahr 2009 auseinandergesetzt, damals aber nicht mit entscheidungserheblicher Bedeutung (BFH vom 3.9.2009, IV R 17/07, BFH/NV 2010, 745, BStBl II 2010, 631). Mit dem hiesigen Urteil werden die damaligen Erwägungen ausdrücklich bestätigt: Auch ein entnahmebedingter Negativsaldo ist bei der Berechnung des Veräußerungsgewinns zu berücksichtigen.

Das hiergegen vorgebrachte Argument, die Entnahmen seien nur als Rückzahlung der Einlage zu behandeln, erhöhten also nicht die Leistungsfähigkeit des Gesellschafters, ist nur vordergründig überzeugend. Soweit seine Einlage durch Verlustanteile verbraucht wurde, konnte der Gesellschafter sie nicht mehr zurückverlangen. Wenn die Gesellschaft gleichwohl an der Auszahlung festhält und die Einlage nicht zurückfordert, ist die Leistungsfähigkeit des Gesellschafters dadurch gesteigert und rechtfertigt eine Besteuerung. Schließlich sind dem Gesellschafter auch die Verlustanteile ertragsteuerlich zugerechnet worden. Im Ergebnis kann die Erhöhung des Veräußerungsgewinns dann als eine Kompensation der Verlustzuweisung verstanden werden.

3. Der Gewinn aus der Einbeziehung des negativen Kapitalkontos in den Veräußerungsgewinn wird meist durch verrechenbare Verluste nach § 15a EStG ausgeglichen werden können. Dass im Urteilsfall solche verrechenbaren Verluste nicht bestanden, hing damit zusammen, dass die Auszahlungen wegen Auflebens der Haftung nach § 171 Abs. 1 HGB nicht zur Umpolung von bisher ausgleichsfähigen in verrechenbare Verluste geführt hatte (§ 15a Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 1 EStG).

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 9.7.2015 – IV R 19/12

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