Werden Unternehmen, an denen eine Beteiligung in den in Kapitel 3.2. beschriebenen Formen besteht, als Teil der Wertschöpfungskette behandelt, so sollten die unmittelbaren Auswirkungen durch die Geschäftsbeziehung berücksichtigt werden. ESRS 1-5.2 erlaubt jedoch für diese Datenerfassung ggf. Lockerungen. Sollte es für ein Unternehmen nicht möglich sein, die Aktivitäten in der vor- und nachgelagerten Wertschöpfungskette und in den Geschäftsbeziehungen zu kontrollieren, so kann es sich als schwierig erweisen, genaue Informationen zur Wertschöpfungskette zu eruieren. Konkret räumt ESRS 1.68 ein, dass verschiedene Faktoren die Möglichkeit zur Datenerhebung außerhalb des Konsolidierungskreises beeinflussen können und erwähnt diesbzgl.

  1. die vertraglichen Vereinbarungen des Unternehmens,
  2. den Grad der Kontrolle, den das Unternehmen über die Geschäfte außerhalb des Konsolidierungskreises ausübt, und
  3. die Nachfragemacht.

Zudem könnte es zu Schwierigkeiten bei der Datenerhebung von nicht berichtspflichtigen Klein- und Mittelunternehmen (KMU) kommen.

Kann das Unternehmen nach zumutbaren Anstrengungen die Informationen über seine vor- und nachgelagerte Wertschöpfungskette von den jeweiligen Akteuren nicht konkret einholen, so erlaubt ESRS 1.69 diese Daten unter Verwendung aller angemessenen und belastbaren Informationen, bspw. von Sektordurchschnittsdaten und anderen Näherungswerten, zu schätzen. Insbes. werden die Umweltangelegenheiten (ESRS E1ESRS E5) angeführt, für welche oftmals Näherungswerte verfügbar sind. ESRS 1.71 erwähnt explizit die Berechnung der Scope-3-Treibhausgasemissionen von Unternehmen als Beispiel.

Verwendet ein Unternehmen Schätzungen anhand von Sektordurchschnittsdaten oder anderen Näherungswerten, so müssen diese Daten den qualitativen Merkmalen von Informationen entsprechen. Gem. ESRS 1-7.2 ist es wichtig, dass das Unternehmen Informationen bereitstellt, welche den Nutzern ermöglichen, jene relevanten Unsicherheiten zu verstehen, die Auswirkungen auf die angeführten quantitativen Parameter und Geldbeträge haben. Wenn die Annahmen und Schätzungen genau erläutert werden, sehen die ESRS das Heranziehen sinnvoller Annahmen und Schätzungen (inkl. Szenario- oder Sensitivitätsanalysen) als einen wesentlichen Bestandteil der Nachhaltigkeitsberichterstattung an, welcher die Brauchbarkeit des Berichts nicht mindert. Selbst bei einem hohen Maß an Messunsicherheit können aufgrund von Annahmen oder Schätzungen generierte Daten nützliche Informationen liefern. Ebenso ist es möglich, dass diese Daten die in ESRS 1, App. B beschriebenen qualitativen Merkmale von Nachhaltigkeitsinformationen erfüllen (Relevanz, wahrheitsgetreue Darstellung, Vergleichbarkeit, Überprüfbarkeit, Verständlichkeit[1]). Zu beachten gilt es natürlich, dass Daten und Annahmen, die im Nachhaltigkeitsbericht verwendet werden, mit den entsprechenden im Jahresabschluss des Unternehmens angeführten Informationen übereinstimmen.

[1] Siehe ausführlich Baumüller/Lopatta/Hrinkow, in Freiberg/Lanfermann (Hrsg.), Haufe ESRS-Kommentar, 2023, § 1 Rz 18ff.

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