Rz. 7

Die formelle Annahme der ESRS durch die EU-Kommission mittels delegierter Rechtsakte geschieht auf Grundlage der Art. 29b, 29c und 40b i. V. m. Art. 49 der EU-Bilanz-RL. Bei delegierten Rechtsakten wird ein Verfahren nach Art. 290 AEUV genutzt, nach dem der EU-Kommission die Befugnis übertragen werden kann, Rechtsakte mit allgemeiner Geltung zur Ergänzung oder Änderung bestimmter nicht wesentlicher Vorschriften (der CSRD) zu erlassen. Art. 29b der EU-Bilanz-RL ermächtigt die EU-Kommission zum Erlass delegierter Rechtsakte, die die Vorschriften zum Nachhaltigkeitsbericht gem. Art. 19a und 29a der EU-Bilanz-RL konkretisieren. Art. 29c der EU-Bilanz-RL ermächtigt die EU-Kommission zum Erlass delegierter Rechtsakte, die die Vorschriften zur Nachhaltigkeitsberichterstattung speziell für kapitalmarktorientierte KMU konkretisieren. Hier wird besonders herausgestellt, dass die entsprechenden Anforderungen in den ESRS den Kapazitäten und Merkmalen von KMU und dem Umfang und der Komplexität ihrer Tätigkeiten angemessen sein sollen. Art. 40b der EU-Bilanz-RL ermächtigt die EU-Kommission zum Erlass delegierter Rechtsakte, die die Vorschriften zur Nachhaltigkeitsberichterstattung speziell für Nicht-EU-Unternehmen konkretisieren.

 

Rz. 8

Insbes. Art. 29b Abs. 2 der EU-Bilanz-RL bestimmt die Regelungsbereiche, für die die ESRS erlassen werden können. Allgemein wird bestimmt, dass die ESRS die Verständlichkeit, Relevanz, Überprüf- und Vergleichbarkeit der Nachhaltigkeitsinformationen zum Ziel haben. Solche Informationen sind durch berichtende Unternehmen in wahrheitsgetreuer Weise darzustellen. Sie sollen aber auch einen unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand für Unternehmen vermeiden.

 

Rz. 9

Als Regelungsbereiche für eine Präzisierung von Unternehmensangaben werden in Art. 29b Abs. 2 der EU-Bilanz-RL bestimmte ESG-Faktoren umrissen. Mit Blick auf Umweltfaktoren sind dies:

  1. Klimaschutz, auch in Bezug auf Scope-1-, Scope-2- und ggf. Scope-3-Treibhausgasemissionen,
  2. Anpassung an den Klimawandel,
  3. Wasser- und Meeresressourcen,
  4. Ressourcennutzung und die Kreislaufwirtschaft,
  5. Verschmutzung sowie
  6. Biodiversität und Ökosysteme.

Diese entsprechen den Umweltzielen der EU-Umwelttaxonomie-VO.

 

Rz. 10

Die Sozial- und Menschenrechtsfaktoren sind detaillierter als die Umweltfaktoren ausgestaltet und umfassen:

  1. Gleichbehandlung und Chancengleichheit für alle, einschl. Geschlechtergerechtigkeit und gleichem Lohn bei gleichwertiger Arbeit, Ausbildung und Kompetenzentwicklung, Beschäftigung und Inklusion von Menschen mit Behinderungen, Maßnahmen gegen Gewalt und Belästigung am Arbeitsplatz sowie Vielfalt,
  2. Arbeitsbedingungen, einschl. sicherer Beschäftigung, Arbeitszeit, angemessener Löhne, sozialer Dialog, Vereinigungsfreiheit, Existenz von Betriebsräten, Tarifverhandlungen, einschl. des Anteils der Arbeitnehmer, für die Tarifverträge gelten, Informations-, Anhörungs- und Mitbestimmungsrechte der Arbeitnehmer, Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben sowie Gesundheit und Sicherheit,
  3. Achtung der Menschenrechte, Grundfreiheiten, demokratischen Grundsätze und Standards, die in der Internationalen Charta der Menschenrechte und anderen grundlegenden Menschenrechtsübereinkommen der Vereinten Nationen, einschl. des UN-Übereinkommens über die Rechte von Menschen mit Behinderungen und der Erklärung der Vereinten Nationen über die Rechte der indigenen Völker, sowie in der Erklärung der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) über grundlegende Prinzipien und Rechte bei der Arbeit und den grundlegenden Übereinkommen der IAO, der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten, der Europäischen Sozialcharta und der Charta der Grundrechte der EU festgelegt sind.
 

Rz. 11

Die Governance-Faktoren betreffen:

  1. die Rolle der Verwaltungs-, Leitungs- und Aufsichtsorgane des Unternehmens im Zusammenhang mit Nachhaltigkeitsaspekten und ihre Zusammensetzung sowie ihr Fachwissen und ihre Fähigkeiten zur Wahrnehmung dieser Rolle oder ihr Zugang zu solchem Fachwissen und solchen Fähigkeiten,
  2. die Hauptmerkmale der internen Kontroll- und Risikomanagementsysteme des Unternehmens in Bezug auf den Prozess der Nachhaltigkeitsberichterstattung und der Beschlussfassung,
  3. Unternehmensethik und Unternehmenskultur, einschl. der Bekämpfung von Korruption und Bestechung, des Schutzes von Hinweisgebern und des Tierwohls,
  4. Tätigkeiten und Verpflichtungen des Unternehmens im Zusammenhang mit der Ausübung seines politischen Einflusses, einschl. seiner Lobbytätigkeiten,
  5. die Pflege und die Qualität der Beziehungen zu Kunden, Lieferanten und Gemeinschaften, die von den Tätigkeiten des Unternehmens betroffen sind, einschl. Zahlungspraktiken, insbes. in Bezug auf verspätete Zahlungen an kleine und mittlere Unternehmen.
 

Rz. 12

Für alle zur Präzisierung vorgesehenen Faktoren gilt nach Art. 29b Abs. 3 der EU-Bilanz-RL, dass in den ESRS mit Blick auf den Zeitbezug die zukunfts- und vergangenheitsbezogenen sowie nach Art qualitative und quantitative Informationen, über die die Un...

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