Rz. 121

Der Erfüllungsbetrag eines Schulddarlehens kann höher als der Ausgabebetrag sein. Die Bemessungsgrundlage für die Rückzahlung des Darlehens ist der Erfüllungsbetrag, mit diesem ist das Darlehen zu bewerten. Der Unterschiedsbetrag zwischen Erfüllungs- und Ausgabebetrag wird Damnum oder Disagio genannt.

 
  Erfüllungsbetrag  
./. Ausgabebetrag  
= Damnum/Disagio  
 
Praxis-Beispiel

Unternehmen S nahm am 5.1.01 bei der Bank G ein Darlehen zum Nennbetrag von 300.000 EUR auf. Gutgeschrieben wurden S 285.000 EUR (95 %). Zurückzuzahlen war das Darlehen in 5 Jahresraten, beginnend am 5.1.02.

 

Rz. 122

Wirtschaftlich gesehen zahlt der Darlehensgeber den vollen Erfüllungsbetrag/Nennbetrag aus, während der Darlehensnehmer das Damnum an den Darlehensgeber als zusätzliches Entgelt zu den Zinsen zahlt. Diese beziehen sich auf den Erfüllungsbetrag des Darlehens. Damnum und laufende Zinsen sind das Gesamtentgelt für die Darlehensnutzung. Das Damnum ist Vorauszahlung eines Teils der Zinsen und steht damit mit den (sonstigen) Zinsen in einem wechselseitigen Abhängigkeitsverhältnis. Ohne Damnum wären höhere Zinsen zu entrichten. Je höher also das Damnum ist, desto geringer sind die Zinsen.[1]

 

Rz. 123

Für das Damnum/Disagio bei einem Schulddarlehen besteht handelsrechtlich ein Wahlrecht, es in den Rechnungsabgrenzungsposten der Aktivseite der Bilanz aufzunehmen. Wird es aktiviert, ist es planmäßig abzuschreiben. Die Abschreibungen dürfen auf die gesamte Laufzeit des Darlehens verteilt werden (§ 250 Abs. 3 HGB).

 

Rz. 124

Der Unterschiedsbetrag darf also handelsrechtlich entweder als Aufwand gebucht oder als Damnum aktiviert werden. Das Aktivierungswahlrecht schließt auch die Möglichkeit ein, das Damnum nur teilweise zu aktivieren, den Unterschiedsbetrag zwischen Erfüllungsbetrag und Auszahlungsbetrag also teilweise sofort als Aufwand zu buchen und im Übrigen zu aktivieren.[2]

Hier sollen nur die beiden Möglichkeiten der vollen Aufwandsverbuchung oder der vollen Aktivierung behandelt werden. Bei Auszahlung des Darlehens bucht daher S im vorstehenden Beispiel:

Entweder

Bank

285.000 EUR

Zinsaufwand

15.000 EUR

an Schulddarlehen

300.000 EUR

oder

Bank

285.000 EUR

Damnum/Disagio

15.000 EUR

an Schulddarlehen

300.000 EUR

Im Fall der zweiten Alternative wird das Damnum aktiviert und planmäßig abgeschrieben. Als Laufzeit der Abschreibung darf handelsrechtlich die Laufzeit des Darlehens oder eine kürzere Laufzeit gewählt werden.[3]

 

Rz. 125

Das Damnum ist eine zusätzliche Vergütung des Darlehensnehmers für die Nutzung des Kapitals. Bei seiner Abschreibung wird Aufwand gebucht, der Entgelt für die Nutzung des Darlehens darstellt. Die Höhe des jährlichen Abschreibungsbetrags steht daher im Verhältnis zur jeweiligen Höhe des Kapitals.

 

Rz. 126

Bei einem Fälligkeitsdarlehen ist das Darlehen am Fälligkeitstag in einer Summe in Höhe des Erfüllungsbetrages zurückzuzahlen. Während der Laufzeit steht das Darlehen also in voller Höhe zur Nutzung zur Verfügung. Wird ein Damnum/Disagio aktiviert, ist es in gleich hohen Beträgen durch jährliche Abschreibungen, also linear, zu tilgen. Die laufenden Zinsen beziehen sich daher während der Laufzeit auf den vollen Erfüllungsbetrag des Darlehens.

 

Rz. 127

Bei einem Tilgungsdarlehen nimmt die Schuld durch die laufenden Tilgungsraten ab. Dementsprechend verringern sich auch die Abschreibungsbeträge des Damnums. Bei einem Tilgungsdarlehen fallen daher die Abschreibungsbeträge des Damnums ab. Da das Darlehen durch die laufenden Tilgungsbeträge gleichmäßig abnimmt, fallen auch die Abschreibungen des Damnums um gleiche Beträge. Das Damnum unterliegt aufgrund dessen einer degressiven Abschreibung.

 

Rz. 128

Die Abschreibungsbeträge für das Damnum bei der degressiven Abschreibung werden nach folgender Formel ermittelt:

 
s = n × (n + 1)  
2  

n = Zahl der Abschreibungsraten

s = Nenner des anzuwendenden Bruchs

Im vorstehenden Beispiel beträgt der Nenner des anzuwendenden Bruchs:

 
s = 5 × (5 + 1)  
2  

= 15

Die Abschreibungen betragen:

 
Jahr 02: 4 / 15 × 15.000 EUR = 4.000 EUR
Jahr 03: 3 / 15 × 15.000 EUR = 3.000 EUR
Jahr 04: 2 / 15 × 15.000 EUR = 2.000 EUR
Jahr 05: 1 / 15 × 15.000 EUR = 1.000 EUR
 

Rz. 129

Kapitalgesellschaften müssen, wenn sie von dem Aktivierungswahlrecht Gebrauch gemacht haben, das Damnum in der Bilanz gesondert ausweisen oder im Anhang angeben (§ 268 Abs. 6 HGB).

[1] Vgl. BGH, Urteil v. 29.5.1990, XI ZR 231/89, BGHZ 111 S. 287, NJW 1990 S. 2250.
[2] Vgl. Bertram, in Betram/Kessler/Müller, Haufe HGB Bilanz Kommentar, 2022, § 250 HGB Rz. 22 ff.; Trützschler, in Handbuch der Rechnungslegung, § 250 HGB Rz. 93 f., Stand 1.11.2017; Schubert/Waubke, in Beck'scher Bilanz-Kommentar, 2022, § 250 HGB Rz. 46 ff.
[3] Vgl. Trützschler, in Handbuch der Rechnungslegung, § 250 Rz. 93 f., Stand: 11/2017; Schubert/Waubke, in Beck'scher Bilanz-Kommentar, 13. Aufl. 2022, § 250 HGB Rz. 46 ff.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Finance Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge