Für die wichtigsten Entscheidungen, die Vorstände und Geschäftsführer treffen, die sogenannten "unternehmerischen Entscheidungen", sollten auch gesetzliche Mindestanforderungen beachtet werden. Diese ergeben sich im Wesentlichen aus der sogenannten Business Judgement Rule und decken sich erfreulicherweise weitgehend mit auch aus betriebswirtschaftlicher Perspektive sinnvoller Anforderungen. Allerdings sind diese in der unternehmerischen Praxis oft noch nicht erfüllt, was persönliche Haftungsrisiken für die Geschäftsleiter zur Folge haben kann.

Die Business Judgement Rule (BJR) regelt schadensersatzträchtige Pflichtverletzungen von Vorständen und GmbH-Geschäftsführern (vgl. § 93 AktG).[1] Eine Pflichtverletzung liegt nicht vor, wenn ein Vorstandsmitglied oder Geschäftsführer bei einer "unternehmerischen Entscheidung" auf der Grundlage angemessener Information zum Wohle der Gesellschaft handelt. Damit die BJR greift, muss im Rahmen einer unternehmerischen Entscheidung zwischen alternativen Handlungsmöglichkeiten gewählt werden und die Entscheidung bestimmte Eigenschaften aufweisen. Der Entscheidungsprozess muss sich zudem an geeigneten betriebswirtschaftlichen Methoden der Entscheidungslehre orientieren.

Es ist die zentrale Intension des Gesetzgebers mit der BJR klarzustellen, dass kein Geschäftsführer oder Vorstand für Pech haftet. Unternehmertum und unternehmerische Entscheidungen sind unvermeidlich mit Chancen und Gefahren (Risiken) verbunden. Mit jeder unternehmerischen Entscheidung, z. B. bzgl. einer großen Investition, Akquisition oder Produktneuentwicklung, geht das Unternehmen Risiken ein. Risiken, die z. B. ein Geschäftsführer mit seiner Entscheidung eingeht, können natürlich auch einmal eintreten und schwere negative Planabweichungen, eine Gewinnwarnung, Verluste oder schlimmstenfalls sogar eine Insolvenz auslösen. Ob sich ein Risiko realisiert, ist Zufall also eine Frage von Glück oder Pech. Es ist unsinnig, einen Entscheider zu verurteilen, wenn er einfach Pech hatte (also ein an sich bekanntes Risiko in einem erwartbaren Umfang eingetreten ist). Genau so ist auch die Business Judgement Rule zu verstehen: kein Entscheider haftet für das Pech, dass sich ein eingegangenes Risiko realisiert.

Statt einer Haftung für das Ergebnis einer Entscheidung steht nun eine Sorgfaltspflicht für die Entscheidungsvorbereitung und Entscheidungsvorlage. Welche Informationen "angemessen" sind, wurde in der Rechtsprechung präzisiert, insbesondere mit Verweisen auf die betriebswirtschaftlichen Methoden zur Vorbereitung von Entscheidungen unter Risiko. Damit kann ein Vorstand oder Geschäftsführer nicht nach Belieben festlegen, was er als "angemessen" ansieht (sonst wäre das Gesetz auch wirkungslos).

Die Anforderungen an die Vorbereitung "unternehmerischer Entscheidungen", und den Inhalt von Entscheidungsvorlagen, sind also klar.[2] Aber diese Anforderungen werden oft noch nicht erfüllt, was Sorgfaltspflichtverletzungen und persönliche Haftungsrisiken zur Konsequenz haben kann. Dies ist insbesondere der Fall seit speziell die entsprechenden Anforderungen an das Risikomanagement in Deutschland durch den neuen Revisionsstandard des Deutschen Instituts für interne Revision (DIIR RS Nr. 2) klar ausgedrückt werden (November 2018).

[1] In Anlehnung an Gleißner, 2019d.
[2] Vgl. die Zusammenfassung bei RMA, 2019.

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