LfSt Bayern, 10.3.2015, S 2133.1.1 - 7/5 St 31

Diese Verfügung richtet sich an alle Kolleginnen und Kollegen, die mit der Unternehmensbesteuerung befasst sind.

Derzeit häufen sich Anfragen zum Aktivierungszeitpunkt von Forderungen aus Steuererstattungsansprüchen und Erstattungszinsen bzw. zum Passivierungszeitpunkt von Rückstellungen für Steuernachzahlungen und Nachzahlungszinsen im Zusammenhang mit Anträgen von Kreditinstituten in anhängigen Rechtsbehelfsverfahren. Hierzu bitte ich folgende Auffassung zu vertreten:

1. Ein Steuererstattungsanspruch bzw. ein Anspruch auf Erstattungszinsen ist zu aktivieren, wenn er nach den steuerrechtlichen Vorschriften entstanden und hinreichend sicher ist (Realisationsprinzip). Für zunächst bestrittene Erstattungsansprüche ist dies im Regelfall der Bilanzstichtag, der der Bekanntgabe der begünstigenden Verwaltungsentscheidung folgt (vgl. BFH Urteil vom 15.11.2011, I R 96/10, Rn. 16-17; BFH Urteil vom 26.2.2014, I R 12/14, Rn. 20). Der Anspruch ist indes zu einem früheren Bilanzstichtag zu aktivieren, wenn zu diesem Zeitpunkt der Realisation des Anspruchs weder materiell-rechtliche noch verfahrensrechtliche Hindernisse (einschließlich der verwaltungsinternen Weisungslage) entgegenstehen. Hiervon ist auszugehen, wenn eine Rechtsfrage höchstrichterlich entschieden ist, die Entscheidung vorbehaltlos im BStBl II veröffentlicht wurde und der betroffene Steuerbescheid verfahrensrechtlich geändert werden kann (vgl. BFH Urteil vom 31.8.2011, X R 19/10, BStBl 2012 II S. 190 ; Finanzministerium des Landes Schleswig-Holstein Einkommensteuer, 6.3.2013, VI 304 – S 2133 – 077; OFD Frankfurt am Main, 12.7.2013, S 2133 A – 21 – St 210, Tz. 1).
   
2. Steuernachforderungen und Nachforderungszinsen sind – mit Ausnahme solcher für hinterzogene Steuern – grundsätzlich im Jahr ihrer Entstehung als Rückstellung zu passivieren (vgl. H 4.9 EStH „Rückstellung für künftige Steuernachforderungen”; BFH Urteil vom 3.12.1969, I R 107/69, BStBl 1970 II S. 229, Rn. 14; beachte aber einschränkend die Abschnitte 3. und 4). Nachforderungszinsen entstehen ratierlich ab Beginn des Zinslaufs (z.B. § 233a Abs. 2 Satz 1 AO, 15 Monate nach Ablauf des Kalenderjahres in dem die Steuer entstanden ist) (vgl. OFD Berlin, 12.4.2001, St 126 – S 2755 – 1/00; OFD Frankfurt am Main, 12.7.2013, S 2133 A – 21 – St 210, Tz. 2.).
   
3. Wurde eine Rückstellung für Steuernachforderungen und Nachforderungszinsen aufgrund einer Feststellung i.R. einer Außenprüfung unter Berücksichtigung der Grundsätze in Abschnitt 2. rückwirkend im Entstehungsjahr gebildet und stellt sich diese Feststellung in dem darauf folgenden Rechtsbehelfsverfahren als unzutreffend heraus, ist die Rückstellung für Steuernachforderungen und Nachforderungszinsen im Entstehungsjahr entsprechend herabzusetzen (vgl. H 4.9 EStH „Mehrsteuern”; BFH Urteil vom 19.12.1961, I 66/61 U, BStBl 1962 III S. 64, Rn. 9). Davon unbeschadet ist ein Steuererstattungsanspruch bzw. ein Anspruch auf Erstattungszinsen, der sich aus der Änderung der Steuerbescheide im Rahmen des Rechtsbehelfsverfahrens ergibt, unter Berücksichtigung der Grundsätze in Abschnitt 1. zu aktivieren.
   
  Beispiel:
   
  a) Sachverhalt
   
  Die A GmbH hat in der HB/StB zum 31.12.2005 erstmals eine Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten i.H.v. TEUR 500 passiviert. Sämtliche Steuerbescheide der A GmbH sollen ab 2005 unter VdN ergangen sein. I.R.d. 2010 durchgeführten Bp wurde die Bildung der Rückstellung beanstandet und – nachdem in der Schlussbesprechung keine Einigung erzielt werden konnte – in der Prüferbilanz zum 31.12.2005 nicht mehr ausgewiesen. Gleichzeitig wurde die GewSt-Rückstellung gewinnmindernd um TEUR 75 erhöht. Die Rückstellung für GewSt-Nachzahlungszinsen nach § 233a AO wurde in der Prüferbilanz zum 31.12.2007 für den Zeitraum 1.4. – 31.12.2007i.H.v. TEUR 3 gewinnmindernd berücksichtigt. Die daraufhin geänderten KSt- und GewStMB-Bescheide für 2005 und 2007 wurden – unter Aufhebung des VdN – im September 2010 bekannt gegeben und die festgesetzten Steuern noch im Jahr 2010 fristgerecht entrichtet. Die Veranlagungen 2008 – 2010 wurden nicht geändert.
   
  Gegen die Bescheide für 2005 erhob die A GmbH Einspruch. Ein Antrag auf AdV wurde nicht gestellt. Das Verfahren ruhte zunächst, bis der BFH in einem vergleichbaren Streitfall die grundsätzliche Bildung der Rückstellung durch ein Urteil im Jahr 2013 anerkannt hat. Die Finanzverwaltung hat das Urteil im Jahr 2014 im BStBl Teil II zur allgemeinen Anwendung veröffentlicht. Die RB-Stelle hat daraufhin den Einsprüchen Anfang 2015 stattgegeben und die Bildung der Rückstellung in der ursprünglich beantragten Höhe zum 31.12.2005 anerkannt. Die Jahre ab 2008 stehen unter VdN und sollen in 2015 noch nicht materiell bestandskräftig sein.
   
  b)Lösung
   
  GewSt-Rückstellung:
   
  Die GewSt-Nachforderung für 2005 aufgrund der Bp-Feststellung „Rückstellung” wurde zunächst gemäß H 4.9 EStH „Rückstellung für künftige Steuernachforderungen” zutreffend be...

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