Kernaussage

Mittelgroße Gesellschaften, die in ihrer Gewinn- und Verlustrechnung nach § 276 HGB nur das Rohergebnis ausweisen, müssen im Lagebericht weder im Wirtschafts- noch im Prognosebericht auf die Umsatzerlöse eingehen.

Nach § 276 Satz 1 HGB dürfen kleine und mittelgroße haftungsbeschränkte Gesellschaften in der Gewinn- und Verlustrechnung bei Anwendung des Gesamtkostenverfahrens die Posten "Umsatzerlöse", "Bestandsveränderung", "Andere aktivierte Eigenleistungen", "Sonstige betriebliche Erträge" und "Materialaufwand" zu einem Posten mit der Bezeichnung "Rohergebnis" zusammenfassen. Die Erleichterung gilt entsprechend bei Anwendung des Umsatzkostenverfahrens bezüglich der Posten "Umsatzerlöse", "Umsatzkosten" und "Sonstige betriebliche Erträge", wobei auch das Zwischenergebnis "Bruttoergebnis vom Umsatz" entfällt.

§ 289 Abs. 1 Satz 3 HGB sieht für die Berichterstattung im Lagebericht vor, dass in die Analyse des Geschäftsverlaufs und der Lage der Gesellschaft (Wirtschaftsbericht) "die für die Geschäftstätigkeit bedeutsamsten finanziellen Leistungsindikatoren einzubeziehen" sind. DRS 20.102 definiert die bedeutsamsten finanziellen Leistungsindikatoren als jene Indikatoren, die auch zur internen Steuerung des Konzerns (bzw. des Unternehmens) herangezogen werden, sodass in der Praxis die Umsatzerlöse in der Regel einen dieser bedeutsamsten Leistungsindikatoren darstellten. Weiter fordert DRS 20.126, dass im Rahmen der Aussagen über die voraussichtliche Entwicklung der Gesellschaft (§ 289 Abs. 1 Satz 4 HGB) Prognosen u. a. zu den bedeutsamsten finanziellen Leistungsindikatoren abzugeben sind.

Anders als für den Jahresabschluss sehen die §§ 289 ff. HGB für den Lagebericht als eigenständiges Berichtsinstrument keine (expliziten) größenabhängigen Erleichterungen hinsichtlich der Aufstellung bzw. Offenlegung vor. Umgekehrt kommt DRS 20 für den Lagebericht nach § 289 HGB (anders als für den Konzern-Lagebericht nach § 315 HGB) keine GoB-Vermutung zu, sodass der Standard insofern nur empfehlenden Charakter besitzt.

Nach Auffassung der Wirtschaftsprüferkammer (WPK) gelten die gesetzlichen Anforderungen an die Lageberichterstattung zwar auch für Unternehmen mit geringem Umfang und/oder geringer Komplexität der Geschäftstätigkeit. Aufgrund des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit müssen solche Unternehmen indes nur Mindestanforderungen erfüllen. Wenn ein Unternehmen in der GuV zulässig nur das Rohergebnis ausweist, muss nach Auffassung der WPK auch im Lagebericht auf die Umsatzerlöse weder im Wirtschafts- noch im Prognosebericht eingegangen werden, da dies den vom Gesetzgeber beabsichtigten Schutzzweck des § 276 HGB unterliefe, der kleine und mittelgroße Unternehmen vor möglichen Wettbewerbsnachteilen schützen soll. Dies ergibt sich aus § 289 Abs. 1 Satz 3 HGB, wonach die Erläuterung der bedeutsamsten finanziellen Leistungsindikatoren "unter Bezugnahme auf die im Jahresabschluss ausgewiesenen Beträge" zu erfolgen hat (ebenso DRS 20.101). Der Forderung einer darüber hinausgehenden Berichterstattung im Lagebericht steht somit entgegen, dass der Lagebericht mit dem Jahresabschluss in Einklang stehen muss (entsprechend DRS 20.4).

 

Literaturtipp

WPK, Praxishinweise Abschlussprüfung, https://www.wpk.de/mitglieder/praxishinweise/abschlusspruefung/, Abruf am 1.10.2022.

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