Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Laufend ausgezahlte gewinnabhängige Tantiemen für ein vom Kalenderjahr abweichendes Wirtschaftsjahr sind keine außerordentlichen Einkünfte im Sinne von § 34 Abs. 3 EStG 1963.

 

Normenkette

EStG § 34 Abs. 3; EStR Abschn. 200/3/2

 

Tatbestand

Der Steuerpflichtige (Stpfl.) erhielt im Jahre 1963 als Geschäftsführer einer GmbH laufend Bezüge von 66.000 DM und 1943 DM und daneben eine gewinnabhängige Tantieme von 60.000 DM. Die Tantieme für das Geschäftsjahr der GmbH vom 1. Februar 1962 bis 31. Januar 1963 wurde ihm am 12. Juli 1963 ausgezahlt.

Das Finanzamt (FA) und das Finanzgericht (FG) lehnten die vom Stpfl. beantragte Verteilung des Betrages von 60.000 DM auf die Veranlagungszeiträume 1962 und 1963 ab. Die Entscheidung des FG ist in "Entscheidungen der Finanzgerichte" 1965 S. 557 veröffentlicht. Das FG führte aus, ein abweichendes Wirtschaftsjahr führe nicht zu einer zwangsläufigen Zusammenballung des Gehalts mehrerer Jahre. Die Tarifermäßigung nach § 34 Abs. 3 EStG 1963 setze voraus, daß die Bezüge unregelmäßig gezahlt würden. Diese Bestimmung könne nicht auf Bezüge angewandt werden, die regelmäßig wegen eines abweichenden Wirtschaftsjahres über ein Kalenderjahr hinausgriffen.

Der Revisionskläger ist der Ansicht, die Voraussetzungen des § 34 Abs. 3 EStG seien immer erfüllt, wenn eine gewinnabhängige Tantieme für ein vom Kalenderjahr abweichendes Wirtschaftsjahr des Arbeitgebers an den Arbeitnehmer gezahlt werde. Dann liege eine Zusammenballung vor.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet. Einkünfte, die die Entlohnung für eine Tätigkeit darstellen, die sich auf mehrere Jahre erstreckt, unterliegen nach § 34 Abs. 3 EStG 1963 grundsätzlich der Einkommensteuer zu den gewöhnlichen Steuersätzen. Sie können aber auf die Jahre verteilt werden, in deren Verlauf sie erzielt wurden mit der Begrenzung, daß die Verteilung auf höchstens drei Jahre gestattet ist (§ 34 Abs. 3 Satz 2 EStG 1963). Eine Tätigkeit, die sich auf "mehrere Jahre erstreckt", lag nach der Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs (RFH) vor, wenn sich die Tätigkeit ausschließlich auf mehrere Jahre erstreckte oder wenn eine von der regelmäßigen Tätigkeit ausreichend abgegrenzte Sondertätigkeit während mehrerer Jahre ausgeübt wurde oder wenn Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, die wirtschaftlich auf mehrere Jahre entfielen, aus besonderen Gründen zusammengeballt in einer Summe gezahlt wurden (Urteile des RFH IV 109/40 vom 22. August 1940, RStBl 1940 S. 859; IV 139/43 vom 21. September 1944, RStBl 1944 S. 748).

Der Senat hat diese Rechtsprechung dahin erweitert, daß er es genügen läßt, wenn für eine nachträgliche einmalige Sonderzahlung des Arbeitslohns für mehrere Jahre wirtschaftlich vernünftige Gründe vorliegen (Urteil VI 32/56 U vom 8. März 1957, BStBl 1957 III S. 185, Slg. Bd. 64 S. 496). Nach der Entscheidung des Senats VI 107/59 U vom 12. Mai 1961 (BStBl 1961 III S. 399), Slg. Bd. 73 S. 364) ist bei Gehaltsnachzahlungen eine nach § 34 Abs. 3 EStG tarifbegünstigte Zusammenballung auch anzunehmen, wenn sich die Gehaltsnachzahlung nicht auf zwölf Monate, jedoch auf mehrere Veranlagungszeiträume erstreckt, sofern die Nachzahlung nicht auf einer Vereinbarung zwischen dem Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer beruht, sondern der Arbeitnehmer die Nachzahlung zwangsläufig hinnehmen muß.

Im Streitfall hat das FG diese Voraussetzungen für eine Tarifbegünstigung ohne Rechtsverstoß verneint. § 34 Abs. 3 EStG betrifft, wie die überschrift des § 34 EStG zeigt, nur außerordentliche Einkünfte. Zu den außerordentlichen Einkünften gehören nicht die vereinbarten und regelmäßig ausgezahlten Tantiemen, die eine Erhöhung des laufenden Gehalts darstellen und die erst nach Ablauf eines zusammenhängenden Zeitraums von zwölf Monaten (eines Wirtshaftsjahres) ihrer Höhe nach berechnet werden können, weil die Bemessungsgrundlage, der Jahresgewinn des Unternehmers, erst nach Abschluß des Wirtschaftsjahres festgestellt werden kann. Die gewinnabhängige Tantieme soll im Streitfall nicht eine mehrjährige Tätigkeit abgelten, sondern sie fällt vereinbarungsgemäß an, wenn die Tätigkeit des Geschäftsführers während eines abgelaufenen abweichenden Wirtschaftsjahres zu Gewinnen für das Unternehmen geführt hat.

Unter diesen Umständen konnte das FG ohne Rechtsirrtum die Voraussetzungen für eine Steuervergünstigung nach § 34 Abs. 3 EStG verneinen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 412264

BStBl III 1966, 545

BFHE 1966, 512

BFHE 86, 512

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