Leitsatz (amtlich)

Hat ein Grundpfandgläubiger das belastete Grundstück samt Inventar gekauft, bleibt bei der Prüfung, ob die auf die Zwangsversteigerung zugeschnittenen Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 Nr. 2 GrEStG 1940 sinngemäß erfüllt sind, § 65 ZVG außer Betracht; dem Vergleichsbetrag ist der Kaufpreis für das Grundstück samt dem mithaftenden Zubehör gegenüberzustellen.

 

Normenkette

GrEStG 1940 § 9 Abs. 3, 1 Nr. 2

 

Tatbestand

Der Revisionskläger ist während des Revisionsverfahrens Erbe seines Vaters (des ursprünglichen Klägers) geworden. Dieser hatte im Jahr 1961 ein unbebautes Grundstück verkauft. Die Erwerber hatten dieses nach Zuerwerb einer kleineren Grundstücksfläche mit einem Kostenaufwand von 1 100 000 DM bebaut. Zur Sicherung des gestundeten Kaufpreises und eines Darlehens war für den Vater des Revisionsklägers an sechster Rangstelle eine Grundschuld von 300 000 DM eingetragen worden.

Die damaligen Erwerber gerieten in Zahlungsschwierigkeiten. Im Juli 1963 hat der ursprüngliche Kläger (Käufer) das - inzwischen etwas vergrößerte - Grundstück nebst Zubehör im Werte von 115 523 DM von ihnen gekauft. Schon zuvor "gingen" - so die Darstellung des FG - der Besitz, die Rechte, Nutzungen und öffentlichen Darlehen und Abgaben ... vom 30. November 1962 an auf ihn "über".

Der Käufer übernahm die voll valutierten Hypotheken der ersten und zweiten Rangstelle mit 250 000 DM und 75 000 DM sowie die ihnen unmittelbar folgenden Grundschulen mit 153 000 DM, 150 000 DM und 225 000 DM. Er übernahm ferner offene Bauhandwerkerforderungen in Höhe von 64 626,84 DM und verpflichtete sich, dem Verkäufer "als weitere Gegenleistung" (so der Wortlaut des Kaufvertrags) ein Grundstück von etwa 2000 qm zu überlassen, dessen Quadratmeterpreis zunächst mit 7 DM benannt war.

Die Grundschuld im dritten Rang mit 153 000 DM stand einer Bausparkasse zu. Von dieser hatten die Verkäufer ein Zwischendarlehen erhalten; ihre Belastung betrug zum 30. November 1962 (dem allgemeinen Verrechnungsstichtag) mit Verzugszinsen und Kosten 257 148,40 DM. Dem stand ein Bausparguthaben der Verkäufer in Höhe von 106 066 DM gegenüber. Die Verkäufer verpflichteten sich, die Übertragung des Bausparvertrages und des Zwischendarlehens an den Käufer (Vater des Revisionsklägers) zu bewirken.

Die an sechster Stelle stehende Grundschuld des Käufers deckte dessen gestundete Kaufpreisforderung von 21 901 DM und dessen Darlehnsforderung von 200 000 DM ab.

Mit dem Abschluß des Kaufvertrags sollten alle Ansprüche der Vertragschließenden gegeneinander abgegolten sein.

Das FA (Beklagter) hat zweimal 39 976,30 DM Grunderwerbsteuer festgesetzt und diese Steuern in der Einspruchsentscheidung auf 72 528,10 DM herabgesetzt. Die vom Vater des Revisionsklägers gegen die an ihn gerichteten Steuerbescheide erhobene Anfechtungsklage hat das FG abgewiesen. Die Revision rügt Verletzung des § 9 Abs. 3 und 1 GrEStG 1940; als Verfahrensrüge macht sie geltend, das FG habe den Kläger durch Verneinung des Rettungskaufes (§ 9 Abs. 3 GrEStG) überrascht (§ 76 Abs. 2, § 96 Abs. 2 FGO).

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet.

Der Revisionskläger beansprucht Steuerfreiheit des der Grunderwerbsteuer unterliegenden (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG) Grundstückskaufs, weil dieser zur Rettung der seinem Vater zustehenden Grundschuld (§ 9 Abs. 3 GrEStG) unter sinngemäßer Erfüllung der in § 9 Abs. 1 GrEStG für ein Meistgebot des Grundpfandgläubigers beschriebenen Voraussetzungen erfolgt sei. Dieser Auffassung ist das FG mit Recht entgegengetreten.

1. Gemäß § 9 Abs. 3 GrEStG gelten die Vorschriften des § 9 Abs. 1 GrEStG sinngemäß, wenn ein Grundpfandgläubiger (§ 9 Abs. 5 GrEStG) zur Rettung seines Rechts das mit dem Pfandrecht belastete Grundstück durch Kaufvertrag erwirbt. § 9 Abs. 1 Nr. 2 GrEStG fordert für die Befreiung des sog. Rettungserwerbs in der Zwangsversteigerung, daß das Meistgebot einschließlich der Rechte, die nach den Versteigerungsbedingungen bestehen bleiben, den Betrag, den der Pfandgläubiger für den Erwerb des Pfandrechts (§ 9 Abs. 4 GrEStG) aufgewandt hat, und die dem Pfandrecht im Rang vorgehenden Rechte nicht übersteigen darf. Diese Vorschrift bezweckt, in einer bestimmten Beziehung (für eine andere vgl. § 9 Abs. 1 Nr. 3 GrEStG) den eingangs des § 9 Abs. 1 GrEStG aufgestellten Grundsatz zu sichern, daß nur der Gläubiger die Vergünstigung dieser Vorschrift erhält, der das Grundstück "zur Rettung seines Rechts" erworben hat. Diese Absicht wird widerlegt, wenn der Gläubiger für den Erwerb des Grundstücks mehr aufwendet, als zur Ausbietung seines Grundpfandrechts nötig ist (Urteil des BFH vom 14. Februar 1967 II 164/64, BFHE 88, 96 [98], BStBl III 1967, 296 [297]).

Unter diesem Gesichtspunkt stehen zunächst - unberichtigt - gegenüber:

a) der Erwerbsaufwand, bestehend aus

aa) den übernommenen Hypothekenschulden

des ersten und zweiten Rangs 325 000 DM

bb) von der Grundschuld dritten Rangs

(153 000 DM) ein Teilbetrag von 151 112 DM,

da die Rechte aus dem Bausparvertrag auf den Käufer

übergegegangen waren und das übernommene

Bauspardarlehen von 257 178 DM im Betrag von

106 066 DM durch das ebenfalls übernommene

Bauspardarlehen abgedeckt war,

cc) den Grundschulden im vierten und fünften Rang mit 375 000 DM

dd) dem Verzicht auf die eigenen Ansprüche des Käufers mit 221 901 DM

ee) den übernommenen Bauschulden mit 64 626 DM

ff) der Verpflichtung zur Grundstücksüberlassung im Wert von 14 000 DM

zusammen 1 151 639 DM

b) der zur Deckung der Grundschuld des Käufers erforderliche Betrag

(Vergleichsbetrag), bestehend aus

aa) den vorrangigen Rechten mit 853 000 DM

bb) dem durch die Grundschuld von 300 000 DM

gedeckten eigenen Anspruch des Käufers in Höhe von 221 901 DM

somit 1 074 901 DM.

c) Unbeschadet der noch zu erörternden Rechtsfragen hat somit der Vater des Klägers im Kaufvertrag Verpflichtungen übernommen, deren Wert den Betrag der vorrangigen Rechte und seiner eigenen Grundschuld, soweit sie eine persönliche Forderung sicherte, um 76 738 DM überstieg. Wird die Grundschuld von 153 000 DM, die unter den besonderen Verhältnissen des Kaufs beim Erwerbsaufwand nur mit 151 112 DM einzusetzen war, auch im Vergleichsbetrag nur in dieser Höhe angesetzt (weil ihr Vorrang nur insoweit wirksam wurde), ergibt sich statt dessen eine Differenz von 78 626 DM. Sie ist gleich der Summe aus 64 626 DM (übernommene Bauschulden) und 14 000 DM (Wert des hinzugebenden Grundstücks). Auf den Unterschied von 1 880 DM kommt es jedoch für die Entscheidung nicht an. Die Rechtsfolgen aus § 9 Abs. 3, Abs. 1 Satz 2 GrEStG bleiben dieselben, wenn zugunsten des Klägers von dem höheren Vergleichsbetrag ausgegangen wird. Die Frage ist daher nicht zu vertiefen.

2. Demgegenüber ist der Revisionskläger der Ansicht, der Forderungsverzicht seines Vaters dürfe bei Berechnung des Erwerbsaufwands nicht gewertet werden: "Würde bei einem Rettungskauf analog dem Zwangsversteigerungsverfahren eine persönliche Forderung an den ehemaligen Grundpfandrechtsschuldner unbegrenzt fortbestehen, wäre wohl kein Grundpfandrechtsschuldner bereit, zur Vermeidung eines Zwangsversteigerungsverfahrens in einen Rettungskauf einzuwilligen." Dabei glaubt sich der Revisionskläger für seine Ansicht, die Grundschuld seines Vaters wäre in der Zwangsversteigerung ausgefallen, auf das oben erwähnte Urteil vom 14. Februar 1967 (BFHE 88, 96 BStBl III 1967, 296) berufen zu können.

Diese Argumentation geht fehl. Das Urteil vom 14. Februar 1967 II 164/64 hat nicht etwa ein ausgebotenes Grundpfandrecht als nicht ausgeboten behandelt. Es hat lediglich abgelehnt, dem Meistgebot noch den Betrag zuzurechnen, mit dem der Gläbiger in der Versteigerung ausgefallen ist (BFHE 88, 99, BStBl III 1967, 297). Andererseits ist in dem BFH-Urteil vom 21. November 1967 II 105/65 (BFHE 91, 187) ausdrücklich hervorgehoben, daß die Steuerbefreigung aus § 9 Abs. 1 GrEStG auch dann entfällt, wenn das Meistgebot den Vergleichsbetrag nur geringfügig überschreitet, sofern sich die für den Vergleich gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 2 GrEStG maßgebenden Beträge bis zum Versteigerungstermin eindeutig berechnen lassen.

Werden die vorliegenden Verhältnisse eines vermeintlichen Rettungskaufs - wie es § 9 Abs. 3 GrEStG durch das Gebot sinngemäßer Anwendung des § 9 Abs. 1 GrEStG fordert - auf das Zwangsversteigerungsverfahren übertragen, steht außer Zweifel, daß der Vater des Revisionsklägers bei einem vergleichbaren Ablauf mit dem Betrag, den er für den Erwerb seiner Grundschuld aufgewandt hatte, nicht ausgefallen wäre. Denn der Vater hat nicht nur sämtliche vorrangigen Rechte übernommen (gleichrangige waren nicht vorhanden) und seine eigenen Forderungen aufgegeben, sondern sich darüber hinaus zu Leistungen an die Verkäufer im Werte von 78 626 DM verpflichtet. Dieser Betrag setzt sich (wie bereits oben erwähnt) zusammen aus den übernommenen Bauschulden von 64 626 DM, da eine etwaige Bauhandwerkerhypothek (§ 648 BGB) nachrangig gewesen wäre (§ 879 BGB), und aus dem Wert der Verpflichtung zur kostenlosen Überlassung eines Grundstücks im Verkehrswert von 14 000 DM. Eine nachträgliche Aufhebung dieser Verpflichtung am 2. Juni 1965 wäre für die Würdigung des Befreiungsgrundes gemäß § 9 Abs. 1 und 3 GrEStG unerheblich; auf die - vom FG für widerlegt erachtete - Behauptung, diese Verpflichtung sei nicht als Gegenleistung für den Grundstückserwerb gewährt, ist der Revisionskläger in diesem Rechtszug nicht zurückgekommen (vgl. § 118 Abs. 2 FGO).

Dem hält der Revisionskläger entgegen, der "Forderungsausfall" des Grundpfandgläubigers sei "nicht rein formalrechtlich" zu sehen; durch den "Verzicht auf die Weiterverfolgung einer wertlosen Forderung" sei diese nicht getilgt. Indessen ist gerade "wirtschaftlich" nicht zu erkennen, weshalb ein Grundpfandrecht als "wertlos" angesehen werden soll, wenn dessen Gläubiger es für sinnvoll hält, ein Meistgebot abzugeben oder einen Kaufpreis zu erbringen, der höher ist als der Betrag, der erfoderlich wäre, um seinen Aufwand für den Erwerb des Pfandrechts (§ 9 Abs. 1 Nr. 2 GrEStG) und die im Hinblick auf dieses aufgelaufenen, durch das Pfandrecht abgesicherten persönlichen Forderungen (BFHE 88, 96 [99], BStBl III 1967, 297) abzudecken.

Jedenfalls für das Meistgebot im Zwangsversteigerungsverfahren (§ 1 Abs. 1 Nr. 4 GrEStG) ist daher an einem sich formal an das Zwangsversteigerungsrecht anschließenden Vergleich festzuhalten (BFHE 91, 187 [189]). Bei der Höhe der Differenz von 78 626 DM (oder auch nur 76 738 DM) kann unentschieden bleiben, ob die sinngemäße Anwendung des § 9 Abs. 1 GrEStG im Rahmen des § 9 Abs. 3 GrEStG erfordert, bei dem Vergleichsbetrag des § 9 Abs. 1 Nr. 2 GrEStG einem den vorrangigen (§ 109 des Zwangsversteigerungsgesetzes - ZVG -) Kosten etwaiger Zwangsversteigerung entsprechenden Betrag zuzurechnen, um dem Gläbiger und dem Schuldner (Eigentümer) einen Anreiz zur Vermeidung der Zwangsversteigerung zu geben, oder ob die sichere Abgrenzung (vgl. dazu für § 9 Abs. 1 Nr. 2 GrEStG, BFHE 91, 189) der - ohnehin im Verhältnis zu § 9 Abs. 1 GrEStG schwer überprüfbaren - Voraussetzungen des § 9 Abs. 3 GrEStG nur die Gegenüberstellung der genau meßbaren effektiven Beträge erlaubt (zumal andernfalls auch die Beurkundungskosten des Kaufs und der Auflassung zu berücksichtigen wären). Denn jedenfalls wären die Kosten der Zwangsversteigerung weit unter dem Differenzbetrag von 78 626 DM bzw. 76 738 DM geblieben (§§ 1, 10, 60, 91 ff. GKG, § 39 Abs. 1, § 40 Abs. 2 ZVG), selbst wenn die zur Befriedigung aus dem Grundstück berechtigenden Kosten des oder der Beteiligten (§ 10 Abs. 2 ZVG) einbezogen würden (§ 68 BRAGebO).

3. Somit kommt es dem Grunde nach allein noch auf die vom FG aufgegriffene Frage an, welche Bedeutung § 65 Abs. 1 ZVG für die grunderwerbsteuerrechtliche Beurteilung hat. Gemäß dieser Vorschrift kann das Versteigerungsgericht, wenn das geringste Gebot erreicht ist (§ 65 Abs. 2 ZVG), auf Antrag anordnen, daß eine Forderung oder eine bewegliche Sache, die von der Beschlagnahme des Grundstücks umfaßt werden (§§ 20, 21 ZVG, §§ 1120, 1123, 1126, 1127 BGB), von der Versteigerung des Grundstücks ausgeschlossen und besonders versteigert (Satz 1) oder auf eine andere Art verwertet wird (Satz 2). Wäre eine solche Anordnung im - für die "sinngemäße" Anwendung des § 9 Abs. 1 GrEStG beim Rettungskauf (§ 9 Abs. 3 GrEStG) als Vergleichsbild vorzustellenden - Zwangsversteigerungsverfahren ergangen, hätte das - fiktiv unterstellte - Meistgebot in der Zwangsversteigerung des Grundstücks nicht 1 151 639 DM, sondern nur 1 036 116 DM betragen, während der Erwerber bei der gesonderten Versteigerung des Zubehörs (§§ 65 ff. ZVG) 115 523 DM aufzuwenden gehabt hätte. In diesem Falle wäre der Betrag des Meistgebots bei der Grundstücksversteigerung mit 1 036 116 DM unter dem Vergleichsbetrag von 1 074 901 DM geblieben, dem § 9 Abs. 1 Nr. 2 GrEStG demnach im buchstäblichen Sinne genügt. Andererseits gehörte gemäß § 107 Abs. 1 Satz 2 ZVG zur Verteilungsmasse des Zwangsversteigerungsverfahrens auch der Erlös aus denjenigen Gegenständen, welche gemäß § 65 ZVG besonders versteigert oder anderweit verwertet sind.

Das FG sieht sich - bei gedanklicher Übertragung des vorliegenden Kaufs in eine Zwangsversteigerung mit gesonderter Verwertung des Zubehörs - durch den Wortlaut des § 9 Abs. 1 Nr. 2 GrEStG gehindert, die Vergünstigung des § 9 GrEStG aus dessen Absatz 1 Nr. 2 heraus zu versagen. Ein als sinnwidrig erkanntes Ergebnis vermeidet es aber dadurch, daß es einen Erwerb "zur Rettung seines Rechts" (Eingangssatz des § 9 Abs. 1 GrEStG) verneint, wenn der Gläubiger in Kenntnis des Gesamterlöses mehr leistet, als zur Deckung seines Grundpfandrechts geboten ist (BFHE 88, 96 [98], BStBl III 1967, 296 [297]). Der Beklagte dagegen meint, gesondert verwertetes Zubehör müsse entweder auch im "Erwerbsaufwand" angesetzt oder auch im Vergleichsbetrag ausgeschieden werden (vgl. Urteil des RFH vom 12. April 1932 II A 17/32, RFHE 30, 334, RStBl 1932, 587). Diese Lösungswege führen zum gleichen Ergebnis, sofern der Gläubiger weiß, daß der Gesamterlös den zur Deckung seines Rechts erforderlichen Betrag überschreiten wird.

Einer Stellungnahme zu dieser Frage ist der BFH enthoben. Denn der Vater des Revisionsklägers hat das Grundstück samt Zubehör in einem einheitlichen Vertrag gekauft (§§ 314, 97, 98 BGB). Wird ein solcher Kauf - wie es § 9 Abs. 3 GrEStG gebietet - auf die Verhältnisse eines Zwangsversteigerungsverfahrens projiziert, so steht ihm nicht eine Versteigerung mit gesonderter Verwertung des Zubehörs, sondern der "normale" Versteigerungsfall gleich. In diesem erstreckt sich das auf das Grundstück abgegebene Meistgebot, auf das der Zuschlag zu erteilen ist (§ 81 Abs. 1 ZVG), auch auf das dem Schuldner gehörende Zubehör (§§ 20, 90 ZVG, § 1120 BGB). In diesen Fall ist nicht nur nach dem klaren Wortlaut des § 9 Abs. 1 Nr. 2 GrEStG, sondern auch nach dessen Sinne und Zweck dem Vergleichsbetrag das Meistgebot in der Höhe, in der es abgegeben und wirksam wurde, gegenüberzustellen, also ohne Abzug des Zubehörwertes. Bei sinngemäßer Anwendung dieser Vorschrift auf einen Kauf durch den Grundpfandgläubiger (§ 9 Abs. 3 GrEStG) sind folglich, wenn mit dem Grundstück auch das Zubehör (§ 314 BGB) und die sonst von der Beschlagnahme gemäß §§ 20, 21 ZVG erfaßbaren Gegenstände verkauft sind, der deckungsfähige Betrag (Vergleichsbetrag) und der ungekürzte Kaufpreis (im weiteren Sinne) zu vergleichen.

Dieses Ergebnis wird nicht dadurch beeinträchtigt, daß für die Ausnahmefälle gesonderter Verwertung des Zubehörs - sei es im Zwangsversteigerungsverfahren gemäß § 65 ZVG, sei es unter vergleichbaren Umständen beim freihändigen Verkauf an den Grundpfandgläubiger (§ 9 Abs. 3 GrEStG) - mehrere Lösungen denkbar sind. Denn die vom FG für richtig befundene Alternative unterscheidet sich im Ergebnis von den vom Beklagten befürworteten Alternativen nur darin, daß es bei der Lösung des FG eher möglich ist, der Ungewißheit des Gläubigers über den künftigen Erlös der getrennt zu verwertenden Gegenstände Rechnung zu tragen (BFHE 91, 187). Auch die flexiblere Auslegung des FG wahrt somit den Zweck des § 9 Abs. 1 Nr. 2 GrEStG, die Vergünstigung des § 9 GrEStG dem Grundpfandgläubiger zu versagen, der mit seinem Erwerb mehr unternimmt, als für den Wert seines Rechts im Grundstück selbst Deckung zu suchen. Eine Auslegung des § 9 GrEStG, welche diesem Zweck zuwiderlaufen würde, wäre unzulässig.

4. Damit wird die Verfahrensrüge hinfällig, das FG habe den Kläger "damit überrascht, daß es das Vorliegen eines Rettungskaufs in Zweifel" gezogen habe; das angefochtene Urteil ist allein schon deshalb aufrechtzuerhalten, weil die sinngemäß zu erfordernden (§ 9 Abs. 3 GrEStG) Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 Nr. 2 GrEStG zu verneinen waren und genau diesen Standpunkt der Beklagte von Anfang an vertreten hatte. Damit kann dahingestellt bleiben, ob sich der Prozeßbevollmächtigte des Klägers "in der mündlichen Verhandlung damit überrascht" fühlen konnte, daß ihm das FG Gelegenheit gab, zu einer Rechtsansicht Stellung zu nehmen, die zu demselben Steuerfall dem gleichen Beteiligten gegenüber bereits im Verfahren über die Aussetzung der Vollziehung (§ 69 Abs. 3, § 132 FGO) als möglich angedeutet war. Aufgrund eines unbestritten feststehenden Sachverhalts eintretende Rechtsfolgen können jedenfalls nicht "durch Vernehmung" der "am Vertragsschluß beteiligten Personen als Zeugen" ausgeräumt werden.

5. Zur Höhe der festgesetzten Steuer hat das FG festgestellt, daß die für Grundstück und Zubehör im Kaufvertrag ausgewiesenen Ansätze gleichermaßen den gemeinen Werten entsprechen; die Ausscheidung des Zubehörwerts durch Subtraktion führt in diesem Grenzfall zum richtigen Ergebnis (vgl. BFH-Urteil vom 20. Februar 1968 II 150/64, BFHE 91, 494 [496]). Der Frage, ob die Gegenleistung für das Grundstück (§ 10 Abs. 1, § 11 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG) nachträglich innerhalb von zwei Jahren durch Verzicht auf die kostenlose Übertragung eines anderen Grundstücks (im Werte von 14 000 DM) herabgesetzt worden sei, war in diesem Verfahren nicht nachzugehen, nachdem der Kläger vor dem FG erklärt hatte, er wolle seinen (etwaigen) Ermäßigungsanspruch (§ 17 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG) in einem besonderen Verfahren geltend machen.

Da eine solche Trennung für die Geltendmachung des Erstattungsanspruchs regelmäßig ist und der Nichterhebungsanspruch keinen grundsätzlich anderen Regeln folgt (vgl. BFH-Urteil vom 11. Mai 1966 II 73/62, BFHE 86, 308, BStBl III 1966, 491), steht dieser Behandlung nicht entgegen, daß die Vollziehung des angefochtenen Bescheids damals ausgesetzt war und die behauptete Kaufpreisherabsetzung noch vor Ergehen der Einspruchsentscheidung erfolgt wäre.

Die Revision war demzufolge als unbegründet zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 FGO).

 

Fundstellen

BStBl II 1974, 168

BFHE 1974, 122

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