Entscheidungsstichwort (Thema)

Bewertung, Vermögen-, Erbschaft-, Schenkungsteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Erwirbt eine Hypothekenbank ausgegebene eigene Hypothekenpfandbriefe oder ausgegebene eigene Kommunalschuldverschreibungen vorübergehend aus Gründen der Kurspflege, so sind diese Wertpapiere bei der Ermittlung des Einheitswertes des Betriebsvermögens mit den Steuerkurswerten anzusetzen. Die Verbindlichkeiten aus diesen Hypothekenpfandbriefen und Kommunalschuldverschreibungen sind mit dem Nennwert zu berücksichtigen.

 

Normenkette

BewG §§ 13, 11, 14, 12, 62, 103, 70, 113

 

Tatbestand

Die Bgin. ist eine private Hypothekenbank. Sie hatte Stücke eigener RM-Emissionen nach der Währungsreform aufgekauft.

In den Vermögensaufstellungen wies sie die eigenen Hypothekenpfandbriefe und Kommunalschuldverschreibungen unter den Passiven mit dem Nennbetrag und unter den Aktiven mit dem Steuerkurswert aus. Der Steuerkurswert war an den Stichtagen niedriger als der Nominalbetrag. Der Steuerkurswert betrug für den Hauptveranlagungszeitraum 1949 für Pfandbriefe 7,5 v. H. und für Kommunalschuldverschreibungen 6 v. H. für 100 RM Nominale, und für den Hauptveranlagungszeitraum 1953 einheitlich 75 v. H. der im Verhältnis 10 : 1 von RM auf DM umgestellten Nennwerte (Hinweis auf Anlage 2 VStR 1949 und Anlage 2 Abschn. I VStR 1953). Bei den Feststellungen der Einheitswerte für das Betriebsvermögen der Bgin. berücksichtigte das Finanzamt die ausgegebenen Pfandbriefe und Kommunalschuldverschreibungen nur als Schuld, soweit sie sich in Händen Dritter befanden. Es vertrat die Auffassung, Schuldverschreibungen eigener Emissionen, die die Bgin. an den Bewertungsstichtagen in Besitz habe, befänden sich nicht im Umlauf. Sie stellten auch keine steuerlich zu berücksichtigende Vermögensminderung dar; denn Forderungen aus diesen Schuldverschreibungen könnten der Bank gegenüber nicht geltend gemacht werden.

Der Einspruch blieb insoweit ohne Erfolg. Mit der Berufung trug die Bgin. vor: Sie habe die eigenen Schuldverschreibungen nur zur Kurspflege angekauft. Diese Wertpapierbestände seien daher zum Wiederverkauf bestimmt gewesen. Ebenso wie eigene Aktien, die mit dem Steuerkurswert anzusetzen seien, während das Grundkapital auf der Passivseite mit dem Nennbetrage ausgewiesen werde, seien auch eigene Pfandbriefe mit den festgestellten Steuerkursen zu bewerten. Die Berufung hatte Erfolg. Die Vorinstanz führte aus: Der Rückkauf der Wertpapiere sei aus Gründen der Kurspflege erfolgt und habe keine Tilgung der Schuld bewirkt. Die Wertpapiere hätten deshalb ihre Selbständigkeit als Bewertungsfähige Wirtschaftsgüter auch in der Hand der Bgin. behalten und seien als Teile des gewerblichen Betriebes bei der Feststellung des Betriebsvermögens anzusetzen. Für ihre Bewertung seien auf der Aktivseite der Steuerkurswert und auf der Passivseite der Nennwert maßgebend.

Zur Begründung der Rb. führt der Vorsteher des Finanzamts aus: Zu Unrecht habe das Finanzgericht angenommen, die Bgin. habe die Rückkäufe der eigenen Emissionen nur zur Kurspflege vorgenommen. Dieser Feststellung des Finanzgerichts stehe die Höhe der Anteile der eigenen Bestände am Gesamtumlauf dieser Wertpapiere und die Tatsache, daß die Bgin. auch bei steigenden Kursen - insbesondere 1954 - verstärkt eigene RM-Emissionen aufgekauft habe, entgegen. Da die Weiterveräußerung der Wertpapiere längere Zeit unterblieben sei, müsse steuerlich eine Schuldtilgung angenommen werden. Die Bgin. habe auch noch in den Jahren 1956 und folgende erhebliche Bestände von eigenen RM-Emissionen gehalten. Aus dem jahrelangen Zuwarten bis zum Wiederverkauf der Wertpapiere müsse geschlossen werden, die Bgin. habe die eigenen Emissionen als Daueranlage angesehen, was ein Erlöschen von Forderung und Schuld zur Folge habe.

 

Entscheidungsgründe

Die Rb. ist unbegründet.

Die Bgin. ist eine private Hypothekenbank im Sinne des Reichsgesetzes vom 13. Juli 1899 (RGBl S. 375; Hypothekenbankgesetz - HypBankG -). Gegenstand ihres Unternehmens ist gemäß § 1 Abs. 1 und § 5 Abs. 1 Ziff. 2 HypBankG die Ausgabe von Schuldverschreibungen auf Grund erworbener Hypotheken (sogenannte Hypothekenpfandbriefe) und Darlehen an inländische Körperschaften des öffentlichen Rechtes (sogenannte Kommunalschuldverschreibungen). Diese Wertpapiere sind in der Regel Inhaber-Schuldverschreibungen im Sinne von § 793 BGB. Gläubiger aus einer solchen Schuldverschreibung ist der Eigentümer des Wertpapieres, Schuldner der Aussteller der Urkunde. Der für das Recht der Schuldverhältnisse gültige Rechtssatz vom Erlöschen der Forderung durch Vereinigung von Gläubiger und Schuldner ist auf das Recht aus dem Inhaberpapier nicht anzuwenden (Hinweis auf das Urteil des Reichsgerichts IV 179/34 vom 1. April 1935, Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen - RGZ - Bd. 147 S. 233 (243, 244)). Von dieser Rechtslage geht auch § 5 Abs. 2 HypBankG aus, wonach Hypothekenbanken verfügbares Geld u. a. durch Ankauf ihrer Hypothekenpfandbriefe und Kommunalschuldverschreibungen nutzbar machen dürfen. Der bloße Erwerb und Besitz eigener Schuldverschreibungen durch eine Bank ändert daher nichts am Bestand der verbrieften Forderung bzw. Schuld.

Für den Abzug einer Schuld ist bewertungsrechtlich neben dem objektiven Bestand einer Schuld noch weiter erforderlich, daß mit der Geltendmachung der Forderung seitens des Gläubigers ernstlich gerechnet werden kann. Die Entscheidung im Streitfalle hängt somit davon ab, ob hinsichtlich der erworbenen eigenen Schuldverschreibungen bei der Bgin. noch eine berücksichtigungsfähige Last vorliegt.

Zu den Auswirkungen des Ankaufs eigener Schuldverschreibungen haben der Reichsfinanzhof und Bundesfinanzhof wiederholt Stellung genommen. Nach dem Urteil des Reichsfinanzhofs I A 156/33 vom 30. Januar 1934 (RStBl 1934 S. 1010, Slg. Bd. 36 S. 191) ist in dem Ankauf von Schuldverschreibungen durch den Schuldner steuerlich eine Rückzahlung dann zu erblicken, wenn zweifelsfrei feststeht, daß die Schuldverschreibungen zum Zwecke der Tilgung angekauft worden sind und keine zuverlässigen Anhaltspunkte dafür gegeben sind, daß die Wertpapiere entgegen der für ihren Ankauf maßgebenden Absicht des Schuldners doch noch einmal in den Verkehr gelangen werden. Der Reichsfinanzhof hat es sonach auf den der Sachlage zu entnehmenden Willen des Kaufmanns abgestellt, ob es sich bei der Hereinnahme der eigenen Schuldverschreibungen um die endgültige Beseitigung der Schuldverpflichtung handelt. In dieser Entscheidung hat der Reichsfinanzhof unter anderem für Fälle, in denen eine Hypothekenbank zu Stützungszwecken ihre eigenen Pfandbriefe aus dem Markt nimmt, ausgeführt, daß hier die Schuldverschreibungen nicht endgültig vom Schuldner zurückerworben seien; hier rechne der Schuldner vielmehr von Anfang an mit einem Wiederverkauf. In entsprechender Auffassung hat der erkennende Senat die Eigenanteile einer GmbH, die nicht zur Einzahlung bestimmt sind und bereits im Verkehr waren, bei der GmbH bewertet (Entscheidung III 451/58 U vom 22. April 1960, BStBl 1960 III S. 364, Slg. Bd. 71 S. 304).

Der I. Senat des Bundesfinanzhofs vertrat ebenfalls in dem Urteil I 15/57 U vom 28. Januar 1958 (BStBl 1958 III S. 115, Slg. Bd. 66 S. 297) die Auffassung, in den Verkehr gegebene Pfandbriefe (sogenannte trockene Stücke) seien als selbständige Wirtschaftsgüter zu behandeln, gleichviel in wessen Hand sich das Papier befinde. Das Grundrecht wie auch der Zinsanspruch seien gewissermaßen verselbständigt. Ob der Besitzer eine fremde Person oder nach einem Stützungskauf vorübergehend die ausgebende Hypothekenbank sei, könne nicht ausschlaggebend sein. Werden solche Wertpapiere aber zum Zwecke der Einziehung vom Schuldner erworben, so ist nach der Entscheidung des gleichen Senats I 188/60 U vom 21. August 1961 (BStBl 1962 III S. 27, Slg. Bd. 74 S. 65) durch die Einziehung der Wertpapiere deren Existenz beendet worden.

übereinstimmend wird in den vorgenannten Entscheidungen der Standpunkt vertreten, ein nur vorübergehender Erwerb von Inhaberschuldverschreibungen durch den Schuldner ändere nichts an der Selbständigkeit der Wertpapiere und führe deshalb auch nicht zum Erlöschen von Forderungen und Schuld. Dem schließt sich der erkennende Senat an. Diese Auffassung trägt auch der Notwendigkeit der Kurspflege durch die Emissionsinstitute Rechnung. Gemäß § 8 Abs. 2 Satz 2 und § 41 Abs. 1 HypBankG haben die Gläubiger von Hypothekenpfandbriefen und Kommunalschuldverschreibungen kein Kündigungsrecht. Um trotz des Nachteils der Unkündbarkeit einen größeren Käuferkreis für diese Wertpapiere zu schaffen und zu erhalten, ist es für die Hypothekenbanken notwendig, daß ein Käufer von Pfandbriefen bzw. Kommunalschuldverschreibungen diese im Bedarfsfalle zu einem angemessenen Kurs wieder verkaufen oder beleihen lassen kann. Als Daueremittenten sind die Realkreditinstitute ganz besonders darauf angewiesen, sich nicht nur in bezug auf die Sicherheit und die Rendite, sondern auch auf die Mobilisierungsfähigkeit ihre Papiere einen beständigen Emissionskredit zu verschaffen (Hinweis auf Steffan, Handbuch des Realkredits, 1963, S. 102, 329). Im allgemeinen läßt sich dies nur dadurch bewerkstelligen, daß die Kreditinstitute selbst als Käufer auftreten und ein auf sie zukommendes Angebot aufnehmen. Sie sind alsdann bestrebt, bei günstigerer Börsensituation die aufgenommenen Stücke wieder abzusetzen. Je nach der Gesamtlage an den Effektenmärkten werden also Banken in der Regel einen mehr oder weniger großen Bestand an eigenen Wertpapieren in Besitz haben (Hinweis auf Enzyklopädisches Lexikon für das Geld-, Bank- und Börsenwesen, 1957, Bd. 2 S. 1093 unter "Kursregulierung"). Dieser Wertpapierbesitz ist aber von Anfang an zur Weiterveräußerung bestimmt. Bei einem nur vorübergehenden Besitz von eigenen Schuldverschreibungen bleibt deshalb die Selbständigkeit der Wertpapiere mit der Folge erhalten, daß bei der Ermittlung des Reinvermögens des aufkaufenden Schuldners die Wertpapiere unter den Aktiven und die Schulden aus den Hypothekenpfandbriefen und Kommunalschuldverschreibungen unter den Passiven nach den Vorschriften des Bewertungsrechts auszuweisen sind. Damit wird vermieden, daß die Schuld aus den Schuldverschreibungen wechselweise bewertungsrechtlich als bestehend oder als nicht bestehend angesehen wird, je nachdem, ob am Stichtag die Emissionsbank gerade solche Stücke aus Stützungskäufen vorübergehend in ihrem eigenen Besitz hat oder nicht.

Die Emissionsbanken nehmen aber Rückkäufe auch aus anderen Gründen vor, z. B. zum Zwecke der Tilgung. Die Tilgung von Schuldverschreibungen während der Laufzeit erfolgt entweder durch Rückkauf oder Auslosung. Rückkauf bedeutet, daß die Schuldner selbst Stücke ihrer Anleihe an der Börse oder auf anderem Wege erwerben, wodurch ihre ausstehende Verbindlichkeit entsprechend vermindert wird (Hinweis auf Enzyklopädisches Lexikon, a. a. O., Bd. 1 S. 122, 123 unter "Auslosung"). Im Streitfalle hat das Finanzgericht aber festgestellt, daß die Bgin. die Wertpapiere nicht zur Tilgung, sondern zur Kurspflege erworben hat. Diese Feststellung liegt auf tatsächlichem Gebiet und kann daher vom Bundesfinanzhof nur im Rahmen des § 288 AO nachgeprüft werden. Ein Rechtsverstoß ist hier nicht erkennbar. Zu Recht hat die Vorinstanz darauf hingewiesen, daß die Bgin. nicht nur Ankäufe, sondern auch Verkäufe bei diesen Wertpapieren vorgenommen hat. Hierbei ist noch darauf hinzuweisen, daß die Bgin. die aufgekauften Wertpapiere weder vorläufig noch endgültig an den Treuhänder (ß 29 HypBankG) zurückgegeben hat, die Papiere sich also noch "im Umlauf" im Sinne von § 6 Abs. 2 HypBankG befunden haben.

Die Höhe des Bestandes an eigenen Wertpapieren bei der Bgin. steht der Vorentscheidung nicht entgegen. In der Berufungsbegründung hat die Bgin. bereits darauf hingewiesen, daß die Sozialversicherungsträger, die sonst als Käufer von Hypothekenpfandbriefen und Kommunalschuldverschreibungen der Hypothekenbanken die entscheidende Rolle spielten, nur am Kauf neuer Emissionen interessiert waren, so daß eine Kurspflege nur durch erhebliche Hereinnahme eigener Papiere durch die Emissionsbanken betrieben werden konnte. Auch der Hinweis des Finanzamts auf den jahrelangen Besitz der Wertpapiere durch die Bgin. führt nicht zum Erfolg. Da die hier streitigen Feststellungen des Einheitswerts die Stichtage vom 1. Januar 1951 bis 1. Januar 1955 betreffen, ist die spätere Entwicklung bis 1961 unberücksichtigt zu lassen. Das Stichtagsprinzip gestattet nicht, Zeiträume nach dem maßgebenden Stichtage auf Grund retrospektiver Betrachtungsweise einzubeziehen. Geht man mit dem Finanzgericht von dem Ankauf und Besitz der Wertpapiere bei der Bgin. an den Stichtagen nur zum Zwecke der Kurspflege aus, so war eine änderung dieser Absicht der Bgin. an den einzelnen Stichtagen nicht erkennbar. Emissionsbanken sind nicht verpflichtet, bei jeder Kurserhöhung sofort Wertpapiere eigener Emissionen abzustoßen. Die Bgin. durfte zu einer Kurspflege mit dem Wiederverkauf so lange abwarten, bis das Kursniveau ihrer eigenen Emissionen sich erheblich gesteigert und etwa den Nennwert der Schuldverschreibungen erreicht hatte. Denn Sinn der Kurspflege ist es, die Mobilisierungsfähigkeit der vom Gläubiger unkündbaren, langfristigen Schuldverschreibungen zu erhalten, d. h. nach Möglichkeit einen Wiederverkauf der Papiere etwa zum Nennwert zu gewährleisten.

Das Finanzgericht ist nach den oben dargestellten Rechtsgrundsätzen verfahren. Bei der Ermittlung des Einheitswerts des Betriebsvermögens der Bgin. sind daher gemäß § 70 BewG in der an den Stichtagen gültigen Fassung die Wertpapiere mit den Steuerkurswerten anzusetzen, die an den Stichtagen 1. Januar 1951 bis 1. Januar 1955 jeweils maßgebend waren. Die Verbindlichkeiten der Bgin. aus den Hypothekenpfandbriefen und den Kommunalschuldverschreibungen waren gemäß § 14 Abs. 1 BewG (a. a. O.) mit dem Nennwert anzusetzen.

 

Fundstellen

BStBl III 1964, 519

BFHE 1965, 121

BFHE 80, 121

StRK, BewG:13 R 13

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