Entscheidungsstichwort (Thema)

Wohnungsüberlassung an Schwiegermutter nicht nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 GrEStEigWoG begünstigt

 

Leitsatz (NV)

Wird eine durch einen Ehegatten allein erworbene Wohnung dessen Schwiegermutter zum Wohnen überlassen, kann die Steuervergünstigung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 GrEStEigWoG - anders als im Sonderfall des Erwerbs einer Eigentumswohnung durch Ehegatten, die den Eltern nur eines Ehegatten zum Wohnen überlassen wird - nicht gewährt werden. Die Möglichkeiten der über den Wortlaut hinausgehenden Auslegung sind mit der Entscheidung vom 23. November 1983 II R 27/82, BFHE 140, 111, BStBl II 1984, 225 als erschöpft anzusehen.

 

Normenkette

GrEStEigWoG § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 3, § 3 Abs. 1; AO 1977 § 15

 

Verfahrensgang

FG Hamburg

 

Tatbestand

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) erwarb durch notariell beurkundeten Kaufvertrag vom 17. Mai 1979 eine Eigentumswohnung zum Kaufpreis von . . . DM. Antragsgemäß nahm der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) den Erwerb gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 des Gesetzes zur Grunderwerbsteuerbefreiung beim Erwerb von Einfamilienhäusern, Zweifamilienhäusern und Eigentumswohnungen (GrEStEigWoG) vom 11. Juli 1977 (BGBl I, 1218) durch Bescheid vom 27. November 1979 von der Grunderwerbsteuer aus. Auf spätere Anfrage des FA teilte der Kläger mit, seine Schwiegermutter habe während der Fünf-Jahres-Frist die Eigentumswohnung über ein Jahr lang genutzt. Das FA sah die Voraussetzungen für die beantragte Grunderwerbsteuerbefreiung nicht als erfüllt an und setzte ,,mit Änderungsbescheid gemäß § 175 AO 1977" vom 4. Dezember 1984 Grunderwerbsteuer in Höhe von . . . DM sowie Zinsen in Höhe von . . . DM fest. Einspruch und Klage des Klägers blieben ohne Erfolg.

Mit der vom Finanzgericht (FG) zugelassenen Revision beantragt der Kläger, das Urteil des FG sowie den Grunderwerbsteuerbescheid i. d. F. der Einspruchsentscheidung aufzuheben.

Er rügt rechtsfehlerhafte Anwendung des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 GrEStEigWoG. Nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 23. November 1983 II R 27/ 82 (BFHE 140, 111, BStBl II 1984, 225) sei nach dieser Vorschrift auch dann Befreiung von der Grunderwerbsteuer zu gewähren, wenn die Wohnung durch einen Elternteil des Ehegatten des Erwerbers ein Jahr lang bewohnt werde. Wie im Fall des Erwerbs von Miteigentumsanteilen durch Ehegatten bestehe für die Frage der ,,zugelassenen Bewohner" i. S. von § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 GrEStEigWoG auch für den Fall des Erwerbs durch nur einen Ehegatten und des Bewohnens durch die Eltern des nichterwerbenden Ehegatten eine Regelungslücke im Gesetz. Die spezielle familienpolitische Komponente des GrEStEigWoG sowie die Begründung der ,,zugelassenen Bewohner" auf den sog. ,,engeren Familienverband" mache es erforderlich, das Bewohnen durch die Eltern des nichterwerbenden Ehegatten als ausreichend anzusehen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).

1. Die Grunderwerbsteuervergünstigung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 i. V. m. § 3 Abs. 1 GrEStEigWoG setze u. a. voraus, daß die Eigentumswohnung innerhalb von fünf Jahren mindestens ein Jahr lang von dem Erwerber, von seinem Ehegatten oder einem seiner Verwandten in gerader Linie ununterbrochen bewohnt wird. Wie bereits im Urteil in BFHE 140, 111, BStBl II 1984, 225 ausgeführt, kommt in dieser Wortfassung der Wille des Gesetzgebers zum Ausdruck, falls die geforderte ,,Eigennutzung" weder durch den Erwerber noch seinen Ehegatten erfüllt wird, die Steuerbefreiung nur dann zu gewähren, wenn Erwerber und Bewohner in einem bestimmten (Verwandtschafts-) Verhältnis zueinander stehen. Nach dem Gesetzeswortlaut sind das nur Personen, deren eine von der anderen abstammt, also in gerader Linie miteinander verwandt sind (§ 1589 Abs. 1 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches - BGB -). Zu diesem Personenkreis zählt die Mutter der Ehefrau des Klägers nicht. Sie ist vielmehr mit dem Kläger verschwägert (§ 1590 BGB).

Anders als im Urteil in BFHE 140, 111, BStBl II 1984, 225 kommt im Streitfall eine über den Wortlaut (,,Verwandte in gerader Linie") hinausgehende Auslegung der Vorschrift des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 GrEStEigWoG nicht in Betracht. Eine ,,planwidrige Unvollständigkeit des Gesetzes" ist für den Fall des Bewohnens der erworbenen Eigentumswohnung durch eine mit dem Erwerber lediglich verschwägerte Person nicht erkennbar. Anders als im Sonderfall des Erwerbs einer Eigentumswohnung durch Ehegatten, die den Eltern nur eines Ehegatten zum Wohnen überlassen wird, muß für den Streitfall, in dem eine durch einen Ehegatten allein erworbene Wohnung dessen Schwiegermutter zum Wohnen überlassen wird, davon ausgegangen werden, daß die Versagung der Steuervergünstigung in der Regelungsabsicht des Gesetzgebers liegt. Denn dieser hat - wie das FG zutreffend ausführt - bewußt den Kreis der zugelassenen Bewohner nicht auf alle Angehörigen i. S. von § 15 der Abgabenordnung (AO 1977) ausdehnen, sondern auf Verwandte in gerader Linie beschränken wollen.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem o. g. Urteil des Senats in BFHE 140, 111, BStBl II 1984, 225. Dieses Urteil befaßt sich nämlich nur mit der Frage, ob die Befreiung von der Grunderwerbsteuer nach dem GrEStEigWoG auch dann zu gewähren ist, wenn eine durch Ehegatten erworbene Wohnung den Eltern nur eines Ehegatten zum Wohnen überlassen wird. Dieses Urteil ließ sich nur deshalb rechtfertigen, weil die Bewohner wenigstens im Verhältnis zu einem der erwerbenden Ehegatten Verwandte in gerader Linie waren (vgl. BFH-Beschluß vom 20. Juli 1988 II B 115/88, BFH/NV 1990, 61). Eine darüber hinausgehende Aussage, daß dies im Ergebnis auch dann gilt, wenn eine durch einen Ehegatten allein erworbene Wohnung dessen Schwiegereltern zum Wohnen überlassen wird, kann diesem Urteil nicht entnommen werden. Die Möglichkeiten der über den Wortlaut hinausgehenden Auslegung sind mit der Entscheidung in BFHE 140, 111, BStBl II 1984, 225 als erschöpft anzusehen.

Der Senat entscheidet gemäß § 121 i. V. m. § 90 Abs. 2 FGO im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung.

 

Fundstellen

BFH/NV 1992, 693

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