Leitsatz (amtlich)

Die auf Grund des Gesetzes über eine Umlage der Landwirtschaftskammern im Lande Nordrhein-Westfalen vom 17. Juli 1951 (GVBl Nordrhein-Westfalen 1951 S. 87) durch die Verordnung über die Festsetzung der Umlage der Landwirtschaftskammer Rheinland für das Rechnungsjahr 1960 vom 7. April 1960 (GVBl Nordrhein-Westfalen 1960 S. 70) festgesetzte Umlage ist für dieses durch § 1 des Gesetzes zur Anpassung des Rechnungsjahres an das Kalenderjahr vom 6. April 1960 (GVBl Nordrhein-Westfalen 1960 S. 57) auf neun Monate verkürzte Rechnungsjahr in voller Höhe zu erheben.

 

Normenkette

Gesetz über eine Umlage der Landwirtschaftskammern im Lande Nordrhein-Westfalen - Umlagegesetz - vom 17. Juli 1951 (GVBl Nordrhein-Westfalen 1951 S. 87) §§ 1-2, 7, 11; Gesetz zur Anpassung des Rechnungsjahres an das Kalenderjahr vom 6. April 1960 (GVBl Nordrhein-Westfalen 1960 I S. 57) § 1; Gesetz zur Anpassung des Rechnungsjahres an das Kalenderjahr vom 6. April 1960 (GVBl Nordrhein-Westfalen 1960 I S. 57) § 2; Gesetz zur Anpassung des Rechnungsjahres an das Kalenderjahr vom 6. April 1960 (GVBl Nordrhein-Westfalen 1960 I S. 57) § 3; Verordnung über die Festsetzung der Umlage der Landwirtschaftskammer Rheinland für das Rechnungsjahr 1960 - Umlagefestsetzungsverordnung 1960 - vom 7. April 1960 (GVBl Nordrhein-Westfalen 1960 S. 70) §§ 1-2

 

Tatbestand

Der Bg. ist Eigentümer eines gärtnerischen Betriebs. Durch Bescheid vom 23. Juli 1962 setzte das Finanzamt auf Grund des Gesetzes über eine Umlage der Landwirtschaftskammern im Lande Nordrhein-Westfalen -- UmlG -- vom 17. Juli 1951 (GVBl für das Land Nordrhein-Westfalen 1951 S. 87) für diesen Betrieb die Umlage der Landwirtschaftskammer für die Zeit vom 1. April bis 31. Dezember 1960 auf 204 DM fest. Mit dem Einspruch beantragte der Bg., für das Jahr 1960 nur 3/4 der Jahresumlage zu erheben. Der Einspruch blieb erfolglos.

Dagegen hatte die Berufung Erfolg. Das Finanzgericht ist der Auffassung, daß die auf Grund des UmlG und der Umlagefestsetzungsverordnung 1960 (GVBl Nordrhein-Westfalen 1960 S. 70) festgesetzte Umlage von 3 v. T. des Einheitswerts sich auf einen 12 Monate umfassenden Feststellungszeitraum beziehe, während der Erhebungszeitraum im Jahre 1960 wegen der Umstellung des Rechnungsjahres auf das Kalenderjahr ab dem 1. Januar 1961 nur neun Monate umfasse. Die Umlage könne deshalb auch nur in Höhe von 3/4 des Jahressatzes erhoben werden.

Mit der Rb. rügt der Vorsteher des Finanzamts falsche Rechtsanwendung. Das Finanzgericht verkenne den Begriff "Rechnungsjahr". Dieser sei eine konstante Größe. Er sei nämlich der Zeitraum, für den der Haushalt aufgestellt und über den abgerechnet werde. In seiner zeitlichen Ausdehnung sei er dagegen variabel. Die mit der Umlagefestsetzungsverordnung 1960 festgesetzte Umlage für das Rechnungsjahr 1960 sei daher in der festgesetzten Höhe voll zu erheben.

Der Finanzminister des Landes Nordrhein-Westfalen ist gemäß § 287 Ziff. 2 AO dem Verfahren beigetreten. Er hält den Bundesfinanzhof für die Entscheidung über Rb. für zuständig. In sachlicher Hinsicht schließt er sich der Auffassung des Bf. an.

 

Entscheidungsgründe

Die Rb., die das Finanzgericht wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache zugelassen hat, ist begründet.

I.

Der Bundesfinanzhof ist für die Entscheidung über die Rb. zuständig. Die Umlage wird nach § 13 Abs. 1 UmlG von den Finanzämtern veranlagt. Die Umlagebescheide gelten nach § 13 UmlG als Bescheide im Sinne des § 211 AO. Auf das Verfahren zur Festsetzung, Erhebung, Beitreibung, Stundung und Erstattung der Umlage sowie auf das Rechtsmittelverfahren sind nach § 12 Abs. 1 UmlG die Bestimmungen der Steuergesetze, insbesondere der AO, entsprechend anzuwenden. Damit ist gegen die Umlagebescheide nach § 229 Abs. 1 AO das Berufungsverfahren und in diesem Berufungsverfahren nach § 229 Abs. 2 AO gegen die Berufungsentscheidung des Finanzgerichts die Rb. gegeben, über die der Bundesfinanzhof entscheidet.

II.

Nach § 1 Abs. 1 UmlG wird zur Bestreitung der Ausgaben der Landwirtschaftskammern, soweit die Ausgaben nicht durch andere Einnahmen, insbesondere auch durch Staatszuschüsse gedeckt sind, eine Umlage erhoben. Über die Höhe der Umlage ist nach § 1 Abs. 2 UmlG für jedes Rechnungsjahr grundsätzlich vor dessen Beginn von jeder Landwirtschaftskammer für ihren Bezirk Beschluß zu fassen. Die Umlage wird für jede Landwirtschaftskammer nach § 2 Abs. 1 UmlG entsprechend deren Beschluß durch den Minister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten durch Rechtsverordnung festgesetzt. Auf Grund dieser gesetzlichen Vorschriften ist für die im Streitfall zuständige Landwirtschaftskammer Rheinland durch Rechtsverordnung vom 7. April 1960 (GVBl Nordrhein-Westfalen 1960 S. 70) die Umlage für das Rechnungsjahr 1960 entsprechend dem Beschluß der Hauptversammlung der Landwirtschaftskammer vom 15. Februar 1960 auf 3 v. T. des auf volle 100 DM nach unten abgerundeten Einheitswerts festgesetzt worden.

Nach § 1 des Landesgesetzes zur Anpassung des Rechnungsjahres an das Kalenderjahr vom 6. April 1960 (GVBl Nordrhein-Westfalen 1960 S. 57) schließt das Rechnungsjahr 1960 mit dem 31. Dezember 1960. Nach § 2 Nr. 1 dieses Gesetzes erhält § 2 Satz 1 der Reichshaushaltsordnung in der für das Land Nordrhein-Westfalen geltenden Fassung folgende Fassung: "Das Rechnungsjahr beginnt mit dem 1. Januar und schließt mit dem 31. Dezember". Rechtsvorschriften, die davon ausgehen, daß das Rechnungsjahr mit dem 1. April beginnt und mit dem 31. März schließt, sind nach § 3 dieses Gesetzes nach Maßgabe der vorgenannten §§ 1 und 2 anzuwenden. Das Finanzgericht ist zutreffend davon ausgegangen, daß die gesetzliche Generalklausel des § 3, a. a. O., eine Neuregelung aller von ihr betroffenen, vor ihr ergangenen Bestimmungen trifft, ohne daß es hierzu einer besonderen Änderung dieser Rechtsvorschriften bedarf. Es ist auch richtig, daß von dieser Generalklausel auch die einschlägigen Vorschriften des UmlG betroffen sind. Auch sie sind "nach Maßgabe der §§ 1 und 2" des Gesetzes vom 6. April 1960 anzuwenden. Soweit in ihnen vom "Rechnungsjahr" die Rede ist, ist unter dem Rechnungsjahr 1960 der Zeitraum 1. April bis 31. Dezember 1960 und unter den folgenden Rechnungsjahren jeweils der Zeitraum vom 1. Januar bis 31. Dezember zu verstehen. In diesem Sinn ist auch § 11 UmlG anzuwenden, nach dem die Umlage "für das Rechnungsjahr" erhoben wird.

Entgegen der Auffassung des Finanzgerichts ergibt sich aus dieser Regelung jedoch nicht, daß für das Rechnungsjahr 1960 nur 3/4 der festgesetzten Umlage erhoben werden können. Das folgt auch nicht daraus, daß nach § 7 Abs. 1 UmlG die Umlage "als Jahresumlage" festzusetzen ist. Die Vorschrift bringt, wie der Bf. zutreffend ausführt, nur zum Ausdruck, daß die Umlage in einer Summe für ein Rechnungsjahr erhoben wird und nicht wie andere Abgaben in Bruchteilen und in einem kürzeren Zeitraum. Der Finanzminister betont in seiner Stellungnahme mit Recht, daß eine Kürzung der Umlage auf 3/4 des festgesetzten Betrags durch eine besondere Bestimmung hätte angeordnet werden müssen, wie es z. B. in § 23 des Gesetzes zur Regelung des Finanz- und Lastenausgleichs mit den Gemeinden und Gemeindeverbänden für das Rechnungsjahr 1960 vom 6. April 1960 (GVBl Nordrhein-Westfalen 1960 S. 62, 66) bei den Finanzzuweisungen und Polizeikostenbeiträgen und bei den Zuweisungen und Grundsteuerergänzungszuschüssen geschehen ist. Es muß dabei auch berücksichtigt werden, daß die Verordnung über die Festsetzung der Umlage der Landwirtschaftskammer Rheinland für das Rechnungsjahr 1960 unter dem Datum vom 7. April 1960 erlassen wurde, also zu einer Zeit, als das Gesetz zur Anpassung des Rechnungsjahres an das Kalenderjahr bereits ergangen war. Nach § 1 dieses Gesetzes kann danach unter dem Begriff "Rechnungsjahr 1960" in dieser Verordnung nur der Zeitraum vom 1. April bis 31. Dezember 1960 verstanden werden. Da die Vorentscheidung dies verkannt hat, war sie aufzuheben.

Die Sache ist spruchreif. Der Finanzminister hat in seiner Stellungnahme erklärt, daß von einer Kürzung der Umlage für das Rechnungsjahr 1960 deswegen bewußt abgesehen worden sei, weil die damit verbundene einmalige Erhöhung der Umlage für notwendig erachtet worden sei, um den Landwirtschaftskammern einen Betriebsmittelstock zu verschaffen, dem auch der Landesrechnungshof zugestimmt habe. Eine Kürzung der Umlage auf 3/4 hätte die Landwirtschaftskammern in eine schwierige Lage gebracht. Die Umlage sei am 15. Oktober eines jeden Jahres fällig. An diesem Fälligkeitstermin habe man festhalten wollen, weil er bewußt so gewählt sei, daß er nach der Ernte liege. Eine Kürzung der Umlage hätte die Kammern gezwungen, fortan im dritten Quartal jeden künftigen Kalenderjahres Überbrückungskredite aufzunehmen. Der Bg. ist der Auffassung, daß diese Erhöhung der Umlage gesetzeswidrig sei, weil § 1 UmlG die Erhöhung der Umlage nur zur Ausgabendeckung, nicht aber zur Bildung eines Betriebsmittelstockes, also zu einer Kapitalausstattung, zulasse. Mit diesem Einwand kann der Bg. nicht durchdringen. Es ist zwar richtig, daß die Umlage nach § 1 Abs. 1 UmlG zur Bestreitung der Ausgaben der Landwirtschaftskammern erhoben wird. Nach § 2 Abs. 2 UmlG kann der Minister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten nach nochmaliger Anhörung der Landwirtschaftskammer im Einvernehmen mit dem Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten des Landtags die Umlage durch Rechtsverordnung u. a. dann festsetzen, wenn unter Berücksichtigung der übrigen Einnahmen einschließlich der Einnahmen aus der Staatskasse die Gefahr besteht, daß die Umlage in unangemessener Weise den Betrag übersteigt, der zur Erfüllung der Aufgaben genügt. Selbst wenn man die Bildung des Betriebsmittelstocks als eine Kapitalausstattung ansieht, war sie nach den Ausführungen des Finanzministers zur Erfüllung der Aufgaben der Kammer erforderlich, zumindest überstieg die Umlage dadurch nicht "in unangemessener Weise" den Betrag, der zur Erfüllung dieser Aufgaben erforderlich war. Damit hält sich die Festsetzung der Umlage für das Rechnungsjahr 1960 in dem durch das UmlG gezogenen Rahmen. Die Berufung des Bg. gegen die Einspruchsentscheidung des Finanzamts vom 17. August 1962 und deren Ergänzung vom 31. Juli 1963 war deshalb als unbegründet zurückzuweisen.

 

Fundstellen

BStBl III 1965, 565

BFHE 1966, 177

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