Entscheidungsstichwort (Thema)

Sonstiges Handelsrecht Gesellschaftsrecht

 

Leitsatz (amtlich)

Die Umlage der Landwirtschaftskammern im Lande Nordrhein- Westfalen verjährt in entsprechender Anwendung der für die Grundsteuer geltenden Vorschrift des § 144 Satz 1 AO in drei Jahren.

Gesetz über eine Umlage der Landwirtschaftskammern im Lande Nordrhein-Westfalen vom 17. Juli 1951 (GVBl Nordrhein-Westfalen 1951 S. 87) §§ 12 Abs. 1, 13; Gesetz über die Anwendung der Reichsabgabenordnung und anderer Abgabengesetze auf öffentlich- rechtliche Abgaben, die der Gesetzgebung des Landes unterliegen und durch Landesfinanzbehörden verwaltet werden, vom 4.

 

Normenkette

UmlGNW 12/1; UmlGNW 13; AO §§ 143-145

 

Tatbestand

Der Bf. ist Eigentümer eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes. Für diesen Betrieb hat das Finanzamt durch vorläufigen Bescheid vom 20. August 1960 auf Grund des Gesetzes über die Umlage der Landwirtschaftskammern im Lande Nordrhein-Westfalen vom 17. Juli 1951 - UmlG - (GVBl für das Land Nordrhein-Westfalen 1951 S. 87) die Umlage der Landwirtschaftskammer für die Zeit vom 1. April 1956 bis 31. März 1958 - Rechnungsjahre 1956 und 1957 - festgesetzt. Der Einspruch, mit dem der Bf. geltend machte, die Umlage für diese Rechnungsjahre sei verjährt, blieb ohne Erfolg.

In der Berufung erklärten sich der Bf. und das Finanzamt damit einverstanden, daß die Berufungen für das Rechnungsjahr 1956 und das Rechnungsjahr 1957 getrennt werden. Das Finanzgericht beschloß diese Trennung. Die Vorentscheidung betrifft dementsprechend nur die Umlage für das Rechnungsjahr 1957.

Die Berufung hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht ist der Auffassung, daß für die Umlage die Verjährungsvorschriften des BGB entsprechend anzuwenden seien. Es könne dahingestellt bleiben, ob die Verjährungsfrist von 30 Jahren nach § 218 BGB oder in Anbetracht der Umlage als wiederkehrende Leistung die Verjährungsfrist von vier Jahren nach § 197 BGB in Betracht komme. Denn beide Verjährungsfristen seien bei Ergehen des Bescheides vom 20. August 1960 noch nicht verstrichen gewesen.

Die Rb., die vom Finanzgericht wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache zugelassen ist, ist vom Bf. nicht begründet worden.

 

Entscheidungsgründe

Die Rb. ist unbegründet.

I. - Die Zuständigkeit des Bundesfinanzhofs für die Entscheidung über die Rb. ist gegeben. Die Umlage wird nach § 13 Abs. 1 UmlG von den Finanzämtern veranlagt. Nach § 12 Abs. 1 UmlG sind auf das Verfahren zur Festsetzung, Erhebung, Beitreibung, Stundung und Erstattung der Umlage sowie auf das Rechtsmittelverfahren die Bestimmungen der Steuergesetze, insbesondere der AO, entsprechend anzuwenden. Nach § 13 Abs. 2 UmlG gelten die Umlagebescheide als Bescheide im Sinne des § 211 AO. In entsprechender Anwendung des § 229 AO ist damit gegen sie das Berufungsverfahren mit Einspruch, Berufung und Rb. gegeben. über die Rb. entscheidet nach § 229 Abs. 2 AO in Verbindung mit § 2 des Gesetzes über den Bundesfinanzhof (BFHG) der Bundesfinanzhof.

II. - Das UmlG enthält keine ausdrücklichen Vorschriften über die Verjährung der Umlage. Wie bereits oben zu I. dargetan, bestimmt es in § 12 Abs. 1 lediglich, daß für das Verfahren zur Festsetzung, Erhebung, Beitreibung, Stundung und Erstattung der Umlage sowie für das Rechtsmittelverfahren die Bestimmungen der Steuergesetze, insbesondere der AO, entsprechend anzuwenden sind. Die Vorinstanzen sind de Auffassung, daß damit nur die Anwendung der verfahrensrechtlichen Vorschriften der AO angeordnet ist und deshalb die §§ 143 ff. AO nicht angewendet werden können, weil sie materiellrechtlicher Art seien. Diese Frage kann jedoch dahingestellt bleiben, weil die Anwendung der Verjährungsvorschriften der AO sich aus dem Gesetz über die Anwendung der Reichsabgabenordnung und anderer Abgabengesetze auf öffentlich-rechtliche Abgaben, die der Gesetzgebung des Landes unterliegen und durch Landesfinanzbehörden verwaltet werden - AO- AnwG - des Landes Nordrhein-Westfalen vom 4. Januar 1955 (BStBl 1955 II S. 29) ergibt. Dieses Gesetz ist lange vor dem Beginn des hier in Betracht kommenden Rechnungsjahres 1957 in Kraft getreten. Es bestimmt in § 1 Abs. 1 Ziff. 1, daß auf öffentlich- rechtliche Abgaben, die der Gesetzgebung des Bundes nicht unterliegen und durch Landesfinanzbehörden verwaltet werden, die Vorschriften der AO in der jeweils für sie bundesrechtlich geregelten Fassung entsprechende Anwendung finden. Der Auffassung des Finanzgerichts, daß diese Vorschrift nicht in Betracht komme, weil das UmlG die mittelbare Anwendung der Verjährungsvorschriften der AO ausschließe, vermag der Senat nicht zuzustimmen. Wie oben bereits ausgeführt wurde, enthält das UmlG überhaupt keine ausdrückliche Vorschrift über die Verjährung der Umlage. Es kann danach nicht davon die Rede sein, daß dieses Gesetz die in § 1 AO- AnwG angeordnete entsprechende Anwendung der AO ausschließt.

Der Senat vermag jedoch der Auffassung des Bf., für die Umlage gelte die einjährige Verjährungsfrist des § 144 Satz 2 AO, nicht zu folgen. Er ist vielmehr der Auffassung, daß für die Umlage die in § 144 Satz 1 AO für die Grundsteuer angeordnete dreijährige Verjährungsfrist entsprechend gilt. Es ist zwar richtig, daß die AO und damit auch § 144 AO nur für Steuern gilt, und daß unter diesen Begriff nach § 1 Abs. 1 AO nicht die Gebühren und Beiträge fallen. Daraus folgt aber entgegen der Auffassung des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz in dem Urteil 1 A 49/59 vom 28. Juli 1960 (Verwaltungsrechtsprechung in Deutschland Bd. 13 S. 733), daß über die Verjährung der Gebühren und Beiträge in § 144 AO überhaupt keine Regelung getroffen ist; die Gebühren und Beiträge können deshalb nicht ohne weiteres den "übrigen Ansprüchen" im Sinne des § 144 Satz 2 AO gleichgesetzt werden. Unter "übrigen Ansprüchen" im Sinne dieser Vorschrift können vielmehr, weil § 144 AO lediglich die Verjährungsfristen für Steuern regelt, nur solche Ansprüche verstanden werden, die sich aus den Steuergesetzen ergeben, aber keine Steueransprüche sind. Für die Umlage nach dem Gesetz vom 17. Juli 1951 trifft dies nach Auffassung des Senats nicht zu. Sie ist vielmehr ihrem Wesen nach am ehesten mit der Grundsteuer vergleichbar. Die Umlage wird nach § 3 UmlG von den land- und forstwirtschaftlichen Betrieben im Sinne des § 3 Ziff. 1 GrStG erhoben. Von der Umlage sind nach § 4 UmlG die land- und forstwirtschaftlichen Betriebe insoweit befreit, als ein Steuermeßbetrag auf Grund der Befreiungsvorschriften in § 4 GrStG für sie nicht festgesetzt worden ist. Schuldner der Umlage ist nach § 5 Abs. 1 UmlG, wer Schuldner der Grundsteuer ist. Neben ihm haften nach § 5 Abs. 2 UmlG als Gesamtschuldner die Personen, die für die Grundsteuer haften. Die Umlage ruht nach § 5 Abs. 3 UmlG wie die Grundsteuer auf den Betrieben als öffentliche Last. Nach § 6 UmlG ist Umlagemaßstab der für die Grundsteuer maßgebende Einheitswert. Die Umlage ist danach so eng mit der Grundsteuer verknüpft, daß es gerechtfertigt erscheint, für sie dieselbe Verjährungsfrist anzuwenden, die nach § 144 AO für die Grundsteuer gilt. Diese Auffassung hat schon der Reichsminister der Finanzen in dem Erlaß vom 11. August 1938 (RStBl 1938 S. 793) hinsichtlich der Reichsnährstandsbeiträge vertreten. Auch das einzige Landesgesetz, das de Verjährung der Kammerbeiträge ausdrücklich regelt, das niedersächsische Gesetz über Landwirtschaftskammern in der Fassung vom 16. Mai 1960 (Niedersächsisches GVBl 1960 S. 25) ordnet in § 24 Abs. 15 eine Verjährung der Beitragsschuld in drei Jahren an.

Wendet man die §§ 143 ff. AO auf die Umlage an, so ergibt sich folgendes:

Nach § 145 Abs. 1 AO beginnt die Verjährung mit Ablauf des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist. Die Umlage ist bei entsprechender Anwendung des § 3 Abs. 5 Ziff. 2 StAnpG in der damals geltenden Fassung, die in § 1 Abs. 1 Ziff. 2 AO-AnwG Nordrhein-Westfalen angeordnet ist, mit dem Beginn des Kalenderjahres entstanden, in das der Beginn des Rechnungsjahres fällt, für das die Umlage erhoben wird. Die Umlage für das Rechnungsjahr 1957 ist danach am 1. Januar 1957 entstanden. Die Verjährungsfrist für diese Umlage beginnt somit am 1. Januar 1958 und endet am 31. Dezember 1960. Die Umlage ist also durch den Bescheid vom 20. August 1960 innerhalb der Verjährungsfrist festgesetzt worden. Damit erweist sich die Rb. im Ergebnis als unbegründet.

Der Streitwert war für den Einspruch, die Berufung und die Rb. auf je 169 DM festzustellen. § 13 Abs. 4 UmlG kann im Streitfall, in dem nur die Verjährung der Umlage für das Rechnungsjahr 1957 streitig ist, nicht angewendet werden. Auch bei der Streitwertfeststellung für den Einspruch war nur dieses Rechnungsjahr zu berücksichtigen. Deshalb mußten dem Bf. die Kosten des Einspruchs ganz auferlegt werden.

 

Fundstellen

Haufe-Index 411744

BStBl III 1965, 624

BFHE 1966, 345

BFHE 83, 345

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