Leitsatz (amtlich)

1. Das Kirchengesetz, betreffend die Erhebung von Kirchensteuern in den Kirchengemeinden und Parochialverbänden der evangelisch-lutherischen Kirche der Provinz Schleswig-Holstein vom 10. März 1906 ist kirchliches Recht.

2. Bei getrennter Veranlagung von Eheleuten ist es verfassungswidrig, die Steuerpflicht des einen Ehegatten an Besteuerungsmerkmale zu knüpfen, die nur in der Person des anderen Ehegatten gegeben sind. Das gilt auch für die in konfessionsverschiedener Ehe lebenden Eheleute. Kirchengesetz betreffend die Erhebung von Kirchensteuern in den Kirchengemeinden und Parochialverbänden der evangelisch-lutherischen Kirche der Provinz Schleswig-Holstein vom 10. März 1906. (Kirchliches GVBl für den Amtsbezirk des königlichen evangelisch-lutherischen Konsistoriums in Kiel 1906, 19); Kirchengesetz zur Änderung des Kirchensteuerrechts vom 24. Oktober 1956. (Kirchliches GVBl der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Schleswig-Holsteins 1957, 1).

 

Tatbestand

Die Klägerin (Revisionsbeklagte) und ihr Ehemann sind für das Jahr 1957 getrennt zur Einkommensteuer veranlagt worden. Da die Klägerin nur geringfügige Einkünfte aus Kapitalvermögen sowie Vermietung und Verpachtung gehabt hat, hat das FA (Beklagter und Revisionskläger) ihre Einkommensteuer mit Steuerbescheid vom 23. November 1959 auf 0 DM festgesetzt.

Die Klägerin gehört der evangelisch-lutherischen Landeskirche Schleswig-Holsteins an, ihr Ehemann ist Mitglied der evangelisch-reformierten Gemeinde (konfessionsverschiedene Ehe). Das FA setzte die Kirchensteuer der Klägerin für das Jahr 1957 auf 1 563 DM fest, wobei es als Berechnungsgrundlage die Einkommensteuerschuld der Klägerin mit 0 DM ansetzte "zuzüglich der Einkommensteuerschuld des weder der evangelisch-lutherischen noch der römisch-katholischen Kirche angehörenden getrennt veranlagten Ehegatten". Das ergab eine "Einkommensteuer-Schuld" von 39 071 DM, wovon es die Kirchensteuer mit 8 % errechnete. Die Rechtsgrundlage für diese Maßnahme sah das FA in dem "Kirchengesetz zur Änderung des Kirchensteuerrechts" vom 24. Oktober 1956 (Kirchliches Gesetz- und Verordnungsblatt der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Schleswig-Holsteins 1957 S. 1). Der Einspruch hatte keinen Erfolg.

Auf die Berufung der Klägerin hob das FG die Einspruchsentscheidung auf und stellte die Klägerin von der Kirchensteuer frei. Das FG führte aus: Da die Klägerin in ..., einem früher preußischen Gebietsteil Hamburgs wohne, gelte das preußische Recht fort, denn ein staatliches Kirchensteuergesetz gebe es in Hamburg nicht. Für den Streitfall sei noch das "Kirchengesetz betreffend die Erhebung von Kirchensteuern in den Kirchengemeinden und Parochialverbänden der evangelisch-lutherischen Kirche der Provinz Schleswig-Holstein" vom 10. März 1906 (Kirchliches Gesetz- und Verordnungsblatt für den Amtsbezirk des königlichen evangelisch-lutherischen Konsistoriums in Kiel 1906 S. 19, abgedruckt auch in Brauchitsch, Die Preußischen Kirchensteuergesetze, 1907 S. 117) anzuwenden. Aus § 5 Abs. 2 dieses Gesetzes folge, daß die Klägerin nur nach Maßgabe ihrer eigenen Veranlagung zur Kirchensteuer herangezogen werden könne, also keine Kirchensteuer schulde. Diese Vorschrift sei zwar von der Synode der evangelisch-lutherischen Landeskirche Schleswig-Holsteins durch das "Kirchengesetz" vom 24. Oktober 1956 (a. a. O.) aufgehoben - außer Kraft gesetzt - worden, wonach bei glaubensverschiedenen Ehen von dem der evangelischen Kirche angehörenden Ehegatten die Hälfte der Kirchensteuer erhoben werde, die zu erheben wäre, wenn der andere Ehegatte auch der evangelischen Kirche angehörte. Dieses kirchliche Gesetz gelte auch für die Kirchenangehörigen, die in den früher preußischen Gebietsteilen Hamburgs wohnten. Die Aufhebung des § 5 Abs. 2 des Kirchengesetzes vom 10. März 1906 (a. a. O.) sei aber - jedenfalls soweit sie die Bewohner der früher preußischen Gebietsteile Hamburgs betreffe - unwirksam, denn ein kirchliches Gesetz könne nicht staatlich-landesrechtliche Kirchensteuergesetze ändern oder aufheben. Daran könne selbst eine Genehmigung des kirchlichen Gesetzes durch die staatliche Aufsichtsbehörde nichts ändern, die im übrigen auch nicht erteilt worden sei. Es gebe auch keine hamburgische staatsgesetzliche Ermächtigung für den Erlaß des Kirchengesetzes vom 24. Oktober 1956 (a. a. O.).

Mit der Revision rügt das FA unrichtige Anwendung des bestehenden Rechts und bringt vor: Das Kirchengesetz vom 10. März 1906 (a. a. O.) sei kein staatliches, sondern ein kirchliches Gesetz. Die Schleswig-Holsteinische Landeskirche habe mit dem für den Streitfall geltenden Kirchengesetz vom 24. Oktober 1956 (a. a. O.) ein Kirchengesetz geändert. Dazu sei sie berechtigt gewesen. Ein Mitwirkungsrecht des Hamburgischen Staates gegenüber der Schleswig-Holsteinischen Landeskirche habe dabei insoweit nicht bestanden, als die Schleswig-Holsteinische Landeskirche durch Minderung des Kirchensteuersatzes von 10 % auf 8 % und durch Einführung des Halbteilungsgrundsatzes auf Anregung der Freien und Hansestadt Hamburg lediglich ihr Gesetz dem hamburgischen Recht angeglichen habe. Die Anwendung des Halbteilungsgrundsatzes sei im Streitfall gerechtfertigt. Das BVerfG habe zwar den sogenannten Halbteilungsgrundsatz bei glaubensverschiedenen Ehen für verfassungswidrig erklärt. Dieses Urteil finde aber auf den vorliegenen Fall keine Anwendung, weil die Klägerin und ihr Ehemann in einer konfessionsverschiedenen Ehe lebten. Sollte der Bundesfinanzhof (BFH) den Halbteilungsgrundsatz auch für den vorliegenden Fall für verfassungswidrig halten, so müsse nach den Entscheidungsgründen des Urteils des BVerfG 1 BvR 606/60 vom 14. Dezember 1965 (BStBl I 1966, 196) die Kirchensteuer nach einer anderen Bemessungsgrundlage festgesetzt werden. Als Besteuerungsmerkmale kämen die Aufwendungen für die Lebensführung in Betracht. Nach den Lebensverhältnissen der Klägerin sei die auf 1 563 DM festgesetzte Kirchensteuer angemessen, denn das Einkommen ihres Ehemannes liege im Jahresdurchschnitt über 100 000 DM.

 

Entscheidungsgründe

Aus den Gründen:

Die Revision hat keinen Erfolg.

Es bleibt bei der vom FG ausgesprochenen Freistellung der Klägerin von der Kirchensteuer. In der Begründung kann dem FG allerdings nicht beigetreten werden.

1. Der Finanzrechtsweg war für die im März 1962 eingelegte Berufung gegeben. Nach § 1 des Hamburgischen Gesetzes über die Ausdehnung des Geltungsbereiches der AO und anderer Abgabengesetze vom 13. Juni 1955 (GVBl 1955, 210) findet die AO Anwendung auf öffentlich-rechtliche Abgaben, die der Landesgesetzgebung unterliegen und von Landesfinanzbehörden i. S. des § 2 Abs. 1 des Gesetzes über die Finanzverwaltung (FVG) vom 6. September 1950 (BGBl 1950, 448) verwaltet werden (dazu Bundesverwaltungsgericht - BVerwG - in Deutsches Verwaltungsblatt 1960 S. 105). Bei dieser Regelung ist es auch nach dem Inkrafttreten der VwGO geblieben. Der zu § 40 VwGO ergangene § 5 des Gesetzes zur Ausführung der Verwaltungsgerichtsordnung vom 21. Januar 1960 (Hamburger GVBl 1960, 291) schließt den Rechtsweg zu den allgemeinen Verwaltungsgerichten aus, soweit öffentlich-rechtliche Streitigkeiten auf dem Gebiet des Landesrechtes anderen Gerichten zugewiesen sind.

2. Die Klägerin ist unstreitig Mitglied der ev.-luth. Landeskirche Schleswig-Holsteins. Das nach 1945 ergangene staatliche KiStG Schleswig-Holsteins gilt jedoch im Streitfall nicht; denn die Klägerin wohnt nicht im staatlichen Bereich des Landes Schleswig-Holstein. Der Wohnsitz der Klägerin gehört zu der früheren preußischen Provinz Schleswig-Holstein und ist durch das Gesetz über Groß-Hamburg und andere Gebietsbereinigungen vom 26. Januar 1937 (RGBl I 1937, 91) zu Hamburg gekommen. Das hamburgische Kirchensteuerrecht gilt indessen für sie nicht. Für die Bewohner der früher preußischen Gebietsteile Hamburgs bestimmt § 4 des Gesetzes über Rechtsvereinheitlichung vom 15. Juni 1950 (Hamburger GVBl 1950, 129): "Auf Rechtsverhältnisse, die durch hamburgisches Recht nicht geregelt sind, ist bis zu anderweitiger hamburgischer Regelung das preußische Recht in der am 31.3.1937 geltenden Fassung anzuwenden." Ein staatliches KiStG ist in Hamburg nicht ergangen. Somit gilt für den Streitfall das Kirchengesetz vom 10. März 1906 (a. a. O.). Hiervon ist auch das FG zutreffend ausgegangen.

3. Dieses Gesetz ist jedoch kein staatliches, sondern kirchliches Recht. Insoweit rügt die Revision zu Recht die Ansicht des FG.

Seinerzeit sind für die evangelischen Landeskirchen und Gesamtverbände Preußens sieben Kirchen- und drei Staatsgesetze ergangen, die sämtlich am 1. April 1906 in Kraft getreten sind und in erheblichem Umfang wörtlich übereinstimmen. Die Kirchengesetze für die einzelnen evangelischen Landeskirchen wurden von den verfassungsmäßig zuständigen synodalen Organen, die Staatsgesetze von den beiden Häusern des Landtags der Monarchie angenommen (Brauchitsch, a. a. O., S. 5 und 6). Das Kirchengesetz für Schleswig-Holstein ist mit Zustimmung der Gesamt-Synode der evangelisch-lutherischen Kirche der Provinz Schleswig-Holstein ergangen. Es ist nicht in der Preußischen Gesetzessammlung (GS) veröffentlicht worden, wie die staatlichen Gesetze und die staatlichen Ausführungsanweisungen, sondern im Kirchlichen GVBl für den betreffenden Amtsbezirk. Es trägt auch nicht - wie die staatlichen Gesetze - die Unterschriften aller Kabinettsmitglieder.

4. Nach § 5 des Kirchengesetzes vom 10. März 1906 (a. a. O.) schuldete die Klägerin keine Kirchensteuer. § 5 lautete:

"Ein Gemeindemitglied, welches in gemischter Ehe lebt, ist von der Hälfte des der kirchlichen Besteuerung zugrunde liegenden Steuersatzes (§ 9), zu welchem der Ehemann veranlagt ist, zur Kirchensteuer heranzuziehen.

Soweit die Ehefrau zu den Staatssteuern selbständig veranlagt wird, ist das Gemeindemitglied nach Maßgabe seiner Veranlagung zur Kirchensteuer heranzuziehen."

Diese Bestimmung ist aber außer Kraft gesetzt worden durch das Kirchengesetz zur Änderung des Kirchensteuerrechts vom 24. Oktober 1956 (a. a. O.), das von der Landessynode der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Schleswig-Holsteins beschlossen worden ist und folgenden einzigen Paragraphen enthält:

"(1) Gehört in glaubensverschiedenen Ehen ein Ehegatte der evangelischen Kirche nicht an, so wird von dem der evangelischen Kirche angehörenden Ehegatten die Hälfte der Kirchensteuer erhoben, die zu erheben wäre, wenn der andere Ehegatte auch der evangelischen Kirche angehören würde.

(2) Absatz 1 gilt auch in den Fällen, in denen die Kirchensteuer auf Grund einer gemäß § 30 des Kirchengesetzes betreffend die Erhebung von Kirchensteuern in den Kirchengemeinden und Parochialverbänden der evangelisch-lutherischen Kirche der Provinz Schleswig-Holstein vom 10. März 1906 (Kirchliches GVBl 1906, 19) in Kraft gebliebenen älteren Kirchensteuerordnung umgelegt und erhoben wird.

(3) § 5 des Kirchengesetzes vom 10. März 1906 tritt außer Kraft."

Die Landessynode war berechtigt, die Bestimmung eines Kirchengesetzes außer Kraft zu setzen. § 5 des Kirchengesetzes vom 10. März 1906 ist somit auf den Streitfall nicht anwendbar.

5. Auf das Kirchengesetz vom 24. Oktober 1956 (a. a. O.) kann das Vorgehen des FA nicht gestützt werden. Das Gesetz ist verfassungswidrig, soweit es die Kirchensteuer eines Ehegatten nach Bemessungsgrundlagen bestimmt, die bei dem einer anderen Religionsgesellschaft angehörenden Ehegatten gegeben sind. Da das Gesetz kirchliche Rechtssätze enthält, kann der Senat über die Verfassungswidrigkeit der Bestimmung in eigener Zuständigkeit entscheiden. Dem BVerfG können nach Art. 100 GG nur staatliche Gesetze zur Entscheidung vorgelegt werden.

Die Anwendbarkeit des Kirchengesetzes vom 24. Oktober 1956 (a. a. O.) scheitert allerdings nicht schon daran, daß es glaubensverschiedene Ehen anspricht, während die Klägerin in einer konfessionsverschiedenen Ehe lebt, denn es hat die glaubensverschiedene Ehe im weiteren Sinne zum Gegenstand. Wie der Text: "Gehört ... ein Ehegatte der evangelischen Kirche nicht an" zeigt, beschränkt sich die Regelung nicht auf die sog. glaubensverschiedenen Ehen, in denen nur ein Ehegatte einer Kirche oder Religionsgesellschaft angehört, sondern umfaßt auch die konfessionsverschiedenen Ehen, in denen die Ehegatten verschiedenen steuerberechtigten Kirchen oder Religionsgesellschaften angehören (vgl. zur Definition: Urteil des BVerfG 1 BvL 31 und 32/62 vom 14. Dezember 1965, BStBl I 1966, 192 [194]).

Der einzige Paragraph des Kirchengesetzes vom 24. Oktober 1956 enthält nicht alle Besteuerungsmerkmale. Er bedarf der Ausfüllung durch das Kirchengesetz vom 10. März 1906. Nach § 2 des Kirchengesetzes vom 10. März 1906 sind "alle Mitglieder der Kirchengemeinde" steuerpflichtig. Nicht steuerpflichtig ist, wer der Gemeinde nicht angehört. Gehört bei Ehegatten nur ein Ehegatte der Gemeinde an, so ist nur dieser Ehegatte steuerpflichtig, nicht zusätzlich auch der andere Ehegatte. - Hätte das Kirchengesetz eine anderweitige Regelung getroffen, so wäre diese verfassungswidrig. Das BVerfG hat mit Urteil 1 BvL 31 und 32/62 vom 14. Dezember 1965 (a. a. O.) entschieden, daß der Satzteil im Kirchensteuergesetz Baden-Württemberg, der einen nicht der Religionsgesellschaft angehörenden Ehegatten der Steuerpflicht unterwirft, das Grundrecht des nicht der Religionsgesellschaft angehörenden Ehegatten aus Art. 2 Abs. 1 GG verletzt und nichtig ist. -

Nach § 9 des Kirchengesetzes vom 10. März 1906 (a. a. O.) dient als Maßstab der Umlegung die Staatseinkommensteuer. Da die Steuerpflicht nur an Merkmale anknüpfen kann, die in der Person des Steuerpflichtigen gegeben sind, bestimmte § 5 dieses Gesetzes folgerichtig, daß Bemessungsgrundlage das Einkommen des der Gemeinde angehörenden Mitglieds ist. Nach Aufhebung des § 5 gilt nichts anderes. Da die Kirchensteuer nur aus der Einkommensteuer des Kirchenangehörigen errechnet wird und die Klägerin für das Jahr 1957 keine Einkommensteuer schuldet, ist auch keine Kirchensteuerschuld gegeben.

Der sogenannte Halbteilungssatz, wonach das Einkommen des der betreffenden Religionsgesellschaft nicht angehörenden Ehegatten als Bemessungsgrundlage herangezogen wird, verstößt bei getrennter Veranlagung gegen die verfassungsmäßige Ordnung des GG. Er kann von staatlichen Behörden nicht angewandt werden.

Das FA hat die Rechtsprechung des BVerfG mißdeutet. In dem vom FA angeführten Urteil 1 BvR 606/60 (a. a. O.) handelte es sich zwar um eine sogenannte glaubensverschiedene Ehe, so daß das BVerfG formal nicht über die Rechtsfragen in einer konfessionsverschiedenen Ehe zu entscheiden hatte. In dem vom BVerfG entschiedenen Fall handelte es sich jedoch auch um die getrennte Veranlagung von Eheleuten. Und das BVerfG hat in den Gründen ausdrücklich ausgeführt, es stehe mit den Grundsätzen einer gerechten Besteuerung nicht im Einklang, das Einkommen eines nicht kirchensteuerpflichtigen Ehegatten mit dem des getrennt veranlagten Ehegatten zusammenzuziehen. Die Kirche dürfe nur den ihr angehörenden Ehegatten besteuern und bei der Wahl des Besteuerungsmaßstabes nur an Merkmale anknüpfen, die in dessen Person gegeben sind. Wähle sie das Einkommen im Sinne des Einkommensteuerrechts als Maßstab, dann müsse es das marktwirtschaftliche Einkommen (im Sinne des Einkommensteuerrechts) des kirchchenangehörigen Gatten sein. Der Halbteilungsgrundsatz lasse sich weder mit der bei der Einkommensteuer eintretenden Zusammenveranlagung von Ehegatten rechtfertigen noch mit Vorschriften des Ehegüterrechts. Auch die Berufung darauf, daß der Halbteilungsgrundsatz herkömmlicher Bestandteil des deutschen Kirchensteuerrechts sei, könne gegenüber den Vorschriften des GG keine ausschlaggebende Bedeutung haben. Die Anwendung des Halbteilungsgrundsatzes sei ohne Einverständnis der Ehegatten mit Art. 2 Abs. 1 GG nicht vereinbar.

Die Besteuerungsgrundsätze des BVerfG kommen besonders deutlich in dem Beschluß des BVerfG 1 BvR 16/66 vom 20. April 1966 (BStBl I 1966, 694) zum Ausdruck. In dem hier entschiedenen Fall hatten die in konfessionsverschiedener Ehe lebenden Ehegatten die Zusammenveranlagung gewählt und begehrten die getrennte Veranlagung nur für die Kirchensteuer. Zur Abgrenzung der sich aus den Veranlagungsarten ergebenden Möglichkeiten hat das BVerfG ausdrücklich entschieden: "Bei getrennter Veranlagung wird die von der Beschwerdeführerin zu zahlende Kirchensteuer aus der von ihrem Einkommen zu zahlenden Einkommensteuer berechnet; das Einkommen ihres Ehemannes bleibt unberücksichtigt." "Wählt sie (die Ehefrau) getrennte Veranlagung, dann braucht sie nur den Kirchensteuerbetrag zu zahlen, der ihrem persönlichen Einkommen entspricht."

6. Die Kirchensteuer kann im vorliegenden Falle auch nicht nach den Lebensverhältnissen der Klägerin festgesetzt werden, weil eine solche Bemessungsgrundlage weder im Kirchengesetz vom 10. März 1906 (a. a. O.) noch in den Änderungsgesetzen vorgesehen ist. Zu Unrecht beruft sich das FA zur Begründung einer Lebensführungsbesteuerung auf das Urteil des BVerfG 1 BvR 606/60 (a. a. O.). Zwar hatte das BVerfG erwogen, daß Gegenstand der Besteuerung nicht das Einkommen (im Sinne des Einkommensteuerrechts) des anderen Ehegatten, sondern etwa der Lebensführungsaufwand des kirchenangehörigen Ehegatten sein könnte. Voraussetzung für eine solche Besteuerung ist aber in jedem Fall, daß diese gesetzlich verankert wird.

 

Fundstellen

BStBl II 1969, 632

BFHE 1969, 209

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