Entscheidungsstichwort (Thema)

Bewertung Bewertung, Vermögen-, Erbschaft-, Schenkungsteuer Bewertung, Vermögen-, Erbschaft-, Schenkungsteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Gemüsebau als gärtnerischer Betrieb.

 

Normenkette

BewG §§ 48, 34; BewDV § 26; BewRL 1/11

 

Tatbestand

Streitig ist die Fortschreibung des Einheitswerts für die Katenstelle A (Gemüsebaubetrieb) des Beschwerdeführers (Bf.) auf den 21. Juni 1948. Bei der Einheitsbewertung 1935 wurde der Betrieb als landwirtschaftliches Vermögen mit 2.990 RM bewertet. Im Jahre 1938 kaufte der Bf. die benachbarte, auf seine Mutter als Alleinerbin übergegangene väterliche Katenstelle B (ebenfalls Gemüsebaubetrieb) hinzu. Der gleichfalls nach landwirtschaftlichen Grundsätzen festgestellte Einheitswert 1935 dieser Kate betrug 4.720 RM. Durch Zurechnungsfortschreibung auf den 1. Januar 1939 rechnete das Finanzamt die hinzugekaufte Kate dem Bf. als besondere wirtschaftliche Einheit zu. Während des Krieges erweiterte der Bf. seinen Betrieb durch Neubauten von zwei heizbaren Gewächshäusern von je 210 qm bebauter Grundfläche, eines kalten einfachen Kastenblocks von 168 qm bebauter Grundfläche und durch Anlage einer Obstplantage von 100 Obstbäumen. Im Zuge der überprüfung der im Bezirk des Finanzamts gelegenen Gemüsebaubetriebe des Gemüsebaugebietes C wurden die Einheitswerte der Katenstellen von 2.990 RM und 4.720 RM auf 4.800 DM bzw. 9.400 DM gemäß § 4 Abs. 3 des Fortschreibungsgesetzes vom 10. März 1949 (Gesetz- und Verordnungsblatt des Wirtschaftsrats des Vereinigten Wirtschaftsgebiets - WiGBl - 1949 S. 29) für den 21. Juni 1948 fortgeschrieben. Der Fortschreibung wurden die vom Reichsminister der Finanzen aufgestellten, im Reichssteuerblatt 1935 S. 1268 veröffentlichten Richtlinien zugrundegelegt. In der Einspruchsentscheidung nahm das Finanzamt eine wirtschaftliche Einheit bestehend aus den beiden Katenstellen an und schrieb unter Aufhebung der beiden fortgeschriebenen Einheitswerte den Einheitswert von 2.990 RM auf 14.000 DM fort. Der Bf. bekämpft die Fortschreibung des Einheitswerts. Sein Betrieb sei ein gemüsebautreibender landwirtschaftlicher Betrieb. Der Streitfall ist als Musterfall für die Entscheidung weiterer schwebender Rechtsmittel von Gemüsebautreibenden im Finanzbezirk in Aussicht genommen. Das Finanzgericht hat den Einheitswert für den gärtnerischen Betrieb des Bf. auf 13.500 DM ermäßigt und den noch bestehenden Einheitswert für die ehemals väterliche Katenstelle von 4.720 RM auf 0 DM fortgeschrieben.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Rechtsbeschwerde (Rb.). Der Bf. macht geltend, daß die Einheitsbewertung 1935 keinen Bewertungsfehler enthalte. Sein Betrieb sei landwirtschaftlicher Betrieb (landwirtschaftlicher Gemüsebau), kein gärtnerischer Betrieb. In jedem Falle sei die Wertfortschreibung zum 21. Juni 1948 unzulässig. Als Verfahrensmangel wird gerügt, daß das Finanzgericht nur den amtlichen Sachverständigen gehört habe.

 

Entscheidungsgründe

Die Rb. ist nicht begründet.

Selbst wenn bei der Einheitsbewertung des Betriebs des Bf. auf den 1. Januar 1935 kein Bewertungsfehler vorläge, wäre die Wertfortschreibung des Einheitswerts des Betriebs des Bf. von 2.990 RM wegen der von ihm vorgenommenen Bestandserweiterungen nicht zu beanstanden. Die Wertgrenzen des § 4 Abs. 3 des Fortschreibungsgesetzes sind unzweifelhaft erreicht.

Die Vorbehörden haben mit der Wertfortschreibung eine Artfortschreibung verbunden. Sie haben den Betrieb des Bf., der früher als landwirtschaftlicher Betrieb bewertet worden war, nunmehr als gärtnerisches Vermögen behandelt. Artfortschreibungen können wie Wertfortschreibungen auch zur Berichtigung von Bewertungsfehlern vorgenommen werden, wenn die für Fortschreibungen erforderlichen Wertgrenzen erreicht werden (Urteil des Reichsfinanzhofs III 83/40 vom 18. Dezember 1941, Reichssteuerblatt - RStBl - 1942 S. 300). Das Finanzgericht hat zur Begründung seiner Rechtsauffassung, daß gärtnerisches Vermögen vorliege, auf die besondere Intensität der Bodenbearbeitung in dem Betrieb des Bf. hingewiesen, die in dem Verhältnis der Glas- zu den Freilandflächen, der Größe der Treib- und Kalthäuser, dem Umfang der Obstplantage und dem überwiegenden Anbau von Frischgemüse im Früh- und Spätherbst zum Ausdruck komme. Diese Erwägungen, die auch in dem Gutachten des Sachverständigen eine Stütze finden, lassen keinen Rechtsirrtum über den Begriff des gärtnerischen Vermögens erkennen.

Der Einwand der Rb., daß das Gutachten des amtlichen Sachverständigen keine ausreichende Grundlage für die Feststellung des Finanzgerichts bilde, und daß auch der vom Bf. vor Erlaß der Einspruchsentscheidung benannte Sachverständige hätte gehört werden müssen, greift nicht durch. Das Finanzamt war gewillt, dem vom Bf. benannten Landwirt H., Mitglied des Bewertungsbeirats, über den vom Bf. bezeichneten Punkt zu hören. H. hat jedoch in einem Schreiben an das Finanzamt darauf hingewiesen, daß er 1935 im Bewertungsbeirat und in Bewertungssachen nicht tätig gewesen sei und danach keine Erklärung abgeben könne. Die Akten lassen zwar nicht erkennen, ob dem Bf. dieser Umstand vor Ergehen des Urteils des Finanzgerichts bekannt geworden ist. Der Bf. hatte aber nach Bekanntgabe des Gutachtens des amtlichen Sachverständigen reichlich Gelegenheit, die Vernehmung eines weiteren eventuell von ihm zu benennenden Sachverständigen zu beantragen, falls er irgendwelche Bedenken gegen die Person des vernommenen Sachverständigen gehabt hätte. Dies ist jedoch nicht geschehen, obwohl das Finanzgericht bei übersendung des Gutachtens an den Bevollmächtigten des Bf. ausdrücklich um Stellungnahme gebeten und danach in einem weiteren Schreiben nochmals äußerung mit dem Zusatz anheimgestellt hatte, daß bei nicht fristgemäßem Eingang einer Stellungnahme Verzicht auf eine Gegenäußerung des Bf. angenommen werde. Eine Antwort des Bf. oder seines Bevollmächtigten ist nicht eingegangen. Lediglich in der vor Erstattung des Gutachtens eingereichten Berufungsschrift ist zu der Frage, ob landwirtschaftlicher Betrieb oder gärtnerischer Betrieb vorliege, allgemein auf das Gutachten eines Sachverständigen Bezug genommen. Schließlich verweist der Sachverständige in seinem Gutachten auch noch auf das Schreiben des Landesverbandes des Gemüse-, Obst- und Gartenbaus an den Oberfinanzpräsidenten, in dem sich der Verband von dem Vorgehen der Gemüsebaubetriebe C distanziert und den Erfolg der eingelegten Berufung negativ beurteilt. Unter diesen Umständen kann in der alleinigen Anhörung des amtlichen Sachverständigen kein wesentlicher Verfahrensmangel erblickt werden.

Der Bf. verweist schließlich auf das Urteil des Bundesfinanzhofs III 116/50 S vom 7. Mai 1951 (Bundessteuerblatt - BStBl - 1951 III S. 116), demzufolge die Wertfortschreibung im Streitfalle unzulässig sei. Dies ist unzutreffend. Im Streitfall ist die Wertfortschreibung jedenfalls wegen Bestandsveränderung zulässig, im Urteil III 116/50 S handelte es sich dagegen ausschließlich um Wertfortschreibung zwecks Fehlerberichtigung. Auch sonst weist der diesem Urteil zugrundeliegende Tatbestand Unterschiede gegenüber dem Streitfall auf. In III 116/50 S war vom Präsidenten des Landesfinanzamts ausdrücklich angeordnet worden, daß die für die Einheitsbewertung 1931 erlassenen Richtlinien für die Bewertung gärtnerischer Betriebe für die Einheitsbewertung auf den 1. Januar 1935 zu übernehmen seien. Im Streitfall ist ein Gemüsebaubetrieb, der richtig als gärtnerisches Vermögen zu bewerten gewesen wäre, nach landwirtschaftlichen Grundsätzen bewertet worden. In dem früher entschiedenen Falle handelte es sich um überprüfung und gegebenenfalls Wertfortschreibung sämtlicher gärtnerischer Betriebe im Bereich einer Oberfinanzdirektion, ausgenommen die Bezirke von zwei Finanzämtern, im Streitfall um im Gemüseanbaugebiet eines Finanzamts gelegene Gemüsebaubetriebe. Man kann also nicht sagen, daß es sich im Streitfall um die allgemeine Wertfortschreibung der Einheitswerte sämtlicher oder doch nahezu sämtlicher gärtnerischer Betriebe im Bezirk einer Oberfinanzdirektion handelt. Das Urteil III 116/50 S ist daher auf den Streitfall nicht anwendbar.

Da das angefochtene Urteil auch im übrigen keine Rechtsirrtümer oder sonstige Rechtsbeschwerdegründe aufweist, mußte die Rb. mit der Kostenfolge des § 307 der Reichsabgabenordnung als unbegründet zurückgewiesen werden.

 

Fundstellen

BStBl III 1952, 284

BFHE 1953, 741

BFHE 56, 741

StRK, BewG:48 R 1

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