Entscheidungsstichwort (Thema)

Gehaltsüberweisung auf ein dem Arbeitgeberehegatten gehörendes Konto, dessen Bestand der Sicherung eines gemeinsamen Kredits dient

 

Leitsatz (NV)

Hat der Arbeitgeberehegatte das dem Arbeitnehmerehegatten zustehende Gehalt monatlich auf sein eigenes Bausparkonto überwiesen, so sind die Zahlungen auch dann nicht in den alleinigen Einkommens- und Verfügungsbereich des Arbeitnehmerehegatten übergegangen, wenn das Bausparguthaben der Sicherung eines von beiden Ehegatten aufgenommenen Zwischenfinanzierungskredits diente.

 

Normenkette

EStG § 4 Abs. 4

 

Tatbestand

Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) betrieb in den Streitjahren 1979 und 1980 eine Arztpraxis, in der seine Ehefrau als Ärztin angestellt war. Ihr Gehalt in Höhe von monatlich 390 DM überwies der Kläger vorgeblich auf Weisung seiner Ehefrau auf ein ihm zustehendes Bausparkonto. Nach einer Erhöhung der Bausparsumme auf 195000 DM nahmen der Kläger und seine Ehefrau zum Bau eines Wohngebäudes im Juli 1979 einen Zwischenfinanzierungskredit bei der Kreissparkasse X (im folgenden: KSK) in entsprechender Höhe auf, der nach Eintritt der Zuteilungsreife mittels der Bausparsumme getilgt werden sollte. Als Sicherheit für die Kreditgewährung bestellten die Kläger und seine Ehefrau eine Sicherungsschuld an dem ihnen gemeinsam gehörenden Baugrundstück in Höhe von 125000 DM. Außerdem trat der Kläger zur Sicherheit sämtliche Ansprüche aus dem Bausparvertrag an die KSK ab.

Im Anschluß an eine Außenprüfung erkannte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) die Gehaltszahlungen nicht als Betriebsausgaben an und erhöhte die Einkommensteuer der Streitjahre mit nach § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO 1977) geändertem Bescheid entsprechend.

Den dagegen gerichteten Klagen gab das Finanzgericht (FG) nach erfolglos durchgeführtem Einspruchsverfahren teilweise statt. Es beurteilte die in der Zeit von Juli 1979 bis Februar 1980 vorgenommenen Überweisungen als betrieblichen Lohnaufwand.

Zur Begründung führte es aus, das Gehalt sei zwar auf ein Konto des Klägers überwiesen worden, im Anschluß an die Abtretung hätte er jedoch nicht mehr über die Ansprüche aus dem Bausparvertrag verfügen können. Auch Dritte - mit Ausnahme der KSK - hätten ab diesem Zeitpunkt nicht mehr auf das Bausparkonto zugreifen können. Aus diesem Grunde hätten die an die Bausparkasse geleisteten Zahlungen den Vermögensbereich des Klägers verlassen. Die Zahlungen wären letztlich zur Tilgung des bei der KSK aufgenommenen Kredits verwendet worden, für dessen Rückzahlung auch die Ehefrau als Gesamtschuldnerin hätte einstehen müssen.

Mit den vom Senat zugelassenen Revisionen rügt das FA die Verletzung materiellen Rechts (§ 4 Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes - EStG -).

Der Kläger trägt im wesentlichen vor, das FG habe zu Recht die Gehaltszahlungen als Betriebsausgaben anerkannt. Entscheidend sei, daß das vereinbarte Gehalt den Einkommens- und Vermögensbereich des Arbeitgeber-Ehegatten verlassen habe. Diese Voraussetzung sei im Streitfall erfüllt. Andere Gläubiger des Klägers als die KSK hätten auf das Bausparkonto nicht zugreifen können. Außerdem sei die Entlohnung auch in den Einkommens- und Vermögensbereich der Ehefrau gelangt. Die Bausparsumme habe der Tilgung der Darlehensverbindlichkeit gedient, für die sie als Gesamtschuldnerin einzustehen gehabt hätte.

 

Entscheidungsgründe

Die Revisionsverfahren IV R 61/90 (Einkommensteuer 1979) und IV R 62/90 (Einkommensteuer 1980) werden zur gemeinsamen Entscheidung verbunden (§ 73 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).

Die Revisionen sind begründet. Sie führen zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Abweisung der Klagen als unbegründet (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 FGO). Die umstrittenen Beträge können nicht als Betriebsausgaben abgezogen werden (§ 4 Abs. 4 EStG).

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) werden Arbeitsverhältnisse zwischen Ehegatten steuerrechtlich nur anerkannt, wenn sie eindeutig und ernstlich vereinbart sind und entsprechend der Vereinbarung durchgeführt werden. Die tatsächliche Durchführung des Arbeitsverhältnisses erfordert, daß der Arbeitnehmer-Ehegatte über die Entlohnung frei und ohne Beschränkung durch den Arbeitgeber-Ehegatten verfügen kann. Die vereinbarte Entlohnung muß in den vom Arbeitgeber-Ehegatten klar und eindeutig getrennten Einkommens- und Vermögensbereich des Arbeitnehmer-Ehegatten gelangen, d.h. der Geldbetrag muß bei Überweisung des Arbeitslohns von einem betrieblichen Konto des Arbeitgeber-Ehegatten auf ein Konto des Arbeitnehmer-Ehegatten übergehen. Dieser Übergang ist ein wesentliches Merkmal für den tatsächlichen Vollzug des Arbeitsverhältnisses, weil nach der Lebenserfahrung davon auszugehen ist, daß ein fremder Arbeitnehmer auf einen solchen Übergang des Entgelts in seinen vom Arbeitgeber unabhängigen Einkommens- und Vermögensbereich nicht verzichten wird (BFH-Beschluß vom 27. November 1989 GrS 1/88, BFHE 158, 563, BStBl II 1990, 160 m.w.N.). An dem eindeutigen Übergang vom Arbeitgeberbereich in den alleinigen Arbeitnehmerbereich mangelt es im Sinne dieser Rechtsprechung, wenn Arbeitslohn auf ein gemeinschaftliches Konto der Eheleute überwiesen wird, über das jeder der Kontoinhaber ohne Mitwirkung des anderen verfügen kann (sog. Oder-Konto, BFH in BFHE 158, 563, BStBl II 1990, 160), oder wenn der Arbeitslohn auf ein Konto des Arbeitgeber-Ehegatten überwiesen wird, an dem der Arbeitnehmer-Ehegatte nur ein Mitverfügungsrecht hat (BFH-Urteil vom 15. Januar 1980 VIII R 154/78, BFHE 130, 149, BStBl II 1980, 350; vom 8. August 1990 X R 167/87, BFHE 162, 247, BStBl II 1991, 16).

Im Streitfall hat der Kläger das seiner Ehefrau monatlich zustehende Gehalt auf sein Bausparkonto überwiesen. Durch diesen Vorgang ist das Geld lediglich aus dem betrieblichen Bereich des Klägers in dessen privaten Bereich überführt worden. Für die erforderliche Trennung der Einkommens- und Vermögensbereiche der Ehegatten fehlt es an dem Übergang der durch Überweisung geleisteten Zahlungen in den alleinigen Einkommens- und Vermögensbereich seiner Ehefrau.

Entgegen der Annahme des FG ist eine andere Beurteilung nicht deshalb gerechtfertigt, weil der Kläger sämtliche Ansprüche aus dem Bausparvertrag zur Sicherheit des von dem Kläger und seiner Ehefrau gemeinsam aufgenommenen Zwischenfinanzierungskredits an die KSK abgetreten hat. Das Guthaben ist ihm weiterhin zuzurechnen. Die Sicherungsabtretung ist keine Abtretung an Erfüllungs Statt (§ 364 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches - BGB -, Roth in Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch - MünchKomm -, Band 2, 2. Aufl., § 398 Rz. 75). Sie soll dem Abtretungsempfänger (Zessionar) nur zur Sicherung der eigenen Ansprüche bis zur Tilgung durch den Abtretenden (Zedenten) dienen. Wenn also der Sicherungsfall (z.B. Insolvenz des Zedenten, Pfändung durch einen anderen Gläubiger, Nichtzahlung trotz Fälligkeit usw.) nicht eintritt und der Schuldner die besicherten Ansprüche vereinbarungsgemäß erfüllt oder der Sicherungszweck aus anderen Gründen entfällt, so muß der Zessionar die Forderung rückübertragen bzw. fällt die Forderung automatisch an den Zedenten zurück (vgl. hierzu im einzelnen H.P. Westermann in Erman, BGB Handkommentar, 8. Aufl., § 398 Rz. 34; Roth in MünchKomm, § 398 Rz. 81). Aus diesem Grunde ist es regelmäßig gerechtfertigt, den Zedenten auch nach der Sicherungsabtretung wirtschaftlich weiterhin als Forderungsinhaber anzusehen (vgl. H.P. Westermann, a.a.O., § 398 Rz. 33). Selbst wenn aber das Bausparguthaben der KSK vor allem deswegen zuzurechnen wäre, weil der Zwischenkredit bei Fälligkeit der Ansprüche aus dem Bausparvertrag auch aus dem Guthaben abgelöst werden sollte, würde sich am Ergebnis nichts ändern. Die Ansprüche aus dem Bausparvertrag wären auch dann nicht in den (alleinigen) Einkommens- und Vermögensbereich der Ehefrau des Klägers gelangt. Ihr standen zu keinem Zeitpunkt Rechte in bezug auf die zur Sicherheit abgetretenen Ansprüche zu, so daß sie das Guthaben nicht für eigene Zwecke nutzen konnte. Mit der Abtretung des Guthabens erfüllt der Kläger eine eigene Verpflichtung aus dem beiden Eheleuten als Gesamtschuldnern gewährten Darlehen. Ob anders zu entscheiden wäre, wenn der Kläger das Guthaben zur Sicherung eines allein seiner Ehefrau gewährten Kredits abgetreten hätte, kann offenbleiben. Ob die Ehefrau im Innenverhältnis der Ehegatten Ansprüche hinsichtlich des Guthabens erheben konnte, ist unerheblich; hierauf kommt es nicht an (vgl. BFH-Urteil vom 7. Februar 1990 X R 14/86, BFHE 159, 478, BStBl II 1990, 429).

Nicht ausschlaggebend ist schließlich, daß mit den Gehaltsbeträgen tatsächlich der Zwischenfinanzierungskredit getilgt wurde, für den auch die Ehefrau des Klägers als Gesamtschuldnerin von der KSK hätte in Anspruch genommen werden können. Denn nach der Rechtsprechung des BFH kommt es auf die Verwendung der Beträge nicht an, weil damit noch nicht feststeht, aus welchem Einkommens- und Vermögensbereich die Mittel stammen (BFH in BFHE 130, 149, BStBl II 1980, 350; in BFHE 162, 247, BStBl II 1991, 16, 17).

 

Fundstellen

Haufe-Index 419100

BFH/NV 1994, 457

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