Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Anerkennung von Ehegatten-Arbeitsverhältnissen bei Gehaltsüberweisungen auf ein gemeinsames Oder-Konto

 

Leitsatz (amtlich)

Wird das Gehalt eines Arbeitnehmer-Ehegatten auf ein gemeinsames Konto der Eheleute (sog. Oder-Konto) überwiesen, so ist das Arbeitsverhältnis steuerlich nicht durchgeführt. (BFH-Beschluß vom 27.November 1989 GrS 1/88, BFHE 158, 563, BStBl II 1990, 160). Dies gilt unabhängig davon, weshalb es ursprünglich zu dieser Art der Überweisung gekommen ist und warum diese später beibehalten wurde.

 

Normenkette

EStG § 4 Abs. 4

 

Tatbestand

Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) wurden als Eheleute zusammen

zur Einkommensteuer 1973 veranlagt.

Die Ehefrau (Klägerin) arbeitet seit 1962 ganztägig im Büro einer Klempnerei

und Installation. Inhaber dieses Betriebs war ursprünglich der Vater, nach

dessen Tod die Mutter der Klägerin.

Die Kläger sind seit 1964 verheiratet. Seit der Eheschließung unterhalten sie

ein gemeinsames Bankkonto, über das jeder der beiden Ehegatten allein verfügen

kann (sog. Oder-Konto). Auf dieses Konto wurde sowohl das Gehalt des

Ehemannes (Kläger), der zunächst als Kaufmann tätig war, als auch das der

Klägerin überwiesen.

Nachdem der Kläger seinen Kaufmannsberuf aufgegeben hatte, übernahm er am

1.Juli 1973 den Klempner- und Installationsbetrieb der Mutter der Klägerin.

Er ist alleiniger Inhaber. Die Arbeitsverhältnisse mit den bisherigen

Arbeitnehmern wurden unverändert fortgesetzt. Am 10.Juli 1973 schlossen der

Kläger als Arbeitgeber und die Klägerin als Arbeitnehmerin mit Wirkung vom

1.Juli 1973 einen schriftlichen Arbeitsvertrag. Für die Klägerin wurde auch

weiterhin ein Lohnkonto geführt, Lohnsteuer und Sozialversicherung einbehalten

und das Gehalt wie bisher auf das Oder-Konto der Eheleute überwiesen.

Im Einkommensteuerbescheid 1973 setzte der Beklagte und Revisionskläger (das

Finanzamt --FA--) die Einkommensteuer 1973 für die Kläger zunächst

erklärungsgemäß fest. Im November 1978 führte das FA im Betrieb des Klägers

eine Betriebsprüfung für die Jahre 1975 bis 1977 durch. Der Prüfer kam zu dem

Ergebnis, daß nach dem internen Betriebsvergleich das der Ehefrau gezahlte

Gehalt angemessen sei, das Arbeitsverhältnis aber wegen der Überweisung des

Gehalts der Klägerin auf ein sog. Oder-Konto der Kläger gleichwohl nicht

anerkannt werden könne.

Das FA schloß sich dieser Auffassung an und erließ einen Änderungsbescheid.

Der Einspruch der Kläger blieb --soweit die Abziehbarkeit der auf das

Oder-Konto überwiesenen Gehaltsbezüge der Klägerin strittig war-- ohne

Erfolg.

Das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt.

Mit seiner vom FG zugelassenen Revision rügt das FA, § 4 Abs.4 des

Einkommensteuergesetzes (EStG) sei verletzt.

Das FA beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Kläger beantragen, die Revision des FA zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur

Abweisung der Klage gegen die Einspruchsentscheidung vom 19.Mai 1982. Das FG

hat zu Unrecht die Gehaltsbezüge der Klägerin als abziehbar (§ 4 Abs.4 EStG)

beurteilt.

Der Große Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) hat sich im Beschluß vom

27.November 1989 GrS 1/88 (BFHE 158, 563, BStBl II 1990, 160) ausführlich mit

der Frage befaßt, ob Gehaltsbezüge des Arbeitnehmer-Ehegatten dann als

Betriebsausgaben abziehbar sind, wenn das Gehalt auf ein sog. Oder-Konto

überwiesen wird. Der Große Senat hat diese Frage verneint. Nach seiner

Entscheidung erfordert die tatsächliche Durchführung des

Ehegatten-Dienstverhältnisses, daß der Arbeitnehmer-Ehegatte über die

Entlohnung frei und vom Arbeitgeber-Ehegatten uneingeschränkt verfügen

kann. Die vereinbarte Entlohnung muß deshalb ersichtlich in den Einkommens-

und Vermögensbereich des Arbeitnehmer-Ehegatten gelangen, der vom Einkommens-

und Vermögensbereich des Arbeitgeber-Ehegatten klar und eindeutig getrennt

ist. Nur wenn der Geldbetrag von einem betrieblichen Konto des

Arbeitgeber-Ehegatten auf ein Konto des anderen Ehegatten übergeht, ist eine

betrieblich veranlaßte Aufwendung (Betriebsausgabe) anzunehmen. Dieser

Übergang ist deshalb ein wesentliches Merkmal für den tatsächlichen Vollzug

des Arbeitsverhältnisses, weil nach der Lebenserfahrung davon auszugehen ist,

daß ein fremder Arbeitnehmer auf einen Übergang des Entgelts in seinen vom

Arbeitgeber unabhängigen Einkommens- und Vermögensbereich nicht verzichten

würde. Die Überweisung des Gehalts des Arbeitnehmer-Ehegatten auf ein

Oder-Konto der Ehegatten erfüllt diese Voraussetzungen nicht.

Welche Absprachen die Ehegatten intern hinsichtlich der Verfügung über das

Oder-Konto getroffen und wie sie hiervon Gebrauch gemacht haben, ist für die

steuerrechtliche Wertung ohne Bedeutung. Auf das Innenverhältnis der

Ehegatten hinsichtlich des Guthabens auf dem Oder-Konto kommt es nicht an.

Ebensowenig kann es von Bedeutung sein, wie es ursprünglich zur Überweisung

der Bezüge des Arbeitnehmer-Ehegatten auf ein Oder-Konto gekommen und warum

diese Art der Überweisung später beibehalten worden ist. In dem Zeitpunkt, in

dem im Streitfall der Kläger den Klempnereibetrieb übernommen hatte und damit

zum Arbeitgeber seiner Ehefrau geworden war, wäre eine Änderung der bisherigen

Verhältnisse (Trennung der Konten) geboten gewesen.

Das FG ist von einer abweichenden Rechtsauffassung ausgegangen. Die Sache ist

spruchreif. Auf die Revision des FA war das Urteil des FG aufzuheben und die

Klage abzuweisen (§ 126 Abs.3 Nr.1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

 

Fundstellen

Haufe-Index 63098

BFH/NV 1990, 36

BStBl II 1990, 429

BFHE 159, 478

BFHE 1990, 478

BB 1990, 833

BB 1990, 833-834 (LT)

DB 1990, 914 (LT)

DStR 1990, 276 (K)

HFR 1990, 357 (LT)

StE 1990, 154 (K)

WPg 1990, 377 (S)

StRK, R.180 (LT)

FR 1990, 282 (KT)

Information StW 1990, 305 (T)

FamRZ 1990, 878 (L)

BR/Meuer, 07-02-90, X R 14/86 (ST1)

Quelle 1990, Nr 10, 30 (T)

USK, 9025 (LT1)

StBp 1990, 121 (K)

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