Entscheidungsstichwort (Thema)

Zuordnung der Darlehensverbindlichkeit der an einer KG beteiligten GmbH

 

Leitsatz (NV)

Die von einer GmbH zur Finanzierung einer Kommanditeinlage aufgenommene Darlehensverbindlichkeit ist an den Bewertungsstichtagen vor dem 1. Januar 1989 gemäß § 97 Abs. 1 Nr. 1 BewG i. d. F. vor dem StReformG 1990 bei der Feststellung des Einheitswerts der GmbH und nicht bei der Feststellung des Einheitswerts des gewerblichen Betriebs der KG als Betriebsschuld anzusetzen.

 

Normenkette

BewG i.d.F. vor dem StReformG 1990 § 97 Abs. 1 Nr. 1; BewG i.d.F. vor dem StReformG 1990 § 97 Abs. 1 Nr. 5; BewG i.d.F. vor dem StReformG 1990 § 103 Abs. 1

 

Verfahrensgang

FG Nürnberg

 

Tatbestand

An der Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), einer KG, waren am Bewertungsstichtag 1. Januar 1983 die A als persönlich haftende Gesellschafterin (Komplementärin) und die B-GmbH (GmbH) als Kommanditistin beteiligt. Die GmbH hatte zur Finanzierung des Erwerbs des Anteils an der KG ein Darlehen von ... DM aufgenommen. Dieses am 1. Januar 1983 noch nicht getilgte Darlehen wurde sowohl in der Steuerbilanz als auch in der Vermögensaufstellung der KG als Sonderbetriebsvermögen II der Kommanditistin ausgewiesen.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt -- FA --) hatte zunächst den Einheitswert des Betriebsvermögens der Klägerin auf den 1. Januar 1983 nach Maßgabe ihrer Vermögensaufstellung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO 1977) festgestellt. Nach einer Betriebsprüfung ließ das FA in dem nach § 164 Abs. 2 AO 1977 geänderten Hauptfeststellungsbescheid die Darlehensverbindlichkeit der Kommanditistin jedoch nicht mehr zum Abzug zu, da Wirtschaftsgüter von Kapitalgesellschaften, die dem Betrieb einer Personengesellschaft dienen, stets Betriebsvermögen der Kapitalgesellschaft seien und nicht in die Einheitsbewertung des Betriebsvermögens der Personengesellschaft einbezogen werden könnten. Das FA stellte dementsprechend unter Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung mit Änderungsbescheid vom 10. Mai 1990 den Einheitswert des Betriebsvermögens der Klägerin auf den 1. Januar 1983 in Höhe von ... DM fest.

Mit der nach erfolglosem Einspruch erhobenen Klage beantragte die Klägerin, den Einheitswert des Betriebsvermögens auf den 1. Januar 1983 um die Darlehensverbindlichkeit in Höhe von ... DM auf ... DM herabzusetzen. Das Finanzgericht (FG), das weder die Komplementärin der Klägerin noch die Kommanditistin zum Verfahren beigeladen hatte, wies die Klage mit Urteil vom 5. November 1992 als unbegründet ab.

Auf die Revision der Klägerin hat der erkennende Senat dieses Urteil der Vorinstanz mit seinem Urteil vom 10. November 1993 II R 2/93 (BFH/NV 1994, 223) aufgehoben und die Sache an das FG zurückverwiesen, weil die notwendige Beiladung der Komplementärin und der von der Zuordnung der geltend gemachten Darlehensverbindlichkeiten betroffenen GmbH unterblieben war.

Im zweiten Rechtsgang, in dem das FG sowohl die Komplementärin als auch die GmbH als Kommanditistin zum Klageverfahren beigeladen hat, verfolgte die Klägerin ihr Klagebegehren unverändert weiter. Das FG hat die Klage mit dem angefochtenen Urteil vom 20. Juni 1994 wiederum als unbegründet abgewiesen.

Zur Begründung stellt das FG im wesent lichen darauf ab, daß die Darlehensverbindlichkeit der GmbH in Höhe von ... DM, die der Finanzierung der Kommanditeinlage gedient habe, unabhängig davon, ob es sich dabei ertragsteuerrechtlich um Sonderbetriebsvermögen II handele, bei der Einheitswertfeststellung des Betriebsvermögens der GmbH, nicht aber bei der Einheitswertfeststellung des Betriebsvermögens der KG als Betriebsschuld abzugsfähig sei. Der Zuordnung der Darlehensverbindlichkeit zum Betriebsvermögen der GmbH stehe nicht der Umstand entgegen, daß die GmbH als Kommanditistin an der Klägerin beteiligt sei, deren Wirtschaftsgüter nach § 97 Abs. 1 Nr. 5 des Bewertungsgesetzes (BewG) in der am 1. Januar 1983 geltenden Fassung ebenfalls einen gewerblichen Betrieb bildeten. Denn diese Vorschrift zwinge nicht dazu, Wirtschaftsgüter, die einem als Mitunternehmer anzusehenden Gesellschafter gehören und die dem Betrieb der Personengesellschaft dienen, ausnahmslos zum Betriebsvermögen der Gesellschaft zu rechnen. Das sei jedenfalls dann nicht zulässig, wenn die Wirtschaftsgüter bereits zwingend nach § 97 Abs. 1 Nr. 1 BewG zum Betriebsvermögen einer Kapitalgesellschaft gehören.

Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihr Klageziel weiter. Sie rügt die Verletzung materiellen Rechts und beantragt, unter Aufhebung der Vorentscheidung den Einheitswert des Betriebsvermögens auf den 1. Januar 1983 um ... DM auf ... DM herabzusetzen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --).

1. Zutreffend hat das FG entschieden, daß die Darlehensverbindlichkeit der GmbH, die der Finanzierung der Kommanditein lage bei der Klägerin gedient hat, bei der Feststellung des Einheitswerts des Betriebsvermögens der GmbH, nicht aber bei der Feststellung des Einheitswerts des gewerblichen Betriebs der Klägerin als Betriebsschuld nach § 103 Abs. 1 BewG anzusetzen ist. Dies folgt aus § 97 Abs. 1 Nr. 1 BewG in der am Stichtag 1. Januar 1983 geltenden Fassung, wonach insbesondere alle Wirtschaftsgüter, die einer GmbH gehören, einen gewerblichen Betrieb bilden. Kraft ihrer Rechtsform werden die (inländische) GmbH -- unabhängig von der Art ihrer Tätigkeit -- als Gewerbetreibende und ihr gesamtes Vermögen einschließlich ihrer Verbindlichkeiten als Betriebsvermögen behandelt. Dabei handelt es sich um eine nicht widerlegbare gesetzliche Fiktion, die dazu zwingt, ausnahmslos alle Wirtschaftsgüter, die im Eigentum der GmbH stehen oder ihr steuerlich zuzurechnen sind, als das Betriebsvermögen eines einzigen Gewerbebetriebs zu behandeln.

2. An der Zuordnung der Darlehensverbindlichkeit zum Betriebsvermögen der GmbH ändert auch nichts der Umstand, daß die GmbH als Kommanditistin an der Klägerin beteiligt ist, deren Wirtschaftsgüter nach § 97 Abs. 1 Nr. 5 BewG ebenfalls einen gewerblichen Betrieb bilden. Denn diese Vorschrift zwingt nicht dazu, Wirtschaftsgüter, die einem als Mitunternehmer anzusehenden Gesellschafter gehören und die dem Betrieb der Personengesellschaft dienen, ausnahmslos zum Betriebsvermögen der Personengesellschaft zu rechnen. Das ist jedenfalls dann weder geboten noch zulässig, wenn die Wirtschaftsgüter bereits zwingend nach § 97 Abs. 1 Nr. 1 BewG zum Betriebsvermögen der GmbH gehören. Da eine doppelte Erfassung von Wirtschafts gütern sowohl im Betriebsvermögen einer Kapitalgesellschaft i. S. des § 97 Abs. 1 Nr. 1 BewG als auch im Betriebsvermögen einer Personengesellschaft i. S. des § 97 Abs. 1 Nr. 5 BewG offenkundig nicht in Betracht kommt, folgt aus der Vorschrift des § 97 Abs. 1 Nr. 1 BewG der Vorrang der Erfassung der der Kapitalgesellschaft zuzurechnenden Wirtschaftsgüter bei deren Betriebsvermögen.

3. Von dieser Rechtslage ist das FG zutreffend ausgegangen. Diese Auffassung steht auch nicht im Widerspruch zur bisherigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH).

a) Zwar sind nach dem BFH-Urteil vom 7. Dezember 1984 III R 35/79 (BFHE 143, 87, BStBl II 1985, 236) in die wirtschaftliche Einheit des gewerblichen Betriebs einer Mitunternehmerschaft nicht nur die der Gesamthand gehörenden Wirtschaftsgüter, sondern auch die Wirtschaftsgüter einzubeziehen, die im Eigentum eines, mehrerer oder aller Gesellschafter stehen, da sich § 95 Abs. 1 und § 97 Abs. 1 Nr. 5 BewG gegenseitig ergänzen; dies gilt für die bewertungsrechtliche Behandlung sowohl des sog. Sonderbetriebsvermögens I, d. h. der Wirtschaftsgüter, die im Eigentum einzelner Gesellschafter stehen und der Gesellschaft zur Nutzung überlassen werden, als auch des Sonderbetriebsvermögens II, d. h. der Wirtschaftsgüter, die nicht der Gesellschaft selbst, sondern der Mitunternehmerstellung des Gesellschafters dienen. Doch gelten diese Grundsätze nicht ausnahmslos. In dem der Entscheidung in BFHE 143, 87, BStBl II 1985, 236 zugrunde liegenden Fall ging es um die bewertungsrechtliche Zuordnung der von Eheleuten an einer Kapitalgesellschaft gehaltenen Anteile zum Betriebsvermögen einer KG, an der die Eheleute als Kommanditisten beteiligt waren. Nach Auffassung des BFH findet die bewertungsrechtliche Behandlung dieser Anteile als Sonderbetriebsvermögen II ihre Stütze in § 110 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 BewG, wonach Anteile an Personengesellschaften, bei denen die Gesellschafter als Mitunternehmer anzusehen sind, nicht sonstiges Vermögen, sondern Betriebsvermögen der Gesellschafter sind. Aus dieser Regelung folge zwangsläufig, daß auch Wirtschaftsgüter (ebenso Schulden), die mit dem Anteil des Gesellschafters an der Mitunternehmerschaft in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, ebenfalls zu seinem Betriebsvermögen gehören und damit "grundsätzlich" in die wirtschaftliche Einheit des gewerblichen Betriebs der Mitunternehmerschaft einzubeziehen sind. Im Streitfall geht es dem gegenüber um die Zuordnung des von einer GmbH zum Erwerb der Beteiligung an der Personengesellschaft aufgenommenen Darlehens. Die nur bei natürlichen Personen denkbare Frage der Zuordnung zum sonstigen Vermögen sowie der Abgrenzung, zu welchem -- von mehreren -- Gewerbebetrieb die Darlehensverbindlichkeit gehört, stellt sich hier nicht. Denn eine Kapitalgesellschaft hat -- wie oben unter Nr. 1 dargelegt wurde -- kraft Gesetzes nur einen einzigen Gewerbebetrieb, in dem alle Wirtschaftsgüter, die der Kapitalgesellschaft zuzurechnen sind, zusammengefaßt werden. Im Betriebsvermögen der Kapitalgesellschaft ist daher auch die ihr zuzurechnende Darlehensverbindlichkeit -- zu welchem Zweck auch immer das Darlehen aufgenommen wurde -- zu erfassen, soweit dies nicht ausdrücklich durch eine bewertungsrechtliche Sonderbestimmung ausgeschlossen wird.

b) Auch aus den Senatsurteilen vom 27. November 1991 II R 123/87 (BFHE 166, 380, BStBl II 1992, 277) und vom 17. Februar 1993 II R 25/90 (BFHE 171, 311, BStBl II 1993, 584) kann entgegen der Auffassung der Klägerin nicht gefolgert werden, daß das einer Kapitalgesellschaft zuzurechnende Wirtschaftsgut entgegen § 97 Abs. 1 Nr. 1 BewG nicht bei dieser, sondern bei der Personengesellschaft zu erfassen sei, an der die Kapitalgesellschaft beteiligt ist. Denn die genannten Entscheidungen befassen sich mit der Frage, ab wann der Einheitswert des Betriebsvermögens einer Personengesellschaft festzustellen ist und welchen Umfang das Betriebsvermögen hat, nehmen aber nicht zu der hier entscheidungserheblichen Streitfrage Stellung, ob und unter welchen Voraussetzungen die Wirtschaftsgüter einer Kapitalgesellschaft, die zugleich Gesellschafterin einer Personengesellschaft ist, bei der Kapitalgesellschaft oder bei der Personengesellschaft dem Betriebsvermögen zuzurechnen sind.

Ebensowenig folgt aus den BFH-Urteilen vom 25. März 1992 I R 51/90 (BFHE 168, 361, BStBl II 1992, 919) und vom 30. März 1993 VIII R 8/91 (BFHE 172, 19, BStBl II 1993, 864) ein anderes Ergebnis. In dem BFH-Urteil in BFHE 168, 361, BStBl II 1992, 919 ging es um die ertragsteuerlichen Folgen der einer Komplementär-GmbH zuzurechnenden Rentenverpflichtung, die in einer Sonderbilanz der GmbH & Co. KG erfaßt worden war, nicht jedoch darum, ob ein entsprechender Schuldabzug bei der Einheitsbewertung des Betriebsvermögens der KG zu Recht erfolgte. In dem Urteil in BFHE 172, 19, BStBl II 1993, 864 war die Frage zu entscheiden, ob das von einer AG panamaischen Rechts -- als Kommanditistin einer GmbH & Co. KG -- der Komplementär-GmbH gewährte Darlehen zum Sonderbetriebsvermögen I oder zum Sonderbetriebsvermögen II gehört. Da der BFH schon ertragsteuerrechtlich die Voraussetzungen sowohl für das Vorliegen von Sonderbetriebsvermögen I als auch von Sonderbetriebsvermögen II verneinte, brauchte er die bewertungsrechtliche Frage, ob bejahendenfalls die Darlehensforderung bei der Einheitsbewertung des Betriebsvermögens der AG oder im Betriebsvermögen der KG zu erfassen ist, nicht mehr zu entscheiden.

4. Dieses Ergebnis steht im Einklang mit der Entstehungsgeschichte zur Neufassung des § 97 Abs. 1 Nr. 5 BewG durch das Steuerentlastungsgesetz (StEntlG) 1984. Danach gehören zum gewerblichen Betrieb (einer gewerblich geprägten) Personengesellschaft auch die Wirtschaftsgüter, die im Eigentum eines, mehrerer oder aller beteiligten Gesellschafter stehen und dem Betrieb der Gesellschaft dienen, soweit sie nicht Körperschaften, Personenvereinigungen oder Vermögensmassen im Sinne der Nrn. 1 bis 4 gehören. Zwar gilt diese Regelung des § 97 Abs. 1 Nr. 5 Satz 2 BewG erst ab dem 1. Januar 1984 (s. § 124 Abs. 1 BewG i. d. F. des StEntlG 1984); doch ergibt sich aus der Entstehungsgeschichte dieser Ergänzung des § 97 Abs. 1 Nr. 5 BewG, daß mit der Neufassung keine Änderung der auf der bisherigen Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs und des BFH beruhenden bewertungsrechtlichen Behandlung von Sonderbetriebsvermögen verbunden sein sollte. Soweit Wirtschaftsgüter Gesellschaftern in der Rechtsform von Körperschaften, Personenvereinigungen oder Vermögensmassen i. S. des § 97 Abs. 1 Nrn. 1 bis 4 BewG gehören, sollen sie vielmehr "weiterhin bei diesen Gesellschaftern als Betriebsvermögen erfaßt werden" (BTDrucks 10/716 S. 11). Eine Änderung des § 97 im Sinne der von der Klägerin begehrten Auslegung dieser Bestimmung ist erst durch das Steuerreformgesetz (StRG) 1990 vom 25. Juli 1988 (BGBl I 1093, BStBl I 1988, 224) herbeigeführt worden. Danach geht ab dem 1. Januar 1989 die Zurechnung eines Wirtschaftsguts zum Sonderbetriebsvermögen einer Personengesellschaft der Zurechnung zum Betriebsvermögen des Gesellschafters auch dann vor, wenn es sich bei dem Gesellschafter um eine Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse i. S. des § 97 Abs. 1 Nrn. 1 bis 4 BewG handelt. Ab dem Bewertungsstichtag 1. Januar 1989 (s. § 124 Satz 3 BewG i. d. F. des StRG 1990) werden damit Kapitalgesellschaften hinsichtlich der Behandlung des Sonderbetriebsvermögens den natürlichen Personen und den Personengesellschaften gleichgestellt (vgl. BTDrucks 11/2157 S. 187). Eine Rückbeziehung dieser Regelung auf den im Streitfall maßgeblichen Bewertungsstichtag 1. Januar 1983 scheidet damit aus.

Wie der VIII. Senat auf Anfrage des erkennenden Senats erklärt hat, hält er an seiner im Urteil vom 13. Juli 1993 VIII R 52/92 (BFH/NV 1994, 610) für die Bewertungsstichtage vor dem 1. Januar 1989 vertretenen Rechtsauffassung nicht mehr fest.

 

Fundstellen

BFH/NV 1997, 12

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