Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur Abziehbarkeit von Aufwandspenden

 

Leitsatz (NV)

Als Spende können Aufwendungen nur berücksichtigt werden, wenn sie dem begünstigten Empfänger in mindestens derselben Höhe angefallen wären.

 

Normenkette

EStG 1986 § 10b Abs. 1

 

Tatbestand

Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt.

Die Klägerin betreut seit 1966 ehrenamtlich die Städtische Bücherei. In ihrer gemeinsamen Einkommensteuererklärung für 1986 machten die Kläger mit dieser Tätigkeit zusammenhängende Aufwendungen der Klägerin in Höhe von 4686 DM als Spenden geltend. Der Betrag setzt sich wie folgt zusammen:

Anteilige Miete

für Arbeitszimmer 2568 DM

Heizkosten 280 DM

Stromkosten 186 DM

Büromaterial 50 DM

Telefon 20 DM

Fahrt- und Transportkosten 882 DM

Einrichtung Arbeitszimmer 700 DM

Zum Nachweis dieser Aufwendungen legten die Kläger eine Bescheinigung der Stadt vor, in der der Bürgermeister die ehrenamtliche Leitung der Bibliothek durch die Klägerin bestätigte, sowie daß die vorgelegte Auflistung der im Zusammenhang mit dieser Tätigkeit angefallenen Aufwendungen anhand des Jahresberichts überprüft worden sei. Die Angaben seien zutreffend.

Das im Zeitpunkt der Veranlagung für die Kläger zuständige Finanzamt (FA) ließ im Einkommensteuerbescheid 1986 die geltend gemachten Aufwendungen nicht zum Abzug zu. Der Einspruch der Kläger hatte in diesem Punkt keinen Erfolg.

Im Laufe des Klageverfahrens hat die Stadt den Jahresbericht 1985/1986 für die Bibliothek vorgelegt, aus dem sich für 1986 u.a. ergibt, daß die Bibliothek an 101 Tagen geöffnet war und 5 Mitarbeiter bei der Bibliothek beschäftigt waren. Die Klägerin hat auf Aufforderung des Finanzgerichts (FG) die geltend gemachten Fahrtkosten näher nach Anlaß und Fahrtstrecke aufgegliedert.

Die Klage hatte zum Teil Erfolg. Das FG war - ausgehend von den Grundsätzen des Urteils des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 24. September 1985 IX R 8/81 (BFHE 144, 439, BStBl II 1986, 726) - der Auffassung, als Spenden abziehbar seien nur die im Zusammenhang mit der (nach § 10b Abs. 1 Satz 4 des Einkommensteuergesetzes - EStG - vom Spendenabzug ausgeschlossenen) Nutzung des Arbeitszimmers angefallenen anteiligen Strom- und Heizungskosten und die Kosten für Telefon und Büromaterial, die es der Höhe nach für glaubhaft hielt. Die geltend gemachten Fahrtkosten ließ es lediglich mit einem Teilbetrag von 436 DM zum Abzug zu. Die zurückgelegten Fahrtstrecken hielt es aufgrund des von der Stadt vorgelegten Jahresberichts der Bibliothek für 1985/1986 und der während des Klageverfahrens von der Klägerin eingereichten Aufgliederung der Fahrten nach Anlaß und jeweiliger Fahrtstrecke für glaubhaft. Abziehbar seien jedoch nur die durch die Nutzung des Fahrzeugs veranlaßten Aufwendungen, die es mit 0,20 DM je gefahrenem Kilometer schätzte. Im übrigen wies es die Klage ab.

Mit der Revision rügt das FA Verletzung von § 10b Abs. 1 Satz 4 EStG. Diese Vorschrift verbiete den Abzug von Nutzungen und Leistungen als Spenden. Für Aufwendungen im Zusammenhang mit der Nutzung könne nichts anderes gelten. Diese dürften nur dann berücksichtigt werden, wenn dem Steuerpflichtigen ein Erstattungsanspruch gegen den begünstigten Empfänger zustehe, auf dessen Geltendmachung er nachträglich verzichtet habe. Des weiteren entspreche die von den Klägern vorgelegte Bescheinigung der Stadt nicht den Anforderungen des § 48 Abs. 3 der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EStDV).

Während des Revisionsverfahrens ist aufgrund der Verordnung über die Zuständigkeit der hessischen Finanzämter vom 12. August 1991 (Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Hessen - GVBl HE -, Teil I S. 274) die Zuständigkeit des FA auf das FA ... übergegangen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).

1. Beklagter und Revisionskläger ist mit dem Wechsel der sachlichen Zuständigkeit (Verordnung über die Zuständigkeit der hessischen Finanzämter vom 12. August 1991, GVBl HE, Teil I S. 274) das nunmehr zuständige FA ... geworden (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 1. August 1979 VII R 115/76, BFHE 128, 251, BStBl II 1979, 714).

2. Das FG ist bei seiner Entscheidung zwar zutreffend davon ausgegangen, daß Aufwendungen, die zur Durchführung persönlicher Leistungen des Spenders oder aufgrund der Nutzung eines Wirtschaftsguts für den begünstigten Zweck erforderlich sind, auch ohne Verzicht auf einen entstandenen Erstattungsanspruch gegen den begünstigten Empfänger nach § 10b Abs. 1 EStG als Spenden abziehbar sind. Der Senat verweist zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Gründe seines Urteils vom 29. November 1989 X R 154/88 (BFHE 159, 327, BStBl II 1990, 570). Nutzt der Steuerpflichtige einen Gegenstand selbst zur Durchführung eines ausschließlich zur Erfüllung des begünstigten Zwecks erforderlichen Auftrags des jeweiligen Empfängers, so können nur solche Aufwendungen Gegenstand einer Sachspende sein, die angefallen wären, wenn dem Empfänger selbst der Gegenstand der Nutzung überlassen worden wäre. Nicht berücksichtigt werden dürfen die durch die bloße Nutzung verursachten Vermögensminderungen (Verschleiß) und die Aufwendungen, die die bestimmungsgemäße Nutzung des Gegenstandes betreffen (BFHE 159, 327, 330, BStBl II 1990, 570). Die Aufwendungen müssen weiter eindeutig abgrenzbar für die konkrete - ausschließliche - Nutzung eines Wirtschaftsguts im Auftrag des Empfängers und zur Durchführung des Auftrags entstanden sein.

3. Zu Unrecht hat das FG die geltend gemachten Aufwendungen zum Abzug zugelassen, ohne daß eine ordnungsgemäße Spendenbescheinigung vorgelegen hat.

a) Nach § 48 Abs. 3 Nr. 1 EStDV sind Zuwendungen an eine juristische Person des öffentlichen Rechts oder eine öffentliche Dienststelle lediglich dann abziehbar, wenn diese bestätigt, daß sie den zugewendeten Betrag nur für einen begünstigten Zweck verwendet. Diese Bestätigung (Spendenbescheinigung) ist nach ständiger Rechtsprechung des BFH eine unverzichtbare sachliche Voraussetzung des Spendenabzugs (z.B. BFHE 159, 327, BStBl II 1990, 570). Mit der Spendenbescheinigung soll zum einen nachgewiesen werden, daß der Empfänger zu dem in § 48 Abs. 3 EStDV genannten Personenkreis gehört. Zum anderen soll sie belegen, daß die betreffenden Aufwendungen dem Grunde und der Höhe nach als Spende abziehbar sind. Letzteres erfordert bei Sachspenden zusätzliche Angaben in der Spendenbescheinigung selbst, damit aus ihr unmittelbar erkennbar wird, daß die Voraussetzungen für die Abziehbarkeit der Sachspenden als Sonderausgaben erfüllt sind.

Nur so ist gewährleistet, daß die Angaben des Spenders über den tatsächlichen Umfang der Aufwendungen und deren Notwendigkeit zur Durchführung eines bestimmten Auftrags vom Empfänger selbst bestätigt werden und für das FA überprüfbar sind. Nach dem Urteil des Senats in BFHE 159, 237, BStBl II 1990, 570 bedeutet dies für Aufwandsspenden in Form von Fahrtkosten: Aus der Bescheinigung selbst muß sich für jede Fahrt erkennen lassen, daß diese für den begünstigten Zweck erforderlich war. Auch der Höhe nach ist ein solcher Nachweis nur erbracht, wenn aus der Bescheinigung für jede Fahrt ersichtlich ist, in welcher Eigenschaft und für welchen Anlaß (Zeit und Ort) der Betreffende tätig war. Weiter müssen Fahrtstrecke und Benutzung des eigenen PKW in einer Weise bestätigt sein, daß sich ohne weiteres anhand der Bescheinigung die jeweilige Höhe des Aufwandes und damit der zugewendete Vermögenswert ermitteln läßt (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 28. November 1990 X R 61/89, BFH/NV 1991, 305).

Vergleichbares gilt für andere Aufwendungen wie die im Streitfall geltend gemachten und nur pauschal geschätzten Aufwendungen für Telefon und Büromaterial. Daß Aufwendungen in dieser Höhe angefallen sein könnten, ist unerheblich.

b) Das FG ist von anderen Grundsätzen ausgegangen. Es hat, ohne sich mit der Ordnungsmäßigkeit der vorgelegten Bescheinigung der Stadt auseinanderzusetzen, angenommen, die Höhe der Aufwendungen sei im Umfang der Stattgabe der Klage glaubhaft. Die Vorentscheidung war daher aufzuheben. Die Sache ist spruchreif. Die Klage war abzuweisen.

aa) Die von den Klägern vorgelegte Spendenbescheinigung genügt den unter a) beschriebenen Anforderungen nicht. Die Bescheinigung nimmt Bezug auf die angeheftete Auflistung der Klägerin. In dieser ist jedoch lediglich die Gesamthöhe der geltend gemachten Fahrtkosten und weiter angegeben, es handle sich um Fahrtkosten für 100 Öffnungstage, Sonderveranstaltungen, Büchereinkauf und -transport; weder sind die jeweiligen Fahrtstrecken aufgeführt noch ist in der Spendenbescheinigung selbst bestätigt, daß die Klägerin das eigene Fahrzeug benutzt hat. Des weiteren fehlen Angaben über das benutzte Fahrzeug, so daß auch die Höhe des angefallenen Aufwandes allein aufgrund der Spendenbescheinigung nicht ermittelt werden könnte. Unerheblich ist, daß die Klägerin während des Klageverfahrens die in der Spendenbescheinigung lediglich als Gesamtaufwand aufgeführten Fahrtkosten aufgegliedert hat, denn diese Angaben hat die Stadt nicht - auch nicht durch eine spätere Bescheinigung - bestätigt.

Voraussetzung für eine ordnungsgemäße Spendenbescheinigung ist jedoch, daß aus ihr alle Berechnungsgrundlagen für den behaupteten Aufwand derart ersichtlich sind, wie es für die Überprüfung eines Erstattungsanspruchs erforderlich wäre. Offenbleiben kann, ob der in der Spendenbescheinigung in Bezug genommene, ihr aber nicht beigefügte Jahresbericht über die städtische Bibliothek berücksichtigt werden könnte, denn dieser enthält keine die geltend gemachten Aufwendungen der Klägerin näher konkretisierenden Angaben. Nichts anderes gilt für die pauschalierten Beträge für Telefonkosten und Büromaterial.

bb) Zu Unrecht hat das FG auch die geltend gemachten Strom- und Heizungskosten für das nach Angaben der Klägerin für ihre ehrenamtliche Bibliothekstätigkeit genutzte Arbeitszimmer zum Abzug zugelassen.

Zweifelhaft ist schon, ob diese Aufwendungen deshalb nicht als Aufwandspende abgezogen werden können, weil Aufwendungen für das Wohnen zu den typischen Kosten der Lebensführung i.S. des § 12 Nr. 1 EStG gehören. Solche Aufwendungen dürfen grundsätzlich selbst dann nicht einkommensteuermindernd berücksichtigt werden, wenn sie der Steuerpflichtige zur Förderung seines Berufs oder seiner Tätigkeit - mithin zur Förderung einer einkunftsrelevanten Sphäre - macht. Deshalb dürfen selbst Aufwendungen für ein betrieblich oder beruflich verwendetes Zimmer in der Wohnung des Steuerpflichtigen auch nur als Werbungskosten abgezogen werden, wenn die private Nutzung so gut wie ausgeschlossen ist (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 26. April 1985 VI R 68/82, BFHE 144, 31, BStBl II 1985, 467 m.w.N.).

Zweifelhaft ist danach, ob sich die für ein beruflich oder betrieblich genutztes Arbeitszimmer entwickelten Grundsätze übertragen lassen auf eigentlich private Aufwendungen wie Spenden, die nur kraft ausdrücklich gesetzlicher Ausnahme und auch nur in beschränktem Umfang (vgl. § 10b Abs. 1 Satz 4 EStG) abgezogen werden dürfen. Der Senat konnte die Frage jedoch offenlassen, denn Voraussetzung für den Abzug von Aufwandspenden ist auch, daß dem Empfänger dadurch eigene Aufwendungen erspart worden sind. Erspart sind dem Empfänger Aufwendungen jedoch nur, wenn sie in demselben Umfang zur Erfüllung des begünstigten Zwecks und der konkreten Aufgabe erforderlich waren. Für den Streitfall bedeutete dies, daß Aufwendungen im Zusammenhang mit der Nutzung eines Raumes allenfalls dann abgezogen werden dürften, wenn der Empfänger für Bibliotheksarbeit, die die Klägerin nach ihren Angaben nicht in der städtischen Bibliothek selbst, sondern zu Hause ausgeführt hat, einen ausschließlich hierfür zur Verfügung stehenden Raum hätte anmieten müssen. Selbst wenn unter diesen Voraussetzungen Aufwendungen für Strom und Heizung eines Arbeitszimmers als Aufwandspende berücksichtigt werden könnten, würde die Abziehbarkeit dieser Aufwendungen im Streitfall schon deshalb scheitern, weil sich aus der Bescheinigung weder ergibt, daß der Raum ausschließlich für den steuerbegünstigten Zweck genutzt worden ist, noch daß die Stadt andernfalls gezwungen gewesen wäre, ausschließlich für die ehrenamtliche Bibliotheksarbeit der Klägerin einen entsprechenden Raum anzumieten.

Der Senat brauchte deshalb auch nicht zu entscheiden, ob es sich bei Strom- und Heizkosten überhaupt um eindeutig abgrenzbare Aufwendungen für die konkrete Nutzung eines Wirtschaftsguts für die begünstigten Zwecke des Empfängers oder ob es sich insoweit um Aufwendungen handelt, die so eng mit der bestimmungsgemäßen Nutzung des Wirtschaftsguts zusammenhängen, daß sie wie diese nicht als Spenden abziehbar sind (§ 10b Abs. 1 Satz 4 EStG).

cc) Eine ordnungsgemäße Bestätigung kann im Revisionsverfahren nicht nachgeholt werden (§ 118 Abs. 2 FGO; BFH-Urteil vom 25. August 1987 IX R 24/85, BFHE 151, 39, BStBl II 1987, 850, und Senatsurteil vom 29. November 1989 X R 5/89, BFH/NV 1991, 224).

 

Fundstellen

BFH/NV 1994, 154

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