Entscheidungsstichwort (Thema)

Zufluß der Spende beim Empfänger

 

Leitsatz (NV)

1. Eine Spende nach § 10b Abs. 1 EStG fließt einem Empfänger i. S. von § 48 Abs. 3 Nr. 2 EStDV schon dann unmittelbar zu, wenn der Spender nach außen erkennbar im Auftrag des Empfängers für dessen satzungsgemäße Zwecke Aufwendungen in Form von Wertabgaben aus dem geldwerten Vermögen erbringt und ihm damit Ausgaben erspart. Es ist nicht erforderlich, daß der Spender gegen den Empfänger einen Erstattungsanspruch hat, auf den er verzichtet (Anschluß an BFH-Urteil vom 24. 9. 1985 IX R 8/81, BFHE 144, 439, BStBl II 1986, 726).

2. Zu den Anforderungen an die Spendenbescheinigung.

3. Räumt der begünstigte Empfänger dem Spender einen Anspruch auf pauschalen Aufwendungsersatz nur unter der Bedingung ein, daß dieser auf die Geltendmachung des Anspruchs verzichtet, hat der Betreffende keine vermögenswerte Position erlangt, auf die er zugunsten des begünstigten Empfängers verzichten könnte.

 

Normenkette

EStG 1986 § 10b Abs. 1; EStDV § 48 Abs. 3 Nr. 2

 

Tatbestand

Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) wurden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger war im Streitjahr 1986 alleiniger ehrenamtlicher Geschäftsführer eines Tierschutzvereins. Die vom Verein verfolgten gemeinnützigen Zwecke sind in Anlage 7 Nr. 16 der Einkommensteuer-Richtlinien (EStR) als besonders förderungswürdig anerkannt. Für den Verein betreffende Verwaltungsarbeiten benutzte der Kläger, weil ein Büroraum in dem Tierheim des Vereins nicht zur Verfügung stand, ein 12 qm großes Zimmer im eigenen Einfamilienhaus. Er war außerdem für alle Tierbetreuungsfragen im Kreisgebiet zuständig. Nach der Vereinssatzung hatte er keinen Anspruch gegen den Verein auf Erstattung seiner Aufwendungen.

In der Einkommensteuererklärung 1986 machten die Kläger für den Verein erbrachte Aufwendungen des Klägers in Höhe von 1 752 DM als Sonderausgaben (Spenden) geltend. Als Nachweis legten sie folgende auf den 31. Dezember 1986 datierte, an den Kläger adressierte vom Ersten Vorsitzenden und dem stellvertretenden Vorsitzenden des Vereins unterschriebene ,,Vereinbarung" vor:

,,Herrn A steht vereinbarungsgemäß für die folgenden im Interesse des Tierschutzvereins im Jahre 1986 erbrachten Leistungen an Vergütungen zu:

1. Kostenersatz für Heizung, Beleuchtung und anteilige

sonstige Kosten eines Büroraums (12 qm) im Hause ..., der

ausschließlich für Vereinszwecke genutzt wird. DM 30,mtl. x 12 = DM 360,00

2. Ersatz von Telefongebühren DM 25,mtl. x 12 = DM 300,00

3. für Fahrten mit eigenem PKW im gesamten Betätigungsbereich

des Vereins (= Kreisgebiet B) wöchentlich im Durchschnitt

mindestens 50 km à DM 0,42 = DM 21,00 DM 21,00

wöchentlich x 52 DM 30,00 mtl. = DM 1092,00

DM 1752,00

Herr A verzichtet zugunsten des Vereins auf diesen ihm zustehenden Kostenersatz. Der Verein nimmt den Verzicht als Spende für den Verein an. Es wird bestätigt, daß Herr A ständig nach außen erkennbar im Namen und im Auftrag des Vereins tätig ist und daß seine Aufwendungen der Erfüllung satzungsgemäßer Zwecke des Vereins ausschließlich dienen."

Im Einkommensteuerbescheid 1986 berücksichtigte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) die geltend gemachten Aufwendungen nicht. Den Einspruch der Kläger wies das FA unter Hinweis auf den gleichlautenden Erlaß der obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder vom 27. August 1986 (BStBl I 1986, 479) als unbegründet zurück.

Im finanzgerichtlichen Verfahren legten die Kläger eine - ebenfalls vom 31. Dezember 1986 datierte - Spendenbescheinigung vor, nach der der Kläger dem Verein im Jahr 1986 eine Spende in Höhe von 1 752 DM zur Verfügung gestellt habe, die nach Maßgabe der Satzung zum Schutz und zur Pflege hilfsbedürftiger Tiere verwendet werde.

Das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt. Es hielt es für unerheblich, ob der Kläger gegen den Verein einen Anspruch auf Erstattung seiner Auslagen gehabt habe, weil nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 24. September 1985 IX R 8/81 (BFHE 144, 439, BStBl II 1986, 726) ein Forderungsverzicht nicht erforderlich sei, um einen Zufluß beim Empfänger annehmen zu können. Entscheidend sei allein, daß der Kläger als Geschäftsführer nach außen erkennbar im Namen und im Auftrag des Vereins für dessen satzungsmäßigen Zweck Vermögen aufgewendet und ihm damit Ausgaben erspart habe. Die Höhe der Aufwendungen des Klägers sei unter den Beteiligten nicht streitig.

Mit der vom FG zugelassenen Revision rügt das FA die Verletzung des § 10b Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG).

 

Entscheidungsgründe

Die Revision des FA hat aus anderen als den geltend gemachten Gründen Erfolg. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).

1. Zu Recht ist das FG davon ausgegangen, daß die dem Kläger im Zusammenhang mit der Überlassung des Büroraums, der Benutzung des Telefons und den Fahrten für den Verein entstandenen Kosten grundsätzlich als Spenden abziehbare Ausgaben i. S. des § 10b Abs. 1 Satz 1 EStG in der für das Streitjahr 1986 geltenden Fassung sind.

a) Nach § 10b Abs. 1 Satz 1 EStG sind Ausgaben zur Förderung der als besonders förderungswürdig anerkannten gemeinnützigen Zwecke in der im Gesetz näher bestimmten Höhe als Sonderausgaben abziehbar. Als Ausgabe im Sinne dieser Vorschrift gilt auch die Zuwendung von Wirtschaftsgütern mit Ausnahme von Nutzungen und Leistungen (§ 10b Abs. 1 Satz 4 EStG).

Als Spenden kommen nicht nur Zuwendungen von Geld in Betracht, sondern auch sonstige geldwerte Vorteile, sofern der Spender ,,Ausgaben" i. S. des § 10b Abs. 1 Satz 1 EStG gehabt hat und der Vorteil dem begünstigten Empfänger i. S. des § 48 Abs. 3 der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EStDV) zugewendet worden ist. Wird der Steuerpflichtige persönlich für den begünstigten Empfänger in dessen Auftrag tätig, ist der Aufwand an Zeit und Arbeitskraft wegen des Ausschlusses von Nutzungen und Leistungen (§ 10b Abs. 1 Satz 4 EStG) nicht abziehbar. Aus dem Ausschluß von Nutzungen und Leistungen folgt nach ständiger Rechtsprechung (BFH-Urteile vom 25. Juli 1969 VI R 269/67, BFHE 96, 471, BStBl II 1969, 681; vom 28. April 1978 VI R 147/75, BFHE 125, 170, BStBl II 1979, 297, und in BFHE 144, 439, BStBl II 1986, 726) jedoch nicht, daß Aufwendungen, die zur Durchführung der persönlich erbrachten Leistung des Spenders erforderlich sind und aus dessen Vermögen tatsächlich abfließen, nicht als Ausgaben abgezogen werden dürften. § 10b Abs. 1 Satz 4 EStG betrifft nur Leistungen des Spenders, die keine Wertabgaben aus dem geldwerten Vermögen des Zuwendenden darstellen und Vermögensminderungen, die lediglich durch die Nutzung eines Wirtschaftsgutes bedingt sind.

b) Der nunmehr nach dem Geschäftsverteilungsplan für Streitigkeiten über Sonderausgaben nach § 10b EStG zuständige erkennende Senat hält an der bisherigen Rechtsprechung fest. Dabei verkennt er nicht, daß § 10b Abs. 1 Satz 4 EStG auch anders ausgelegt werden könnte. So könnten Auslagen, auf deren Ersatz kein Anspruch besteht, lediglich als Kosten der Finanzierung von Nutzungen und Leistungen begriffen werden, die in so engem Zusammenhang mit diesen stehen, daß sie gleichfalls nicht als Spenden anerkannt werden könnten. Der Senat hält indessen dieses Gesetzesverständnis für nicht so zwingend, daß ihm vor dem Auslegungsergebnis der bisherigen Rechtsprechung notwendig der Vorrang eingeräumt werden müßte. Die Rechtsprechung des BFH zum Nachteil des Steuerpflichtigen zu ändern, erscheint um so weniger geboten, als die Rechtslage, zu der die bisherige Rechtsprechung ergangen ist, nur bis zum Inkrafttreten des Vereinsförderungsgesetzes Bedeutung hat und dieses Gesetz Anlaß geben kann, den Begriff der Ausgaben in § 10b Abs. 1 EStG aus seinem Gesamtzusammenhang neu zu interpretieren.

2. Zutreffend hat das FG auch entschieden, daß Auslagen für einen gemeinnützigen Verein nicht nur dann als Spenden berücksichtigt werden können, wenn der Spender einen Erstattungsanspruch gegen den Verein hat, auf den er nachträglich verzichtet.

Aus § 48 Abs. 3 EStDV folgert die Rechtsprechung, daß der Vermögensvorteil dem begünstigten Empfänger zufließen muß. Hat der Spender gegen den Verein z. B. aufgrund der Satzung oder einer vertraglichen Vereinbarung einen Anspruch auf Ersatz seiner Auslagen und verzichtet er nachträglich auf diesen Anspruch, fließt dem Verein unmittelbar ein Vermögensvorteil zu (Urteil in BFHE 125, 170, BStBl II 1979, 297). Entgegen der Auffassung des FA kann aber auch ohne nachträglichen Verzicht auf einen Erstattungsanspruch der unmittelbare Zufluß eines Vermögensvorteils anzunehmen sein, wenn der Spender nach außen erkennbar im Auftrag des Empfängers für dessen satzungsmäßige Zwecke tätig wird, zur Durchführung seines Auftrags tatsächlich eigenes Vermögen aufwendet und damit dem Empfänger Ausgaben erspart (BFHE 144, 439, BStBl II 1986, 726 m.w.N.); denn § 10b Abs. 1 Satz 1 EStG setzt lediglich eine Wertabgabe aus dem geldwerten Vermögen des Steuerpflichtigen voraus.

3. Die Entscheidung des FG ist jedoch rechtsfehlerhaft, weil es die geltend gemachten Aufwendungen zum Abzug als Spenden zugelassen hat, ohne daß eine ordnungsgemäße Spendenbescheinigung vorliegt.

a) Nach § 48 Abs. 3 Nr. 2 EStDV sind Zuwendungen an eine in § 5 Abs. 1 Nr. 9 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) bezeichnete Körperschaft nur dann abziehbar, wenn die Körperschaft bestätigt, daß sie den zugewendeten Betrag nur für ihre satzungsmäßigen Zwecke verwendet. Diese Bestätigung (Spendenbescheinigung) ist nach der ständigen Rechtsprechung des BFH eine unverzichtbare sachliche Voraussetzung des Spendenabzugs (z. B. Urteil vom 23. Mai 1989 X R 17/85, BFHE 157, 516, BStBl II 1989, 879 m.w.N.). Sie dient als Nachweis dafür, daß der Empfänger zu dem in § 48 Abs. 3 Nr. 2 EStDV genannten Personenkreis gehört; nur durch sie kann die Höhe der Spende und deren Verwendung für satzungsmäßige Zwecke des Empfängers nachgewiesen werden.

b) Werden keine Geldbeträge, sondern andere Vermögensvorteile zugewendet, muß der Empfänger deren Wert und satzungsmäßige Verwendung bestätigen. Handelt es sich bei den zugewendeten Vermögensvorteilen um Aufwendungen, die dem Spender bei der Erfüllung satzungsmäßiger Zwecke im Zusammenhang mit Nutzungen und Leistungen entstanden sind, genügt es nicht, den Gesamtwert der Auslagen im Kalenderjahr anzugeben und zu erklären, die Aufwendungen hätten der Erfüllung satzungsmäßiger Zwecke gedient; es ist vielmehr im einzelnen darzulegen, welche Nutzungen und Leistungen der Spender erbracht hat und welche Aufwendungen ihm dadurch erwachsen sind. Hat der Spender z. B. Fahrten mit dem eigenen PKW durchgeführt, sind die einzelnen Fahrten in der Regel mit Datum, Ort sowie Entfernung aufzuführen und es ist der jeweilige Zweck der Fahrt anzugeben. Der Ansatz von Pauschbeträgen ist nicht grundsätzlich ausgeschlossen, jedoch muß die Höhe der Pauschbeträge nachvollziehbar sein.

c) Das FG ist von anderen Grundsätzen ausgegangen. Es hat, ohne sich mit der Ordnungsmäßigkeit der vorgelegten Bescheinigungen auseinanderzusetzen, angenommen, die Höhe der als Spende geltend gemachten Aufwendungen sei unter den Beteiligten nicht streitig. Die Vorentscheidung war daher aufzuheben. Die Sache ist spruchreif. Die Klage war abzuweisen.

Weder die vom Kläger vorgelegte ,,Vereinbarung" noch die Spendenbescheinigung über 1 752 DM genügt im Streitfall den Anforderungen an eine ordnungsmäßige Spendenbescheinigung. Auf eine genaue Erläuterung und den Nachweis der Aufwendungen hätte allenfalls dann verzichtet werden können, wenn der Kläger einen der Höhe nach feststehenden Anspruch auf Erstattung gegen den Verein gehabt und nachträglich auf diesen Anspruch verzichtet hätte. In dem als ,,Vereinbarung" bezeichneten Schreiben räumt der Verein dem Kläger zwar rückwirkend für das Streitjahr einen Anspruch auf pauschale monatliche Vergütung für Telefongespräche, Fahrten mit dem eigenen PKW und für die Nutzung eines Büroraums ein. Nach dem Wortlaut des an den Kläger gerichteten Schreibens verzichtet der Kläger auf diesen ihm zustehenden Kostenersatz und der Verein nimmt den Verzicht als Spende an. Da es sich hierbei nicht um eine Erklärung des Klägers, sondern des Vereins handelt, muß diese auch aus der Sicht des Empfängers so verstanden werden, daß dem Kläger ein Anspruch auf die Aufwandspauschale nur unter der Bedingung des Verzichts auf diesen Anspruch eingeräumt wird, mithin die Rechtsfolge - Verpflichtung des Vereins zur Zahlung einer Aufwandspauschale - gerade nicht eintreten soll. Ein Anspruch des Klägers gegenüber dem Verein auf Zahlung einer Aufwandspauschale ist angesichts der Verzichtsbedingung somit nicht begründet worden.

Der Verein hätte daher in der Spendenbescheinigung darlegen müssen, in welcher Höhe der Kläger tatsächlich Vermögenswerte für die Benutzung des Büroraums, für Telefongespräche und für die Autofahrten aufgewendet hat. Die vorgelegten Bescheinigungen enthalten aber keine Angaben, aus denen sich der tatsächliche Aufwand des Klägers im Zusammenhang mit bestimmten Tätigkeiten für satzungsmäßige Zwecke des Vereins entnehmen ließe. Die Bestätigung kann im Revisionsverfahren nicht nachgeholt werden (§ 118 Abs. 2 FGO; BFH-Urteil vom 25. August 1987 IX R 24/85, BFHE 151, 39, BStBl II 1987, 850).

 

Fundstellen

Haufe-Index 416794

BFH/NV 1991, 224

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Finance Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge