Entscheidungsstichwort (Thema)

Steuerliche Förderungsgesetze

 

Leitsatz (amtlich)

Wird ein Teil der in einem Kalenderjahr geleisteten Beiträge an eine Bausparkasse prämienschädlich zurückgezahlt, so braucht der Prämienberechtigte die gewährte Prämie an das Finanzamt nur zurückzuzahlen, soweit sie nicht durch den prämienbegünstigt verbliebenen Teil der Aufwendungen gedeckt wird.

 

Normenkette

WoPG § 2 Abs. 2

 

Tatbestand

Streitig ist, ob der Bg. von der ihm für das Jahr 1958 gewährten Wohnungsbauprämie von 400 DM einen Betrag von 328 DM oder von 112,50 DM zurückzuzahlen hat. Der Bg. und seine Ehefrau haben am 30. Januar 1958 einen Bausparvertrag mit einer Bausparsumme von 20.000 DM und einem angesparten Guthaben von 4.084,55 DM von ihrem Schwiegersohn übernommen; der Bausparvertrag war Ende 1953 geschlossen worden. Am 3. Februar 1958 erhöhten sie die Bausparsumme auf 40.000 DM. Der Bg. leistete im Jahr 1958 nach der Erhöhung der Bausparsumme Beiträge von 6.374,40 DM. Am 1. Juli 1959 ist der Bausparvertrag nach der Zuteilung aufgelöst und das Guthaben ausgezahlt worden.

Das Finanzamt forderte die für das Jahr 1958 gewährte Wohnungsbauprämie von 400 DM zurück, weil der Bg. den Nachweis, daß der ausgezahlte Betrag unmittelbar und unverzüglich zum Wohnungsbau verwendet worden sei, nicht erbracht habe. Auf den Einspruch ermäßigte das Finanzamt die Rückforderung auf 328 DM. Es nahm an, daß die eingezahlten Beiträge auf zwei verschiedene Verträge geleistet seien; und zwar mit 5.224,47 DM auf den Zusatzvertrag und mit 1.149,93 DM auf den ursprünglichen Vertrag. Für den ursprünglichen Vertrag sei der vertragsgemäße Zweck erfüllt, nicht aber für den Zusatzvertrag. Da 82 v. H. der Beiträge auf den Zusatzvertrag entfielen, seien auch 82 v. H. der Wohnungsbauprämie = 328 DM zurückzuzahlen.

Das Finanzgericht ermäßigte den Rückzahlungsbetrag auf 112,50 DM. Es führte aus, das Finanzamt habe den Rückzahlungsbetrag unrichtig berechnet. Wenn der Bg. nur die auf den ursprünglichen Vertrag entfallenden Beiträge von rund 1.150 DM geleistet hätte, so wäre dafür eine Prämie von 25 v. H. (= 287,50 DM) zu gewähren gewesen. Weil die Rückzahlung des Guthabens aus diesem Vertrag unschädlich gewesen sein würde, wäre dem Bg. auf jeden Fall die Prämie von 287,50 DM zu belassen gewesen.

Mit seiner Rb. rügt der Vorsteher des Finanzamts unrichtige Rechtsanwendung durch das Finanzgericht. Er verbleibt dabei, der Bg. habe 328 DM zurückzuzahlen.

Der Bundesminister der Finanzen, der dem Verfahren gemäß § 287 Ziff. 2 AO beigetreten war, billigt das Ergebnis des Finanzgerichts.

 

Entscheidungsgründe

Die Rb. des Vorstehers des Finanzamts ist nicht begründet.

Betrachtet man mit dem Finanzgericht den ursprünglichen Vertrag und den Zusatzvertrag getrennt, so ist die Auszahlung des Guthabens aus dem ursprünglichen Vertrag unschädlich, die Auszahlung des Guthabens aus dem Zusatzvertrag aber schädlich; denn bei dem ursprünglichen Vertrag, der vor dem 1. Januar 1955 geschlossen und auf den die erste Einzahlung vor diesem Tag geleistet wurde, ist der vertragsgemäße Zweck als erfüllt anzusehen; der Prämienberechtigte war in der Verwendung frei, weil das Guthaben erst nach Zuteilung durch die Bausparkasse abgerufen wurde (ß 2 des Wohnungsbau-Prämiengesetzes - WoPG - 1952 in Verbindung mit § 10 Abs. 3 WoPG 1955, ferner Abschnitt 15 Abs. 2 Ziff. 1 der Richtlinien zur Durchführung des Wohnungsbau-Prämiengesetzes - WoPR - 1953). Bei dem Zusatzvertrag, der erst nach dem 1. Januar 1955 geschlossen wurde, ist dagegen der vertragsgemäße Zweck nicht gewahrt; hier hätte das Guthaben, weil es vor Ablauf von fünf Jahren seit dem Vertragsschluss ausgezahlt wurde, unmittelbar und unverzüglich zum Wohnungsbau verwendet werden müssen (ß 2 Abs. 2 WoPG 1955 und § 2 der Verordnung zur Durchführung des Wohnungsbau-Prämiengesetzes - WoPDV - 1955).

Gegen die Begünstigung des ursprünglichen Vertrags als eines vor dem 1. Januar 1955 geschlossenen Vertrages hat das Finanzgericht mit Recht keine Bedenken daraus hergeleitet, daß der Bg. diesen Vertrag nicht selbst geschlossen hatte, sondern erst nach dem 1. Januar 1955 darin eingetreten ist (Urteil des Senats VI 24/57 U vom 7. März 1958, BStBl 1958 III S. 222, Slg. Bd. 66 S. 576). Ebenso ist der Senat mit dem Finanzgericht der Auffassung, daß der Zusatzvertrag, wenn er auch nur der Ergänzung des ursprünglichen Vertrages diente und mit ihm eine Einheit bildete, doch wie ein selbständiger Vertrag behandelt werden kann, der einerseits die Begünstigung des ursprünglichen Vertrages nicht in Frage stellt, andererseits aber auch an der Begünstigung des ursprünglichen Vertrags nicht teilhat.

Ist dem Bg. die Begünstigung für den ursprünglichen Vertrag aber erhalten geblieben, so muß dem auch bei der Ermittlung der Rückzahlung der Wohnungsbauprämie Rechnung getragen werden. Dem Finanzamt ist zuzugeben, daß die Beiträge, die ein Steuerpflichtiger auf mehrere Bausparverträge leistet, für die Berechnung der zu gewährenden Wohnungsbauprämie zusammenzurechnen sind (ß 3 Abs. 2 WoPG 1955); diese Zusammenrechnung ist notwendig, weil für die prämienbegünstigten Aufwendungen eines Kalenderjahres "höchstens insgesamt 400 DM" als Wohnungsbauprämie gewährt werden können. Dies besagt aber, wie auch der Bundesminister der Finanzen ausführt, nicht, daß, wenn sich später ein Teil der Aufwendungen als nicht begünstigt erweist, die zurückzuzahlende Wohnungsbauprämie nach dem Verhältnis dieser Aufwendungen zu den gesamten Aufwendungen zu errechnen ist. Der Umstand, daß für die Gewährung der Wohnungsbauprämie alle Aufwendungen eines Kalenderjahres zusammengerechnet werden, zwingt nicht zu der Annahme, daß auch bei der Berechnung zurückzuzahlender Wohnungsbauprämien die Gesamtzahlung nicht aufteilbar ist. Hat z. B. ein Prämienberechtigter auf zwei Bausparverträge Beiträge geleistet, die zur Gewährung einer Wohnungsbauprämie von je 400 DM ausreichen, und stellt sich bei der Bearbeitung heraus, daß der eine Bausparvertrag nicht prämienbegünstigt ist, so muß das Finanzamt gleichwohl die volle Wohnungsbauprämie und nicht etwa nur die halbe Wohnungsbauprämie gewähren. Der Fall liegt aber nicht anders, wenn sich erst nach der Zahlung der Wohnungsbauprämie herausstellt, daß die Beiträge auf den einen der beiden Bausparverträge nicht als prämienbegünstigt hätten anerkannt werden dürfen oder daß die Voraussetzungen für ihre Anerkennung nachträglich weggefallen sind. Von ähnlichen Erwägungen ist der Senat auch in der Entscheidung VI 170/60 U vom 17. März 1961 (BStBl 1961 III S. 335) in einem Fall ausgegangen, in dem es um den nachträglichen teilweisen Wegfall einer Steuervergünstigung für einen Bausparvertrag ging.

 

Fundstellen

Haufe-Index 410226

BStBl III 1961, 577

BFHE 1962, 858

BFHE 73, 858

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Finance Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge