Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Ein Steuerpflichtiger, der in einen vor dem 1. Juni 1953 abgeschlossenen Bausparvertrag eintritt, unterliegt nicht der dreijährigen Sperrfrist des § 10 Abs. 1 Ziff. 2 EStG 1953, auch wenn die Abtretung nach dem Stichtage erfolgte.

 

Normenkette

EStG § 10/1/2/b; EStG § 10/1/3; EStDV § 15b

 

Tatbestand

A. schloß 1952 einen Bausparvertrag über 12.000 DM ab und zahlte bis zum 1. September 1953 1.277 DM Beiträge. Zu diesem Zeitpunkt trat der Beschwerdegegner (Bg.) mit Genehmigung der Bausparkasse in den Vertrag des A. ein und zahlte 1953 5.013 DM an die Bausparkasse. Die Bausparsumme wurde am 25. Mai 1955 ausgezahlt, jedoch entgegen der ursprünglichen Absicht des Bg. nicht für den Wohnungsbau verwendet, sondern in das Betriebsvermögen eingelegt. Der Bg. begehrte die Berücksichtigung der 1953 von ihm gezahlten Bausparkassenprämien als Sonderausgabe.

Das Finanzamt lehnte den Antrag mit der Begründung ab, nach § 10 Abs. 1 Ziff. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) 1953 (Art. 1 Ziff. 10a, cc des Gesetzes zur änderung steuerlicher Vorschriften und zur Sicherung der Haushaltsführung vom 24. Juni 1953, Bundessteuerblatt - BStBl - 1953 Teil I S. 192) könnten Beiträge an Bausparkassen aus Verträgen, die nach dem 31. Mai 1953 abgeschlossen seien, nur als Sonderausgaben anerkannt werden, wenn die gesetzliche Sperrfrist von drei Jahren eingehalten oder die ausgezahlte Bausparsumme unmittelbar zum Wohnungsbau verwendet werde. Der Eintritt des Bg. in den Sparvertrag des A. sei als Abschluß eines neuen Vertrages anzusehen, der nach dem 31. Mai 1953 abgeschlossen sei. Er unterliege daher der Sperrfrist, die nicht eingehalten sei (Hinweis auf § 52 Abs. 7 EStG 1953).

Das Finanzgericht vertrat demgegenüber den Standpunkt, der Bg. habe seine Beträge auf Grund eines vor dem 1. Juni 1953 geschlossenen Bausparvertrages geleistet. Er sei in einen laufenden Bausparvertrag eingetreten; die Beiträge seien deshalb nach dem EStG 1952 ohne weiteres als Sonderausgaben abzugsfähig.

 

Entscheidungsgründe

Die Rechtsbeschwerde (Rb.) des Vorstehers des Finanzamts ist nicht begründet.

Nach § 10 Abs. 1 Ziff. 2 b EStG 1952 waren die Beiträge an Bausparkassen zur Erlangung von Baudarlehen im Jahre 1952 ohne Einschränkung als Sonderausgabe abzugsfähig. Durch das Gesetz zur änderung steuerlicher Vorschriften und zur Sicherung der Haushaltsführung vom 24. Juni 1953 wurde bestimmt, daß vor Ablauf von drei Jahren seit Vertragsabschluß die Bausparsumme weder ganz noch zum Teil ausgezahlt, geleistete Beiträge weder ganz noch zum Teil zurückgezahlt oder Ansprüche aus dem Bausparvertrag nicht beliehen werden dürften, es sei denn, daß der Steuerpflichtige die empfangenen Beträge unverzüglich und unmittelbar zum Wohnungsbau verwendete. Nach § 52 Abs. 7 EStG 1953 sind diese Bestimmungen erstmalig auf Sonderausgaben anzuwenden, die auf Grund von Verträgen geleistet werden, die nach dem 31. Mai 1953 abgeschlossen wurden. Da der Bg. den ausgezahlten Betrag nicht für den Wohnungsbau verwendet hat, kommt es darauf an, ob sie auf Grund eines vor dem 1. Juni 1953 abgeschlossenen Vertrags gezahlt wurden. Diese Frage ist zu bejahen. Der Bg. ist in einen bereits seit 1952 laufenden Vertrag mit Genehmigung der Bausparkasse eingetreten. Dadurch gingen die Rechte und Pflichten aus dem Vertrage auf ihn über (§§ 398, 414 und 415 BGB). Die Abtretung der Ansprüche aus dem Bausparvertrag und der damit verbundene Eintritt eines anderen Bausparers in den Vertrag bedeutet auch steuerlich nicht den Abschluß eines neuen Bausparvertrages. Denn nach § 15b Abs. 2 der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EStDV) 1953 ist bei einem Bausparvertrag im Gegensatz zu den in § 10 Abs. 1 Ziff. 2 a EStG 1953 genannten Vertragsarten (ß 15b Abs. 1 EStDV 1953) die Abtretung der Ansprüche nicht steuerschädlich. Diese Beurteilung entspricht auch den Einkommensteuer-Richtlinien (EStR), wonach der Steuerpflichtige, der in einen Bausparvertrag eintritt, als Sonderausgaben zwar nicht das Entgelt für die vorgesparten Bausparteile, jedoch die Beiträge abziehen kann, die er nach seinem Eintritt an die Bausparkasse entrichtet hat (vgl. EStR 1953 Abschn. 76 Abs. 3, EStR 1955 Abschn. 92 Abs. 3, siehe auch Herrmann-Heuer, Kommentar zur Einkommensteuer, § 10 Anm. 22 d).

 

Fundstellen

Haufe-Index 409043

BStBl III 1958, 222

BFHE 1958, 576

BFHE 66, 576

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