Entscheidungsstichwort (Thema)

Änderung der Gewinnermittlung nach DDR-Recht

 

Leitsatz (NV)

1. Geht ein Steuerpflichtiger im Beitrittsgebiet von einer Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 HdwBestG zur Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG-DDR 1970/1990 über, so ist der Gewinn dergestalt zu korrigieren, daß eine mehrfache Besteuerung erfolgswirksamer Geschäftsvorfälle ausscheidet. (Bestätigung des BFH-Urteils vom 30. März 1994 I R 124/93, BFHE 175, 46, BStBl II 1994, 852).

2. Wird ein bestehender Betrieb fortgeführt und nur die Art der Gewinnermittlung geändert, so finden die Grundsätze über Einlagen keine Anwendung.

 

Normenkette

HdwBestG DDR § 4; EStG DDR 1970/1990 § 4 Abs. 3; DMBilG §§ 51, 53

 

Verfahrensgang

FG des Landes Sachsen-Anhalt

 

Tatbestand

Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger), wohnhaft in Sachsen, war im Streitjahr 1990 als selbständiger Friseurmeister tätig. Seinen Gewinn ermittelte er für die Zeit vom 1. Januar 1990 bis 30. Juni 1990 nach § 4 des Gesetzes über die Besteuerung der Handwerker vom 16. März 1966 -- HandwStG -- (GBl DDR I 1966, 71) und für den Rest des Jahres nach § 4 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) 1970 i. d. F. des Gesetzes zur Änderung und Ergänzung steuerlicher Rechtsvorschriften bei Einführung der Währungsunion mit der Bundesrepublik Deutschland vom 22. Juni 1990 (GBl DDR Sonderdruck Nr. 1427 -- Steueranpassungsgesetz --; EStG DDR 1970/1990). Bei der Gewinnermittlung für das 2. Halbjahr 1990 zog der Kläger das am 1. Juli 1990 vorhandene Material, dessen Anschaffungs kosten 3 848,85 Mark betragen hatte, zum Zeitwert in Höhe von 4 420 DM ab. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt -- FA --) korrigierte diese Gewinnermittlung dergestalt, daß er den Gewinn des 1. Halbjahres um die Anschaffungskosten des Materials kürzte und für das 2. Halbjahr 1990 den unkorrigierten Überschuß der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben der Festsetzung der Einkommensteuer zugrunde legte (vgl. Schreiben des Bundesministers der Finanzen -- BMF -- vom 17. Juni 1991 IV B 2 -- S 1901 -- 96/91, BStBl I 1991, 598 Nr. 6). Während des Klageverfahrens entsprach das FA dem Klagebegehren in Sachen Gewerbesteuer. Das Finanzgericht (FG) hat daraufhin die Klage in Sachen Gewerbesteuer abgetrennt.

Die Klage wegen Einkommensteuer hatte Erfolg.

Das FA rügt mit seiner Revision Verletzung des § 4 Abs. 3 EStG DDR 1970/1990 und des § 50 Abs. 2, §§ 51, 52 Abs. 1 des D- Mark-Bilanzgesetzes (DMBilG).

Es beantragt, unter Aufhebung des angefochtenen Urteils die Klage als unbegründet abzuweisen.

Der Kläger beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision des FA ist begründet. Das Urteil des FG ist aufzuheben und die Klage abzuweisen (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --).

1. Die Revision betrifft ausschließlich die Festsetzung der Einkommensteuer 1990, nachdem das FG die Klage in Sachen Einkommensteuer und Gewerbesteuer 1990 getrennt hat und das angefochtene Urteil ausschließlich die Einkommensteuer betrifft.

Eine solche Abtrennung ist möglich, da der Bescheid über die Steuerrate mehrere selbständige Verwaltungsakte und damit mehrere Streitgegenstände enthält (vgl. Senatsurteil vom 14. September 1994 I R 136/93, BFHE 175, 406). Der Klammerzusatz im Rubrum "(Steuerrate 1990)" ist insoweit irreführend, als in die zusammengefaßte Steuerrate 1990 neben der Einkommensteuer weitere Steuerbeträge eingehen.

2. a) Mit Urteil vom 30. März 1994 I R 124/93 (BFHE 175, 46, BStBl II 1994, 852) hat der Senat entschieden, daß nach den von der Rechtsprechung zum Wechsel der Gewinnermittlungsart entwickelten Grundsätzen zwar eine doppelte Erfassung steuerrelevanter Geschäftsvorfälle zu korrigieren ist, die Korrektur aber nur insoweit reicht, als eine doppelte Besteuerung eintritt. Er hat insoweit die Entscheidung des FG Leipzig vom 15. Juni 1993 1 K 46/92 (Entscheidungen der Finanzgerichte -- EFG -- 1993, 576) bestätigt, auf das das FA seine Revision stützt. Wegen der weiteren Einzel heiten wird auf die o. g. Entscheidung des Senats Bezug genommen.

Da im Streitfall ohne Gewinnkorrektur nur in Höhe des Materialbestandes zum 30. Juni 1990 (3 848,85 Mark) eine zweifache Besteuerung vorläge, kann der der Ein kommensteuer zugrundeliegende Gesamtgewinn 1990 nur in dieser Höhe und nicht in Höhe des neu bewerteten Materialbestandes (4 420 DM) korrigiert werden.

b) Etwas anderes kann sich auch nicht nach Einlagegrundsätzen ergeben, die der Kläger unter Berufung auf die Entscheidung des Thüringer FG vom 15. Dezember 1993 1 K 27/92 (EFG 1994, 623) angewendet wissen möchte.

Zwar können auch bei einer Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG DDR 1970/1990 mit dem Teilwert anzusetzende Einlagen (§ 6 Abs. 1 Nr. 5 EStG DDR 1970/1990) den Überschuß der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben mindern (vgl. z. B. Urteil des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 22. Januar 1980 VIII R 74/77, BFHE 129, 485, BStBl II 1980, 244 m. w. N.; Schmidt/Heinicke, Einkommensteuergesetz, 13. Aufl., § 4 Anm. 56 a; Weber-Grellet in Kirchhof/Söhn, Einkommensteuergesetz, § 4 D 194 m. w. N.). Der Kläger hat jedoch zum 1. Juli 1990 den Materialbestand nicht in seinen Betrieb eingelegt. Einlagen sind nur solche Wirtschaftsgüter, die der Steuerpflichtige dem Betrieb im Laufe des Wirtschaftsjahres zugeführt hat (§ 4 Abs. 1 Satz 5 EStG DDR 1970/1990). Zugeführt in diesem Sinn werden Wirtschaftsgüter, die der Steuerpflichtige ursprünglich in seinem Privatvermögen, ggf. auch in einem anderen Betriebsvermögen hatte. Die Anschaffung durch den Betrieb selbst ist jedenfalls keine Zuführung i. S. des § 4 Abs. 1 Satz 5 EStG DDR 1970/1990. Wertsteigerungen, die in Betriebsvermögen des Betriebs eintreten, sind betrieblich veranlaßt, der Gewinn bedarf insoweit keiner Korrektur (vgl. zum Sinn und Zweck der Einlage insbesondere auch Beschluß des Großen Senats des BFH vom 26. Oktober 1987 GrS 2/86, BFHE 151, 523, BStBl II 1988, 348). Unabhängig hiervon wäre der "eingelegte" Materialbestand gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 5 a EStG DDR 1970/1990 nicht mit dem Teilwert, sondern mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten anzusetzen, so daß auch aus diesem Grund eine Gewinnkorrektur in Höhe von 4 420 DM ausscheidet.

 

Fundstellen

BFH/NV 1995, 962

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