Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuer/Lohnsteuer/Kirchensteuer Steuerliche Förderungsgesetze

 

Leitsatz (amtlich)

Zur Ausübung des Wahlrechts auf Wohnungsbau-Prämie oder Sonderausgabenabzug bei Ehegatten.

Hat der Ehemann als Vertreter seiner Ehefrau für deren Bausparkassenbeiträge die Wohnungsbau-Prämie beantragt, so kann er für seine eigenen Bausparkassenbeiträge nicht mehr den Sonderausgabenabzug beanspruchen.

 

Normenkette

EStG § 10 Abs. 1 Ziff. 3, § 10/3, § 10/4; WoPG § 3 Abs. 2, § 3/4, § 8/1, § 8/2

 

Tatbestand

Die beschwerdeführenden Eheleute (Bf.) haben je einen Bausparvertrag geschlossen. Sie haben im Streitjahr 1959 2.432,62 DM (Ehemann) und 1.707,99 DM (Ehefrau) darauf eingezahlt. Für die Einzahlungen der Ehefrau beantragte der Ehemann in ihrem Namen am 17. Februar 1960 eine Wohnungsbauprämie von 400 DM, die ihm das Finanzamt am 26. März 1960 auch gewährte. Als die Eheleute am 11. März 1960 ihre Einkommensteuererklärung 1959 abgaben, beantragten sie, die Beiträge des Ehemannes als Sonderausgaben abzuziehen. Das Finanzamt ließ das zunächst auch zu. Als es jedoch von der Gewährung der Wohnungsbau-Prämie Kenntnis erhalten hatte, berichtigte es die Veranlagung gemäß § 222 Abs. 1 Ziff. 1 AO und ließ die 2.432,62 DM nicht noch als Sonderausgaben zum Abzug zu, weil den Eheleuten bereits die Wohnungsbau-Prämie gewährt worden sei. Die Bf. waren dagegen der Ansicht, jeder Ehegatte könne selbständig und getrennt wählen, ob er eine Wohnungsbau-Prämie nach dem Wohnungsbau-Prämiengesetz (WoPG) oder aber den Sonderausgabenabzug nach dem EStG verlangen wolle. Der Einspruch hatte keinen Erfolg.

Das Finanzgericht wies die Berufung als unbegründet zurück und führte aus, die Bausparkassenbeiträge des Ehemannes könnten nicht als Sonderausgaben abgesetzt werden; denn aus § 8 WoPG folge, daß ein Steuerpflichtiger zwischen der Wohnungsbau-Prämie und dem Sonderausgabenabzug gemäß § 10 Abs. 1 EStG wählen müsse. Auch Eheleute, die in ehelicher Gemeinschaft lebten, könnten das Wahlrecht nur einheitlich für alle Aufwendungen und unwiderruflich ausüben. Der Ehemann habe, weil er für die Beiträge seiner Ehefrau die Wohnungsbau-Prämie beantragt und erhalten habe, das Wahlrecht auch für seine eigenen Beiträge ausgeübt. Sie, die Bf., könnten darum die Beiträge des Ehemannes nicht als Sonderausgaben absetzen.

 

Entscheidungsgründe

Die Rb., mit der die Bf. unrichtige Anwendung des § 10 Abs. 1 EStG und der §§ 3 Abs. 2 und 8 Abs. 2 WoPG rügen, ist unbegründet.

Zutreffend nimmt das Finanzgericht an, daß Eheleute das Wahlrecht zwischen dem Sonderausgabenabzug und der Wohnungsbau-Prämie gemäß § 8 Abs. 2 WoPG nur einheitlich ausüben können. Der Senat hat bereits in der Entscheidung VI 2/55 U vom 26. Juli 1957 (BStBl 1957 III S. 31o, Slg. Bd. 65 S. 201) und in dem Grundsatzurteil VI 109/65 S vom 4. Mai 1965 (BStBl 1965 III S. 509) dargelegt, daß diese Auslegung sich zwingend aus dem Wortlaut und Sinnzusammenhang des § 8 WoPG ergibt.

Zutreffend hat das Finanzgericht auch angenommen, daß die Bf. hier wirksam die Wohnungsbau-Prämie gewählt haben. Das Finanzgericht konnte die Grundsatzentscheidung des Senats VI 109/65 S (a. a. O.), wonach Eheleute das Wahlrecht zwischen einer Wohnungsbau-Prämie und dem Sonderausgabenabzug gemeinsam ausüben müssen, noch nicht verwerten. Aber auch wenn es diese Entscheidung gekannt hätte, würde es nicht zu einem anderen Ergebnis gekommen sein. Die Sachverhalte im Streitfall und in der Sache VI 109/65 S liegen wesentlich verschieden. In der letztgenannten Sache hatte der eine Ehegatte ohne Wissen und Wollen des anderen Ehegatten die Wohnungsbau-Prämie beantragt, während die Bf. im gegenseitigen Einverständnis gehandelt haben Sie wollten bewußt beide Vergünstigungen in Anspruch nehmen, und zwar sollten die Beiträge der Ehefrau als prämienbegünstigt und die des Ehemannes als Sonderausgaben behandelt werden. Auf dieser Grundlage beantragte der Ehemann als Vertreter seiner Ehefrau für sie die Wohnungsbau-Prämie. Daß die Ehefrau damit einverstanden war, bestreitet sie nicht. Es ergibt sich im übrigen auch daraus, daß sie der Gutschrift der Wohnungsbau-Prämie nicht widersprochen hat und durch ihre Unterschrift auf der gemeinsamen Einkommensteuererklärung nochmals der erstrebten Aufteilung der Sparkassenbeiträge zustimmte. Das Verfahren der Bf. beruht offenbar darauf, daß sie rechtsirrig annahmen, sie könnten bei dem gewählten Weg beide Vergünstigungen nebeneinander erlangen. Dieser Rechtsirrtum schließt die Wirksamkeit der getroffenen Wahl aber nicht aus, wie der Senat zuletzt in der Entscheidung VI 296/64 U vom 4. Mai 1965 (BStBl 1965 III S. 511) dargelegt hat. Der Ehemann hat also durch den Antrag, seiner Ehefrau die Wohnungsbau-Prämie zu gewähren, für beide das Wahlrecht einheitlich, wirksam und unwiderruflich für das Streitjahr ausgeübt.

 

Fundstellen

Haufe-Index 411763

BStBl III 1965, 620

BFHE 1966, 331

BFHE 83, 331

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