Leitsatz (amtlich)

„Drehbare Einführungen”, die nach Ihren objektiven Merkmalen geeignet und bestimmt sind, in Maschinen eingebaut zu werden, um einer drehbaren Welle, Achse oder Trommel ein bestimmtes Medium zuzuführen und ohne deren Vorhandensein die betreffenden Maschinen nicht oder nur kurze Zeit weiterarbeiten könnten, gehören zur Tarifst. 84.65 B GZT.

 

Normenkette

GZT Vorschrift 2 zu Abschn. XVI Tarifnr. 84.48; GZT Vorschrift 2 zu Abschn. XVI Tarifnr. 84.65

 

Tatbestand

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) beantragte am 4. April 1972 beim Beklagten und Revisionsbeklagten (Hauptzollamt – HZA –), „Drehbare Einführungen, Ersatzteile für Werkzeugmaschinen zum Bearbeiten von Metallen 84.48 – 99” zum freien Verkehr abzufertigen. Die Anwendung der angesprochenen Tarifnr. 84.48 des Gemeinsamen Zolltarifs (GZT) hätte zu einer Belastung mit 3,5 % des Wertes der Ware geführt. Das HZA wies jedoch die Ware der Tarifst. 84.59 E zu. Es erhob demgemäß den Zoll in Höhe von 6 % des Wertes. Mit der Klage machte die Klägerin geltend, die Ware gehöre in die Tarifnr. 84.48, da sie zumindest hauptsächlich für Werkzeugmaschinen verwendet werde. Sie beantragte, den Bescheid des HZA vom 4. April 1972 insoweit aufzuheben, als er mehr als 3,5 % Zoll forderte.

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage mit folgender Begründung ab:

Zwar gehörten die Einführungen nicht zur Tarifnr. 84.59, der das HZA sie im Zollbescheid und in der Einspruchsentscheidung zugeordnet habe; dennoch unterlägen sie nach derjenigen Tarifnummer, der sie zuzuordnen seien, nämlich der Tarifnr. 84.65, einer gleichhohen Abgabenbelastung, so daß die Abgaben in der richtigen Höhe erhoben worden seien.

Es handele sich um Maschinenteile, die unter Abschn. XVI GZT fielen. Die dort in der Vorschrift 2 zunächst genannten Ausnahmen lägen nicht vor. Nach Buchst. a dieser Vorschrift seien Maschinenteile daraufhin zu prüfen, ob sie sich als solche einer Tarifnummer des Kapitels 84 oder 85 darstellten (ausgenommen die Tarifnr. 84.65, die keine Spezial-, sondern eine Auffang-Tarifnummer sei). In diesem Falle seien sie der gefundenen Spezial-Tarifnummer ohne Rücksicht darauf zuzuweisen, für welche Maschine sie bestimmt seien. Andere Teile seien nach Buchst. b der Forschrift 2 ebenfalls wie die Maschine zu tarifieren, wenn zu erkennen sei, daß sie ihrer Beschaffenheit nach ausschließlich oder hauptsächlich für diese Maschine oder eine in derselben Tarifnummer erfaßte Maschinenart bestimmt seien. Das gelte auch für die Einordnung in die Tarifnr. 84.48. Sei auch das auszuschließen, werde auf Maschinenteile nach Buchst. c der Vorschrift 2 die Tarifnr. 84.65 angewandt.

Nach der bei den Abfertigungsunterlagen befindlichen Rechnung der Lieferfirma in Verbindung mit deren dem Gericht vorliegenden Katalog und dem von der Klägerin eingereichten Gutachten handele es sich bei den streitigen Teilen nicht um solche der Tarifnr. 84.48. Denn nach den genannten Unterlagen seien diese nicht erkennbar mindestens hauptsächlich für Maschinen der Tarifnrn. 84.45–84.47 (Werkzeugmaschinen) bestimmt.

Entgegen der Auffassung der Klägerin könnten die Einführungen nicht als Zubehör angesehen werden. Mit dem HZA sei davon auszugehen, daß „Zubehör” solche Waren darstellten, die – im Gegensatz zu „Teilen” – für den Betrieb einer Maschine nicht erforderlich seien. Wie der von der Klägerin überreichte Prospekt und die in der mündlichen Verhandlung übergebenen Fotos zeigten, könnten die Einführungen zwar ausgewechselt werden; ohne ihr Vorhandensein jedoch würden die Maschinen, weil sie dann kein Hydrauliköl, keinen Dampf, kein Kühlwasser etc. erhalten würden, nicht oder nur kurze Zeit weiterarbeiten. Sie würden also mit ihrem Einbau zu wesentlichen Bestandteilen der jeweiligen Maschine.

Es sei auch nicht erkennbar, daß die Teile mindestens hauptsächlich für Werkzeugmaschinen der Nrn. 84.45–84.47 bestimmt seien. Dabei könne es für die Erkennbarkeit entgegen der Meinung der Klägerin nicht darauf ankommen, für welche Maschinen en die Einführungen verwendet, d. h. an welche Maschinenhersteller sie hauptsächlich verkauft worden seien. Der Zolltarif (ZT) stelle ersichtlich auf im Einfuhrzeitpunkt objektiv erkennbare Umstände ab. Daraus folge, daß Teile, die von einem Einführer zwar subjektiv „hauptsächlich” zur Lieferung an Hersteller von Werkzeugmaschinen vorgesehen seien, die aber vielfache andere Verwendungsmöglichkeiten hätten, nicht als objektiv, ihrer Beschaffenheit nach, hauptsächlich als für Werkzeugmaschinen bestimmt angesehen werden könnten. Die objektive Eignung der Teile für alle möglichen Verwendungszwecke ergebe sich jedoch aus dem erwähnten Katalog in Verbindung mit den bei den Abfertigungspapieren befindlichen Rechnungen und den von der Klägerin überreichten Gutachten.

Gegen diese Entscheidung hat die Klägerin Revision eingelegt.

Die Klägerin trägt vor:

Das FG habe die „drehbaren Einführungen” zu Unrecht der Tarifnr. 84.65 zugewiesen. Sie gehörten als Zubehör, das erkennbar zumindest hauptsächlich für Werkzeugmaschinen bestimmt sei, in die Tarifnr. 84.48. Ihrer Zugehöreigenschaft stehe nicht entgegen, daß sie in die Maschinen jeweils für die Zuführung eines bestimmten Mediums eingebaut würden. Auch als Teile von Werkzeugmaschinen gehörten sie in die Tarifnr. 84.48, Das ergebe sich aus der Vorschrift 2 a zu Abschn. XVI. Ob Zubehör oder Teile im Sinne der Tarifnr. 84.48 erkennbar hauptsächlich für Werkzeugmaschinen der Tarifnrn. 84.45, 84.46 oder 84.47 bestimmt seien, ergebe sich aus der Betrachtung der Ware, den Angaben des Einführers und der beabsichtigten, späteren tatsächlichen Verwendung. Schon die Differenzierung im Wortlaut der Tarifnr. 84.48 „ausschließlich oder hauptsächlich” zeige, daß bei der Tarifierung auch die Erklärungen des Einführers von Bedeutung seien. Die Bestimmung treffe nicht der beurteilende Zollbeamte, sondern der Hersteller, Einführer und Verwender der Ware, da sonst nach der Zusätzlichen Vorschrift 2 zu Abschn. XVI nicht vorgesehen wäre, daß auf Verlangen bei der Anmeldung Unterlagen beizufügen seien, aus denen die „Verwendung” der Ware hervorgehe. Der Wortlaut dieser Vorschrift spreche von „Verwendung”. Daher habe das FG zu Unrecht auf „Verwendungsmöglichkeiten” abgestellt.

Die Klägerin beantragt, das FG-Urteil aufzuheben und nach ihrem Klageantrag zu entscheiden.

Das HZA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist nicht begründet.

Das FG hat die gegen den Zollbescheid vom 4. April 1972 erhobene Klage zu Recht abgewiesen.

Die auf Antrag der Klägerin zum freien Verkehr abgefertigten „drehbaren Einführungen” sind zwar in diesem Bescheid zu Unrecht als mechanische Geräte angesehen und der Tarifst. 84.59 E zugewiesen worden. Die Klägerin ist dadurch jedoch nicht beschwert, da die Ware zur Tarifst. 84.65 B gehört, die die gleiche Zollbelastung vorsieht wie die Tarifst. 84.59 E.

Das FG-Urteil enthält die Feststellung, daß die „drehbaren Einführungen” nach ihren objektiven Merkmalen geeignet und bestimmt sind, in Maschinen eingebaut zu werden, um einer drehbaren Welle, Achse oder Trommel ein bestimmtes Medium zuzuführen (z. B. Wasser, Dampf, Luft, Hydrieröl, Bremsflüssigkeit) und daß die betreffenden Maschinen ohne ihr Vorhandensein nicht oder nur kurze Zeit weiterarbeiten könnten. Aus diesen Tatsachen hat das FG zu Recht den Schluß gezogen, daß es sich um Teile von Maschinen handelt. Die Klägerin irrt mit der Auffassung, die „drehbaren Einführungen” seien keine Maschinenteile, sondern Zubehör. Für die Frage, ob eine Ware ein Maschinenteil oder Zubehör ist, kann ihre Bezeichnung entgegen der Meinung der Klägerin keine Rolle spielen. Maßgeblich ist allein, wie die Ware beschaffen ist. In dieser Hinsicht scheitert die Behandlung der „drehbaren Einführungen” als Zubehör daran, daß die Maschinen, für die sie bestimmt sind, ohne sie nicht in Gang gehalten werden können. Ihre Auswechselbarkeit allein kann sie nicht zum Zubehör machen.

Da die „drehbaren Einführungen” keine Teile von Waren der Tarifnrn. 84.64, 85.23, 85.24, 85.25 und 85.27 sind, weder durch die Vorschrift 1 zu Abschn. XVI noch durch die Vorschrift 1 zu Kap. 84 noch durch die Vorschrift 1 zu Kap. 85 von Abschn. XVI ausgeschlossen sind, sind für ihre Tarifierung die Bestimmungen der Vorschrift 2, Buchst. a, b, c zu Abschn. XVI maßgebend.

Nach Buchst. a dieser Vorschrift sind Maschinenteile, die sich als Waren einer Tarifnummer des Kap. 84 oder 85 (ausgenommen die Tarifnrn. 84.65 und 85.28) darstellen, dieser Tarifnummer zuzuweisen, ohne Rücksicht darauf, für welche Maschinen sie bestimmt sind. Diese Regelung erfaßt die „drehbaren Einführungen” nicht.

Nach Buchst. b Satz 1 der erwähnten Vorschrift sind andere Maschinenteile, wenn zu erkennen ist, daß sie ihrer Beschaffenheit nach ausschließlich oder hauptsächlich für eine bestimmte Maschinenart oder für mehrere in der gleichen Tarifnummer (auch in Tarifnr. 84.59 oder Tarifnr. 85.22) erfaßten Maschinenarten bestimmt sind, der Tarifnummer für diese Maschinenart oder Maschinenarten oder ggf. den Tarifnrn. 84.38, 84.48 oder 84.55 zuzuweisen. Das FG hat hierzu festgestellt, nach der objektiven Beschaffenheit der „drehbaren Einführungen” sei nicht erkennbar, daß sie mindestens hauptsächlich für Werkzeugmaschinen der Tarifnrn. 84.45 bis 84.47 bestimmt seien. Es hat zu Recht für die Frage, ob die „drehbaren Einführungen” erkennbar für Werkzeugmaschinen bestimmt sind, nur auf ihre Beschaffenheit und nicht darauf abgestellt, ob sie hauptsächlich an Hersteller von Werkzeugmaschinen verkauft und in solche Maschinen eingebaut worden sind. Denn die Vorschrift 2 Buchst. b zu Abschn. XVI verlangt ausdrücklich, daß die Maschinenteile „ihrer Beschaffenheit nach” für eine bestimmte Maschinenart bestimmt sein müssen. Diese Regelung läßt entgegen der Auffassung der Klägerin keinen Raum, neben der objektiven Beschaffenheit der Ware auch die Angaben des Einführers und die beabsichtigte spätere Verwendung der Ware in Betracht zu ziehen.

Die Auffassung der Klägerin, die Entscheidung darüber, ob im Sinne der Vorschrift 2 Buchst. b zu Abschn. XVI ein Maschinenteil für eine bestimmte Maschinenart bestimmt sei, treffe nicht der Zollbeamte, sondern der Hersteller, Einführer oder Verwender der Ware, findet keine Stütze in der Zusätzlichen Vorschrift 2 zu Abschn. XVI. Denn diese zusätzliche Vorschrift betrifft nur Maschinen, nicht aber Maschinenteile.

Das FG hat schließlich festgestellt, daß die „drehbaren Einführungen” objektiv geeignet seien für alle möglichen Verwendungszwecke. Es hat sich hierbei gestützt auf den ihm vorgelegten Katalog, auf die bei den Abfertigungspapieren befindlichen Rechnungen und auf das von der Klägerin überreichte Gutachten. Aus den Angaben des Katalogs über „Mehrzweck-Einführungen” hat es entnommen, daß die „drehbaren Einführungen” vielseitig verwendbar sind.

Da somit auf die „drehbaren Einführungen” die Bestimmungen der Vorschrift 2 Buchst. a und b zu Abschn. XVI nicht zutreffen, hat das FG zu Recht die „drehbaren Einführungen” gemäß der Vorschrift 2 Buchst. c zu Abschn. XVI als Teile von Maschinen, in Kap. 84 anderweit weder genannt noch inbegriffen, der Tarifnr. 84.65 zugewiesen, wo sie durch die Stelle B erfaßt und dem gleichen Zollsatz unterworfen werden, wie er im angefochtenen Zollbescheid angewandt worden ist.

Die Entscheidung über die Tarifierung der „drehbaren Einführungen” ergibt sich somit bereits aus dem Wortlaut der Vorschrift 2 Buchst. a, b und c zu Abschn. XVI GZT sowie der Tarifst. 84.65 B GZT. Sonstige Vorschriften des Gemeinsamen Zolltarifs kommen für die Entscheidung der Tariffrage im vorliegenden Fall nicht zum Zuge. Da der Rechtsstreit keine Zweifel über die Auslegung einer Vorschrift des Gemeinsamen Zolltarifs ergeben hat, war es nicht erforderlich, nach Art. 177 Abs. 3 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft eine Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften einzuholen (vgl. auch BFH-Urteil vom 14. Oktober 1975 VII R 72/73, BFHE 117, 126).

 

Fundstellen

BFHE 1979, 282

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