Entscheidungsstichwort (Thema)

Gewerbesteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Ein Angestellter ist trotz erheblicher kapitalmäßiger Bindung an das Unternehmen und einer unternehmergleichen Stellung kein stiller Gesellschafter im Sinne des § 8 Ziff. 3 GewStG, wenn er neben dem festen Gehalt nur eine Umsatzbeteiligung erhält.

 

Normenkette

GewStG § 8 Ziff. 3

 

Tatbestand

Streitig ist im Gewerbesteuermeßbetragsverfahren für die Jahre 1954 bis 1956, ob die Bezüge des Sohnes des Betriebsinhabers als Gewinnanteile eines stillen Gesellschafters dem Gewerbeertrag hinzuzurechnen sind (ß 8 Ziff. 3 GewStG).

Der Bf., ein Schreinermeister, betrieb eine Möbelwerkstätte mit Möbelhandel. Der Sohn leitete das Geschäft. Im Jahre 1937 schloß der Bf. mit seinem Sohn einen Vertrag, in dem dem Sohn neben festem Gehalt eine Provision in Höhe der Hälfte des 5.000 RM übersteigenden Reingewinns eingeräumt wurde. Am 1. Oktober 1953 stellten die Beteiligten in einer sogenannten Zusatzvereinbarung klar, daß mit dem Sohn ein Arbeitsverhältnis bestehe. In einem Alternativvertrag, gleichfalls vom 1. Oktober 1953, den der Bf. während des Berufungsverfahrens vorlegt, war für den Sohn statt der Gewinnbeteiligung eine Umsatzprovision festgesetzt. Dieser Vertrag sollte nur wirksam sein, falls das Finanzamt die Zusatzvereinbarung vom 1. Oktober 1953 nicht anerkenne und eine stille Gesellschaft annähme. Tatsächlich erhielt der Sohn des Bf. in den Streitjahren eine nicht nach dem Reingewinn, sondern nach dem Umsatz bemessene Vergütung. Sie betrug für das Jahr 1954 2 v. H. des Ist-Umsatzes und für die Jahre 1955 und 1956 je 2 v. H. des Soll-Umsatzes. Der Bf. behielt von den Bezügen des Sohnes Lohnsteuer ein. Der Sohn beließ erhebliche Teile seiner Bezüge im Betrieb und stellte dem Betrieb darüber hinaus Beträge darlehnsweise zur Verfügung.

Das Finanzamt setzte zunächst für die Streitjahre die Gewerbesteuermeßbeträge nach den Erklärungen des Bf. fest. Durch eine Betriebsprüfung, die Anfang 1959 stattfand, wurden andere neue Tatsachen bekannt. Das Finanzamt rechnete nunmehr bei der Berichtigung der Gewerbesteuermeßbescheide die gesamten Vergütungen des Sohnes nach § 8 Ziff. 3 GewStG dem Gewerbeertrag zu, da es der Auffassung war, daß eine stille Gesellschaft vorliege.

Die Sprungberufung blieb ohne Erfolg. Das Finanzgericht führte aus, die Kammer habe auf Grund der mündlichen Verhandlung die überzeugung gewonnen, daß sich der Bf. und sein Sohn über die spätere übernahme des Betriebes durch den Sohn einig gewesen seien. Der Sohn habe eine umfassende fachmännische Ausbildung genossen. Unter seiner Leitung sei das Unternehmen erheblich vergrößert worden. Der Bf. selbst habe sich von der Leitung des Geschäfts weitgehend zurückgezogen. Zwischen Vater und Sohn habe tatsächlich ein Partnerschaftsverhältnis bestanden. Das Interesse des Sohnes an dem Betrieb komme nicht zuletzt darin zum Ausdruck, daß der Sohn beträchtliche Beträge im Unternehmen stehen gelassen habe. Auch die Umsatzprovision des Sohnes stelle wirtschaftlich eine Beteiligung am Geschäftsrisiko dar. Nach dem Vertrage von 1937 wäre sie nicht zu bezahlen gewesen, wenn dem Bf. nicht ein Mindestgewinn von 5.000 RM verblieben wäre. In Verlustjahren wäre sie entfallen. Der Alternativvertrag vom 1. Oktober 1953, der den Vertrag von 1937 hätte aufheben sollen, sei steuerlich nicht anzuerkennen, da es nicht den Beteiligten überlassen bleiben könne, wahlweise Verträge bereitzuhalten und der steuerlichen Beurteilung zu gegebener Zeit die für sie günstigste Regelung zugrunde zu legen.

 

Entscheidungsgründe

Die Rb. des Bf. führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Finanzamt zur anderweitigen Festsetzung der Gewerbesteuermeßbeträge.

Die Hinzurechnung des festen Gehalts entfiele auch bei Vorliegen einer stillen Gesellschaft. Nach den Vorschriften der §§ 8 Ziff. 3 und 36 Abs. 2 GewStG 1962 (in der Fassung vom 31. Juli 1963, BGBl I S. 566, BStBl 1963 I S. 560) bleibt vom Erhebungszeitraum 1949 an das feste Gehalt bei der Zurechnung außer Betracht. Für die Hinzurechnung kommen entgegen der früheren Gesetzeslage nur noch Gewinnanteile in Frage. Gewinnanteile eines stillen Gesellschafters liegen jedoch nicht vor.

Die Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs und anfänglich auch des Bundesfinanzhofs faßte für das Gewerbesteuerrecht den Begriff des stillen Gesellschafters weiter als im Handelsrecht und im Einkommensteuerrecht. Sie dehnte ihn auf gesellschaftsähnliche Dauerverhältnisse von Angestellten aus (vgl. Urteile des Reichsfinanzhofs VI 391/38 vom 27. Juli 1938, RStBl 1938 S. 908; VI 177/40 vom 17. Juli 1940, RStBl 1940 S. 915; Urteil des Bundesfinanzhofs I 139/54 S vom 22. November 1955, BStBl 1956 III S. 4, Slg. Bd. 62 S. 9). Diesen Rechtsstandpunkt, der der Vorentscheidung zugrunde lag, gab der Bundesfinanzhof inzwischen auf, da nach der sich in der Rechtsprechung verstärkt durchsetzenden Auffassung bei Verwendung zivilrechtlicher Begriffe in Steuergesetzen im Zweifel gefolgert werden muß, daß der Gesetzgeber damit an das Zivilrecht anknüpfen wolle (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs I 236/59 U vom 27. Februar 1963, BStBl 1963 III S. 370, Slg. Bd. 77 S. 145). Deshalb müssen - vom Erfordernis des Handelsgewerbes abgesehen - für die Annahme einer stillen Gesellschaft die Voraussetzungen des § 335 HGB gegeben sein (vgl. Urteile des Bundesfinanzhofs IV 213/60 S vom 5. Juni 1964 und IV 108/63 U vom 5. Juni 1964, BStBl 1965 III S. 49 und S. 51, Slg. Bd. 81 S. 138 und S. 143). Es müssen auch die übrigen vom Handelsrecht aufgestellten Erfordernisse erfüllt sein. Nach §§ 336 ff. HGB ist der stille Gesellschafter im Zweifel am Gewinn und Verlust beteiligt. Nur die Verlustbeteiligung kann ausgeschlossen werden (ß 336 Abs. 2 HGB). Da die Gewinnbeteiligung unabdingbar ist, kann sie nicht durch eine andere Form der Beteiligung am Geschäftsergebnis, z. B. durch bestimmte Quoten des Umsatzes, ersetzt werden (vgl. Weipert im Kommentar der Reichsgerichtsräte zum HGB, Bd. 2, 2. Aufl., Anm. 28 zu § 335). Eine Angestellter, der neben festem Gehalt nur eine Umsatzbeteiligung bezieht, ist deshalb auch dann kein stiller Gesellschafter im Sinne des § 8 Ziff. 3 GewStG, wenn er, wie im Streitfall, eine unternehmergleiche Stellung inne hat und erhebliche kapitalmäßige Bindungen zu dem Unternehmen eingegangen ist.

Im vorliegenden Fall ist unstreitig, daß der Bf. in den Streitjahren seinem Sohn keine Gewinnbeteiligung, sondern eine Umsatzprovision gewährte. Es kann deshalb dahingestellt bleiben, welche der wechselnden, von den Parteien vereinbarten und teilweise widerrufenen vertraglichen Bestimmungen im übrigen für die Gestaltung des zwischen ihnen bestehenden Rechtsverhältnisses maßgebend waren. Selbst wenn man mit dem Finanzgericht davon ausginge, daß der sogenannte Alternativvertrag vom 1. Oktober 1953 steuerlich nicht anzuerkennen sei, so bleibt für die Besteuerung gleichwohl die Tatsache maßgeblich, daß der Vertrag von 1937 in Verbindung mit der Zusatzvereinbarung vom 1. Oktober 1953 in dem hier entscheidenden Punkt der Beteiligung am Reingewinn nicht vollzogen wurde.

 

Fundstellen

Haufe-Index 411851

BStBl III 1966, 95

BFHE 1966, 260

BFHE 84, 260

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