Leitsatz (amtlich)

Der im Jahre 1964 für eingeführtes Motorenbenzin der Tarifnr. 27.10 – A geltende Umsatzausgleichsteuersatz von 4 v. H. verstieß nicht gegen Art. 95 EWGV.

 

Normenkette

DZT Tarifnr. 27.09; DZT Tarifnr. 27.10 - A; EWGVtr Art. 95; UStG 1951 i.d.F. des 14. UStÄndG vom 30. Juli 1963 § 4 Nr. 4; UStG 1951 i.d.F. des 14. UStÄndG vom 30. Juli 1963 § 7 Abs. 4

 

Tatbestand

Die Klägerin ließ am 4. Februar 1964 Motorenbenzin der Tarifnr. 27.10 – A aus Holland zum freien Verkehr abfertigen. Gegen die Erhebung von Umsatzausgleichsteuer (Steuersatz 4 v. H. des Wertes) machte sie mit ihrer Sprungberufung geltend, daß die Erhebung der Umsatzausgleichsteuer gegen Art. 95 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWGV) verstoße, weil sowohl die Herstellung wie auch der Absatz von Motorenbenzin in der Bundesrepublik umsatzsteuerfrei seien. 87 v. H. der in Deutschland bearbeiteten Rohöle würden eingefühlt. Die hieraus hergestellten Produkte seien nicht mit Umsatzsteuer belastet. Die im Inland geförderten Rohöle würden von keiner Förderungsgesellschaft selbst verarbeitet, sondern verkauft. Die Lieferungen der hieraus von den Erwerbern hergestellten Motorenbenzine seien auf Grund von § 4 Nr. 4 UStG umsatzsteuerfrei. Nur der Verkauf des im Inland geförderten Rohöls werde mit Umsatzsteuer belegt. Da Rohöl aber nicht mit Benzin gleichgesetzt werden könne, müsse diese Belastung unberücksichtigt bleiben.

Die Berufung blieb erfolglos. Das Finanzgericht (FG) hielt den Umsatzausgleichsteuer-Satz von 4 v. H, schon deshalb für gerechtfertigt, weil der inländische Unternehmer beim Verkauf des von ihm hergestellten Benzins 4 v. H. Umsatzsteuer entrichten müsse, wenn er das Rohöl selbst gefördert und verarbeitet hat.

Die Klägerin macht mit ihrer nunmehr als Revision zu behandelnden Rechtsbeschwerde geltend, daß die vom FG angeführte Möglichkeit der Belastung des aus einer Verarbeitung inländischen Rohöls durch eine Förderungsgesellschaft gewonnenen Benzins allein die Umsatzausgleichsteuer von 4 v. H, nicht rechtfertigen könne. Es müsse die tatsächliche Gesamtbelastung des inländischen Motorenbenzins mit Umsatzsteuer und die des eingeführten Benzins mit Umsatzausgleichsteuer gegenübergestellt werden. Im Streitfall sei das eingeführte Superbenzin mit 4,62 DM/t Umsatzausgleichsteuer belastet worden. Bei einem durchschnittlichen Rohölwert von 65 DM/t würden dessen Belastungen mit 4 v. H. Umsatzsteuer 2,60 DM/t betragen. Infolge des Mineralöl-Bearbeitungsprivilegs sei das aus diesem Rohöl im Inland hergestellte Benzin nicht mit weiterer Umsatzsteuer belastet, so daß dieses gegenüber dem eingeführten Benzin um 2,02 DM/t geringer belastet sei. Der Anteil inländischen Rohöls an der gesamten inländischen Benzinherstellung betrage nur einen Bruchteil des insgesamt verarbeiteten Rohöls, wovon 90 v. H. auf importiertes und 10 v. H. auf inländisches Rohöl entfallen. Von diesen 10 v. H. im Inland gewonnenem Rohöl werde der weitaus größte Teil vom Förderer an Raffinerien veräußert und sei dann mit Umsatzsteuer belastet. Ein geringerer Teil werde möglicherweise durch Innenumsätze (Unternehmereinheit oder Organschaft) umsatzsteuerfrei an den Verarbeiter geliefert. Bei Lieferung des so im Inland hergestellten Benzins entstehe infolge des Verarbeitungsprivilegs keine Umsatzsteuer, soweit importiertes und mit Umsatzsteuer belastetes Rohöl verarbeitet werde. Soweit auch zwischen der Raffinerie und dem Abnehmer eine Unternehmereinheit oder Organschaft bestehe, entstehe ebenfalls keine Umsatzsteuer. Lediglich wenige Prozente des Gesamtumsatzes würden demnach unmittelbar mit 4 v. H. Umsatzsteuer belastet. Da von der gesamten Inlandsproduktion überhaupt nur weniger als 1/10 mit Umsatzsteuer vorbelastet sei, betrage die Gesamtbelastung höchstens 0,4 v. H. bzw. 0,36 v. H. Die Belastung des eingeführten Rohöls mit Umsatzausgleichsteuer dürfe nicht berücksichtigt werden, da die Erhebung einer Umsatzausgleichsteuer zum Ausgleich mit Umsatzausgleichsteuer schon begrifflich nicht möglich sei. Der inländische Vergütungssatz für ausgeführtes Motorenbenzin sei 1962 von 1 v. H. auf 3 v. H. erhöht worden, weil Ende 1961 die Umsatzausgleichsteuer für Rohöl eingeführt worden sei. Durch die Erhöhung des Vergütungssatzes um 2 v. H. habe nur die anteilige Umsatzausgleichsteuer von 4 v. H. auf eingeführtes Rohöl kompensiert werden sollen, weil der durchschnittliche Ausfuhrwert von Motorenbenzin um etwa das Doppelte höher als der Einfuhrwert von Rohöl gelegen habe. Auch wenn man die Vorbelastungen der Hilfsstoffe und Produktionsmittel berücksichtige, die jedoch nach Ansicht der Klägerin keine mittelbaren Umsatzsteuer-Belastungen seien, würden diese höchstens mit 0,5 v. H. zu veranschlagen sein. Da das FG keine tatsächlichen Feststellungen zu der auszugleichenden Belastung des inländischen Benzins mit Umsatzsteuer getroffen habe, müsse dies nachgeholt werden.

Die Klägerin beantragt, die Vorentscheidung und den Zollbescheid vom 4. Februar 1964 aufzuheben; hilfsweise, die Sache unter Aufhebung der Vorentscheidung an das FG zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts zurückzuverweisen.

Der dem Verfahren beigetretene Bundesminister der Finanzen (BdF) beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Der BdF macht geltend, daß sich bei den drei möglichen Arten der Benzinherstellung im Inland im Zeitpunkt der Einfuhr folgende Umsatzsteuer-Belastungen ergäben:

  1. Herstellung aus eingeführtem Rohöl: 4 v. H. Umsatzausgleichsteuer des Wertes des eingeführten Rohöls (Lieferung des Herstellers an Abnehmer wegen des Mineralölprivilegs umsatzsteuerfrei);
  2. Herstellung aus vom Hersteller erworbenem inländischen Rohöl: 4 v. H. Umsatzsteuer aus der Lieferung des Rohöls an den Hersteller (Lieferung des Herstellers an Unternehmer Umsatzsteuer frei);
  3. Herstellung aus im Inland selbst gewonnenem Rohöl: 4 v. H. Umsatzsteuer aus der Lieferung des Benzins an Unternehmer durch den Hersteller (kein Fall des Mineralölprivilegs); in diesem Falle sei die mittelbare Belastung mit etwa 2 v. H. hinzuzurechnen, wobei zu berücksichtigen sei, daß hier das Vorprodukt Rohöl unmittelbar keine Steuer trage. Im übrigen entspreche im allgemeinen der Ausfuhr-Vergütungssatz für Benzin von 3 v. H. der Umsatzsteuer-Vorbelastung.

Im Jahre 1965 habe der Anteil der im Inland geförderten Menge von Rohöl 11,6 v. H. der gesamten Menge des verarbeiteten Rohöls betragen. Davon seien schätzungsweise 50 v. H. von Förderbetrieben zu Mineralöl selbst weiterverarbeitet worden, so daß unterstellt werden könne, daß etwa 5 v. H. des im Inland erzeugten Benzins mit mehr als 4 v. H. Umsatzsteuer (schätzungsweise 6 v. H.) belastet seien. Dies dürfte auch für 1964 zutreffen.

Die EWG-Kommission habe bisher stets – insbesondere in Konsultationsverhandlungen – deutsche Ausgleichsteuersätze auf ihre Vereinbarkeit mit den Art. 95 und 97 EWGV geprüft. Sie habe die jeweils geprüften Steuersätze entweder als mit den Art. 95 und 97 EWGV vereinbar oder nicht vereinbar erklärt. So habe sie in ihrer Richtlinie betreffend die Einfuhr von Wollkammzügen in die Bundesrepublik Deutschland (BRD) vom 30. Juli 1962 (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften 1962 S. 2214 – ABlEG 1962, 2214 –) den Belastungsvergleich auch hinsichtlich der Vorbelastung der im Inland hergestellten Wollkammzüge anerkannt. Den Steuersatz für Benzin habe die Kommission nie angegriffen und auch keine Konsultationsverhandlungen darüber geführt.

Durch die Erhebung der Umsatzausgleichsteuer solle verhindert werden, die inländischen Hersteller zu benachteiligen. Der Umsatzausgleichsteuer-Satz von 4 v. H. sei daher schon dann gerechtfertigt, wenn Benzin auch nur bei einer nicht ins Gewicht fallenden Herstellungsart mit mindestens 4 v. H. Umsatzsteuer belastet sei.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision kann keinen Erfolg haben.

1. Der Einholung einer Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften (EGH) nach Art. 177 EWGV zur Auslegung des EWGV bedarf es dann nicht mehr, wenn der EGH zu der betreffenden Frage bereits Stellung genommen hat und der Senat dessen Auffassung übernimmt (vgl. Urteil des EGH vom 27. März 1963, Rs. 28-30/62, Sammlung der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Eur. Gem. Bd. IX S. 67 [80] – RsprGH IX, 67 [80] –). Die im Streitfall in Betracht kommenden Fragen der Auslegung der Art. 95 und 97 EWGV hat der EGH bereits u. a. in den Urteilen zu den Rechtssachen 57/65 vom 16. Juni 1966 (RsprGH XII, 257, Bundeszollblatt 1966 S. 735 – BZBl 1966, 735 –) und 28/67 vom 3. April 1968 (BZBl 1968, 340) entschieden. Er hat in der Rechtssache 57/65 dem Art. 95 EWGV unmittelbare Wirkung beigemessen, so daß sich der einzelne auf ihn vor den staatlichen Gerichten berufen kann. Für den Fall, daß ein Mitgliedsstaat Steuersätze als Durchschnittssätze eingeführt hat, hat der EGH in der Rechtssache 28/67 dem Art. 97 Abs. 1 jedoch keine unmittelbare Wirkung zugesprochen. In diesem Urteil hat der EGH ferner unter „inländischen Abgaben, die gleichartige inländische Waren unmittelbar oder mittelbar zu tragen haben”, alle Abgaben verstanden, die das inländische Erzeugnis tatsächlich und spezifisch auf allen Fertigungs- und Vertriebsstufen treffen, die derjenigen der Einfuhr gleichartiger Erzeugnisse aus anderen Mitgliedstaaten vorangingen oder entsprechen, also auch die auf die bei der Herstellung der Erzeugnisse verwendeten Produktionsmittel, Hilfsstoffe, Dienstleistungen usw. entfallende Umsatzsteuer. Der erkennende Senat tritt dieser Auffassung bei. Eine Vorlage an den EGH entfällt daher, weil nur noch über die Anwendung der Art. 95 und 97 EWGV zu entscheiden ist.

2. Zur Frage der Einführung von Durchschnittsätzen hat der erkennende Senat im Urteil VII 156/65 vom 11. Juli 1968 (Sammlung der Entscheidungen des Bundesfinanzhofs Bd. 92 S. 405 [414, 415] – BFH 92, 405 [414, 415] – BZBl 1968, 1026), entschieden, daß der allgemeine bzw. einfache Steuersatz von 4 v. H. nicht im Gesetz ausdrücklich zum Durchschnittssatz erklärt war und auch nicht als auf andere Weise festgelegter Durchschnittssatz angesehen werden kann. Daher muß im Streitfall in Anwendung des Art. 95 EWGV geprüft werden, ob dieser Steuersatz höher ist als die unmittelbare oder mittelbare Belastung inländischen Benzins mit Umsatzsteuer. Nach dem in § 4 Nr. 4 UStG 1951 enthaltenen Mineralölbearbeitungs-Privileg ist die Lieferung von Rohöl und daraus hergestelltem Kraftstoff (Freiliste 3 Nrn. 4 und 5 a, Anlage 1 zu § 4 Nr. 4 UStG) im Großhandel umsatzsteuerfrei, soweit der Unternehmer es erworben, es nicht oder lediglich in der nach Anlage 2 zu § 4 Nr. 4 UStG zugelassenen Weise bearbeitet oder verarbeitet – hierzu gehört die Herstellung von Kraftstoffen aus rohem Erdöl nach Anlage 2 (c) in Verbindung mit Nr. 5 a der Anlage 1 zu § 4 Nr. 4 UStG – und die Voraussetzungen für die Steuerfreiheit buchmäßig nachgewiesen hat. Demnach sind Lieferungen von Motorenbenzin im Großhandel regelmäßig umsatzsteuerfrei. Sie fallen aber dann nicht unter das Privileg und unterliegen der Umsatzsteuer, wenn der Unternehmer das Rohöl selbst gefördert und verarbeitet hat.

In dem letztgenannten Fall hat der Unternehmer beim Verkauf des von ihm hergestellten Benzins sowie bei einem unternehmensfremden Eigenverbrauch gemäß § 7 Abs. 1 UStG 4 v. H. Umsatzsteuer zu entrichten. Dieser Belastung ist noch die sog. Vorbelastung in Höhe der jeweils anteilig auf die Lieferung der bei der Herstellung und bei dem Vertrieb verwendeten Hilfsstoffe, Maschinen, auf die Lieferung der dabei verbrauchten Energie und auf die in Anspruch genommenen Dienst- und Beförderungsleistungen entfallenden Umsatzsteuer oder Beförderungsteuer hinzuzurechnen. Das in dieser Weise belastete inländische Benzin umfaßt jedoch nur etwa 5 v. H. der Gesamtmenge des im Inland hergestellten Benzins. Denn nach dem insoweit übereinstimmenden Vorbringen der Beteiligten entfielen bei der Rohölverarbeitung in den Jahren 1964/1965 ca. 10 bis 12 v. H. auf inländisches Rohöl, wovon nach Angabe des BdF etwa 50 v. H. von Förderbetrieben selbst zu Mineralölen weiterverarbeitet wurden.

Die Vorinstanz hat die Auffassung vertreten, daß bereits die Umsatzsteuer-Belastung einer so geringen Menge die Erhebung von Umsatzausgleichsteuer für Motorenbenzin nach dem allgemeinen Steuersatz von 4 v. H. rechtfertige, weil es nicht darauf ankommen könne, wie die Erzeugung und der Absatz von Motorenbenzin im einen oder anderen Fall tatsächlich durchgeführt werden. Für diese Auffassung spricht der Sinn und Zweck der Erhebung der Umsatzausgleichsteuer, die eingeführten Waren wegen der fehlenden Umsatzsteuer-Belastung den inländischen Waren zur Vermeidung einer Benachteiligung umsatzsteuerlich gleichzustellen. Sind die Waren sämtlicher inländischer Hersteller mit Umsatzsteuer belastet, so erscheint die Erhebung einer dieser Belastung entsprechenden Umsatzausgleichsteuer auch dann gerechtfertigt, wenn der Anteil des von diesen Herstellern hergestellten Benzins gegenüber dem eingeführten Benzin nur geringfügig ist. Wird aber – wie im Streitfall – daneben im Inland, und zwar sogar zu 87 bis 90 v. H. der Gesamtmenge, ausländisches Rohöl unter Inanspruchnahme des Mineralölbearbeitungs-Privilegs zur Benzinherstellung verwendet, so kann es zweifelhaft sein, ob auch dann noch dem Belastungsvergleich die höhere Belastung des nur geringfügigen Anteils an der Erzeugung zugrunde gelegt werden kann, oder ob nicht die möglicherweise niedrigere Belastung der weitaus überwiegenden Erzeugung aus ausländischem Rohöl oder die dazwischen liegende durchschnittliche Belastung der Gesamterzeugung in Vergleich zu ziehen ist. Hierbei handelt es sich um Fragen der Auslegung des Art. 95 EWGV, über die der EGH zu entscheiden hat (Art. 164, 177 EWGV). Der Senat sieht jedoch auch in diesem Punkt von der Einholung einer Vorabentscheidung ab, weil er den Umsatzausgleichsteuer-Satz von 4 v. H. auch im Vergleich mit der Umsatzsteuer-Belastung des aus ausländischem Rohöl hergestellten Benzins und damit wegen der über 4 v. H. liegenden Belastung des Benzins, das aus inländischem Rohöl in den Förderbetrieben selbst hergestellt wurde, auch mit der Durchschnittsbelastung der Gesamterzeugung für gerechtfertigt hält.

3. Das aus eingeführtem Rohöl im Inland hergestellte Motorenbenzin wird zwar in der Regel deshalb nicht unmittelbar mit Umsatzsteuer belastet sein, weil die inländischen Hersteller das Mineralölbearbeitungs-Privileg in Anspruch nehmen dürften. Beim Belastungsvergleich ist jedoch gemäß Art. 95 Abs. 1 EWGV auch die mittelbare Umsatzsteuer-Belastung des im Inland hergestellten Benzins in Rechnung zu stellen. Nach dem o. a. Urteil des EGH in der Rechtssache 28/67 sind darunter in weiter Auslegung alle Abgaben zu verstehen, die das inländische Erzeugnis tatsächlich und spezifisch auf allen Fertigungs- und Vertriebsstufen treffen, die derjenigen der Einfuhr gleichartiger Erzeugnisse aus anderen Mitgliedstaaten vorangehen oder entsprechen. Darunter fällt vor allem die Umsatzsteuer bzw. Umsatzausgleichsteuer auf den verwendeten Rohstoff, im Streitfalle also auf das eingeführte Rohöl. Dieses war zur Zeit der streitigen Einfuhr mit einer Umsatzausgleichsteuer von 4 v. H. des Wertes einschließlich des Zollbetrages von 12,50 DM/100 kg (Tarifnr. 27.09 des Zolltarifs – ZT – 1963) belastet, bei Annahme des von der Klägerin angegebenen durchschnittlichen Rohölwertes von 6,50 DM/100 kg also mit 0,76 DM/100 kg.

Gegen die Berücksichtigung dieser Umsatzausgleichsteuerbelastung des Rohöls hat die Klägerin geltend gemacht, daß eine Umsatzausgleichsteuer nicht zum Ausgleich einer Umsatzausgleichsteuer erhoben werden dürfe. Sie übersieht dabei, daß bei einem Belastungsvergleich die tatsächliche Belastung des im Inland hergestellten Benzins mit Umsatzsteuer festzustellen ist und daß die Umsatzausgleichsteuer lediglich ein unselbständiger Teil der Umsatzsteuer ist, nämlich die Besteuerung der Einfuhr (vgl. Hübschmann-Grabower-Beck-v. Wallis-Schwarz, Kommentar zum Umsatzsteuergesetz 1951, Einleitung S. 16; Schwarz, Umsatzausgleichsteuer, 2. Aufl., Einleitung I Anm. 1, Umsatzsteuergesetz § 7 Anm. 2). Durch die Umsatzausgleichsteuer auf eingeführtes Benzin soll nicht unmittelbar die Umsatzausgleichsteuer für Rohöl ausgeglichen werden, sondern die gesamte auf im Inland hergestelltem Benzin ruhende Umsatzsteuer-Belastung. Besteht diese Gesamtbelastung zum Teil auch aus der Umsatzausgleichsteuerbelastung für Rohöl, das mangels einer ausreichenden inländischen Ölerzeugung eingeführt werden muß, so tritt beim Belastungsvergleich diese Umsatzausgleichsteuerbelastung an die Stelle der Umsatzsteuer-Belastung des im Inland geförderten Rohöls.

Der Umsatzausgleichsteuer-Belastung des Rohöls mit 0,76 DM/100 kg steht im Einfuhrfall bei einer Menge von 731 314 kg Motorenbenzin eine Belastung von 3 377,20 DM Umsatzausgleichsteuer gegenüber, was einer Belastung von 0,462 DM/100 kg oder ausgehend von dem von der Klägerin angegebenen durchschnittlichen Benzinpreis ab Raffinerie von 11,50 DM/100 kg einer Belastung von 0,46 DM/100 kg entspricht. Obwohl auch bei der Verarbeitung des Rohöls zu Benzin Verluste eintreten, kann man diese mit der Klägerin so gering ansetzen, daß das Anteilverhältnis des hergestellten Benzins in der Regel demjenigen des zur Verarbeitung angesetzten Rohöls entspricht. Auch in diesem Falle ist das eingeführte Benzin schon wesentlich geringer mit Umsatzausgleichsteuer belastet als der eingesetzte Rohstoff. Darüber hinaus muß noch die Vorbelastung des im Inland hergestellten Benzins mit Umsatzsteuer berücksichtigt werden, nämlich die anteilige Umsatzsteuer-Belastung der in den Raffinerien eingesetzten Maschinen, der verwendeten Energie und der Dienstleistungen usw., die mindestens mit 1 v. H. anzusetzen ist, bei einem durchschnittlichen Benzinpreis von 11,50 DM/100 kg also 0,115 DM/100 kg. Der BdF führt hierzu zwar aus, daß in der Regel der Ausfuhrvergütungssatz der Vorbelastung entspreche, in diesem Fall also 3 v. H. des Ausfuhrwertes. Dies mag im allgemeinen zutreffen, weil die Ausfuhrlieferung als solche nach § 4 Nr. 3 UStG 1951 umsatzsteuerfrei war, so daß sich die Vergütung für die durchschnittlich auf dem Ausfuhrgegenstand lastende Steuer (§ 16 Abs. 2 UStG 1951 i. d. F. des Vierzehnten Gesetzes zur Änderung des Umsatzsteuergesetzes – 14. UStÄndG – vom 30. Juli 1963, Bundesgesetzblatt I 1963 S. 562 – BGBl I 1963, 562 –) nur auf die Vorbelastung beziehen konnte. Der Klägerin ist aber zuzugeben, daß ursprünglich der Ausfuhrvergütungssatz für Benzin nur 1 v. H. betrug und erst von dem gleichen Zeitpunkt ab, in dem die Umsatzausgleichsteuer für Rohöl wieder eingeführt worden war, nämlich mit Wirkung vom 1. Oktober 1961 durch das Elfte Gesetz zur Änderung des Umsatzsteuergesetzes – 11. UStÄndG – vom 16. August 1961 (BGBl I 1330), durch die Vergütungsliste (Anlage 3 zu § 79 der Durchführungsbestimmungen zum Umsatzsteuergesetz – UStDB –, BStBl I 1962, 797, Dreizehnte Verordnung zur Änderung der Durchführungsbestimmungen zum Umsatzsteuergesetz – 13. UStDBÄndVO – vom 8. Mai 1962, BStBl I 1962, 794) von 1 v. H. auf 3 v. H. erhöht wurde. Die Erhöhung um 2 v. H. konnte nur dadurch gerechtfertigt sein, daß die Umsatzausgleichsteuerbelastung des eingeführten Rohöls, dessen Einfuhrwert etwa der Hälfte des Ausfuhrwertes des Benzins entspricht, mit 2 v. H. – bezogen auf den Ausfuhrwert des Benzins – abgegolten werden sollte. Rechnet man die sich daher ergebende Vorbelastung von 1 v. H. noch zur Umsatzausgleichsteuer-Belastung des Rohöls hinzu, so steht der Umsatzausgleichsteuerbelastung des eingeführten Benzins eine etwa doppelt so hohe Belastung des im Inland hergestellten Benzins mit Umsatzsteuer gegenüber. Eine etwaige anteilige Umsatzausgleichsteuer von dem auf dem eingeführten Benzin ruhenden Mineralölsteuerbetrag kann ebenso wie die etwa gleichhohe anteilige Umsatzsteuer von dem auf das im Inland hergestellte Benzin entfallenden Mineralölsteuerbetrag beim Belastungsvergleich außer Betracht bleiben. Ebenso wie im Streitfall ein anteiliger Umsatzausgleichsteuerbetrag von der Mineralölsteuer nicht erhoben wurde, ist die Lieferung von Benzin im Inland durch einen Unternehmer, der das Mineralöl-Bearbeitungs-Privileg in Anspruch nimmt, zwar umsatzsteuerfrei. Die Umsatzsteuer von der Mineralölsteuer wird jedoch bei dem nächsten Umsatz erhoben. Es würde sich dann dieselbe Umsatzsteuer-Belastung ergeben, wie sie der Inhaber eines Steuerlagers von eingeführtem Benzin bei der Auslagerung in Gestalt der anteiligen Umsatzausgleichsteuer zu tragen hätte. Die von der Klägerin angeführten Ermäßigungen der Vorbelastung für inländisches Rohöl infolge der Gewinnung und Verarbeitung in Betrieben der Unternehmenseinheit oder Organschaft fallen demgegenüber nicht ins Gewicht.

4. Da somit bereits der Belastungsvergleich erkennen läßt, daß der Umsatzausgleichsteuersatz von 4 v. H. im Streitfall das eingeführte Benzin nicht höher belastet als inländisches, kommt es auf den Rechtssatz 3 des Urteils VII 156/65 nicht an, der besagt, daß ein Verstoß gegen Art. 95 EWGV insoweit zu verneinen sei, als der im maßgebenden Zeitpunkt geltende Satz nicht den Satz übersteigt, der zur Zeit der Verkündung des Siebzehnten Gesetzes zur Änderung des Umsatzsteuergesetzes (17. UStÄndG) galt und von diesem mit Wirkung vom folgenden Tage an, nämlich am 30. Dezember 1966, als Durchschnittssatz festgelegt wurde, sofern sich nicht in der Zeit zwischen der Hinfuhr und dem Inkrafttreten des 17. UStÄndG die wirtschaftlichen Verhältnisse oder die Umsatzsteuer-Belastung gleichartiger oder vergleichbarer inländischer Waren wesentlich geändert haben. Auch im Streitfall ist der Steuersatz von 4 v. H. durch das 17. UStÄndG mit Wirkung vom 30. Dezember 1966 zum Durchschnittssatz erklärt worden. Das Mineralöl-Bearbeitungs-Privileg wurde erst durch das Steueränderungsgesetz (StÄndG) vom 23. Dezember 1966 (BGBl I 1966, 702, BStBl I 1967, 2) mit Wirkung vom 1. Januar 1967 geändert (siehe Hübschmann-Grabower-Beck-von Wallis-Schwarz, Kommentar zum Umsatzsteuergesetz 1951, § 4 Nr. 4 Anm. 23 ff.). In der Zeit zwischen 1962 und 1966 wurden nach Angabe des BdF von der EWG-Kommission keine Konsultationsverhandlungen veranlaßt, was dafür sprechen würde, daß weder die Kommission noch die daran interessierten Mitgliedstaaten den Steuersatz als gegen Art. 95 EWGV verstoßend angesehen haben, obwohl nach dem ZT 1965 der Zoll auf Rohöl weggefallen ist. Nach diesem Wegfall könnte beim Belastungsvergleich nur von einer Umsatzausgleichsteuer-Belastung von 4 v. H. vom Rohölwert 6,50 DM/100 kg, also von 0,26 DM/100 kg, zuzüglich der Vorbelastung des Benzins mit 1 v. H. von 11,50 DM/100 kg, also 0,115 DM/100 kg, insgesamt also von mindestens 0,375 DM/100 kg gegenüber der Umsatzausgleichsteuer-Belastung des Benzins mit 4 v. H. von 11,50 DM/100 kg = 0,46 DM/100 kg nach den Angaben der Klägerin ausgegangen werden. Eine genauere Ermittlung der Rohöl-Verluste anläßlich der Benzinherstellung, der durchschnittlichen Ein- und Ausfuhrwerte sowie der Vorbelastung bei der Rohölgewinnung und Benzinherstellung würde allerdings mit ziemlicher Sicherheit eine höhere Umsatzsteuer-Belastung ergeben, weil der Senat jeweils die für die Klägerin günstigsten Berechnungen durchgeführt hat und auch die Ausfuhrvergütungen damals nicht die volle Vorbelastung ausgeglichen haben (vgl. Rau-Dürrwächter-Flick-Koch, Umsatzsteuergesetz (Mehrwertsteuer), Kommentar, Anhang „Wie hoch ist meine Umsatzsteuer-Vorbelastung” S. 11; Eckhardt-Limmer, Studie über die Reform der Umsatzausgleichsteuer, S. 34 ff.). Da jedoch zur Zeit der im Streitfall von der Klägerin durchgeführten Einfuhr von Motorenbenzin noch Zoll auf eingeführtes Rohöl zu erheben war, trägt der erkennende Senat keine Bedenken, den Umsatzausgleichsteuersatz von 4 v. H. als nicht gegen Art. 95 EWGV verstoßend anzusehen.

 

Fundstellen

BFHE 1969, 426

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