Leitsatz (amtlich)

Gemäß Art. 177 Abs. 1 und 3 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft werden dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften folgende Fragen zur Entscheidung vorgelegt:

    1. Hält der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EGH) an seiner Entscheidung in der Rechtssache 57/65 vom 16. Juni 1966 fest, daß Art. 95 Abs. 1 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWGV) unmittelbare Wirkungen hat und individuelle Rechte des Einzelnen begründet, welche die staatlichen Gerichte zu beachten haben?
    2. Kann Art. 95 EWGV im Hinblick auf seinen Wortlaut als sog. self-executing-Norm dem Einzelnen das Recht gewähren, vor den nationalen Gerichten zu verlangen, entgegen dem noch anders lautenden Gesetz so gestellt zu werden, als ob der Mitgliedstaat seine gesetzgeberische Verpflichtung aus diesem Artikel erfüllt habe, während nach dem Vertragswerk (Art. 169, 170 EWGV) die Kommission oder die anderen Mitgliedstaaten nur die Vertragserfüllung durch den Mitgliedstaat verlangen können, mit anderen Worten: Ist daraus zu folgern, daß durch Art. 95 Abs. 3 EWGV die Gesetzgebungshoheit der Mitgliedstaaten auch für das Gebiet der inneren Abgaben insoweit durchbrochen ist?
  1. Ist auch Art. 97 EWGV, der seinem Wortlaut nach nur die Kommission zum Eingreifen ermächtigt (Art. 97 Abs. 2 EWGV), in dem Sinne self-executing, daß er dem einzelnen Staatsbürger das Recht gibt, im Wege der Anfechtungsklage gegen den Steuerbescheid im Einzelfall durch den nationalen Richter die Vereinbarkeit des gesetzlichen Durchschnittssteuersatzes mit den Grundsätzen des Art. 95 EWGV nachprüfen zu lassen?
  2. Was ist unter Durchschnittssätzen im Sinne von Art. 97 EWGV zu verstehen? Ist danach der im vorliegenden Fall umstrittene Ausgleichsteuersatz von 4 % für Vollmilchpulver ein solcher Durchschnittssatz?
  3. Hat der Einzelne auch dann noch auf Grund von Art. 97 EWGV ein Recht auf Nachprüfung eines Durchschnittssatzes durch die nationalen Gerichte, wenn die Kommission ihrer Verpflichtung, die Einhaltung des Vertrages zu gewährleisten, nachgekommen ist, und der Mitgliedstaat dem Verlangen der Kommission entsprechend den Durchschnittssatz geändert hat?
  4. Was ist unter mittelbarer Belastung inländischer Waren im Sinne von Art. 95 Abs. 1 EWGV zu verstehen?
 

Normenkette

EWGVtr Art. 95, 97, 169-170; GG Art. 24-25; UStG §§ 6-7, 1 Abs. 1/3, §§ 11, 21

 

Streitjahr(e)

1962

 

Tatbestand

  • A. -
  • I. - Die Klägerin ließ am 15. Juni 1962 aus Belgien eingeführtes Walzenvollmilchpulver zum freien Verkehr abfertigen.

Gegen den Eingangsabgabenbescheid, mit dem Zoll und 4 v. H. Ausgleichsteuer angefordert wurde, erhob sie zunächst wegen der Feststellung des Zollwertes Einspruch, der erfolglos blieb.

Im Berufungsverfahren wurde die Erhebung der Ausgleichsteuer überhaupt angefochten, da sie u. a. gegen Art. 95 EWGV verstoße, weil gemäß § 4 Nr. 20 UStG inländisches Vollmilchpulver seit dem 1. Februar 1956 von der Umsatzsteuer befreit und weil nach § 4 Nr. 25 und Nr. 19 UStG sogar die Lieferung des Vorprodukts Milch umsatzsteuerfrei sei. Das Finanzgericht (FG) hat die Berufung als unbegründet zurückgewiesen, daß die Erhebung von 4. v. H. Ausgleichsteuer zu Recht erfolgt sei. Es ist bei seiner Entscheidung davon ausgegangen, "daß bezüglich Umsatzsteuer und Ausgleichsteuer eine ungleiche Behandlung von inländischem und ausländischem Vollmilchpulver gesetzlich besteht". Der Sachverhalt des Streitfalls liege also so, daß ein beim Inkrafttreten des EWGV bestehender Rechtszustand nicht, wie es gemäß Art. 95 Abs. 3 EWGV erforderlich gewesen sei, spätestens mit Beginn der zweiten Stufe am 1. Januar 1962 durch positives Handeln des Gesetzgebers geändert worden sei. Das FG ist der Auffassung, daß Art. 95 Abs. 3 EWGV die einzelnen Staaten bzw. deren Rechtssetzungsorgane zu einem bestimmten Handeln verpflichte, daß dieser Verpflichtung aber, anders als bei den reinen Unterlassungspflichten wie z. B. in Art. 12 EWGV, keine Rechte des Einzelnen gegenüberstünden. Bei der Bedeutung, die der EGH in seinen Entscheidungen 2, 3 und 26/62 zur Auslegung der Art. 9, 12, 95 Abs. 1 EWGV dem Umstand beimesse, daß es sich hier um reine, ohne Mitwirkung des staatlichen Gesetzgebers erfüllbare Unterlassungspflichten der Staaten handle, sei es nicht möglich, andere Bestimmungen des EWGV, die wie Art. 95 Abs. 3 EWGV eine positive Tätigkeit des Gesetzgebers verlangen, entsprechend diesen Entscheidungen auszulegen.

  • II. - Mit der nunmehr als Revision zu behandelnden Rb. wird vorgetragen, daß die Behauptung des FG, Art. 95 EWGV sei kein unmittelbar geltendes Recht, sondern verpflichte lediglich die Bundesregierung völkerrechtlich, verfehlt sei. Art. 95 EWGV schaffe zum einen unmittelbar Rechte und Pflichten für die einzelnen Bürger der Mitgliedstaaten und sei außerdem "self-executing". Sollte der Bundesfinanzhof (BFH) dieser Auslegung des Art. 95 nicht folgen wollen, werde beantragt, die Rechtsfrage dem EGH vorzulegen.

Der Beklagte (Hauptzollamt - HZA -) trägt hierzu im wesentlichen vor, daß Art. 95 EWGV sich schon seinem Wortlaut nach allein an die Mitgliedstaaten wende und beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

  • III. - Während des Revisionsverfahrens hat der EGH durch Urteil vom 16. Juni 1966 in der Rechtssache 57/65 (EGH Bd. XII S. 257 f., Bundeszollblatt - BZBl - 1966 S. 735) auf Grund eines Vorlagebeschlusses des FG des Saarlandes im Sinn der Klägerin entschieden, nämlich, daß die Verbotsnorm des Art. 95 EWGV, unbeschadet der in Abs. 3 bestimmten Ausnahme für die bei Inkrafttreten des Vertrages und bis 1. Januar 1962 in Geltung gewesenen Vorschriften, unmittelbare Wirkung habe und individuelle Rechte des Einzelnen begründe, welche die staatlichen Gerichte zu beachten hätten.
  • IV. - Der dem Verfahren beigetretene Bundesminister der Finanzen hat vorgetragen, daß die deutschen Ausgleichsteuersätze - ausgenommen lediglich die Ausgleichsteuersätze für einige wenige Waren, denen gleichartige oder vergleichbare inländische Waren nicht gegenüberstehen - Durchschnittssätze im Sinne von Art. 97 EWGV seien.
    1. Da die Umsatzsteuer in der Bundesrepublik Deutschland nach dem System der kumulativen Mehrphasensteuer erhoben werde, sei die kumulierte Umsatzsteuerbelastung einer Ware gleich der Summe aller Umsatzsteuerbeträge, die für die Herstellung und Lieferung der Ware selbst und für die Herstellung und Lieferung aller in die Ware eingegangenen Güter und die Leistung aller zugehörigen Dienste auf allen Vorstufen der Produktion und des Handels gezahlt werden. Die Ermittlung der kumulierten Umsatzsteuerbelastung erfordere daher, daß der Produktionsweg über alle Vorstufen zurückverfolgt werde. Eine genaue rechnerische Ermittlung der kumulierten Umsatzsteuerbelastung sei nicht möglich, es ergäben sich so viele Probleme, daß zwangsläufig mit bestimmten Hypothesen und Schätzungen gearbeitet werden müsse. Das gelte insbesondere dann, wenn nicht nur die kumulierte Umsatzsteuerbelastung für eine bestimmte Ware eines bestimmten Herstellungsbetriebes zu ermitteln sei, sondern wenn die Ermittlung der Umsatzsteuerbelastung einer Ware repräsentativen Charakter haben solle.

Die grundsätzlichen Schwierigkeiten erklärten sich daraus, daß bei der Berechnung der kumulierten Umsatzsteuerbelastung folgende letztlich exakt nicht lösbaren Probleme auftreten würden:

  1. Ermittlung der mit Umsatzsteuer belasteten Kosten je Ware (Kostenrechnung),
  2. Ermittlung der Umsatzsteuerbelastung der verschiedenen Betriebsmittel,
  3. Ermittlung der Handels- und Verdienstspannen der Vorstufen,
  4. Ermittlung des "repräsentativen" Produktionsweges und des "normalen" Produktionsverfahrens in den einzelnen Stufen,
  5. Auswahl der Bezugsgrößen (Werte, auf die die absoluten Umsatzsteuerbelastungen zu beziehen sind, um relative Belastungssätze zu bilden).

In den meisten Fällen sei man auf Schätzungen und den Ansatz von Durchschnitten angewiesen.

Die Summe aller Vorbelastungen und die Belastung des Endproduktes mit Umsatzsteuer, bezogen auf den von der Umsatzsteuer befreiten Verkaufspreis auf der Stufe des Herstellers, ergebe die zum Vergleich heranzuziehende Gesamtbelastung einer Ware.

Die Festsetzung von Durchschnittssätzen erweise sich beim System der kumulativen Mehrphasensteuer als notwendig, weil die gleiche Ware je nach Betrieb und Herstellungsgang unterschiedlich mit Umsatzsteuer belastet sei.

  1. Die EWG-Kommission habe bisher stets deutsche Ausgleichsteuersätze auf ihre Vereinbarkeit mit den Art. 95 und 97 EWGV geprüft und entweder als mit den Art. 95 und 97 EWGV vereinbar oder nicht vereinbar erklärt, gehe also davon aus, daß die deutschen Ausgleichsteuersätze Durchschnittssätze im Sinne von Art. 97 EWGV seien.

Auch der von der EWG-Kommission im Jahre 1962 aufgestellte, wenn auch nicht weiter verfolgte Entwurf einer Gemeinsamen Methode zur Berechnung der in Art. 97 vorgesehenen Durchschnittssätze ließe erkennen, daß die Umsatzsteuerbelastung einer Ware beim System der kumulativen Mehrphasensteuer nicht genau ermittelt werden könne und daß mit pauschalen und durchschnittlichen Sätzen gearbeitet werden müsse. Ebenso sei das IFO-Institut für Wirtschaftsforschung in seiner Untersuchung über die "einheitliche Methode zur Berechnung der in Art. 97 des EWGV vorgesehenen Durchschnittssätze" von 1964 davon ausgegangen, daß die deutschen Ausgleichsteuersätze Durchschnittssätze im Sinne von Art. 97 EWGV seien.

Der BFH habe im Urteil vom 24. Februar 1966 V 115/63 (BStBl III 1966, 261) festgestellt, daß die Ware bei der Einfuhr durch die Ausgleichsteuer pauschal mit einer Umsatzsteuer belastet werde, die der Belastung der im Inland hergestellten gleichen Ware entspreche.

  1. Der EGH habe durch das Urteil vom 16. Juni 1966 auf Grund des Vorlagebeschlusses des FG des Saarlandes nur über die Auslegung des Art. 95 entschieden, zur Auslegung des Art. 97 sei in dieser Entscheidung jedoch nichts gesagt, da das FG bei seiner Fragestellung nicht berücksichtigt habe, daß die deutschen Ausgleichsteuersätze Durchschnittssätze im Sinne von Art. 97 seien und seine Fragen nur in Richtung auf die Auslegung von Art. 95 gestellt habe. Der EGH hätte sich daher gemäß Art. 177 EWGV nur mit den ihm gestellten Fragen befassen können.

Der EGH habe ausgeführt, daß "dieser Sonderfall des Art. 97 jedoch keinesfalls die Auslegung von Art. 95 beeinflussen könne", ohne aber zutreffend zu würdigen, daß hinsichtlich der deutschen Ausgleichsteuersätze Art. 97 nicht der Sonderfall, sondern der Regelfall sei. Der Generalanwalt habe in seinen Schlußanträgen in dieser Rechtssache vorgetragen, daß im Falle der Anwendung von Art. 95 in Verbindung mit Art. 97 EWGV die Vorschrift des Art. 97 Abs. 2 EWGV für diesen Fall das Verfahren ändere. Es werde daher, und das dürfte entscheidend sein, hinsichtlich Art. 97 EWGV nicht die gleiche Entscheidung wie zu Art. 95 EWGV ergehen können, da nach Art. 97 Abs. 2 EWGV nur die EWG-Kommission berechtigt sei, bei einem Verstoß gegen die Art. 95 und 97 EWGV geeignete Maßnahmen zu treffen. Mithin treffe das Urteil insoweit nicht die deutsche Umsatzausgleichsteuer.

  1. Im Fall des hier in Streit befindlichen Vollmilchpulvers habe die EWG-Kommission gemäß Art. 97 Abs. 2 EWGV die Bundesrepublik Deutschland darauf hingewiesen, daß der Ausgleichsteuersatz von 4 v. H. zu hoch und eine Herabsetzung auf 3 v. H. gerechtfertigt sei. Daraufhin sei der Ausgleichsteuersatz für Vollmilchpulver im Rahmen des Sechzehnten Gesetzes zur Änderung des Umsatzsteuergesetzes vom 26. März 1965 (BGBl I 1965, 156) von 4 auf 3 v. H. ermäßigt worden.
  2. Auch der Ausgleichsteuersatz für Vollmilchpulver sei ein Durchschnittssatz im Sinne von Art. 97 EWGV, und zwar sowohl der im Zeitpunkt der hier interessierenden Einfuhr geltende Steuersatz von 4 v. H. als auch der zur Zeit geltende Steuersatz von 3 v. H., weil ein exakter Ausgleich der umsatzsteuerlichen Belastung von inländischen Vollmilchpulvern nicht möglich sei. Ein Unterschied zwischen beiden Ausgleichsteuersätzen bestehe lediglich darin, daß der Steuersatz von 4 v. H. nicht den Grundsätzen von Art. 95 entsprochen habe, so daß er auf Veranlassung der EWG-Kommission hätte ermäßigt werden müssen, während der zur Zeit geltende Steuersatz von 3 v. H. den Grundsätzen des Art. 95 EWGV entspreche. Nur die EWG-Kommission hätte das Recht gehabt, den Ausgleichsteuersatz anzugreifen, nicht aber der einzelne Steuerpflichtige vor einem nationalen FG.

Sollten Zweifel über die Auslegung von Art. 97 EWGV bestehen, müßte der BFH eine Vorabentscheidung des EGH herbeiführen.

  • V. - Der Vertreter der Klägerin trägt dagegen folgendes vor.
    1. Die Meinung, nicht Art. 95 EWGV, sondern allein Art. 97 EWGV sei einschlägig, verkenne, daß Art. 97 EWGV lediglich eine Durchführungsvorschrift zu Art. 95 EWGV sei. Es komme für die Entscheidung des Rechtsstreits nicht darauf an, ob Art. 97 EWGV "unmittelbar geltendes Recht sei", entscheidend sei, daß Art. 95 unmittelbar geltendes Recht sei.
    2. Daß Art. 97 EWGV deshalb keine unmittelbare Wirkung haben könne, weil die Kommission befugt sei, durch Richtlinien oder Entscheidungen eine Verletzung des Art. 95 EWGV festzustellen, treffe nicht zu. Art. 97 Abs. 2 EWGV ändere lediglich das Verfahren, nach dem die Kommission die Einhaltung des Vertrages zu gewährleisten habe. Die Verfahren nach Art. 177 und nach Art. 169 und 97 Abs. 2 EWGV könnten nebeneinander betrieben werden, sofern eine Norm des Vertragsrechts unmittelbare Wirkung habe. In solchen Fällen könne sich der Einzelne bei Verstößen der Mitgliedstaaten gegen Verpflichtungen aus dem EWGV vor den nationalen Gerichten auf eine Vertragsverletzung berufen, obwohl daneben auch von der Kommission im Verfahren nach Art. 97, 169 EWGV die Vertragsverletzung gerügt werden könne.
    3. Abwegig sei die Meinung, hinsichtlich Art. 97 könne nicht die gleiche Entscheidung ergehen wie im Urteil vom 16. Juni 1966, da nach Art. 97 Abs. 2 EWGV nur die EWG-Kommission, nicht aber die deutschen Gerichte zu Maßnahmen berechtigt seien. Wäre diese Meinung richtig, dann hätte das Urteil vom 16. Juni 1966 gar nicht ergehen dürfen, da auch dieses Urteil Milchpulver betroffen habe und die Ausgleichsteuer für Milchpulver nach Meinung des Bundesministers der Finanzen auf einem Durchschnittssatz im Sinne von Art. 97 EWGV beruhe.
    4. Der Bundesminister der Finanzen mißverstehe das Urteil des EGH vom 16. Juni 1966, wenn er behauptet, der EGH habe verkannt, daß in der Bundesrepublik Deutschland Durchschnittssätze nicht der Sonderfall, sondern der Regelfall seien. Der EGH spreche nicht von dem statistischen Regel- oder Ausnahmefall, sondern davon, was rechtlich die Regel und was rechtlich ein Sonderfall sei.
    5. Der Bundesminister der Finanzen irre, wenn er meine, Art. 95 EWGV könne auf solche ausländischen Waren überhaupt nicht angewendet werden denen keine gleichartigen oder vergleichbaren Waren gegenüberstünden. Das Gegenteil ergebe sich schon aus dem Wortlaut des Art. 95 EWGV, insbesondere wenn man ihn mit Art. 14 des Abkommens von Jaounde vergleiche.
    6. Der Bundesminister der Finanzen irre, wenn er meine, das Urteil des EGH vom 1. Dezember 1965 in der Rechtssache 45/64 setze sich nicht mit Art. 97 EWGV auseinander. Richtig sei, daß dieses Urteil sich auf einen Fall des Art. 96 EWGV und nicht des Art. 95 EWGV beziehe, daß das aber an der Anwendbarkeit der Grundsätze dieses Urteils nichts ändere, da die umsatzsteuerliche Ausfuhrvergütung das Pendant zur Ausgleichsteuer darstelle.
    7. Die Behauptung, daß fast alle deutschen Ausgleichsteuersätze Durchschnittssätze seien, sei unsubstantiiert. Die Verwaltung müsse für jede Warenart oder Warengruppe beweisen, daß es sich hier um einen Durchschnittssatz im Sinne von Art. 97 EWGV handle und wie er im einzelnen berechnet wurde. Da die meisten deutschen Ausgleichsteuersätze zu einer Zeit eingeführt worden seien, als Art. 97 EWGV noch kein geltendes Recht gewesen sei, spreche die Vermutung dafür, daß, wenn es sich überhaupt um Durchschnittssätze handle, jedenfalls die Grundsätze des Art. 97 EWGV nicht beachtet worden seien. Das gleiche gelte für die später eingeführten Ausgleichsteuersätze, da bis in die allerneueste Zeit Streit und Unklarheit darüber bestehe, welche Berechnungsmethoden im Rahmen des Art. 97 EWGV zulässig seien.
    8. Daß zur kumulierten Umsatzsteuerbelastung im Sinne des EWG-Rechts nicht die Belastung oder Vorbelastung auf Produktionsmittel und Dienstleistungen gehöre, ergebe sich eindeutig aus dem Urteil des EGH vom 1. Dezember 1965 in der Rechtssache 45/64 (Bd. XI S. 1138 f.).
    9. Von den Fakten, die der Bundesminister der Finanzen unter a) bis e) erwähne, seien die unter b) und c) überhaupt nicht zu berücksichtigen, und die unter e) unverständlich.
    10. Der Bundesminister der Finanzen verwechsle bei der Auslegung des Art. 97 EWGV Durchschnittssätze und Schätzungen, ferner die zulässige Anwendung eines Durchschnittssatzes für die einzelne Warenart oder Warengruppe mit der unzulässigen Pauschalierung der Berechnungsmethoden für die verschiedenen Waren der gleichen Art, von denen einige mehr Umsatzsteuerstufen durchlaufen haben als andere.
    11. Die Berechnung von Durchschnittssätzen wäre ziemlich unproblematisch, wenn man nach dem EGH-Urteil in der Sache 45/64 nicht alle Vorstufen berücksichtige, sondern nur die dem jeweils zu beurteilenden Produkt vorausgehende Produktionsstufe.
    12. Ob die EWG-Kommission bisher deutsche Ausgleichsteuersätze auf ihre Vereinbarkeit mit den Art. 95 und 97 EWGV geprüft habe, sei unerheblich, maßgebend könne nach dem Urteil in der Rechtssache 57/65 nur eine Prüfung durch die deutschen Steuergerichte und gegebenenfalls durch den EGH selbst sein.
    13. Aus der Richtlinie der EWG-Kommission über die Ausgleichsteuer auf Wollkammzüge ergebe sich, daß hier weder eine Vorbelastung von Urprodukten noch eine solche auf Produktionsmittel zur Gewinnung von Wolle berücksichtigt worden sei.
    14. Die Folgerung aus der Richtlinie über Wollkammzüge, daß auch die EWG-Kommission davon ausgehe, daß die deutschen Ausgleichsteuersätze Durchschnittssätze im Sinne von Art. 97 EWGV seien, sei nicht haltbar, da sich diese Richtlinie nur auf ein Produkt bezogen habe. Daß die EWG-Kommission die Übereinstimmung der deutschen Ausgleichsteuersätze für landwirtschaftliche Erzeugnisse mit den Grundsätzen der Art. 95 und 97 EWGV geprüft und anerkannt habe, treffe nicht zu. Aus dem Schreiben des Botschafters Harkort vom 23. Dezember 1963 ergebe sich, daß die Kommission sich darauf beschränkt habe, ungeprüfte Behauptungen der Bundesregierung bloß auf ihre Schlüssigkeit sowie auf Rechen- und Denkfehler hin zu untersuchen.
    15. Die Behauptung, daß die "Gemeinsame Methode" nur an Differenzen über Abrundungsvorschriften gescheitert sei, sei widerlegt durch die vom IFO-Institut vorgenommene Untersuchung.
    16. Die Rechtsgrundsätze zur Auslegung von Art. 95 und 97 EWGV seien erst durch das Mitte 1966 publizierte Urteil des EGH vom 1. Dezember 1965 in der Rechtssache 45/64 bekanntgeworden, so daß alle bisher angestellten Berechnungen auf einem rechtlichen Mangel beruhten.
 

Entscheidungsgründe

  • B. -

Das Verfahren wird ausgesetzt.

  1. Die Entscheidung des Streitfalles, bei dem seitens der Klägerin im Wege der Anfechtung des Steuerbescheides die Rechtmäßigkeit der bei der Eingangsabfertigung erhobenen Umsatzausgleichsteuer für Vollmilchpulver in erster Linie mit der Unvereinbarkeit des angewendeten Steuersatzes von 4 v. H. mit Art. 95 und 97 EWGV angegriffen wird, hängt daher von der Vorabentscheidung der eingangs gestellten Fragen durch den EGH ab (Art. 177 Abs. 1 EWGV).

Der Senat, der nach Art. 177 Abs. 3 EWGV zur Vorlage verpflichtet ist, sieht sich heran weder aus den verfassungsrechtlichen Gründen, wie sie in der Vorlage des FG Rheinland-Pfalz vom 14. November 1963 an das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) vorgetragen sind - vgl. hierzu die entsprechenden Ausführungen in dem zur Veröffentlichung bestimmten Vorlagebeschluß des Senats an den EGH VII 198/63 vom 25. April 1967 - noch - hinsichtlich der Frage 1 - aus den nachstehenden Gründen deshalb gehindert, weil der EGH diese Frage in der Rechtssache 57/65 (EGH Bd. XII S. 257 f.) in einem anderen Fall bereits einmal entschieden hat. Denn - dem Wesen von Vorabentscheidungen entsprechend und mangels anders gearteter Bestimmungen im EWGV - haben solche Entscheidungen des EGH nur für den Rechtsstreit, der der Vorlage zugrunde lag, bindende Wirkung und hindern daher weder das Gericht der ersten Vorlage noch ein anderes Gericht, die gleiche Frage in einem anderen Fall dem EGH erneut zur Vorabentscheidung vorzulegen. Dies muß insbesondere gelten, wenn sich das vorlegende Gericht für verpflichtet hält, Bedenken gegen die frühere ergangene Entscheidung des EGH vorzutragen.

Solche Bedenken hat der Senat hinsichtlich der in der Frage 1) angesprochenen Entscheidung des EGH, daß Art. 95 Abs. 1 EWGV eine sog. "self-executing Norm" sei, d. h. unmittelbare Wirkungen erzeuge und individuelle Rechte des Einzelnen begründe, welche die staatlichen Gerichte zu beachten hätten. Im wesentlichen nur zu dieser Frage, die von außerordentlicher Bedeutung hinsichtlich der verfassungsrechtlichen innerstaatlichen Ordnung der Bundesrepublik Deutschland ist und die die Grundlage für die Beantwortung der weiteren zur Vorabentscheidung gestellten Fragen bildet, nimmt der Senat von sich aus Stellung.

  1. Die Festsetzung der Umsatzausgleichsteuer bei der Einfuhr, um deren Erhebung im vorliegenden Falle gestritten wird, beruht auf zwei Berechnungsgrundlagen: Dem Steuerwert und dem auf ihn anzuwendenden Steuersatz. Beide Berechnungsgrundlagen sind im Gesetz selbst bestimmt. Der Steuerwert ist in der Regel gleich dem Zollwert (ß 6 UStG). Der Steuersatz ist für die in der Regel jeweils nach dem Zolltarif (ZT) angesprochenen Waren gruppenweise mit unterschiedlichen, auf den Steuerwert anzuwendenden Vomhundertsätzen gesetzlich festgelegt (ß 7 Abs. 4 UStG in der für den Streitfall geltenden Fassung).
  2. Nach Art. 20 Abs. 3 des Grundgesetzes (GG) sind die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung an Gesetz und Recht gebunden. Unter Recht, das neben dem gesetzlichen Recht anzuwenden ist, werden im Bereich des Steuerrechts der Bundesrepublik Deutschland überspositive Rechtsnormen verstanden, die einen allgemein gültigen Rechtsgedanken zum Inhalt haben (wie z. B. der Grundsatz von Treu und Glauben) und - kraft positiver Regelung im GG - die allgemeinen Regeln des Völkerrechts, die den Gesetzen vorgehen und Rechte und Pflichten unmittelbar für die Bewohner des Bundesgebiets erzeugen (Art. 25 GG).

Für das EWG-Recht fehlt es an einer dem Art. 25 GG entsprechenden Bestimmung. Weder im Art. 24 GG, der allgemein als die Rechtsgrundlage für das Ratifizierungsgesetz zum EWGV (Gesetz zu den Verträgen vom 25. März 1957 zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Europäischen Atomgemeinschaft vom 27. Juli 1957, BGBl 1957 II, 753 f.) betrachtet wird, noch in diesem Gesetz selbst findet sich eine Bestimmung darüber, daß und inwieweit EWG-Recht dem Recht der Bundesrepublik vorgeht und unmittelbar Rechte und Pflichten für den Einzelnen erzeugt, die von den rechtsanwendenden Gewalten der Bundesrepublik zu beachten sind. Zwar wird in der Literatur und auch seither in der Rechtsprechung allgemein angenommen, daß EWG-Recht dem Recht der Bundesrepublik vorgehe. Doch ist die Frage, wie weit das Vorgehen reicht, als Folge fehlender konkreter Vorschriften hierüber nicht unzweifelhaft, insbesondere in den Fällen, in denen Verfassungsfragen berührt werden. Für gültige Rechtssetzungsakte der Gemeinschaft, also Verordnungen des Rates oder der Kommission kann aus dem Vertrag, dem Ratifizierungsgesetz und Art. 24 GG die unmittelbare Geltung für die Bundesrepublik als Folge der Übertragung von Hoheitsrechten auch nach Ansicht des Senats abgeleitet werden. Hier tritt Gemeinschaftsrecht mit positivem Normeninhalt an die Stelle einzelstaatlicher Normen. Solches Gemeinschaftsrecht ist auch ohne besondere Schwierigkeiten durch die vollziehende Gewalt und die Gerichte anwendbar.

Anders liegen jedoch die Dinge, wenn das Vertragswerk - und zwar unbezweifelbar primär - in einer Norm den Vertragsstaaten im Interesse der Erreichung der Vertragsziele Unterlassungen abverlangt, also die Änderung des bestehenden Rechtszustandes verbietet, oder aber die Änderung eines dem Vertrag zuwiderlaufenden Rechtszustandes sofort oder für einen späteren Zeitpunkt gebietet - letzteres z. B. in Art. 95 Abs. 3 EWGV. Der EGH hat in beiden Fällen für die damals jeweils in Betracht kommenden Vertragsnormen (Art. 12 und Art. 95 EWGV) entschieden, daß sie für den Einzelnen unmittelbare Ansprüche begründen, die von den nationalen Gerichten zu beachten seien.

Dies ist allgemein dahin verstanden worden, daß der Einzelne gegenüber seiner Inanspruchnahme aus einem Gesetz, das nach Vertragsrecht nicht hätte ergehen dürfen oder im Sinne einer für den Einzelnen günstigeren Wirkung hätte geändert werden müssen, dies im Rechtsbehelfsverfahren gegen die ihn belastenden Verwaltungsakte geltend machen könne mit der Wirkung, daß er - und zwar nun in jedem Einzelfall - so gestellt werden müsse, wie es dem vom EWGV geforderten Zustand entspricht.

Kann jedoch eine Vertragsnorm - im vorliegenden Fall Art. 95 -, die ihrem Inhalt nach allen Mitgliedstaaten ein bestimmtes Verhalten zur Pflicht macht und damit in erster Linie der Gemeinschaft das Recht gibt, mit den im Vertrag dafür vorgesehenen Mitteln die in Betracht kommenden Vertragsstaaten zur Erfüllung ihrer Vertragspflichten zu zwingen, dem Einzelnen - auch wenn man ihn aus der Norm für unmittelbar berechtigt hält - mehr Recht gewähren, als es dem Inhalt der Norm entspricht? Kann er diesem Inhalt entsprechend seinerseits also auch nicht nur einen Anspruch erlangen, der ihn berechtigt, im Wege der Verpflichtungsklage von dem Mitgliedstaat die Beseitigung des vertragswidrigen Zustandes zu fordern? Oder kann er wirklich einen weitergehenden Anspruch als die Gemeinschaft selbst haben, nämlich den, so gestellt zu werden als hätte der Mitgliedstaat seine Vertragspflichten bereits erfüllt, während die Gemeinschaft nur diese Erfüllung fordern kann? Der Senat verweist zu einer ähnlichen Frage auf sein Urteil VII 43/60 S vom 26. Juli 1961 (Sammlung der Entscheidungen des Bundesfinanzhofs Bd. 73 S. 399, 411 - BFH 73, 399, 411, BStBl III 1961, 411).

Die andere Auffassung über die Bedeutung des self-executing-Charakters des Art. 95 EWGV, wie sie auch von der Klägerin vertreten wird, hat dazu geführt, daß - soweit dem Senat bekannt - bis jetzt weit über 200.000 Einsprüche in Ausgleichsteuersachen bei den HZÄn eingelegt worden sind, die insgesamt schon zu etwa 15.000 Klagen bei den jeweils zuständigen Zollsenaten der FGe geführt haben, die damit ihrer sonstigen rechtsprechenden Tätigkeit auf Jahre hinaus weitgehend entzogen sind.

Dabei ist noch folgendes besonders zu berücksichtigen: Weder die FGe noch der BFH sind nach den Vorschriften der Bundesrepublik befugt, auf dem komplexen Gebiet der Nachprüfung der Frage, welcher Steuersatz der Ausgleichsteuer im einzelnen "vertragsgemäß" ist d. h. der inneren Belastung mit Umsatzsteuer bei der entsprechenden Ware oder Warengruppe entspricht, allgemein verbindliche, d. h. über den Einzelfall hinaus bindende Entscheidungen zu treffen. Es kommt hinzu, daß die Feststellung der Vorbelastung vergleichbarer Waren im Inland mit Umsatzsteuer sich weitgehend auf tatsächlichem Gebiet bewegt und bei dem zur Zeit in der Bundesrepublik noch geltenden System der Mehrphasenumsatzsteuer in vielen Fällen auf Schätzungen nicht verzichten kann. Es ist also durchaus denkbar, daß verschiedene FGe für die gleiche Warenart trotz sorgfältiger und nicht zu beanstandender Ermittlungen zu nicht voll übereinstimmenden Ergebnissen gelangen, die der BFH unter Umständen mangels entsprechender Revisionsgründe nicht einmal beseitigen kann.

Hinzu kommt, daß der Belastungsvergleich selbst eine durchaus problematische Angelegenheit sein kann. Der Senat verweist hierzu auf sein bereits oben erwähntes Urteil vom 26. Juli 1961, mit dem er gerade anhand des ihm zur Entscheidung vorliegenden Falles den konkreten Belastungsvergleich für kaum durchführbar erklärt hat und ihm daher für das System der kumulativen Mehrphasensteuer de lege lata als mit dem Wesen dieser Steuer nicht vereinbar abgelehnt hat. Auf die ausführliche Begründung dieses Urteils, insbesondere unter B I 5, nimmt der Senat Bezug. Er ist daher nach wie vor der Auffassung, daß die auch nach dem Wortlaut des EWGV durch die Mitgliedstaaten eingegangenen Verpflichtungen (hier Art. 95 bis 97 EWGV) nur im Wege der Gesetzgebung der Mitgliedstaaten erfüllt werden können, wozu die Mitgliedstaaten nach den Vorschriften des Vertrages durch die anderen Mitgliedstaaten oder die Organe der Gemeinschaft notfalls im Klagewege vor dem EGH gezwungen werden können. Denn es ist nicht legitime Aufgabe der deutschen Steuergerichte, aus Gründen der Nichterfüllung des EWGV durch die Bundesrepublik Deutschland in tausenden von Einzelentscheidungen unterlassene Gesetzgebungsakte materiell-steuerrechtlicher Art vorweg zu nehmen oder zu ersetzen, zumal da die Gemeinschaft selbst nach dem Vertrag über die Mittel verfügt, die Vertragserfüllung zu erzwingen (Art. 169 ff. EWGV).

Geht man davon aus, daß die Entscheidung des EGH über den self-executing-Charakter des Art. 95 EWGV so verstanden werden muß, wie sie nach den obigen Ausführungen von FGen und im Schrifttum verstanden wurde, dann würde das zu einer Doppelgleisigkeit der Überprüfung nationaler Ausgleichsteuersätze führen - einmal durch Entscheidungen des EGH in Verfahren nach Art. 169 ff. EWGV und zum anderen in Verfahren vor den nationalen Gerichten - mit der möglichen Folge, daß aus den oben bereits dargelegten Gründen im Ergebnis unterschiedliche letztinstanzliche Gerichtsentscheidungen sich gegenüberstehen können.

Sie würde auch letzten Endes im Hinblick auf Art. 97 EWGV in dem vom vorlegenden Senat in Frage 4 angesprochenen Fall dazu führen können, daß der Einzelne die Nachprüfung der Steuersätze durch die nationalen Gerichte auch dann noch verlangen könnte, wenn der Mitgliedstaat dem Verlangen der Kommission auf Änderung eines Ausgleichsteuersatzes nachgekommen ist und damit vom Standpunkt der Gemeinschaft her gesehen seine Pflichten erfüllt hat.

Die vom EGH in seinem Urteil in der Rechtssache 26/62 vom 5. Februar 1963 (EGH Bd. IX S. 1, 24 ff.) gegebene Begründung für den self-executing-Charakter des Art. 12 EWGV, von der man wohl annehmen muß, daß sie in ihrem Grundgedanken auch für die Entscheidung des EGH zu Art. 95 EWGV maßgebend gewesen ist, ist im wesentlichen politischer Natur. Sie berücksichtigt jedoch nach Auffassung des vorlegenden Senats durch die jedenfalls in der Bundesrepublik Deutschland durch keine gesetzliche Vorschriften gedeckte Einbeziehung der nationalen Gerichtsbarkeit in die Kontrolle der Verwirklichung des Gemeinschaftsrechts nicht ausreichend die gerichtsverfassungsrechtliche Situation der Bundesrepublik Deutschland. Der Senat verweist hierzu auf die Ausführungen des Generalanwalts in der vorgenannten Rechtssache 26/62 zu den verfassungsrechtlichen Problemen, denen er beitritt. Jedenfalls hat die gegenteilige Entscheidung des EGH in der Bundesrepublik Deutschland auf dem Gebiet der Umsatzausgleichsteuer zu einem bedenklichen Zustand der Rechtsunsicherheit geführt.

Nach alledem ist der vorlegende Senat der Auffassung, daß schwerwiegende Gründe gegen die seither vom EGH vertretene Rechtsansicht sprechen, auch Art. 95 EWGV sei eine self-executing-Norm, zumal da der Wortlaut des Vertragstextes nach Ansicht des Senats eher gegen als für eine solche Auslegung spricht, auf keinen Fall sie aber zwingend macht. Er bittet daher den EGH, diese Frage auf Grund der vorstehenden Ausführungen noch einmal zu prüfen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 425771

BFHE 1967, 52

BFHE 89, 52

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