Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur Besteuerung der Bezüge eines Ausländers in der einstufigen Juristenausbildung

 

Leitsatz (NV)

Nimmt ein ausländischer Staatsangehöriger an einer einstufigen Juristenausbildung in der Bundesrepublik teil und wird ihm hierfür eine widerrufliche Unterhaltsbeihilfe gewährt, so handelt es sich bei diesen Bezügen um steuerpflichtigen Arbeitslohn.

 

Normenkette

EStG § 3 Nr. 11, § 19 Abs. 1

 

Tatbestand

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist ausländischer Staatsangehöriger. Er hat an der Ausbildung nach dem Gesetz über die einstufige Juristenausbildung in einem Land der Bundesrepublik Deutschland teilgenommen. Dabei war ihm durch den zuständigen Landesjustizminister eine widerrufliche Unterhaltsbeihilfe bewilligt worden, die die Besoldungsstelle dem Lohnsteuerabzug vom Arbeitslohn unterworfen hatte.In seinem Antrag auf Lohnsteuer-Jahresausgleich hatte der Kläger die gewährte Unterhaltsbeihilfe als Bruttoarbeitslohn ausgewiesen und diesbezüglich den Abzug von Werbungskosten beantragt. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) hatte den Lohnsteuer-Jahresausgleich antragsgemäß durchgeführt und dem Kläger die einbehaltene Lohnsteuer bis auf einen Restbetrag erstattet.

Mit seiner hiergegen nach erfolglosem Einspruch erhobenen Klage hatte der Kläger die Erstattung auch des Restbetrages erstrebt, damit jedoch keinen Erfolg gehabt. Das Finanzgericht (FG) führte zur Begründung seiner Entscheidung im einzelnen an: Die Klage sei unbegründet, da die dem Kläger gezahlte Unterhaltsbeihilfe steuerpflichtigen Arbeitslohn i. S. des § 19 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) darstelle. Der Kläger übersehe, daß das Schulden der Arbeitskraft nicht das Schulden eines Erfolges bedeute. Es sei deshalb nicht erforderlich, daß die Arbeitskraft tatsächlich eingesetzt werde oder daß sie auf einen für den Arbeitgeber nützlichen Zweck gerichtet sei; ein Arbeitsverhältnis liege daher auch dann vor, wenn der Arbeitgeber die Tätigkeit überhaupt nicht in Anspruch nehme. Dem entspreche die Begriffsbestimmung der Dienstbezüge von Beamten im Verwaltungsrecht.

Die Bezüge des Klägers seien auch nicht nach § 3 Nr. 11 EStG steuerfrei. Nach dieser Vorschrift seien Bezüge aus öffentlichen Mitteln befreit, die wegen Hilfsbedürftigkeit oder als Beihilfe zu dem Zweck bewilligt würden, die Erziehung oder Ausbildung unmittelbar zu fördern. Rechtsgrund für die Zahlung der Unterhaltsbeihilfen an den Kläger sei nicht allgemein seine Hilfsbedürftigkeit - wie etwa bei Sozialhilfeempfängern -, sondern das Bestehen des öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnisses gewesen. Damit gehörten die dem Kläger gewährten Leistungen zum steuerpflichtigen Arbeitslohn.

Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner Revision. Er rügt die Verletzung des § 3 Nr. 11 und des § 19 EStG. Die Vorinstanz sei zu Unrecht davon ausgegangen, daß das Ausbildungsverhältnis als ein der Besteuerung unterliegendes Arbeitsverhältnis i. S. des § 19 EStG anzusehen sei. Das FG habe dabei übersehen, daß nach der Systematik des Einkommensteuergesetzes steuerfreie Einnahmen keiner Einkunftsart zugeordnet werden könnten. Es könne deshalb dahingestellt bleiben. welcher Einkunftsart die Bezüge des Klägers zuzuordnen seien, wenn sie nicht steuerbefreit wären. Das seien sie jedoch nach der ausdrücklichen Vorschrift des § 3 Nr. 11 EStG.

Der Kläger beantragt daher sinngemäß, unter Aufhebung des angefochtenen FG-Urteils und der Einspruchsentscheidung des FA auf vollständige Erstattung der Lohnsteuer zu erkennen.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Es bezieht sich hierbei im wesentlichen auf die vorstehend wiedergegebenen Gründe des finanzgerichtlichen Urteils.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet.

Das FG hat zu Recht in den dem Kläger gewährten Unterhaltsbeihilfen steuerpflichtigen Arbeitslohn i. S. des § 19 Abs. 1 EStG gesehen. Denn hierzu gehören auch Anwärterbezüge, die jemand als Rechtspraktikant oder während der Studienabschnitte in der einstufigen Juristenausbildung erhalten hat, wie der Senat in seinem Urteil vom 19. April 1985 VI R 131/81 (BFHE 143, 572, BStBl II 1985, 465) im einzelnen dargelegt hat. Diese Erkenntnisse hat der Senat erst kürzlich in seinem nicht veröffentlichten Urteil vom 27. Juni 1986 VI R 170/83 wiederholt. Der Senat sieht keine Veranlassung, in einem Falle wie dem des Klägers, in dem einem Ausländer aus Billigkeitsgründen die Anwärterbezüge gewährt worden sind, von der bestehenden Rechtsprechung abzuweichen.

Zwar gelten für Studenten, die nicht Deutsche i. S. des Art. 116 des Grundgesetzes sind . . ., die Vorschriften über Anwärterbezüge und sonstige Leistungen des Dienstherrn nicht. Der Minister der Justiz kann jedoch . . . ausländischen Studenten, wenn sie bedürftig sind, eine widerrufliche Unterhaltsbeihilfe bis zur Höhe der Anwärterbezüge bewilligen, wie dies hier geschehen ist. Derartige, auf einer Billigkeitsentscheidung des zuständigen Ministers beruhende Anwärterbezüge können indessen steuerrechtlich nicht anders beurteilt werden, als solche, auf die jemand nach den besoldungsrechtlichen Vorschriften einen Anspruch hat.

 

Fundstellen

Haufe-Index 423411

BFH/NV 1987, 87

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