Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Die Anerkennung eines Gesellschaftsverhältnisses zwischen Eheleuten setzt auch für den Veranlagungszeitraum 1957 eine klare und eindeutige Vereinbarung und den Vollzug des Verhältnisses entsprechend der Vereinbarung voraus. Diese Voraussetzung ist nicht erfüllt, wenn die Ehegatten die endgültige Regelung der gesellschaftsrechtlichen Beziehungen einer nach Ablauf des Veranlagungszeitraums noch zu treffenden Vereinbarung vorbehalten.

 

Normenkette

EStG § 15 Nr. 2, § 26/1, § 26 Abs. 2, § 26a/1

 

Tatbestand

Streitig ist, ob die Ehefrau A. an den bei der einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellung für 1957 ihrem Ehemann zugerechneten Einkünften aus Gewerbebetrieb beteiligt ist. Der Ehemann betreibt eine Fahrzeugfabrik. Sein Schwiegervater ist atypischer stiller Gesellschafter; ihm wurde im Streitjahr kein Gewinnanteil zugewiesen. Die Eheleute gaben zunächst an, die Ehefrau sei Mitunternehmerin und behaupteten später, zwischen ihnen bestehe eine Innengesellschaft. Sie machten erstmals im Schreiben vom 26. März 1957 unter Hinweis auf den Beschluß des Bundesverfassungsgerichts 1 BvL 4/54 vom 17. Januar 1957 (BStBl 1957 I S. 193) geltend, es müsse eine Gewinnverteilung erfolgen. In diesem Schreiben heißt es weiter:

"Wären beide Unternehmer nicht miteinander verehelicht, so wäre die Gewinnverteilung im Verhältnis 1:1 eine Selbstverständlichkeit";

ferner brachten die Bf. darin zum Ausdruck, die ganze Angelegenheit sei noch so neu, daß es unmöglich sei, Gegenvorschläge zu machen.

Das Finanzamt lehnte die Gewinnaufteilung zwischen den Eheleuten ab. Die Sprungberufung hatte keinen Erfolg.

 

Entscheidungsgründe

Die Rb. ist unbegründet.

Die Vorinstanz prüfte nicht, ob und mit welchem Inhalt ein gesellschaftsrechtliches Verhältnis zwischen den Eheleuten vereinbart war. Sie beschränkte die Prüfung auf die Frage, ob das behauptete Rechtsverhältnis vollzogen worden sei und verneinte dies. Den Bf. ist zuzugeben, daß es zweifelhaft sein kann, ob diese Erwägungen die angefochtene Entscheidung ausreichend zu tragen vermögen. Dies bedarf jedoch keiner näheren Nachprüfung. Das Urteil des Finanzgerichts erweist sich aus einem anderen Grunde als richtig.

Nach § 26 a Abs. 1 Satz 2 EStG 1957 sind Einkünfte eines Ehegatten nicht allein deshalb zum Teil dem anderen zuzurechnen, weil dieser bei der Erzielung der Einkünfte mitgewirkt hat. Die Vorschrift schließt es aus, allein aus der Mitwirkung des einen Ehegatten im Beruf oder im Betrieb des anderen auf das Vorliegen eines Rechtsverhältnisses zu schließen, das auf die Teilung der unter Mitwirkung eines Ehegatten erzielten Einkünfte gerichtet ist (Beschluß des Bundesverfassungsgerichts 1 BvL 23/57, 1 BvL 34/57 vom 14. April 1959, BStBl 1959 I S. 204). Dementsprechend hat der Bundesfinanzhof ein Gesellschaftsverhältnis zwischen Ehegatten nur dann anerkannt, wenn eine klare und eindeutige Vereinbarung vorlag und das Gesellschaftsverhältnis entsprechend der Vereinbarung vollzogen wurde (Urteile I 48/59 U vom 1. September 1959 und I 30/59 U vom 5. Mai / 29. September 1959, BStBl 1960 III S. 35, 44, Slg. Bd. 70 S. 93, 114). Abmachungen, die ohne echte bürgerlich- rechtliche Grundlage nur der Steuerbehörde gegenüber geltend gemacht werden, um eine Minderung der Steuerbelastung zu erreichen, können nicht anerkannt werden (Urteil des Bundesfinanzhofs I 233/59 U vom 16. Februar 1960, BStBl 1960 III S. 157, Slg. Bd. 70 S. 417). Diese Grundsätze sind auch auf den Veranlagungszeitraum 1957 anzuwenden; dies folgt schon daraus, daß § 26 a EStG 1957 auf Grund des § 26 Abs. 2 EStG in der Fassung des Art. 1 Nr. 4 des Gesetzes zur änderung steuerrechtlicher Vorschriften vom 26. Juli 1957 (BGBl 1957 I S. 848, BStBl 1957 I S. 352) für die Veranlagungszeiträume 1949 bis 1957 gilt.

Im Streitfall fehlt es an einer klaren und eindeutigen Vereinbarung. Ein Gesellschaftsvertrag zwischen Ehegatten bedarf zwar, worauf das Finanzgericht mit Recht hinweist, nicht der Schriftform. Er kann auch mündlich oder stillschweigend vereinbart werden. Es kann jedoch nicht festgestellt werden, daß die Ehegatten mündlich oder stillschweigend einen Gesellschaftsvertrag geschlossen haben. Sie machten nur allgemeine Ausführungen über das Bestehen einer Mitunternehmerschaft bzw. einer Innengesellschaft. Sie trugen keine Tatsachen darüber vor, wann und mit welchem Inhalt ein Gesellschaftsvertrag zwischen ihnen vereinbart worden sei. Weder aus der Behauptung, angesichts der erheblichen Mitarbeit der Ehefrau sei die Gewinnverteilung im Verhältnis 50 : 50 eine Selbstverständlichkeit, noch aus der Ansicht, infolge der den Rahmen des § 1356 Abs. 2 BGB übersteigenden Tätigkeit der Ehefrau sei eine Innengesellschaft entstanden, durch die sie eine Unterbeteiligung am Kapitalkonto des Mannes erworben habe, kann geschlossen werden, daß die Eheleute ihre gegenseitigen Beziehungen bürgerlich-rechtlich wirksam geregelt haben. Die Bemerkung im Schreiben der Bf. vom 26. März 1957, es sei unmöglich, Gegenvorschläge zu machen, weil die ganze Angelegenheit (die Ehegattenbesteuerung) noch so neu sei, zeigt, daß die Ehegatten sich mit Rücksicht auf die ihnen noch ungeklärt scheinende Rechtslage alle Möglichkeiten für eine ihnen günstige Regelung der steuerlichen Verhältnisse offenhalten wollten. Dies bestätigen die Bf., wenn sie in der Rb. vortragen, es sei damals (Ende März 1957) nicht möglich gewesen, die bereits bestehende grundsätzliche Einigkeit im einzelnen zu spezifizieren; die Dinge hätten in der Schwebe bleiben können, da nur die Einzelheiten unklar gewesen seien. Der Anfang 1957 geschaffene Schwebezustand sei bei Aufstellung der Bilanz für 1956 (Mitte 1958) endgültig geklärt worden. Das alles genügt nicht zur Anerkennung des behaupteten Gesellschaftsverhältnisses. Eheleute können und werden in der Regel schon auf Grund der zwischen ihnen bestehenden ehelichen Lebensgemeinschaft sich gegenseitig auch im Geschäft unterstützen und Hilfe leisten. Behaupten sie statt dessen das Vorliegen von geschäftlichen Beziehungen, so müssen sie den Nachweis hierfür eindeutig und klar führen. Das gilt auch für 1957. Die Bf. konnten daher nicht so verfahren, daß sie sich die endgültige Regelung ihrer geschäftlichen Beziehungen offenhielten. Sie lassen hierbei außer acht, daß schon § 26 EStG alter Fassung sie nicht hinderte, ein Gesellschaftsverhältnis in allen Einzelheiten zu regeln. Erst recht aber bestand nach Bekanntwerden der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts kein Hindernis für sie, eine eindeutige und klare bürgerlich-rechtliche Vereinbarung zu treffen, nachdem die bisherigen, auf einkommensteuerlichem Gebiet liegenden Hindernisse durch die Nichtigerklärung des § 26 EStG alter Fassung beseitigt waren. Der Hinweis auf den erst Mitte 1958 zu klärenden Schwebezustand kann daher nur so gedeutet werden, daß sie eine entsprechende Vereinbarung erst noch treffen wollten.

Da somit eine ernsthafte Vereinbarung der Eheleute zur Regelung ihrer bürgerlich-rechtlichen Einkommens- und Vermögensverhältnisse nicht festzustellen ist, kann auch ein mitunternehmerähnliches Verhältnis zwischen ihnen nicht bejaht werden (Urteil des Bundesfinanzhofs I 233/59 U a. a. O. und I 170/59 S vom 19. Februar 1960, BStBl 1960 III S. 159, Slg. Bd. 70 S. 422).

Der Streitwert wird für die Rb. mit 10 % des streitigen Gewinnanteils von 123.000 DM auf 12.300 DM festgestellt (Urteil des Bundesfinanzhofs I 320/60 S vom 28. Februar 1961, BStBl 1961 III S. 196).

 

Fundstellen

BStBl III 1961, 351

BFHE 1962, 228

BFHE 73, 228

StRK, EStG:15 R 248

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