Entscheidungsstichwort (Thema)

Bewertung, Vermögen-, Erbschaft-, Schenkungsteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Der Grundsatz, daß das Nießbrauchsrecht an einem Wirtschaftsgut nicht höher bewertet werden könne als das betreffende Wirtschaftsgut selbst, gilt nicht sinngemäß für die Bewertung des Anspruchs eines nur obligatorisch Berechtigten gegen den Betriebsinhaber auf Leistung eines Anteils am Reingewinn.

 

Normenkette

BewG § 16 Abs. 2, § 14/2, § 67 Ziff. 4, § 110/1/4

 

Tatbestand

Es handelt sich um die Bewertung einer Gewinnbeteiligung der Beschwerdeführerin (Bfin.) an dem Geschäft ihres verstorbenen Ehemannes bei der Vermögensteuer-Hauptveranlagung 1949. Der Ehemann der Bfin., der eine Schmiede betrieben hatte, ist 1943 verstorben. In seinem Testament hatte er angeordnet, daß nach seinem Tode seine beiden Söhne sowie seine Witwe das Geschäft gemeinschaftlich unter gleichmäßiger Beteiligung weiterbetreiben sollten. Durch Erbauseinandersetzungsvertrag unter den Miterben wurde dann jedoch vereinbart, daß der Gewerbebetrieb auf die beiden Söhne je zur ideellen Hälfte übergehen und die Witwe bis zu ihrem Lebensende nur an dem Reingewinn aus dem Geschäft in Höhe von 1/3 beteiligt sein sollte. Der Gewinnanteil wurde von den Vorbehörden gemäß § 67 Ziff. 4 des Bewertungsgesetzes (BewG) in Verbindung mit § 16 Abs. 2 a. a. O. mit dem Zwölffachen des durchschnittlichen Jahresbetrags des Gewinnanteilsrechts bewertet. Die Bfin. ist dagegen der Ansicht, daß der kapitalisierte Gewinnbeteiligungsanspruch nicht höher angesetzt werden dürfe als das Wirtschaftsgut, auf das sich der Gewinnbeteiligungsanspruch beziehe, im Streitfalle höchstens mit 1/3 des Betriebsvermögens des Unternehmens. Einspruch und Berufung sind ohne Erfolg geblieben. Das Finanzgericht hat im wesentlichen folgendes ausgeführt: Nach dem Auseinandersetzungsvertrag seien die Söhne Gesellschafter des in Form einer Gesellschaft des BGB betriebenen Unternehmens geworden. Die Bfin. sei nicht Mitunternehmerin. Ihr Anspruch auf 1/3 des jährlichen Reingewinns stelle sich als ein Recht auf wiederkehrende Nutzungen dar, das mit seinem Kapitalwert für die Vermögensteuer anzusetzen sei. Dem Antrag der Bfin., das Gewinnbeteiligungsrecht mit keinem höheren Wert als 1/3 Anteil am Betriebsvermögen zu bewerten, könne nicht entsprochen werden. Ein Nießbrauchsrecht der Bfin. am Betriebsvermögen liege jedenfalls nicht vor.

Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der Bfin. Die Bfin. macht geltend, daß nicht nur Nießbrauchsrechte im Höchstfalle mit dem Wert des genutzten Wirtschaftsgutes anzusetzen seien, sondern Nutzungsrechte aller Art, insbesondere auch Gewinnbeteiligungsrechte.

 

Entscheidungsgründe

Die Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg.

Das Gewinnbeteiligungsrecht der Bfin. ist, wie das Finanzgericht mit Recht angenommen hat, ein Recht auf wiederkehrende Nutzungen oder Leistungen im Sinne des § 67 Ziff. 4 BewG. Als solches ist es mit seinem Kapitalisierten durchschnittlichen Jahresertrag für die Vermögensteuer anzusetzen. Die Bfin. bestreitet dies grundsätzlich auch nicht. Sie vertritt nur die Auffassung, daß der hiernach anzusetzende Wert ihres Gewinnbeteiligungsanspruchs seine Obergrenze an dem Wert des genutzten Wirtschaftsgutes, hier des 1/3-Anteils des Betriebsvermögens, finde. Der Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs und des Bundesfinanzhofs ist der Grundsatz zu entnehmen, daß der Wert des Nießbrauchs an einem Wirtschaftsgut nicht über dem Wert des genutzten Wirtschaftsgutes selbst liegen könne (Urteil des Reichsfinanzhofs III 43/42 vom 19. März 1942, Reichssteuerblatt - RStBl. - 1942 S. 542, Slg. Bd. 51 S. 295, und Urteil des Bundesfinanzhofs III 181/53 U vom 28. August 1954, Slg. Bd. 59 S. 309 = Bundessteuerblatt 1954 III S. 330). Die Bfin. vertritt die Rechtsansicht, daß dieser Grundsatz nicht nur für Nießbrauchsrechte, sondern für Nutzungsrechte aller Art und auch für Gewinnbeteiligungsansprüche gelten müsse. Sie beruft sich hierfür auf das Urteil des Reichsfinanzhofs VI A 178/22 vom 26. September 1922 (Slg. Bd. 10 S. 237). In diesem Urteil handelte es sich um die von einem Kaufmann seiner Tochter überlassene Dividende auf einen Teilbetrag seines Geschäftsanteils. Der Reichsfinanzhof hatte ausgesprochen, daß der nach dem Lebensalter kapitalisierte Betrag der in einem Jahr bezogenen Dividende nicht höher sein könne als der Wert des Anteils selbst. Im übrigen hat der Reichsfinanzhof in dem bezeichneten Urteil hervorgehoben, daß die Dividende überhaupt nicht nach dem Lebensalter der Berechtigten zu kapitalisieren sei, da stets geltend gemacht worden sei, daß wirtschaftlich der Geschäftsanteil selbst übertragen worden sei. Das Verhältnis sei am richtigsten als Unterkonsortialbeteiligung aufzufassen. So liegt jedoch der Sachverhalt im Streitfalle nicht. Die Bfin. hat nach dem Auseinandersetzungsvertrag nur einen obligatorischen Anspruch gegen ihre Söhne auf Zahlung von 1/3 des jährlichen Reingewinns, also kein selbständiges Nutzungsrecht an einem Teil des Betriebsvermögens. Der Fall liegt ähnlich wie der in dem Urteil des Reichsfinanzhofs III 17/40 vom 19. September 1940 (RStBl. 1940 S. 1062). In dem diesem Urteil zugrunde liegenden Sachverhalt sollte die Witwe des verstorbenen Gesellschafters von mehreren Offenen Handelsgesellschaften für längstens 15 Jahre 15 % des Reingewinns der Gesellschaften erhalten. Das Finanzamt hatte ein Recht auf wiederkehrende Leistungen angenommen und dieses Recht kapitalisiert. Die Witwe dagegen wollte so behandelt werden, wie wenn sie Kommanditistin wäre. Letzteres hatte der Reichsfinanzhof abgelehnt. Er führt aus, es sei zwar richtig, daß die Bfin. günstiger gestellt sein würde, wenn ihr Ehemann ihr die Stellung einer Kommanditistin mit kleiner Einlage eingeräumt hätte. Wirtschaftlich betrachtet bedeute es auch keinen wesentlichen Unterschied für die Bfin., ob man ihr Beteiligung am Gewinn oder die Stellung einer Kommanditistin gebe. Gleichwohl könne ihrem Antrag nicht entsprochen werden. Es müsse das zugrunde gelegt werden, was die Beteiligten tatsächlich getan hätten. Dem tritt der Senat auch im vorliegenden Falle bei. Dem Wunsche der Bfin., ihren Gewinnanteilsanspruch höchstens mit 1/3 des Betriebsvermögens des Unternehmens zu bewerten, kann daher nicht entsprochen werden.

 

Fundstellen

Haufe-Index 408310

BStBl III 1955, 371

BFHE 1956, 447

BFHE 61, 447

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