Leitsatz (amtlich)

1. Anteile an einer Holding-Kapitalgesellschaft, deren Geschäftsbetrieb durch die Verwaltung beherrschender Anteile an anderen Kapitalgesellschaften gekennzeichnet ist, sind für die Anteilsbewertung als wirtschaftlich identisch mit den von der Holding-Gesellschaft gehaltenen Anteilen anzusehen.

2. Die Anteile an einer solchen Holding-Gesellschaft sind ohne Berücksichtigung der Ertragsaussichten nur mit dem Vermögenswert anzusetzen. Dies verstößt nicht gegen § 13 Abs. 2 Satz 2 BewG.

 

Normenkette

BewG i.d.F. vor BewG 1965 § 13 Abs. 2 S. 2

 

Tatbestand

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) war am 31. Dezember 1959 eine GmbH, die Kapitalanlagen verwaltete. Sie hatte ein volleingezahltes Stammkapital von 14 Mio. DM. Streitgegenstand dieses Verfahrens ist die Feststellung des gemeinen Werts der Anteile an der Klägerin zum 31. Dezember 1959.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (FA) stellte zum 1. Januar 1960 den Einheitswert des Betriebsvermögens der Klägerin in Höhe von 5 Mio. DM fest. Das dieser Wertfeststellung zugrunde liegende Vermögen setzt sich im wesentlichen aus Aktien und sonstigen Wertpapieren und aus unbebauten und bebauten Grundstücken zusammen. Die Klägerin hatte außerdem Beteiligungen mit Schachtelvergünstigung in Höhe von 33 v. H. bis 99 v. H. an anderen Gesellschaften.

Der Wert dieser Beteiligungen betrug nach Abzug der damit in wirtschaftlichem Zusammenhang stehenden Schulden 100 Mio. DM. Dieser Wert ist zwischen der Klägerin und dem FA unstreitig.

Das FA stellte den gemeinen Wert der Anteile an der Klägerin zum 31. Dezember 1959 auf 755 DM je 100 DM Stammkapital fest. Der Einspruch, mit dem sich die Klägerin vor allem dagegen wandte, daß die Bewertung ihrer Anteile ohne Berücksichtigung der Ertragsaussichten vorgenommen worden sei, war erfolglos.

Das FG stellte auf die Klage den gemeinen Wert der Anteile an der Klägerin auf 753 DM je 100 DM Stammkapital fest und wies die Klage im übrigen ab. Dabei ermäßigte das FG das nicht auf Schachtelbeteiligungen entfallende Vermögen entsprechend Abschn. 77 Abs. 5 VStR 1960 um 10 v. H.; die Ertragsaussichten der Klägerin ließ es dagegen außer Betracht. Das FG war weiter der Meinung, daß die bestehenden Beschränkungen in der Verfügung über die Anteile bei deren Bewertung nicht berücksichtigt werden könnten, da sie erbrechtlicher und nicht gesellschaftsrechtlicher Natur seien.

Die Revision der Klägerin rügt, die Entscheidung des FG verletze deshalb das Gesetz, weil der gemeine Wert nichtnotierter Anteile an Kapitalgesellschaften unter Berücksichtigung des Vermögens und der Ertragsaussichten der Gesellschaft geschätzt werden müsse. § 13 Abs. 2 des Bewertungsgesetzes in der vor dem Bewertungsgesetz 1965 geltenden Fassung (im folgenden mit BewG bezeichnet) schreibe zwar nicht vor, mit welchem Gewicht Vermögen und Ertragsaussichten angesetzt werden müßten; unzulässig sei es jedoch, einen der beiden Faktoren überhaupt außer Betracht zu lassen, wie es in Abschn. 81 Abs. 2 VStR 1960 u. a. für Holding-Gesellschaften angeordnet werde. Der Gesichtspunkt, daß bei einer Regelbewertung der Anteile an einer Holding-Gesellschaft die Ertragsaussichten doppelt berücksichtigt würden, sei nicht richtig. Es treffe auch nicht zu, daß ein fiktiver Erwerber der Anteile bei der Bemessung des Kaufpreises die Ertragsaussichten außer Betracht lasse. Das FG habe deshalb zu Unrecht den in den Richtlinien vorgesehenen Abschlag von 10 v. H. vom Vermögen unterlassen und verstoße damit gegen den Gleichheitssatz.

Die Revision wendet sich schließlich dagegen, daß das FG eine Wertminderung der Anteile an der Klägerin infolge der Beschränkung der Anteilsinhaber in der Verfügung über die Anteile nicht anerkannt habe. Die neben der gesellschaftsvertraglichen Bindung aufgrund einer Testamentsvollstreckung gegebene Verfügungsbeschränkung könne entgegen der Ansicht des FG nicht dazu führen, die im Gesellschaftsvertrag vereinbarten Verfügungsbeschränkungen als überholt anzusehen.

Die Klägerin beantragt, den gemeinen Wert ihrer Anteile auf 589 DM, hilfsweise auf 640 DM je 100 DM Stammkapital festzustellen.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Der dem Verfahren beigetretene Bundesminister der Finanzen ist der Auffassung, durch die Anweisungen in Abschn. 81 Abs. 2 VStR 1960 solle vermieden werden, daß sich die Erträge der Untergesellschaften bei der Bewertung der Anteile an der Obergesellschaft doppelt auswirken, nämlich einmal über den Vermögenswert und daneben noch einmal über den Ertragshundertsatz. Dieser "Kaskadeneffekt" würde durch Zwischenschaltung einer oder mehrerer Holding-Gesellschaften je nach Gewinnlage zu einer sachlich nicht vertretbaren Erhöhung oder zu einer sachlich nicht vertretbaren Minderung der Anteilswerte führen. Die Richtlinienanweisung sei somit allein durch das System der Anteilsbewertung nach dem Stuttgarter Verfahren bedingt.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision hat keinen Erfolg.

1. Anteile an Kapitalgesellschaften, die nicht zum Börsenhandel zugelassen sind, werden mit dem gemeinen Wert bewertet. Sind zeitnahe Verkäufe, aus denen der gemeine Wert abgeleitet werden könnte, nicht gegeben, so ist er unter Berücksichtigung des Vermögens und der Ertragsaussichten der Gesellschaft zu schätzen (§ 13 Abs. 2 BewG). Das Gesetz schreibt nicht vor, mit welchem Gewicht das Vermögen einerseits und die Ertragsaussichten andererseits in diese Schätzung eingehen müssen. Es läßt damit einen hinreichenden Spielraum, um wirtschaftliche Erwägungen aufgrund der Erkenntnisse einer bestimmten Entwicklungsphase sowie allgemeine Erfahrungen aufgrund von Schätzungen der Vergangenheit berücksichtigen zu können.

Die Finanzverwaltung hat für die gemäß § 13 Abs. 2 BewG durchzuführende Schätzung des gemeinen Werts nichtnotierter Anteile an Kapitalgesellschaften zunächst das Berliner Verfahren entwickelt, das den gemeinen Wert als Mittel zwischen Vermögenswert und Ertragswert annahm. Aufgrund der Erfahrung, daß der uneingeschränkte Ansatz der Ertragsaussichten zu Wertstreuungen führte, die sachlich nicht gerechtfertigt waren, und der Kritik, die sich gegen dieses Verfahren erhoben hatte (zur Entwicklung der steuerlichen Schätzungsverfahren im einzelnen vgl. Bierle, Die steuerliche Anteilsbewertung, 1974, S. 119 ff., insbesondere S. 135 bis 137), ordnete die Finanzverwaltung ab der Vermögensteuerhauptveranlagung 1953 die Schätzung des gemeinen Werts nach dem Stuttgarter Verfahren an (BStBl I 1955, 97). Maßgebende Größe für die Schätzung nach dem Stuttgarter Verfahren ist der Vermögenswert, der aufgrund der Ertragsaussichten korrigiert wird. Der BFH hat in ständiger Rechtsprechung das Stuttgarter Verfahren als ein geeignetes Schätzungsverfahren anerkannt, das dem Gesetz entspricht und ein wertvolles Hilfsmittel ist, die Einheitlichkeit der Bewertung zu gewährleisten (vgl. BFH-Urteil vom 12. März 1971 III R 82/69, BFHE 101, 550, BStBl II 1971, 419). Er hat deshalb entschieden, daß mit Rücksicht auf die Gleichmäßigkeit der Besteuerung von diesem Verfahren nur abgewichen werden könne, wenn es in Ausnahmefällen aufgrund der Besonderheiten dieser Fälle zu nicht tragbaren, d. h. zu offensichtlich unrichtigen Ergebnissen führt (BFH-Urteil vom 17. Mai 1974 III R 156/ 72, BFHE 112, 510, BStBl II 1974, 626).

2. Abschn. 81 Abs. 1 VStR 1960 enthält die Aussage des Richtliniengebers, daß bei manchen Gesellschaften die Ertragsaussichten ohne Einfluß auf den gemeinen Wert der Anteile seien. Deshalb entspreche der gemeine Wert dem ungekürzten Vermögenswert. Nach Abschn. 81 Abs. 2 VStR 1960 sollen zu den Gesellschaften, bei denen der gemeine Wert der Anteile dem Vermögenswert entspricht, u. a. Holding-Gesellschaften gehören, die sich auf die Verwaltung von Beteiligungen beschränken.

a) Gegen die dargestellte Richtlinienanweisung werden in der Literatur Bedenken erhoben. Sauer (Steuerberater-Jahrbuch 1975/76 S. 288) meint, diese Regelung verstoße eindeutig gegen das Gesetz. Bierle (a. a. O., S. 174) und Troll (Vermögensteuerliche Bewertung der GmbH-Anteile 1974/1975/1976 S. 89/90) halten sie für nicht unproblematisch, weil sich bei Berücksichtigung der Ertragsaussichten regelmäßig ein Wert unter dem Vermögenswert ergebe. Der Senat ist der Auffassung, daß diese Einwendungen das Wesen und die Funktion der reinen Holding in Form einer Kapitalgesellschaft nicht hinreichend beachten.

b) Die Klägerin ist eine Gesellschaft, deren Geschäftsbetrieb sich in der Vermögensverwaltung erschöpft; diese wird durch die Verwaltung beherrschender Beteiligungen an anderen Kapitalgesellschaften gekennzeichnet. Die reine Verwaltungs-Holding-Gesellschaft - und nur sie wird von der Verwaltungsanweisung des Abschn. 81 Abs. 2 VStR 1960 erfaßt -übt neben der Verwaltung ihrer Beteiligungen keine eigene Produktions-, Handels- oder Dienstleistungstätigkeit aus; die Beteiligung an anderen Unternehmen ist ihr eigentlicher Geschäftszweck (vgl. Rasch, Deutsches Konzernrecht, 5. Aufl., S. 70; Wildenauer, Körperschaftsteuerrechtliche Probleme der Holding-Gesellschaft nach dem Außensteuerrecht der Bundesrepublik Deutschland dargestellt im Verhältnis zu ausgewählten Ländern unter besonderer Berücksichtigung der Basisgesellschaften, Dissertation Würzburg 1969, S. 13). Charakteristisch für eine Holding-Kapitalgesellschaft dieser Art ist die sog. Effektensubstitution. Dies besagt, daß die Gesellschafter der Holding die Anteile an dieser nicht erwerben, um dadurch neues Sachkapital zu schaffen, sondern um auf diese Weise beherrschende Anteile an anderen Gesellschaften zu erwerben oder auf die Holding zu übertragen (vgl. Dr. Gablers Wirtschaftslexikon, 9. Aufl., Stichwort "Holding-(Gesellschaft)" und Wildenauer, a. a. O., S. 10).

Eine Holding-Gesellschaft, deren Geschäftsbetrieb durch die Verwaltung beherrschender Beteiligungen an anderen Kapitalgesellschaften gekennzeichnet wird, genießt sowohl für ihre Einkünfte wie auch für ihr Vermögen das sog. Schachtelprivileg. Dies bedeutet, daß die auf die Beteiligungen entfallenden Gewinnanteile sowie das durch die Beteiligungen verkörperte Vermögen weder der Körperschaftsteuer noch der Vermögensteuer unterliegen (vgl. § 9 KStG, § 60 BewG). Zwar werden die nicht zum Einkommen der Holding-Gesellschaft gehörenden Schachtelgewinne (§ 9 Abs. 1 KStG) der sog. Nachsteuer nach § 9 Abs. 3 KStG unterworfen, die grundsätzlich 36 v. H. der Schachtelgewinne beträgt (§ 19 Abs. 4 Nr. 1 KStG 1958). Doch wird die Nachsteuer, wie sich aus § 9 Abs. 3 Satz 2 KStG ergibt, nur von Schachtelgewinnen erhoben, die nicht an die Anteilsinhaber weiter ausgeschüttet werden (vgl. auch Herrmann-Heuer, Kommentar zur Einkommensteuer und Körperschaftsteuer, 17. Aufl., § 9 Abs. 3 KStG Anm. 24). Damit haben die Anteilsinhaber an einer Holding-Kapitalgesellschaft trotz Zwischenschaltung einer selbständigen Rechtspersönlichkeit wirtschaftlich die gleiche Stellung, wie wenn sie die Beteiligungen, welche die Holding hält, unmittelbar selbst halten würden. Dies rechtfertigt es für die vermögensteuerliche Anteilsbewertung, diese Anteile mit dem ungekürzten Vermögenswert zu bewerten; denn dieser entspricht dem gemeinen Wert der im Besitz der Holding befindlichen Beteiligungen, gleichgültig, ob er anhand von Börsenkursen, aufgrund von Verkäufen oder durch Schätzung unter Berücksichtigung des Vermögens und der Ertragsaussichten der Gesellschaften ermittelt wurde, an denen die Beteiligungen bestehen.

Die Richtigkeit der vorstehend dargelegten Rechtsauffassung wird durch die auch vom BdF angestellte Überlegung erhärtet, daß die vermögensrechtliche Stellung des Inhabers von Anteilen an einer reinen Holding verfälscht würde, wenn man für diese Anteile eine Regelbewertung nach dem Stuttgarter Verfahren durchführen würde. Geht man mit Abschn. 77 Abs. 5 VStR 1960 davon aus, daß das Vermögen der Gesellschaft für den Anteilsinhaber nicht denselben Wert hat wie für die Gesellschaft selbst und daß es deshalb um 10 % zu ermäßigen ist, ergibt sich bei einer üblichen Verzinsung des in der Beteiligung angelegten Vermögens - am Bewertungsstichtag 31. Dezember 1959 von 6 v. H. - ein gemeiner Wert von rd. 90 v. H. des Nennwerts der Beteiligung (vgl. Abschn. 79 VStR 1960; danach ist der gemeine Wert bei einem Vermögen der Holding von 100 = 85/100 x [90 + 18] = 91,80). Für eine derartige Bewertung der Anteile an einer reinen Holding-Gesellschaft besteht aber nach obigen Ausführungen kein vernünftiger wirtschaftlicher Grund. Dies zeigt sich besonders, wenn die Holding sehr hohe oder sehr niedrige Erträge hat. Würde man die bei der Bewertung des Vermögens der Holding-Gesellschaft berücksichtigte Ertragslage der Beteiligung auch bei der Bewertung der Anteile an der Holding-Gesellschaft berücksichtigen, so hätte dies zur Folge, daß sich für letztere Anteile bei hohen Erträgen ein Wert über dem gemeinen Wert und bei niedrigen Erträgen ein Wert unter dem gemeinen Wert der von der Holding gehaltenen Anteile ergäbe. So würde bei einer angenommenen Verzinsung des Vermögens der Holding-Gesellschaft von 15 v. H. der gemeine Wert der Anteile an der Holding-Gesellschaft rd. 115 v. H. des Nennwerts, bei einer Verzinsung von nur 3 v. H. rd. 84 v. H. des Nennwerts betragen, obwohl dieselbe Verzinsung bei der Bewertung des Vermögens der Holding-Gesellschaft schon berücksichtigt wurde und dort zu einem gemeinen Wert von 100 führte. Der Senat ist deshalb mit Barth (Die Bewertung von Anteilen an Kapitalgesellschaften für Zwecke der Vermögensteuer, 1974, S. 135) und Gürsching/Stenger, Kommentar zum Bewertungsgesetz und Vermögensteuergesetz, 6. Aufl., § 11 BewG Anm. 132) der Auffassung, daß die Anteile an einer Kapitalgesellschaft, die eine reine Holding-Gesellschaft ohne eigenen Geschäftsbetrieb ist, nicht deshalb mit einem anderen Wert angesetzt werden dürfen, als die von der Holding gehaltenen Anteile, weil die Anteilsinhaber zwischen sich und das von der Holding gehaltene Vermögen eine juristische Person geschaltet haben, die keine andere Funktion hat, als die Anteile für ihre Gesellschafter zu halten und zu verwalten. Hierin liegt entgegen der Auffassung von Sauer (a. a. O.) kein Verstoß gegen § 13 Abs. 2 Satz 2 BewG; denn die Anteile an der Holding-Gesellschaft sind aufgrund der durch die Zwischenschaltung der Holding bewirkten Effektensubstitution für die Anteilsbewertung als wirtschaftlich identisch mit den von der Holding gehaltenen Anteilen anzusehen. Soweit der Wert dieser Anteile weder aus Börsenkursen noch aus Verkäufen abgeleitet wurde, ist er aber, wie das Gesetz es vorschreibt, unter Berücksichtigung des Vermögens und der Ertragsaussichten der Gesellschaften geschätzt worden, an denen die Beteiligungen bestehen. Die Bewertung der Anteile an einer reinen Holding-Gesellschaft, wie sie Abschn. 81 VStR 1960 regelt, verstößt damit nicht gegen § 13 Abs. 2 Satz 2 BewG.

c) Das FG hat festgestellt, Gegenstand des Unternehmens der Klägerin ist die Beteiligung an anderen industriellen und landwirtschaftlichen Unternehmungen. Nach den weiteren Feststellungen des FG betrug der Wert der Beteiligungen der Klägerin am maßgebenden Stichtag 100 Mio. DM. Damals besaß die Klägerin allerdings auch andere Wertpapiere sowie Grundstücke, die mit einem Wert von insgesamt 5 Mio. DM bewertet waren. Insofern könnte eingewendet werden, die Klägerin sei keine reine Holding-Gesellschaft, weil sie auch noch anderes Vermögen als Beteiligungen an anderen Unternehmen mit Schachtelvergünstigung besitze. Das FG hat dies dadurch berücksichtigt, daß es dieses andere Vermögen entsprechend dem Grundsatz, daß das Vermögen der Gesellschaft für den Gesellschafter nicht denselben Wert hat wie für die Gesellschaft selbst, um 10 v. H. ermäßigte. Die Ertragsaussichten aufgrund dieses Vermögens hat es dagegen außer Betracht gelassen.

Der Senat ist der Auffassung, daß bei einer Beteiligungsgesellschaft, die neben wesentlichen Beteiligungen noch anderes Vermögen von rd. 5 v. H. des Werts der Beteiligungen besitzt, durch einen Abschlag vom Vermögenswert dieses anderen Vermögens der Umstand hinreichend berücksichtigt ist, daß für den Gesellschafter zwischen dem Wert des Unternehmens der Gesellschaft und dem Wert eines Anteils an der Gesellschaft regelmäßig ein Unterschied besteht. Der Senat kann nicht entscheiden, ob bei einem höheren anderweitigen Vermögensbesitz oder bei einer gemischten Holding-Gesellschaft im Hinblick auf die unterschiedlichen Vermögensmassen eine getrennte Wertberechnung für die Ermittlung des gemeinen Werts der Anteile an der Gesellschaft erforderlich wäre.

d) Die Klägerin kann nicht beanspruchen, daß ihre Anteile wie die Anteile an einer Organträger-Gesellschaft bewertet werden, denn zwischen ihr und den Gesellschaften, an denen sie beteiligt ist, besteht kein Organschaftsverhältnis. Eine Organschaft kann steuerrechtlich nicht anerkannt werden, wenn eine Obergesellschaft ohne sonstige unternehmerische Betätigung Untergesellschaften lediglich beherrscht. Erforderlich ist vielmehr, daß die Obergesellschaft selbst eine geschäftliche Tätigkeit ausübt, in die sich die Untergesellschaft nach Art einer Geschäftsabteilung eingliedert. Es genügt nicht, daß das herrschende Unternehmen nur kraft Rechtsform als Gewerbebetrieb gilt (BFH-Urteil vom 15. April 1970 I R 122/66, BFHE 99, 123, BStBl II 1970, 554; vgl. auch § 7 a KStG i. d. F. des Gesetzes vom 15. August 1969, BGBl I 1969, 1182). Die Klägerin übt nach den Feststellungen des FG eine derartige Tätigkeit nicht aus. Damit scheitert die Bewertung ihrer Anteile nach den für Organträger-Gesellschaften vorgesehenen Anweisungen nicht, wie sie meint, daran, daß sie mit ihren Untergesellschaften keinen Ergebnisabführungsvertrag geschlossen hat, sondern am Fehlen einer geschäftlichen Tätigkeit.

3. Die Rechtsauffassung des FG ist nicht zu beanstanden, daß der gemeine Wert der Anteile an der Klägerin nicht deshalb geringer als der Vermögenswert ist, weil die Anteilsinhaber Verfügungsbeschränkungen unterliegen. Nach den Feststellungen des FG und aufgrund des in den finanzgerichtlichen Akten befindlichen Gesellschaftsvertrags bedürfen die Gesellschafter zur Veräußerung sowie zur Verpfändung von Geschäftsanteilen an Nichtgesellschafter der schriftlichen Genehmigung der Gesellschaft und der übrigen Gesellschafter. Diese Regelung des Gesellschaftsvertrags muß im Zusammenhang damit gesehen werden, daß es sich bei der Klägerin um eine Familien-Holding-Gesellschaft handelt. Sie hat ersichtlich den Zweck, das unkontrollierte Eindringen fremder Personen in die Gesellschaft zu verhindern und dient damit letztlich der Stärkung der Stellung der Gesellschafter und der Gesellschaft selbst. In dieser Beschränkung kann deshalb kein wertmindernder Umstand gesehen werden. Es kommt somit nicht darauf an, ob diese Regelung durch die erbrechtliche Regelung als überholt anzusehen ist, wie das FG meinte.

Das FG hat auch zutreffend entschieden, daß eine Wertminderung der Gesellschaftsanteile durch Verfügungsbeschränkungen nur aufgrund solcher Beschränkungen möglich ist, die den Anteilen arteigen sind. Persönliche Verfügungsbeschränkungen der gegenwärtigen Inhaber dieser Anteile, die nicht gesellschaftsrechtlicher Natur sind und damit den Anteilen nicht anhaften, müssen dagegen gemäß § 10 Abs. 3 BewG außer Betracht bleiben. Die Tatsache, daß die Gesellschafter vom Stichtag aufgrund letztwilliger Verfügung des vormaligen Hauptgesellschafters nicht ohne Zustimmung der Testamentsvollstrecker über die Anteile verfügen können, muß deshalb für die Ermittlung des gemeinen Werts der Anteile außer Betracht bleiben.

 

Fundstellen

Haufe-Index 72205

BStBl II 1977, 235

BFHE 1977, 93

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