Leitsatz (amtlich)

Wirtschaftliche Gründe für eine außerordentliche Holznutzung im Sinne von § 34 Abs. 3 EStG 1951 und § 34b EStG 1955 liegen auch bei einem Mitunternehmer eines einer Personengesellschaft gehörenden Forstbetriebes nicht vor, der Sparkapital besitzt, das er in den Forstbetrieb einlegen kann, aber nicht einlegt, weil er es für andere Zwecke bereithalten will.

 

Normenkette

EStG 1951 § 34 Abs. 3; EStG 1955 § 34b Abs. 1 Nr. 1

 

Tatbestand

Streitig ist, ob die Steuervergünstigung wegen des Fehlens wirtschaftlicher Gründe versagt werden kann, wenn die außerordentlichen Holznutzungen aus einem einer Personengesellschaft oder Personengemeinschaft gehörigen Forstbetrieb gezogen wurden und der Steuerpflichtige Sparkapital besaß, das er in den Forstbetrieb hätte einlegen können, aber nicht einlegte, weil er es für andere Zwecke bereithalten wollte.

Der Revisionskläger (Steuerpflichtige) bewirtschaftete in den Streitjahren 1951 bis 1957 forstwirtschaftliche Flächen von rd. 135 ha, die zwei Mitunternehmerinnen gehörten. Er erhielt 50 v. H. der Gewinne aus der Betriebsgemeinschaft; auf die Mitunternehmerinnen entfielen je 25 v. H.

Der Steuerpflichtige begehrte den begünstigten Steuersatz gemäß § 34 Abs. 3 EStG 1951 und § 34b EStG 1955.

Aufgrund einer Betriebsprüfung in den Jahren 1958 und 1959 ermittelte der Betriebsprüfer u. a. die außerordentlichen Einkünfte aus den Überhieben, die Erlöse aus den Verkäufen landwirtschaftlich genutzter Flächen sowie die Sparguthaben und Darlehen des Steuerpflichtigen und der Mitunternehmerinnen.

Den Feststellungen des Betriebsprüfers folgend berichtigte der Revisionsbeklagte (FA) die Veranlagungen 1951 bis 1955 und versagte in den Einkommensteuerbescheiden für die Jahre 1951 bis 1957 die beantragte begünstigte Besteuerung, weil bis zum Veranlagungszeitraum 1954 kein Zwang zur Kapitalbeschaffung und vom Veranlagungszeitraum 1955 ab keine wirtschaftlichen Gründe für die außerordentlichen Waldnutzungen vorgelegen hätten.

Einspruch und Klage blieben hinsichtlich dieser Streitpunkte ohne Erfolg.

Die Vorinstanz stellte fest, der Steuerpflichtige habe für die Überhiebe in den Jahren 1951 bis 1957 keine wirtschaftlichen Gründe vorgetragen. Wirtschaftliche Gründe seien bei der Höhe der flüssigen Mittel, insbesondere der beträchtlichen Sparguthaben, auch nicht ersichtlich.

Die Revision des Steuerpflichtigen kann keinen Erfolg haben.

Während § 34 Abs. 3 EStG 1951 die Begünstigung nur für die aus wirtschaftlichen Gründen gebotenen Nutzungen vorsah, wird die Tarifvergünstigung ab dem Veranlagungszeitraum 1955 immer gewährt, wenn wirtschaftliche Gründe vorliegen. Die „wirtschaftlichen Gründe” können volkswirtschaftlicher, staatswirtschaftlicher oder privatwirtschaftlicher Natur sein. Zu Unrecht meint der Steuerpflichtige, der Begriff „wirtschaftliche Gründe” sei so unbestimmt, daß er inhaltslos sei und die Begünstigung daher auch ohne das Vorliegen irgendwelcher Gründe gewährt werden müsse. Dem Steuerpflichtigen ist zuzustimmen, daß es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff handelt, der sehr weit gefaßt ist. Eine Entscheidung darüber, ob „wirtschaftliche Gründe” vorliegen, kann nur nach Lage des Einzelfalles getroffen werden. Das Merkmal ermöglicht es u. a., einer schrankenlosen Nutzung des Waldes entgegenzuwirken. Für eine uneingeschränkte Begünstigung der außerordentlichen Holznutzungen gäbe es keine Rechtfertigung. Entgegen der Auffassung des Steuerpflichtigen sollen deshalb Forstwirte nicht unter allen Umständen bessergestellt werden als andere Steuerpflichtige mit gleich hohem Einkommen. Die Einnahmen aus außerordentlichen Holznutzungen unterliegen der Regelbesteuerung, wenn sie der Steuerpflichtige zieht, um einen Kapitalbedarf zu decken, der weder aus seiner wirtschaftlichen Betätigung erwächst noch auf Umständen beruht, die im Rahmen der Feststellung seiner einkommensteuerlichen Leistungsfähigkeit zu berücksichtigen sind (§§ 32 ff. EStG; vgl. Urteile des BFH IV 2/54 U vom 20. Januar 1955, BFH 60, 192, BStBl III 1955, 74; IV 234/57 U vom 30. April 1958, BFH 67, 58, BStBl III 1958, 295).

Zutreffend entschied das FA die Frage, ob die außerordentlichen Holznutzungen aus wirtschaftlichen Gründen gezogen worden seien, im Veranlagungsverfahren. Denn § 34b EStG ist eine Tarifvorschrift. Begünstigt sind die über den Nutzungssatz hinausgehenden Holznutzungen, wenn sie durch wirtschaftliche Gründe veranlaßt wurden. Wirtschaftliche Gründe können im forstwirtschaftlichen Betrieb, aber auch in der persönlichen Sphäre des Steuerpflichtigen begründet sein. Bei Mitunternehmerschaften können die wirtschaftlichen Gründe bei einem Mitunternehmer vorliegen, während bei einem oder mehreren anderen Mitunternehmern das Tatbestandsmerkmal nicht erfüllt zu sein braucht. Eine einheitliche und gesonderte Feststellung (§ 215 Abs. 2 AO) kommt daher nicht in Betracht.

 

Fundstellen

Haufe-Index 557282

BStBl II 1969, 648

BFHE 1969, 394

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