Leitsatz (amtlich)

Rechtlich verbindliche Unterhaltungslasten für die unter Denkmalschutz stehenden, nach § 73a Abs. 1 BewG a. F. nur mit 40 v. H. ihres Wertes anzusetzenden Wirtschaftsgüter sind bei Vermögensteuer-Veranlagungen auf Stichtage vor dem Inkrafttreten des ÄndG-BewG 1963 nach § 74 Abs. 2 BewG in der damals geltenden Fassung nur mit 40 v. H. ihres Kapitalwerts bei der Ermittlung des Gesamtvermögens abzugsfähig.

 

Normenkette

BewG i.d.F. vor ÄndG-BewG 1963 § 73a; BewG i.d.F. vor ÄndG-BewG 1963 § 74 Abs. 2

 

Tatbestand

Der Vater des Klägers war am 21. Juni 1948 Eigentümer eines Gutshofs, zu dem u. a. ein Schloß mit einer Reihe wertvoller alter Möbel und Kunstgegenstände sowie Archivgut, ferner eine Schloßkapelle, ein Familienhaus und ein Witwensitz gehörten. Der Gutshof war früher Bestandteil eines Fideikomißvermögens. Nach Auflösung dieses Vermögens wurden die genannten Gegenstände unter Denkmalschutz gestellt. Dem damaligen Inhaber und seinen Rechtsnachfolgern wurde durch Beschlüsse des Oberlandesgerichts (OLG) auferlegt, diese Gegenstände in einem geordneten Zustand zu erhalten. Zur Sicherung der Instandhaltungspflicht an den Gebäuden und Einrichtungsgegenständen wurde die Eintragung einer Reallast zugunsten des Landes angeordnet. Dabei wurden die jährlichen Unterhaltungskosten auf durchschnittlich 1400 RM im Jahre geschätzt.

Bei der Vermögensabgabe-Veranlagung des Vaters des Klägers wurde die Erhaltungslast entsprechend den Feststellungen einer vorausgegangenen Betriebsprüfung in Höhe von 25 200 DM für die Erhaltung der Gebäude und in Höhe von 4 320 DM für die Erhaltung des Archivs anerkannt. Der Vermögensabgabe-Bescheid enthielt folgenden Zusatz: "Die Veranlagung ist vorläufig, weil die endgültige Höhe der HGA noch nicht ermittelt ist. Auf § 25 Abs. 2 LAG wird hingewiesen." Am 4. September 1961 erließ das FA einen endgültigen Bescheid, in dem die Unterhaltungslast nicht mehr zum Abzug zugelassen wurde. Durch Schreiben vom 6. Oktober 1961 teilte das FA dem Kläger mit, daß dieser Bescheid nur wegen des HGA-Ansatzes nach § 225 AO als endgültiger Bescheid ergangen sei, soweit es sich um die Streichung des Kapitalwerts der Unterhaltungslast handele, dagegen als berichtigter Bescheid nach § 222 Abs. 1 Nr. 3 AO. Die Aufdeckung des Fehlers durch die Aufsichtsbehörde sei bereits zu Beginn des Jahres erfolgt. Die Streichung sei vorgenommen worden, weil wirkliche Verbindlichkeiten Dritten gegenüber nicht bestanden hätten und im übrigen, soweit es das Archiv betreffe, ein Abzug schon nach § 74 Abs. 2 BewG in Verbindung mit § 25 LAG nicht zulässig sei.

Der Einspruch, mit dem der Kläger sich gegen den Nichtabzug des Teils der Unterhaltungslast wandte, der auf die Gebäude entfällt, wurde zurückgewiesen. Dagegen war die Berufung erfolgreich. Das FG ließ die Unterhaltungslast, deren Jahreswert es mit 1 400 DM annahm, mit 40 v. H. des Kapitalwerts (10 080 DM) zum Abzug zu. Zur Begründung führte das FG im wesentlichen aus: Die Einwendungen des Klägers gegen die Zulässigkeit der Berichtigung des Vermögensabgabe-Bescheids seien unbegründet. Der ursprüngliche Bescheid sei in vollem Umfang vorläufig gewesen. Bei der endgültigen Veranlagung habe das FA den Fall ganz neu aufrollen dürfen. In sachlicher Hinsicht sei es allerdings richtig, daß die dem Kläger auferlegten Instandhaltungspflichten in gewisser Beziehung auch ihm selbst zugute kommen könnten. Das spreche jedoch nicht gegen eine Berücksichtigung dieser Last als Abzugsposten. Es sei vielmehr zu bedenken, daß der Abgabepflichtige im Interesse der Allgemeinheit gegen seinen Willen zu unwirtschaftlichen Instandhaltungen gezwungen werden könne. Es lasse sich kaum bestreiten, daß diese Belastung den Wert des Vermögens vermindere. Die Erhaltungslasten seien auch nicht schon im Rahmen der Einheitswert-Feststellung des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs, sondern erst bei der Ermittlung des Gesamtvermögens nach § 74 BewG zu berücksichtigen. Nach § 74 Abs. 2 BewG seien allerdings die Schulden und Lasten, die mit nur teilweise befreiten Wirtschaftsgütern in wirtschaftlichem Zusammenhang ständen, nur mit einem entsprechenden Teilbetrag abziehbar.

Mit der Rechtsbeschwerde, die nach dem Inkrafttreten der FGO als Revision zu behandeln ist, rügt das FA unrichtige Anwendung des bestehenden Rechts. Es ist der Auffassung, daß es sich bei der Instandhaltungslast um eine Last handele, die nur im Rahmen der Einheitswert-Feststellungen des landwirtschaftlichen Betriebs unter den Voraussetzungen der §§ 40, 36 Abs. 2 BewG ertragsmindernd als Grundstückslast berücksichtigt werden könne. Es beständen auch gegen die vom FG vorgenommene Bewertung Bedenken. Es müsse nach der Rechtsprechung eine echte wirtschaftliche Belastung vorliegen. Das Urteil des FG enthalte keine Feststellungen, ob der Abgabepflichtige nach den Verhältnissen am 21. Juni 1948 in Erfüllung der Last tatsächliche Aufwendungen in der vom FG angenommenen Höhe machen werde. Insoweit werde hilfsweise mangelnde Sachaufklärung gerügt. Das FA beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Berufung als unbegründet zurückzuweisen.

Der Kläger hat mit Schreiben vom 20. Januar 1966, das beim BFH am 24. Januar 1966 eingegangen ist, Anschlußrevision eingelegt, mit der er Abzug der vollen Instandhaltungslast im Betrag von 25 200 DM beantragt.

 

Entscheidungsgründe

Aus den Gründen:

Die Revision und die Anschlußrevision sind nicht begründet.

1. Gegen die Zulässigkeit der Anschlußrevision bestehen keine Bedenken, auch nicht deswegen, weil sie erst nach Ablauf der dem FA gesetzten Begründungsfrist eingegangen ist (vgl. BFH-Urteil IV R 111/66 vom 12. Januar 1968, BFH 91, 145, BStBl II 1968, 207).

2. Das FG ist in verfahrensrechtlicher Beziehung zu Recht davon ausgegangen, daß der ursprüngliche Vermögensabgabe-Bescheid in vollem Umfang vorläufig war, so daß gegen die Zulässigkeit des Bescheids vom 4. September 1961, der ganz als endgültiger Bescheid im Sinn des § 225 AO anzusehen ist, keine Bedenken bestehen. Solche Bedenken sind in der Revisionsinstanz vom Kläger auch nicht mehr erhoben worden.

3. In sachlicher Hinsicht ist das FG zutreffend davon ausgegangen, daß gegen den Abzug der Instandhaltungslast vom Gesamtvermögen des Klägers grundsätzlich keine Bedenken bestehen. Der Auffassung des FA, es handele sich dabei um eine Last, die bei der Einheitswert-Feststellung für den land- und forstwirtschaftlichen Betrieb des Klägers hätte berücksichtigt werden müssen, folgt der Senat nicht. Das FA beruft sich in diesem Zusammenhang zu Unrecht auf das Urteil des RFH III 21/43 vom 24. Juni 1943 (RStBl 1943, 587). Dieses Urteil behandelt nur die Frage, ob wegen der mit dem Denkmalschutz zusammenhängenden Verfügungsbeschränkungen eine Wertminderung des Grundbesitzes eingetreten ist. Über den Abzug der Instandhaltungslast besagt es nichts. Dagegen hat der Senat in dem Urteil III 81/63 vom 15. März 1968 (BFH 93, 310, BStBl II 1968, 766) unter Hinweis auf die frühere Rechtsprechung betont, der für die Bewertung von land- und forstwirtschaftlichen Betrieben maßgebende objektive Ertragswert könne nur durch solche Lasten gemindert werden, die sich aus der Natur des Betriebs ergäben und die wie eine öffentliche Last unabhängig vom Willen des jeweiligen Eigentümers bestehen blieben. Bei den aus der Auflösung eines früheren Fideikomisses entstandenen Instandhaltungsverpflichtungen ist nur die zweite Voraussetzung erfüllt. Sie bleiben wie eine öffentliche Last unabhängig vom Willen des jeweiligen Eigentümers bestehen. Dagegen fehlt es an der ersten Voraussetzung. Sie ergeben sich nicht aus der Natur des Betriebs, sondern ihr Ursprung und ihre Begründung sind - ähnlich wie bei Holzlasten (vgl. dazu RFH-Urteil III A 17/37 vom 22. April 1937, RStBl 1937, 634) - lediglich aus der geschichtlichen Entwicklung verständlich. Abgesehen davon wäre nach den weiteren Ausführungen des Urteils III 81/63 (a. a. O.) der Abzug des Kapitalwerts der Last vom Gesamtvermögen nur dann ausgeschlossen, wenn die Last tatsächlich bei der Einheitswert-Feststellung für den land- und forstwirtschaftlichen Betrieb des Klägers in die Berechnung des nachhaltigen Ertrags einbezogen oder für sie ein Abschlag gemacht worden wäre. Das ist aber nach dem Vorbringen des FA nicht der Fall gewesen.

Eine Last kann allerdings nach § 74 Abs. 1 Nr. 2 BewG nur abgezogen werden, wenn am Stichtag eine rechtliche Verpflichtung besteht und wenn sie eine ernstliche wirtschaftliche Belastung bedeutet. Das Bestehen einer rechtlichen Verpflichtung ist hier nicht streitig. Bedenken können sich nur wegen des Bestehens einer ernsthaften wirtschaftlichen Belastung ergeben. Sie könnten daraus hergeleitet werden, daß die Instandhaltung der unter Denkmalschutz stehenden Gegenstände letzten Endes auch dem Eigentümer dieser Gegenstände, also dem zur Instandhaltung Verpflichteten, zugute kommen. Das FG hat aber mit zutreffender Begründung die Berechtigung solcher Bedenken verneint. Der Senat ist der Auffassung, daß Instandhaltungspflichten dem Eigentümer ausschließlich im Interesse der Allgemeinheit auferlegt wurden.

4. Auch mit seinen Einwendungen gegen die Höhe des vom FG bei der Berechnung des Kapitalwerts der Last zugrunde gelegten Jahreswerts der Instandhaltungsaufwendungen kann das FA nicht durchdringen. Nach § 17 Abs. 3 BewG ist als Jahreswert der Betrag zugrunde zu legen, der in Zukunft im Durchschnitt der Jahre voraussichtlich aufgewendet werden muß. Nachdem der Kläger über die tatsächlichen Instandhaltungsaufwendungen für die unter Denkmalschutz stehenden Gebäude keinen Nachweis erbringen konnte, blieb nur eine Schätzung übrig. Diese Schätzung liegt auf tatsächlichem Gebiet. An sie ist der BFH nach § 118 Abs. 2 FGO gebunden, da gegen sie zulässige und begründete Revisionsgründe nicht vorgebracht wurden. Das FA rügt in diesem Zusammenhang zwar mangelnde Sachaufklärung. Diese Rüge ist jedoch nicht begründet. Das FG hat versucht, Feststellungen über die tatsächlichen Aufwendungen zu treffen. Erst als diese Versuche gescheitert waren, hat es zur Schätzung gegriffen. Daß es dabei als Mindestbetrag den vom OLG als Jahresdurchschnitt schätzungsweise angenommenen Betrag der Unterhaltungslast ansetzte, ist nicht zu beanstanden.

5. Das FG hat mit Recht nur 40 v. H. des von ihm berechneten Kapitalwerts der Unterhaltungsverpflichtung zum Abzug zugelassen. Der Kläger erstrebt mit seiner Anschlußrevision den Abzug des vollen Kapitalwerts mit der Begründung, daß es sich bei § 73a Abs. 1 BewG nicht um eine teilweise Steuerbefreiung handele, sondern daß diese Vorschrift nur den Wertansatz betreffe. Daß diese Auffassung nicht richtig ist, hat der Senat bereits in dem Urteil III 70/65 vom 13. Dezember 1968 (BFH 94, 542, BStBl II 1969, 230) mit ausführlicher Begründung dargetan. Auf die Ausführungen in diesem Urteil wird Bezug genommen. Sie gelten nicht nur für § 73a Abs. 2 BewG, sondern auch für § 73a Abs. 1 BewG. Danach enthalten diese Vorschriften eine teilweise Steuerbefreiung, die dazu führt, daß nach § 74 Abs. 2 BewG der mit dem steuerbefreiten Teil der Gebäude im Zusammenhang stehende Teil der Instandsetzungslast nicht abgezogen werden kann. Daß die neue Fassung des § 74 Abs. 2 BewG durch das Gesetz zur Änderung des Bewertungsgesetzes 1963 nicht auf Stichtage vor dem 1. Januar 1963 angewandt werden kann, hat der Senat bereits in dem Urteil III 70/65 (a. a. O.) entschieden. Auch hieran hält er fest.

 

Fundstellen

Haufe-Index 68687

BStBl II 1969, 717

BFHE 1969, 412

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