Entscheidungsstichwort (Thema)

Zum Begriff ,,Bestellung" i. S. des § 4 b InvZulG 1982

 

Leitsatz (NV)

Eine Bestellung i. S. des § 4 b Abs. 2 Satz 2 InvZulG 1982 ist bereits dann erfolgt, wenn der Steuerpflichtige alles von seiner Seite aus Erforderliche getan hat, damit die Rechtswirkungen des Anschaffungsgeschäfts eintreten konnten (Anschluß an BFH-Urteil vom 6. Juni 1986 III R 83 /82, BFHE 147, 570, BStBl II 1987, 37).

 

Normenkette

InvZulG 1982 § 4b

 

Verfahrensgang

FG Münster

 

Tatbestand

Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) betreibt ein Güterkraftverkehrsunternehmen. Am Abend des 30. Dezember 1981 suchte der Außendienstmitarbeiter A der X-AG, mit einem vorbereiteten Bestellformular über einen Lkw den Kläger in dessen Geschäftsräumen auf. Der Kläger unterzeichnete die Bestellung und übergab diese dem A. Dieser reichte die Bestellung am 4. Januar 1982 in den Geschäftsräumen der Verkaufsniederlassung D ein.

Die Anschaffungskosten des Lkw betrugen 116 937 DM. Der Kläger beantragte hierfür nach § 4 b des Investitionszulagengesetzes (InvZulG) 1982 eine Investitionszulage. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) lehnte den Antrag, auch im Einspruchsverfahren, mit der Begründung ab, die Bestellung sei nicht innerhalb des Begünstigungszeitraums erfolgt.

Das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt. Zur Begründung führte es aus, der Zeitpunkt einer Bestellung bestimme sich nicht danach, wann der Investor die Bestellung abgegeben (abgeschickt) habe, sondern danach, wann das Vertragsangebot wirksam geworden sei. Dies sei der Zeitpunkt, in dem das Vertragsangebot dem Erklärungsempfänger zugegangen sei.

Mit der vom FG zugelassenen Revision rügt das FA die Verletzung des § 4 b InvZulG 1982. Es ist der Ansicht, das FG habe zu Unrecht den Begriff der Bestellung nach zivilrechtlichen Grundsätzen ausgelegt und demgemäß auf den Zugang der Bestellung beim Erklärungsempfänger abgestellt.

Das FA beantragt, unter Aufhebung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

1. Die Revision ist zulässig. Sie ist entgegen der Auffassung des Klägers nicht auf die Zulassungsgründe beschränkt. Es gilt der Grundsatz der Vollrevision (vgl. Gräber / Ruban, Finanzgerichtsordnung, 2. Aufl., § 115 Tz. 46 mit weiterem Nachweis und § 118 Tz. 1).

2. Die Revision ist auch begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und Abweisung der Klage.

Gemäß § 4 b Abs. 2 Sätze 1 und 2 InvZulG 1982 in der für das Streitjahr geltenden Fassung wird für die Anschaffung von neuen abnutzbaren beweglichen Anlagegütern bei Vorliegen weiterer, hier nicht streitiger Voraussetzungen, eine Zulage gewährt, wenn die Wirtschaftsgüter nachweislich nach dem 31. Dezember 1981 und vor dem 1. Januar 1983 vom Steuerpflichtigen bestellt worden sind.

Wie der erkennende Senat in der zu § 4 b InvZulG 1975 ergangenen Entscheidung vom 6. Juni 1986 III R 83/87 (BFHE 147, 570, BStBl II 1987, 37) bereits entschieden hat, ist nur dann eine rechtzeitige Bestellung gegeben, wenn der Steuerpflichtige innerhalb des Begünstigungszeitraums alles von seiner Seite aus Erforderliche getan hat, damit die Rechtswirkungen des Anschaffungsgeschäfts eintreten konnten. Hierzu ist grundsätzlich nicht erforderlich, daß die Bestellung dem Erklärungsempfänger zugeht, also zivilrechtlich wirksam wird (s. § 130 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches). Regelmäßig hat der Steuerpflichtige schon mit der Absendung des Auftrags das von seiner Seite aus Erforderliche getan, damit das Anschaffungsgeschäft zustande kommt. Etwas anderes gilt nur, wenn er sich erst ab dem Zeitpunkt des zivilrechtlichen Wirksamwerdens des Vertrags hat binden wollen.

Bei Anwendung dieser Rechtsgrundsätze, die auch im Rahmen des § 4 b InvZulG 1982 Geltung haben, konnte die von dem Kläger am 30. Dezember 1981 unterzeichnete und an A übergebene Bestellung nicht als im Begünstigungszeitraum abgegeben angesehen werden. Durch die Übergabe der Bestellung an A am 30. Dezember 1981 hatte der Kläger zu diesem Zeitpunkt bereits alles von seiner Seite aus Notwendige getan, damit der Kaufvertrag wirksam wurde. Er konnte davon ausgehen, daß A seinen Auftrag zur Bearbeitung, Annahme und Ausführung an die zuständige Stelle der X-AG weitergab. A als Außendienstmitarbeiter der X-AG war, unabhängig davon, ob er zivilrechtlich als Erklärungsvertreter oder Erklärungsbote anzusehen ist, dazu berechtigt, Bestellungen entgegenzunehmen. Dies hat das FG für den erkennenden Senat bindend festgestellt (§ 118 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).

Die Behauptung des Klägers im Rahmen seiner Revisionserwiderung, er habe sich erst ab dem Zeitpunkt des zivilrechtlichen Wirksamwerdens des Vertrags binden wollen, führt zu keinem anderen Ergebnis. Der Kläger hat hierzu keine äußerlichen (objektiven) Merkmale vorgetragen, die eine Überprüfung seines subjektiven Willens ermöglicht hätten (vgl. in diesem Zusammenhang den Beschluß des Großen Senats des Bundesfinanzhofs vom 25. Juni 1984 GrS 4/82, BFHE 141, 405, BStBl II 1984, 751, 767).

Der Kläger geht auch fehl in der Annahme, daß das Senatsurteil in BFHE 147, 570, BStBl II 1987, 37 deshalb im Streitfall nicht anzuwenden sei, weil das zitierte Urteil das Ende und nicht den Anfang des Begünstigungszeitraums betrifft. Denn in beiden Fällen geht es um die Frage, ob eine Bestellung innerhalb des Begünstigungszeitraums erfolgt ist.

3. Da das FG von anderen Rechtsgrundsätzen ausgegangen ist, war die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.

 

Fundstellen

BFH/NV 1990, 733

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