Leitsatz (amtlich)

Eine Bestellung ist auch dann noch fristgerecht i.S. des § 4b Abs.2 Satz 1 InvZulG 1975, wenn das nachweislich bis spätestens 30.Juni 1975 zur Post gegebene Auftragsschreiben dem Lieferanten erst nach diesem Zeitpunkt zugeht.

 

Normenkette

InvZulG 1975 § 4b

 

Tatbestand

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) lehnte den Antrag der Klägerin und Revisionsbeklagten (Klägerin), ihr für die Anschaffung bestimmter Wirtschaftsgüter eine Investitionszulage gemäß § 4b des Investitionszulagengesetzes (InvZulG) 1975 zu gewähren, mit der Begründung ab, die entsprechenden Aufträge vom 30.Juni 1975 seien dem Lieferanten nicht mehr innerhalb des Begünstigungszeitraums zugegangen.

Der Einspruch blieb ohne Erfolg. Das Finanzgericht (FG) hat der Klage stattgegeben.

Mit der vom Senat zugelassenen Revision rügt das FA Verletzung des § 4b InvZulG 1975.

Das FA beantragt,

die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet.

1. Die Anschaffung von neuen abnutzbaren beweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens ist nur dann zulagebegünstigt, wenn diese Wirtschaftsgüter nachweislich nach dem 30.November 1974 und vor dem 1.Juli 1975 vom Steuerpflichtigen bestellt worden sind (§ 4b Abs.2 Satz 1 InvZulG 1975). Dazu vertritt der Bundesminister der Finanzen (BMF) in Tz.121 seines Schreibens vom 5.Mai 1977 IV B 2-S 1988-150/77 (BStBl I 1977, 246, 260) die Auffassung, daß eine Bestellung an dem Tag erfolgt sei, an dem sie dem Lieferanten zugehe.

Dieser Ansicht vermag der Senat nicht zu folgen. Nach dessen Rechtsprechung hat der Steuerpflichtige ein Wirtschaftsgut dann rechtzeitig i.S. des § 4b Abs.2 Satz 1 InvZulG 1975 bestellt, wenn er vor dem 1.Juli 1975 alles von seiner Seite aus Erforderliche getan hatte, damit die Rechtswirkungen des Anschaffungsgeschäfts eintreten konnten (Urteile vom 1.Juni 1979 III R 101/76, BFHE 128, 132, BStBl II 1979, 580; vom 12.November 1982 III R 124/80, BFHE 136, 570, BStBl II 1983, 29). Dies setzt jedoch nicht in jedem Fall voraus, daß der Kaufvertrag bereits zivilrechtlich wirksam zustande gekommen ist; denn der Begriff "bestellt" i.S. des § 4b InvZulG 1975 ist ein steuerrechtlicher Begriff. Regelmäßig hat der Steuerpflichtige schon mit der Absendung des Auftrags das von seiner Seite aus Erforderliche getan, damit das Anschaffungsgeschäft mit den sich daraus ergebenden Rechten und Pflichten zustande kommt. Etwas anderes gilt nur, wenn er sich erst ab dem Zeitpunkt des zivilrechtlichen Wirksamwerdens des (Kauf-)Vertrags hat binden wollen (vgl. § 130 Abs.1 Satz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches und Urteil in BFHE 128, 132, BStBl II 1979, 580).

Entgegen der Auffassung des FA entspricht die Rechtsauffassung des Senats der Zielsetzung des § 4b InvZulG 1975. Der Steuerpflichtige sollte während des Begünstigungszeitraums entscheiden, ob er begünstigungsfähige Wirtschaftsgüter anschafft, und er sollte dies in verbindlicher Weise innerhalb der Frist nach außen kundtun. Diesem Erfordernis konnte der Investor dadurch Rechnung tragen, daß er am 30.Juni 1975 das Auftragsschreiben absandte. Die Auslegung des Senats trägt dem Umstand Rechnung, daß die Rechtzeitigkeit einer Bestellung ansonsten davon abhängig wäre, wann der Auftrag dem Lieferanten zugeht. Dies kann von Zufälligkeiten, insbesondere beim Postlauf, beeinflußt sein.

Da zwischen den Beteiligten unstreitig ist, daß die fraglichen Bestellungen am 30.Juni 1975 geschrieben und auch an diesem Tag zur Post gegeben worden sind, hat das FG der Klage zu Recht stattgegeben.

 

Fundstellen

Haufe-Index 61425

BStBl II 1987, 37

BFHE 147, 570

BFHE 1987, 570

BB 1986, 2189-2189 (LT)

DB 1987, 77-78 (ST)

DStR 1987, 50-50 (ST)

HFR 1987, 85-86 (ST)

Information StW 1987, 41-42 (ST)

DStZ/E 1987, 7-7 (S)

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