Entscheidungsstichwort (Thema)

Verspätete Begründung einer Nichtzulassungsbeschwerde

 

Leitsatz (NV)

Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen verspäteter Begründung einer Nichtzulassungsbeschwerde muß innerhalb von zwei Wochen nach dem Wegfall des Hindernisses beantragt werden.

 

Normenkette

FGO § 56 Abs. 1-2, § 115 Abs. 3

 

Verfahrensgang

Hessisches FG

 

Tatbestand

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage des Klägers und Beschwerdeführers (Kläger) auf Verpflichtung des Beklagten und Beschwerdegegners (Finanzamt) zum Erlaß von Säumniszuschlägen wegen Lohnsteuer, Umsatzsteuer und Einkommensteuer 1980 bis 1985 von zusammen 84 559 DM (Stand am 30. Mai 1986) als unbegründet ab. Das dem Kläger am 22. Januar 1988 zugestellte Urteil des FG vom 8. Dezember 1987 enthält keinen Anspruch über die Zulassung der Revision.

Die am 4. Februar 1988 bei dem FG eingelegte Beschwerde wegen der Nichtzulassung der Revision, der das FG nicht abgeholfen hat, ist durch ein am 14. April 1988 bei dem FG eingegangenes Schreiben begründet worden. Darin wird u. a. ausgeführt: Die Rechtssache habe grundsätzliche Bedeutung. Bei der Entscheidung über den Erlaß der Säumniszuschläge aus Billigkeitsgründen sei nicht beachtet worden, daß er, der Kläger, wegen der während der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft erlittenen und noch nicht überwundenen Verfolgungsmaßnahmen nicht in der Lage gewesen sei, seine Steuerangelegenheiten fristgerecht zu erledigen.

Gleichzeitig beantragt der Kläger Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist für die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde. Zur Begründung führt er u. a. aus, während des Beschwerdeverfahrens sei ,,im Februar 1988" ein Krankheitsschub (Kreislaufprobleme) als Folge der in den Konzentrationslagern der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft erlittenen Verfolgungsmaßnahmen aufgetreten. Er habe das Bett hüten müssen. Erst am 3. März 1988 sei er in der Lage gewesen, seine derzeitige Prozeßbevollmächtigte mit der Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde zu beauftragen. Sein früherer Prozeßbevollmächtigter, der die Beschwerde eingelegt habe, habe sie wegen Arbeitsüberlastung nicht begründen können. Ein ärztliches Attest über Art und Dauer der akuten Erkrankung werde umgehend nachgereicht.

 

Entscheidungsgründe

Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig; sie war zu verwerfen.

Sie ist verspätet begründet worden, weil dies nicht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils geschehen ist (§ 115 Abs. 3 Sätze 1, 3 der Finanzgerichtsordnung - FGO -). Die Begründung einer Nichtzulassungsbeschwerde muß innerhalb der Beschwerdefrist bei dem Gericht eingelegt werden, dessen Entscheidung angefochten wird (vgl. Beschluß des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 26. März 1987 V B 24/87, BFH/NV 1987, 452, m. w. N.). Der Kläger hat die Nichtzulassungsbeschwerde gegen das ihm am 21. Januar 1988 zugestellte Urteil erst durch einen am 14. April 1988 durch seine Prozeßbevollmächtigte bei dem BFH eingelegten Schriftsatz begründet.

Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 56 Abs. 1 FGO) wegen Versäumung der Frist für die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde war nicht zu gewähren, weil der Wiedereinsetzungsantrag verspätet - nicht innerhalb von zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses (§ 56 Abs. 2 Satz 1 FGO) - gestellt worden ist. Nach Darstellung des Klägers war der ,,Krankheitsschub", der ihn hinderte, rechtzeitig für die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde durch einen dazu nach Art. 1 Nr. 1 Satz 1 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs befugten Prozeßbevollmächtigten zu sorgen, am 3. März 1988 nicht mehr vorhanden. Die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde ist beim BFH aber erst am 14. April 1988 eingegangen.

Hinzu kommt, daß der Kläger bisher die Tatsachen zur Begründung seines Wiedereinsetzungsantrags auch nicht glaubhaft gemacht hat (§ 56 Abs. 2 Satz 2 FGO), obwohl dies ,,umgehend" geschehen sollte, und Hinderungsgründe nicht erkennbar sind.

Gründe für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 56 Abs. 1 FGO) wegen der Versäumung der Frist für den Antrag auf Wiedereinsetzung (§ 56 Abs. 2 FGO) sind weder geltend gemacht noch ersichtlich.

 

Fundstellen

BFH/NV 1988, 795

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