Entscheidungsstichwort (Thema)

VGA-Befreiung des Gesellschafter-Geschäftsführers einer Einmann-GmbH vom Verbot der Selbstkontrahierung

 

Leitsatz (NV)

Die Befreiung des Gesellschafter-Geschäftsführers einer Einmann-GmbH vom Verbot des Selbstkontrahierens setzt einen entsprechenden Gesellschafterbeschluß voraus, über dessen Fassung unverzüglich eine Niederschrift (mit Angabe von Ort und Tag) anzufertigen (§ 48 Abs. 3 GmbHG) und der zum Handelsregister anzumelden und dort einzutragen ist. Die bloße Befreiung von den Beschränkungen in einem Geschäftsführer- Anstellungsvertrag kann dies nicht ersetzen.

 

Normenkette

KStG § 8 Abs. 3 S. 2; BGB § 181; GmbHG § 48 Abs. 2-3

 

Verfahrensgang

FG Köln

 

Gründe

Die Beschwerde ist unbegründet.

1. Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung i. S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO), wenn eine Rechtsfrage zu entscheiden ist, an deren Beantwortung ein allgemeines Interesse besteht, weil ihre Klärung das Interesse der Allgemeinheit an der Fortentwicklung und der Handhabung des Rechts berührt. Es muß sich um eine aus rechtssystematischen Gründen bedeutsame und auch für die einheitliche Rechtsanwendung gewichtige Frage handeln (vgl. Beschluß des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 27. Juni 1985 I B 23/85, BFHE 144, 133, BStBl II 1985, 605 m. w. N.), die klärungsbedürftig und im konkreten Streitfall auch klärungsfähig ist. Das Vorliegen dieser Voraussetzungen muß in der Beschwerdeschrift schlüssig und substantiiert dargelegt werden. Dazu ist es erforderlich, daß eine bestimmte Rechtsfrage herausgestellt und dargelegt wird, weshalb von ihrer Beantwortung die Entscheidung über die Rechtssache abhängt (z. B. BFH- Beschluß vom 29. Juli 1992 I B 35/92, BFH/NV 1993, 182). Daran fehlt es im Streitfall.

a) Zwar hat die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) in der Begründung ihrer Beschwerde dargelegt, es sei von allgemeinem Interesse, ob die Befreiung des Alleingesellschafters einer GmbH von den Beschränkungen des § 181 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) durch einfachen Gesellschafterbeschluß aufgrund einer entsprechenden Satzungsermächtigung zivilrechtlichen und damit steuerrechtlichen Anforderungen genüge. Abgesehen davon, daß nicht ersichtlich ist, weshalb an der zivilrechtlichen Zulässigkeit einer solchen Ermächtigungsklausel Bedenken bestehen sollten (vgl. Bayerisches Oberstes Landesgericht -- BayObLG --, Beschluß vom 7. Mai 1984 BReg. 3 Z 163/83, Der Betrieb -- DB -- 1984, 1517, m. w. N.; Mertens in Hachenburg, Kommentar zum Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung, 7. Aufl., § 35 Rdnr. 227 h; U. H. Schneider in Scholz, GmbH-Gesetz, 8. Aufl., § 35 Rz. 126 i. V. m. Rz. 99; Koppensteiner in Rowedder, GmbHG, 2. Aufl., § 35 Rz. 26; S. Schick, DB 1983, 1192, 1194), ist die Beantwortung dieser Rechtsfrage im Streitfall jedoch nicht entscheidungserheblich, weil nach den den Senat bindenden (§ 118 Abs. 2 FGO) Feststellungen des Finanzgerichts (FG) von dieser Ermächtigung tatsächlich kein Gebrauch gemacht worden ist. Ein entsprechender Ausführungsbeschluß wurde vielmehr erst nachträglich -- am 30. Oktober 1991 -- gefaßt. Eine Rückwirkung dieses Beschlusses auf den Zeitpunkt der Gehaltszahlung im Januar 1990 wäre aber steuerlich unbeachtlich, weil X Alleingesellschafter der Klägerin war. Wendet die Kapitalgesellschaft einem solchen Gesellschafter einen Vermögensvorteil zu, ist eine verdeckte Gewinnausschüttung (§ 8 Abs. 3 Satz 2 des Körperschaftsteuergesetzes) anzunehmen, wenn die Kapitalgesellschaft eine Leistung an ihn erbringt, für die es an einer klaren und von vornherein abgeschlossenen Vereinbarung fehlt (vgl. BFH-Urteile vom 22. September 1976 I R 68/74, BFHE 120, 200, BStBl II 1977, 15; vom 14. März 1990 I R 6/89, BFHE 160, 459, BStBl II 1990, 795; vom 13. März 1991 I R 1/90, BFHE 164, 255, BStBl II 1991, 597). X wurde auch nicht bereits rechtzeitig zuvor nach § 4 des mit ihm geschlossenen Anstellungsvertrages vom 28. Januar 1987 von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit, weil diese vertragliche Regelung zumindest bei einer Einmann-GmbH keinen Gesellschafterbeschluß ersetzen kann. Zwar bestehen für einen derartigen Beschluß keine besonderen Formerfordernisse. Eine entsprechende schriftliche Erklärung kann genügen, wenn daraus der Wille ersichtlich wird, den Beschlußinhalt verbindlich zu dokumentieren (vgl. § 48 Abs. 2 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung -- GmbHG --; s. dazu K. Schmidt in Scholz, a. a. O., § 48 Rz. 77; Koppensteiner in Rowedder, a. a. O., § 48 Rz. 22). Erforderlich ist aber in jedem Fall, daß über die Beschlußfassung unverzüglich eine Niederschrift (mit Angabe von Ort und Tag) angefertigt wird (§ 48 Abs. 3 GmbHG; s. dazu Hüffer in Hachenburg, a. a. O., § 48 Rdnr. 66; Koppensteiner in Rowedder, a. a. O., § 48 Rz. 22; K. Schmidt in Scholz, a. a. O., § 48 Rz. 77). Überdies ist der Beschluß zum Handelsregister anzumelden und dort einzutragen (BayObLG in DB 1984, 1517; Mertens in Hachenburg, a. a. O., § 35 Rdnr. 227 h; U. H. Schneider in Scholz, a. a. O., § 35 Rz. 126, m. w. N.; S. Schick, DB 1983, 1192, 1194). An beidem fehlt es im Streitfall.

b) Ist angesichts dessen davon auszugehen, daß X nicht wirksam von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit worden ist, war der mit ihm geschlossene Anstellungsvertrag vom 1. Oktober 1986 und damit auch die darin getroffene Gehaltsvereinbarung zivilrechtlich unwirksam. Der BFH hat in ständiger Rechtsprechung Vereinbarungen zwischen dem beherrschenden Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft und der Gesellschaft steuerlich nur anerkannt, wenn sie zivilrechtlich wirksam waren (vgl. z. B. BFH- Urteile in BFHE 120, 200, BStBl II 1977, 15; in BFHE 164, 255, BStBl II 1991, 597). Die Vereinbarung zivilrechtlicher Wirksamkeit der Vereinbarungen zwischen Gesellschaft und Gesellschafter beruht auf der Überlegung, daß ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter dem Gesellschafter keine Leistungen aufgrund unwirksamer Vereinbarungen erbringen würde. Diese Rechtsprechung ist zwar ausnahmsweise für den Fall eingeschränkt worden, in dem die Unwirksamkeit der Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB sich allenfalls aus einer geänderten Gesetzes lage (Senatsurteil vom 17. September 1992 I R 89--98/91, BFHE 169, 171, BStBl II 1993, 141) ergeben konnte. In derartigen besonderen Fällen darf ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter auch bei zumutbarer Anspannung seiner Sorgfaltspflichten von der Wirksamkeit der Befreiung ausgehen. Der Senat hält an dieser Rechtsprechung fest. Über einen vergleichbaren Sachverhalt ist hier aber nicht zu befinden, weil bei Gründung der Klägerin im Jahre 1986 die Rechtslage klar und eindeutig gewesen ist. Es bestand weder für die Klägerin noch für X Veranlassung, die Wirksamkeit der Befreiung anzunehmen, nachdem ein Beschluß in Ausführung der in die Satzung aufgenommenen Ermächtigung zur Befreiung vom Verbot des Selbstkontrahierens gerade nicht gefaßt worden ist.

2. Aus den unter 1. b gemachten Ausführungen ergibt sich zugleich, daß das FG nicht von dem BFH-Urteil in BFHE 169, 171, BStBl II 1993, 141 abgewichen ist.

Im übrigen ergeht dieser Beschluß gemäß Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs ohne Begründung.

 

Fundstellen

Haufe-Index 421053

BFH/NV 1996, 509

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