Entscheidungsstichwort (Thema)

Anfechtung einer Kostenentscheidung wegen Willkür

 

Leitsatz (NV)

1. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtsfrage, die sich nur im Hinblick auf die Kostenentscheidung stellt, oder wegen eines der sonstigen Zulassungsgründe des § 115 Abs. 2 FGO, der allein die Kostenentscheidung betrifft, kann die Revision nicht zugelassen werden.

2. § 128 Abs. 4 FGO hat nur Bedeutung für Streitverfahren, deren Gegenstand in der Hauptsache Kosten sind.

3. Es bleibt offen, ob im Falle greifbarer Gesetzwidrigkeit einer unanfechtbaren Kostenentscheidung eine Beschwerde nach § 128 FGO oder eine Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision gewährt werden kann.

4. Es ist nicht objektiv willkürlich, einen Prozeßbevollmächtigten als vollmachtlosen Vertreter zu behandeln, weil sich der ihm erteilte Auftrag auf eine zweckentsprechende Rechtsverfolgung beziehe und deshalb für eine rechtsmißbräuchliche Klageerhebung keine Vertretungsmacht verleihe.

 

Normenkette

FGO § 115 Abs. 2, § 128 Abs. 4, § 135 Abs. 1, § 145; ZPO § 83 Abs. 2

 

Tatbestand

Bei sinnentsprechender Auslegung richtet sich die Beschwerde allein gegen die Nichtzulassung der Revision gegen die in dem angefochtenen Urteil enthaltene Entscheidung über die Kosten des Verfahrens. Denn Zulassungsgründe, welche die Entscheidung des Finanzgerichts (FG) in der Hauptsache betreffen, können offenkundig vom Beschwerdeführer nicht geltend gemacht werden, weil er lediglich durch die Kostenentscheidung beschwert ist. Dementsprechend ist die Beschwerdeschrift dahin zu verstehen, daß der Beschwerdeführer der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung im Hinblick auf die Frage beimißt, ob § 137 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) gestattet, dem bevollmächtigten Prozeßvertreter eines Beteiligten die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen, und daß er als Verfahrensmangel i. S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO geltend machen will, das FG habe ihm als bevollmächtigten Prozeßvertreter eines Beteiligten die Kosten des Verfahrens auferlegt und § 137 Satz 2 FGO bewußt nicht angewandt.

 

Entscheidungsgründe

Die Beschwerde ist unzulässig.

Die in der Beschwerdeschrift aufgeworfene Rechtsfrage kann -- ungeachtet ihrer den Anforderungen des § 115 Abs. 2 Satz 3 FGO nicht entsprechenden Darlegung -- ebensowenig wie der angebliche Verfahrensmangel die Zulassung der Revision rechtfertigen, weil gegen die angegriffene Kostenentscheidung die Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision nicht gegeben ist.

Das folgt aus § 145 FGO, wonach die Anfechtung der Entscheidung über die Kosten unzulässig ist, wenn nicht gegen die Entscheidung in der Hauptsache ein Rechtsmittel eingelegt wird. Diese durch das Gesetz zur Änderung der Finanzgerichtsordnung und anderer Gesetze vom 21. Dezember 1992 (BGBl I, 2109) neugefaßte Vorschrift, die hier nach dessen Art. 7 Satz 2 bereits anzuwenden ist, hat zur Folge, daß die Revision wegen der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtsfrage, die sich nur im Hinblick auf die Kostenentscheidung stellt, oder eines der sonstigen Zulassungsgründe des § 115 Abs. 2 FGO, der allein die Kostenentscheidung betrifft, nicht zuzulassen ist (Beschluß des Senats vom 18. März 1994 III B 543/90, BFHE 173, 506, BStBl II 1994, 473; vgl. Beschlüsse des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 12. November 1993 III B 234/92, BFHE 173, 196, BStBl II 1994, 401, und vom 12. Oktober 1988 I R 210/84, BFHE 154, 489, BStBl II 1989, 110 zur Revisionsrüge nach § 116 Nr. 5 FGO; Beschluß des Bundesverwaltungsgerichts -- BVerwG -- vom 14. Juni 1966 VII 78/64, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung -- HFR -- 1966, 440). Denn die Kostenentscheidung soll, wie sich aus § 145 FGO n. F. ergibt und sich früher aus Art. 1 Nr. 4 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs (BGBl I 1975, 1861) ergab, nicht Gegenstand der Prüfung in einem Revisionsverfahren sein, wenn der Rechtsmittelführer nicht durch die Entscheidung in der Hauptsache, sondern allein durch die Kostenentscheidung beschwert ist. Daran ändert nichts, daß nach § 128 Abs. 4 FGO in Streitigkeiten über Kosten zwar die Beschwerde ausgeschlossen ist, nicht jedoch die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision. Diese Vorschrift hat nur Bedeutung für Streitverfahren, deren Gegenstand in der Hauptsache Kosten sind (vgl. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 3. Aufl., § 128 Anm. 8); aus ihr kann nicht hergeleitet werden, daß bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO auf Beschwerde eine Revision zuzulassen ist, die nach § 145 FGO als unzulässig verworfen werden muß.

Die Nichtzulassungsbeschwerde ist auch nicht deshalb statthaft, weil die Kostenentscheidung des FG, wie der Beschwerdeführer geltend macht, willkürlich wäre. Nach dem Beschluß des BFH vom 26. Mai 1977 V B 7/77 (BFHE 122, 256, BStBl II 1977, 628; vgl. auch Beschluß des BVerwG vom 20. Dezember 1994 8 B 200.94, Buchholz, Sammel- und Nachschlagewerk der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, 310, § 152 VwGO Nr. 11) ist zwar gegen eine Entscheidung, die nach dem Gesetz unanfechtbar ist, ein Rechtsmittel ausnahmsweise dann gegeben, wenn der Entscheidung jede gesetzliche Grundlage fehlt. Abgesehen davon, daß auch im Falle solcher greifbarer Gesetzwidrigkeit nicht ohne weiteres die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision -- statt der Beschwerde nach § 128 FGO -- gewährt werden könnte, ist die Kostenentscheidung des FG nicht greifbar gesetzwidrig und willkürlich. Das FG ist vielmehr von der ständigen Rechtsprechung des BFH (vgl. z. B. Beschluß vom 27. Juli 1983 II B 68/82, BFHE 138, 529, BStBl II 1983, 644) ausgegangen, daß die Kosten des Verfahrens dem vollmachtlosen Vertreter des Beteiligten aufzuerlegen sind, wenn dieser die Prozeßführung nicht veranlaßt oder genehmigt hat. Das FG hat den Beschwerdeführer wie einen vollmachtlosen Vertreter behandelt, obwohl ihm eine Vollmacht erteilt worden ist. Ob dies mit § 155 FGO, § 81 der Zivilprozeßordnung (ZPO) zu vereinbaren ist, braucht der Senat nicht zu entscheiden. Denn für die Kostenentscheidung des FG läßt sich zumindest die Überlegung anführen, daß sich der dem Beschwerdeführer von seinen Mandanten erteilte Auftrag auf eine zweckentsprechende Verfolgung ihrer Rechte bezog und daß dies bei der Auslegung der ihm erteilten Prozeßvollmacht, die eingeschränkt werden konnte (vgl. § 155 FGO i. V. m. § 83 Abs. 2 ZPO), Bedeutung haben kann. Deshalb ist die Ansicht des FG, die Vollmacht habe dem Beschwerdeführer für eine rechtsmißbräuchliche Klageerhebung keine Vertretungsmacht verliehen und die für seine Mandanten erhobene Klage sei daher allein ihm zuzurechnen, jedenfalls nicht so offenkundig fehlsam, daß sie unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt gerechtfertigt werden könnte und daher (objektiv) willkürlich wäre.

 

Fundstellen

Haufe-Index 421048

BFH/NV 1996, 430

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