Entscheidungsstichwort (Thema)

PKH in Schätzungssachen

 

Leitsatz (NV)

Ein Antrag auf Gewährung von Prozeßkostenhilfe (PKH) kann an Treu und Glauben scheitern, wenn den Rechtsuchenden die Verantwortung dafür trifft, daß es überhaupt zu einem gerichtlichen Verfahren gekommen und dieses nicht längst abgeschlossen ist, er aber für einen solchen Rechtsstreit trotz drohender Kostenlast PKH beantragt.

 

Normenkette

AO 1977 § 162; FGO §§ 137, 138 Abs. 2 S. 2, § 142

 

Tatbestand

In dem vor dem Finanzgericht (FG) anhängigen Klageverfahren wendet sich die Antragstellerin, Beschwerdeführerin und Klägerin (Klägerin) gegen Schätzungsbescheide, die der Beklagte (das Finanzamt -- FA --) über Einkommensteuer sowie Umsatzsteuer 1993 und 1994 erlassen hatte, nachdem wiederholte Aufforderungen zur Abgabe von Steuererklärungen erfolglos geblieben waren. -- Im anschließenden Einspruchsverfahren hatte die Klägerin zur Begründung nichts vorgetragen, im Klageverfahren schließlich Steuererklärungen für die Streitjahre nachgereicht, die aber bislang zu keiner Änderung geführt haben, weil sie nach derzeitiger Beweislage offensichtlich unzutreffend sind.

Im Hinblick auf diesen Sach- und Streitstand hat das FG mit Beschluß vom 11. April 1997 den für das Klageverfahren gestellten Antrag der Klägerin auf Gewährung von Prozeßkostenhilfe (PKH) abgelehnt, und zwar mit der Begründung, dieses Begehren verstoße gegen Treu und Glauben, weil der Klägerin wegen der Verletzung ihrer Mitwirkungspflichten selbst bei erfolgreichem Abschluß des Klageverfahrens nach §137 Satz 1 bzw. §138 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) die Kosten des Verfahrens auferlegt werden müßten.

Hiergegen wendet sich die Klägerin mit der Beschwerde, die sie nicht begründet hat.

Das FA hat von der Gelegenheit zur Äußerung keinen Gebrauch gemacht.

 

Entscheidungsgründe

Die Beschwerde ist trotz fehlender Begründung zulässig (§§128, 130 FGO; Gräber, Finanzgerichtordnung, 4. Aufl., 1997, §130 Rz. 6, m. w. N.). Sie ist jedoch unbegründet. Zu Recht hat das FG den PKH- Antrag im Hinblick auf die der Klägerin anzulastende Verfahrenslage abgelehnt.

Nach §142 FGO i. V. m. §§114 ff. der Zivilprozeßordnung erhält ein Prozeßbeteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozeßführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag PKH, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.

Es kann dahingestellt bleiben, ob die Rechtsverfolgung angesichts der noch immer andauernden Verletzung von Mitwirkungspflichten mutwillig erscheint. Jedenfalls verstößt es gegen den auch im Prozeßrecht geltenden Grundsatz von Treu und Glauben, wenn ein Rechtsuchender, den die Verantwortung dafür trifft, daß es überhaupt zu einem gerichtlichen Verfahren gekommen und daß dieses nicht längst abgeschlossen ist, für einen solchen Rechtsstreit angesichts der nach §137 FGO bzw. nach §138 Abs. 2 Satz 2 FGO drohenden Kostenlast PKH beantragt (s. auch Senatsbeschluß vom 5. November 1992 X B 167/92, BFH/NV 1993, 324).

 

Fundstellen

Haufe-Index 66500

BFH/NV 1998, 740

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