Entscheidungsstichwort (Thema)

Mutwillige Rechtsverfolgung

 

Leitsatz (NV)

Eine Rechtsverfolgung ist mutwilig, wenn sich der Kläger, der keine Steuererklärung abgegeben hat, einschätzen läßt und die Steuererklärung erst im gerichtlichen Verfahren vorlegt.

 

Normenkette

AO 1977 § 162; FGO § 138 Abs. 2 S. 3, § 142 Abs. 1; ZPO § 114

 

Tatbestand

Der Beklagte (das Finanzamt - FA -) hat die Einkünfte des Klägers, Antragstellers und Beschwerdeführers (Kläger) aus Gewerbebetrieb wegen Nichtabgabe der Erklärung für 1989 geschätzt (Bescheid vom 31. Januar 1992). Dem war die Androhung und Festsetzung eines Erzwingungsgeldes vorausgegangen. Der Einspruch blieb erfolglos, weil der Kläger trotz Ankündigung die Einkommensteuererklärung für 1989 nicht einreichte. Hiergegen richtet sich die bei dem Finanzgericht (FG) anhängige Klage, über die noch nicht entschieden worden ist.

Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 7. August 1992 beantragt, ihm Prozeßkostenhilfe (PKH) zu gewähren. Das FG hat den Antrag im Hinblick auf die undurchsichtigen wirtschaftlichen Verhältnisse des Klägers abgelehnt.

Mit der Beschwerde macht der Kläger geltend, er habe inzwischen die Steuererklärung eingereicht, so daß seine Vermögensverhältnisse transparent geworden seien.

 

Entscheidungsgründe

Die Beschwerde ist unbegründet.

Einer Partei ist PKH zu gewähren, wenn sie nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozeßführung nicht aufbringen kann, die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint (§ 142 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO - i.V.m. § 114 der Zivilprozeßordnung - ZPO -).

Es kann dahingestellt bleiben, ob die vom FG geäußerten Zweifel an der Bedürftigkeit des Klägers durch die zwischenzeitliche Vorlage der Einkommensteuererklärung ausgeräumt sind. Auch braucht nicht entschieden zu werden, ob die Klage hinreichende Erfolgsaussichten hat. Selbst wenn zugunsten des Klägers unterstellt wird, daß die nachgereichte Steuererklärung der Klage zum Erfolg verhelfen oder zu einem Abhilfebescheid führen wird, erscheint die Klage mutwillig. Eine Rechtsverfolgung ist dann mutwillig, wenn ein verständiger, nicht hilfsbedürftiger Beteiligter seine Rechte nicht in gleicher Weise verfolgen würde oder sie auf einem billigeren als dem eingeschlagenen Weg verwirklichen könnte (Beschluß des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 27. März 1986 I S 16/85, BFH/NV 1986, 632). Das Klageverfahren ist durch die Säumigkeit des Klägers bei der Abgabe der Einkommensteuererklärung veranlaßt worden. Die Erklärung war im Laufe des Jahres 1990 abzugeben. Der Kläger ist außerdem gesondert zur Abgabe der Erklärung aufgefordert worden. Hätte er seiner Verpflichtung nicht hartnäckig zuwider gehandelt, sondern die Erklärung wie andere verständige Steuerpflichtige rechtzeitig abgegeben, wäre kein Schätzungsbescheid gegen ihn ergangen. Das FA wäre vielmehr von vornherein in der Lage gewesen, dem Steuerbescheid die Angaben der Steuererklärung zugrunde zu legen.

Das PKH-Verlangen des Klägers verstößt schließlich gegen die Grundsätze von Treu und Glauben. Es ist davon auszugehen, daß dem Kläger auch bei erfolgreichem Abschluß des Klageverfahrens die Kosten gemäß § 137 Satz 1, § 138 Abs. 2 Satz 3 FGO aufzulegen sind. Der Gewährung von PKH steht Sinn und Zweck dieser Vorschriften entgegen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 64050

BFH/NV 1993, 324

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